Protocol of the Session on October 14, 2010

Es besteht kein Defizit in der gesetzlichen Formulierung des für die Vergütung der Hebammen geltenden Paragrafen 134a SGB V. Im Paragrafen 134a Absatz 1 Satz 2 SGB V ist bereits jetzt geregelt, dass bei den Verhandlungen über die Höhe der Vergütung neben dem Grundsatz der Beitragsstabilität der Bedarf der Versicherten an Hebammenhilfe und deren Qualität sowie die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der freiberuflich tätigen Hebammen zu berücksichtigen sind. Das Defizit liegt in der Umsetzung durch die Vertragspartner. Und hierzu können wir noch einmal an die Vertragspartner appellieren, ihre Verantwortung zu übernehmen.

Ich habe gesagt, dass ich noch mal mit einem Brief darauf aufmerksam mache, aber das haben wir auch schon getan. Das ist auch die Beschlusslage der 16 Landesminister und wir erwarten natürlich, dass vor allem der Bundesgesundheitsminister mit seinen Möglichkeiten, hier auch zu moderieren, eingreift.

III. „Die Landesregierung wird aufgefordert, Sofortmaßnahmen zur Sicherstellung der flächendeckenden, wohnortnahen Versorgung mit Leistungen der Hebammen- und Geburtshilfe … zu ergreifen.“

Wir sehen die Probleme, aber wir sagen nicht, dass die Versorgung nicht sichergestellt ist. Sie müssten das dann ganz konkret unterlegen. Noch mal: Wir können nicht einfach Hebammen anstellen. Wir unterstützen schon über das Programm „Familienhebammen“, aber ich kann jetzt nicht als Landesgesundheitsministerin sagen: „Jetzt wird da noch eine Hebamme eingestellt und die wird von mir finanziert.“ Das passt nicht ins System.

Wir müssen hier wirklich weiter an die Selbstverwaltung des Gesundheitssystems appellieren. Dazu wird es auch eine Sondergesundheitsministerkonferenz am 25. Oktober geben, die viel weitreichender geht. Ich werde natürlich auch noch einmal, wenn der Bundesgesundheitsminister da ist, wie versprochen, dieses Thema ansprechen.

Ich wollte Ihnen deutlich machen, dass wir viele Aktivitäten als Landesregierung – ich meine die, die wir können – angestoßen haben. Es ist deshalb nicht so, Herr Ritter, dass die Koalition nicht tätig war. Und wir sind in sehr guten Gesprächen mit dem Hebammenverband des Landes, der sich an der Stelle auch zufrieden geäußert hat. Ich hätte die herzliche Bitte, dass Sie heute an die Hebammen ein gemeinsames Signal geben,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das hoffe ich auch.)

dass Sie die Landesregierung in diesen Bemühungen unterstützen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Danke schön, Frau Ministerin.

Da die Landesregierung die angemeldete Redezeit gemäß Paragraf 85 der Geschäftsordnung um elf Minuten überschritten hat, steht diese Redezeit den nicht an der Regierung beteiligten Fraktionen anteilig zusätzlich zur Verfügung.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das hat doch eh keinen Sinn.)

Ich will es nur der Form halber hier festgestellt haben.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Tegtmeier. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Herr Ritter, nun fallen Sie doch nicht in Depressionen! Das Dilemma, das sich hier offenbart hat, finden wir an vielen Stellen vor.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das stellt mich aber nicht zufrieden.)

Wir haben das beim Zustandekommen des Antrages mal so ein bisschen mit den Worten kommentiert, wir haben das damit schon angesprochen: Nichts ist passiert. So ist unser Antrag zustande gekommen. Und es ist ganz einfach Ihr Dilemma. Wir haben eine Landesregierung und wir haben eine Sozialministerin, die reagiert und

(Peter Ritter, DIE LINKE: Die viele schöne Reden hält.)

sich einsetzt für das, was nötig ist,

(Irene Müller, DIE LINKE: Mit schönen Worten. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

reagiert und agiert als Folge daraus, selbstverständlich unverzüglich.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, ja.)

Die Ministerin hat uns erläutert, dass Sie explizit die Forderungen des Hebammenverbandes, die Sie hier zitiert und ausgeführt haben, in Ihren Antrag eingebaut haben. Die Ministerin hat uns gesagt, Sie haben sogar schon mit am runden Tisch der Sozialministerkonferenz gesessen und Ihre Forderungen und Wünsche dort vorgetragen.

Was ich allerdings sehr gut fand, was Sie hier getan haben, ist, noch mal herauszuarbeiten, in welchem Missverhältnis die Entlohnung der Hebammen und Geburtshelfer zu dem anspruchsvollen Beruf steht, den sie ausführen,

(Stefan Köster, NPD: Da hat auch die SPD nichts dran geändert.)

und vor allen Dingen auch für ihre Haftpflichtansprüche, die jetzt an sie gestellt werden.

Aber lassen Sie mich noch mal das Geburtswesen in der Bundesrepublik und hier in Mecklenburg-Vorpommern aus einer etwas anderen Sichtweise beleuchten. Hebammen haben in unserer Gesellschaft einen sehr guten Ruf, verdienterweise. So hat sich ja die Sozialministerin ebenfalls schon geäußert. Wir haben in Deutschland erfreulicherweise ein sehr vielfältiges Versorgungsangebot bei Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit. Neben der klinischen Geburtshilfe leistet auch die außerklinische Geburtshilfe zu Hause, in Geburtshäusern und in Belegkliniken einen wichtigen Beitrag zur geburtshilflichen Versorgung nach den Wünschen der Menschen.

Und das ist auch gut so, das ist nämlich eine Errungenschaft. Das war nicht immer selbstverständlich. Das hat sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt. Und ich habe auch eine etwas andere Einstellung, muss ich zugeben, als unsere Sozialministerin in erster Linie. Ich will nicht sagen aus klinischer Sicht, aber sie hat eben gesagt, sie präferiert ganz eindeutig die Geburt im Umfeld einer Klinik.

Geburten sind immer noch – und das wird sich auch, hoffe ich, nie ändern – ein ganz natürlicher Prozess,

(Harry Glawe, CDU: Jawohl.)

also eine Sache der Natur, und das ist auch gut so. Jeder empfindet diesen Prozess ganz individuell. Und das Bedürfnis nach Unterstützung und Hilfen ist ebenfalls ganz individuell ausgeprägt. Wenn ich da auf mich selber als dreifache Mutter gucke und mir mal in Erinnerung rufe, wie das bei meinen drei Geburten so abgelaufen

ist, kann ich ganz eindeutig sagen, ich hätte mein drittes Kind gern zu Hause geboren.

(Irene Müller, DIE LINKE: Ich nicht.)

Das war leider nicht möglich, weil der Bursche verkehrt herum lag. Nachher hat er sich aber trotzdem so beeilt, dass ich zwar in der Klinik entbunden habe, aber lediglich mithilfe einer Hebamme. Es war in den frühen Stunden eines Sonntags und bis der Arzt aufschlug, konnte er dann nur noch feststellen: „Mutter und Kind wohlauf.“

(Heinz Müller, SPD: Schön!)

Nach einigen Stunden durften wir dann das Krankenhaus, natürlich damals mit einem Protestschreiben in der Tasche, gegen ärztlichen Rat auf eigenen Wunsch trotzdem verlassen, wurden hinterher durch eine Hebamme betreut und das ging alles wunderbar und hervorragend. Also für mich wäre damals eine Hausgeburt durchaus infrage gekommen und ich hätte es als einen normalen Prozess empfunden, der für mich persönlich genau die richtige Lösung gewesen wäre.

Aber seinerzeit lief das halt nach einem bestimmten Schema ab und bei mir war es, wie ich schon vorhin sagte, ja so, dass mein Kind verkehrt herum lag. Trotzdem ist es normal geboren worden. Und nach den damaligen vorherrschenden Vorstellungen wäre es sogar so gewesen, wäre ich „rechtzeitig“ in der Klinik gewesen, wäre ich um einen Kaiserschnitt nicht herumgekommen. Und für mich im Nachhinein wäre das ein vollkommen unnützer Eingriff gewesen. Ob sich das heute verändert hat, wenn ein Kind falsch herum liegt bei einer bestimmten Größe, ich weiß es aktuell nicht wirklich. Auf jeden Fall hoffe ich, dass sich das auch weiterentwickelt hat und man mehr auf die natürliche Geburt mittlerweile insgesamt setzt.

Durch die hohe Haftpflicht, die die Hebammen heute leisten müssen, ist die Betreuung bei Hausgeburten also absolut in Gefahr – nicht nur bei uns, sondern bundesweit. Und ich denke, das kann man so nicht hinnehmen. Auch muss dringend verhindert werden, dass die mit großem gesellschaftlichem Interesse entstandenen Geburtshäuser weitgehend von der Bildfläche zusätzlich verschwinden. Der nächste Schritt wäre dann vielleicht – das wäre meine Befürchtung nach meinen Erfahrungen an der Stelle –, dass aus versicherungstechnischen Gründen womöglich der Kaiserschnitt zur Regelversorgung wird. Das war jetzt ein bisschen überspitzt, aber wer weiß.

Wir möchten, dass viele Kinder in unserem Land geboren werden. Dafür ist es einfach erforderlich, den werdenden Müttern die persönlich gewünschten, positiven und vertrauensvollen Geburtsbedingungen auch zu gewährleisten. Hierzu gehört auch die fachlich qualifizierte Betreuung vor der Geburt, am Wochenbett und mit dem Neugeborenen hinterher zu Hause. Dies müssen wir weiterhin unbedingt sicherstellen. Werdende Mütter, aber auch Väter in Mecklenburg-Vorpommern sollen weiterhin die Wahlfreiheit haben, wie und wo sie die Geburt ihres Nachwuchses erleben möchten. Also das flächendeckende Netz von Hebammen in der Geburtshilfe muss unbedingt erhalten bleiben.

Das Engagement unserer Ministerin möchte ich an dieser Stelle noch einmal hervorheben und mich dafür bedanken. Sie hat sich dafür wirklich früh – sie hat es bereits gesagt, am 1. Juli in der Sozialministerkonferenz – und vehement eingesetzt und hatte auch eben in ihren Aus

führungen nicht unerwähnt gelassen, dass wir hier im Land zusätzlich zu anderen zu dem normalen Angebot an Hebammen engagierte Arbeit über Familienhebammen zur Sicherung des Kindeswohls installiert haben und wir das auch mit einer über 20-prozentigen Erhöhung auf rund 540.000 Euro pro Jahr finanziell untersetzt haben. Ich denke mal, das sind Anstrengungen an der richtigen Stelle.

Nach der Diskussion hier und den Ausführungen der Ministerin ist es in der Tat so, dass wir mit unserem Antrag eigentlich ihre gute Arbeit noch einmal untermauern

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ah, Schaufensterantrag!)

und ihr ein wenig den Rücken stärken.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: So, so!)

Ich denke mal, das sollten wir alle tun, und an dieser Stelle bleibt mir nichts weiter, als Sie alle um Unterstützung zu bitten und mich für Ihre Aufmerksamkeit zu bedanken.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Frau Tegtmeier.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Grabow. Bitte schön, Herr Abgeordneter.