Protocol of the Session on September 15, 2010

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

Sie wissen, wie wir zur GVO-Kartoffel Amflora stehen. Es hat genug Pressemitteilungen dazu gegeben, es hat genug Positionierungen im Ausschuss gegeben. Sie wissen, dass mit dem Entwurf einer neuen Richtlinie für den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen der EU-Kommission das Thema weiter an Brisanz gewonnen hat. Auch das sehen wir.

Sie wissen, dass die SPD in Mecklenburg-Vorpommern sich am 24. April 2010 in Rostock auf ihrem Sonderparteitag mit dem Beschluss des Leitantrages gegen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ausgesprochen hat.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja, richtig.)

Sie wissen, dass gerade in Mecklenburg-Vorpommern die CDU zu den Befürwortern der grünen Gentechnik gehört,

(Regine Lück, DIE LINKE: Für die Grundlagenforschung.)

ebenso wie die FDP, wie wir eben gehört haben, aber ich spreche von der CDU.

(Hans Kreher, FDP: Wir stehen auch dazu.)

Sie wissen vor allem, dass diese CDU unser Koalitionspartner ist.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Hören Sie auf mit dem Spiel! Sie kennen die Regeln: Wir lehnen den Antrag ab.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Frau Schildt.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Risikoreiche Grüne Gentechnik verhindern, Verbraucher und gentechnikfreie Landwirtschaft schützen“, so lautet die Forderung der NPD seit vier Jahren im Parlament, seit wir hier sitzen.

„Risikoreiche Grüne Gentechnik verhindern, Verbraucher und gentechnikfreie Landwirtschaft schützen“, so lautet der Antrag der LINKEN auf Drucksache 5/3744. Welch ein Zufall! 3.667 Ziffern zuvor gab es die Drucksache 5/77, eingebracht von den Linken, damals Linkspartei.PDS. Vor drei Jahren forderten die Chamäleonsozialisten noch die friedliche Koexistenz von grüner Gentechnik und konventioneller Landwirtschaft beziehungsweise Bioanbau.

Damals kein Wort davon, dass die Anwendung der Gentechnik nicht erst gegenwärtig – damals –, sondern schon seit Jahren von großen Teilen der Bevölkerung abgelehnt wird, so, wie es heute in der Drucksache endlich heißt. Aber selbst das ist noch untertrieben, große Teile der Bevölkerung. Nicht große Teile der Bevölkerung lehnen die Frankensteintechnologie ab, sondern die überwiegende Mehrheit, die keiner der hier im Landtag vertretenen Parteien bislang eine Stimme gegeben hat, außer der NPD.

„Die möglichen Risiken und Chancen der Grünen Gentechnik werden immer stärker in der Gesellschaft thematisiert“, heißt es in der Drucksache tatsächlich. Haben die Linken endlich ausgeschlafen? Sie, die Vertreter der roten Barone im Parlament, haben doch diese Technologie mal offen, mal klammheimlich unterstützt, damit die Großfelderwirtschaft mit Monokulturen auch in Zukunft überleben kann, wenn ihr Massenschädlinge und Superunkräuter den Profit verhageln.

Ich will nicht wissen, was die SED-Regierung gemacht hätte, wenn sie Gentechnologie in die Hand bekommen hätte. Die hätten die eiskalt und skrupellos angewendet, alles, was sie nur gehabt hätten, Hauptsache, die Produktionsziffern hoch – ganz egal, was das für Risiken für die Bevölkerung bedeutet hätte. Einzig und allein...

(Minister Dr. Till Backhaus: Und Sie wären nicht hier gewesen.)

Ja, wir wären in Bautzen gewesen, das stimmt. Das wäre schön gewesen, ne? Das kommt vielleicht noch. Haben Sie Geduld.

Einzig und allein die NPD und die Grünen haben ernsthaft gegen die sogenannte grüne Gentechnik opponiert – die Grünen allerdings eher halbherzig, weil sie zwar in der Sache unmittelbar gegen diese Technologie wirken, aber andererseits schizophrenerweise für die Staaten der EU eintreten und damit jene antidemokratischen Strukturen bejahen, die erst der grünen Gentechnik die Scheunentore öffneten.

Der Antrag der LINKEN ist, von seiner Sprache einmal abgesehen, dem Inhalt nach ein Antrag der NPD. Eigentlich müssten Sie Copyright an Raimund Borrmann zahlen. „Bürger des Landes“, würde er sagen, „schaut auf unsere Anträge“, welche die Linken, zusammen mit den Etablierten in Unbeweglichkeit verharrend, ausnahmslos abgelehnt haben, bis Sie sie jetzt wieder ausgegraben haben.

Die NPD hat nimmermüde gegen Ihre Mär von der Chancengleichheit angefochten. Schon am 5. Dezember 2006 sagte Raimund Borrmann: „Eine Koexistenz des Anbaus... gentechnisch freie(r) und“ gentechnisch „veränderte(r) Futter- und Lebensmittel ist absurd. Sie zeugt von der Inkompetenz ihrer Verfasser auf diesem Gebiet. Es wäre so, als propagierte der Landtag eine Koexistenz von Löwen und Gazellen, von Disteln und Rosen. Die Forderung nach... Wahlfreiheit von Verbrauchern und Landwirten gegenüber Anbau, Transport, Verteilung und Konsum gentechnisch veränderter und gentechnisch freier Lebewesen und Lebensmittel gleicht einer Wahlfreiheit zwischen Kamillentee und Kokain.“

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Das unterscheidet unsere Prinzipienfestigkeit in Sachen grüner Gentechnik von den Linken. Die Linken flattern im Windschatten des Opportunismus und reden mal so und mal so mit gespaltener Zunge. Sie lehnten unsere gleichlautenden Anträge ab, weil das Parteibuch mehr ist als das Gehirn. Bei uns ist das umgekehrt, deswegen stimmen wir Ihrem Antrag zu.

Allerdings muss ich abschließend sagen, ganz egal, was der Landtag beschließt, ich bezweifle, dass dieses System noch lange die Kraft aufbringen wird, sich dem Druck der Wirtschaft und vor allen Dingen dem politischen Druck der Amerikaner, die ihr Zeug hier unbedingt verkaufen wollen, zu widersetzen. Eines schönen Tages wird es eine Riesenkampagne geben. Es wird heißen: Dieses Zeug ist für Weltoffenheit, für Demokratie und Toleranz und wer dagegen ist, der ist ein Blut- und Bodenideologe und ein Radikaler. Und dann wird Herr Backhaus schön die Klappe halten, so klein mit Hut sein und seinen Widerstand aufgeben

(Stefan Köster, NPD: Das macht er doch jetzt schon.)

und wir werden wieder alleine dastehen und für das Vernünftige kämpfen, wie es immer ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE Herr Holter.

(Stefan Köster, NPD: Holterdieholter!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht darum, Grundpositionen zu formulieren, und ich bin in der Tat der Überzeugung, dass es richtig und wichtig ist, dass wir als Landtag in Mecklenburg-Vorpommern Grundpositionen formulieren und damit auch das, was Herr Backhaus hier zum Ausdruck gebracht hat, unterstützen, ihn stützen, erneut stützen in solchen Fragen, die er dann auf der Bundesebene und der europäischen Ebene einbringen kann. Darum geht es.

Zu den Grundpositionen stellt sich für mich die Frage: Was können wir der Natur zumuten und was mutet uns gegebenenfalls die Natur zu?

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Darum geht es bei der Gentechnik. Und in Bezug auf die Eingriffe, die über die Genmanipulation vorgenommen werden, will ich Sie fragen von der CDU, ob das mit der Schöpfung eigentlich in Übereinstimmung steht. Das ist eine Frage, die müssten Sie sich als Christen beantworten. Ich bin der Überzeugung, dass wir moralische und ethische Grenzen haben, die einfach nicht überschritten werden dürfen. Und weil wir diese Grenzen nicht überschreiten wollen, was einige hier so als schizophren dargestellt haben, haben wir genau den Punkt II aufgeschrieben, weil wir nämlich die unabhängige Grundlagenforschung brauchen, um solche Grenzen tatsächlich auch zu bestimmen.

Zweitens, glaube ich, geht es in der Tat darum, dem Einfall von genmanipulierten Produkten/GVO nach Mecklenburg-Vorpommern weiter entgegenzustehen. Natürlich weiß ich, Herr von Storch, dass Futtermittel wie Soja genmanipuliert sind. Das ist doch bekannt. Aber die Frage ist doch, ob wir in Mecklenburg-Vorpommern großflächig den Anbau von genmanipulierten Pflanzen zulassen wollen, das unterstützen wollen oder ob wir eine politische Haltung dazu haben. Und um die politische Haltung geht es, deswegen hier unser Antrag.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Das ist ein ganz anderer Antrag, Frau Reese, als der, den Sie eingebracht haben,

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

die die Nulltoleranzgrenze auflösen und damit den schleichenden Einfall von genmanipuliertem Saatgut nach Mecklenburg-Vorpommern befördern wollen.

Das ist also die erste Position. Die zweite Position, die ich in diesem Zusammenhang zum Ausdruck bringen will, hat etwas mit Artenvielfalt zu tun. Wir haben alle sicherlich vor Augen die NAWARO-Großprojekte bei Güstrow oder auch bei Penkun, die Biogasanlagen, die dort entstanden sind. Damit ist ein Stück Monokultur provoziert worden durch den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen.

Die Frage stellt sich doch, ob nicht wir als Landtag von Mecklenburg-Vorpommern auch ein klares politisches Signal für Artenvielfalt in der pflanzlichen Produktion zum Ausdruck bringen können. Das, glaube ich, gehört zur Vielfalt des Landes Mecklenburg-Vorpommern hinzu. Es hat etwas mit den einzelnen Pflanzen zu tun, es hat auch etwas mit Äpfeln zu tun, da will ich im Einzelnen jetzt gar nicht drauf eingehen.

Wenn es aber, und da bin ich, denke ich, bei Herrn Backhaus, darum geht, staatlich regulierend einzugreifen und damit Marktmechanismen ein Stück außer Kraft zu setzen, dann halte ich es gerade an dieser Stelle für notwendig, damit der Markt nicht den Anbau von Pflanzen reguliert, sondern tatsächlich wir über unsere Grundposition darauf Einfluss nehmen, wie viel und was angebaut wird. Wenn Herr Backhaus, meine Damen und Herren, hier erklärt, er kann das, was Professor Tack – und, Frau Reese, das war nun wirklich nicht Ihre Wortwahl, also Professor Tack ist nun wirklich niemand, der einen polemischen Antrag formuliert, sondern Professor Tack ist ein Wissenschaftler, der aus tiefster Überzeugung hier seine Position vorgetragen hat –,

(Sigrun Reese, FDP: Den Antrag hat doch Ihre Fraktion geschrieben.)

wenn also Minister Backhaus hier erklärt, er unterschreibt das, was Herr Tack hier erklärt hat, und Herr Tack mir sagt, ich unterschreibe das, was Herr Backhaus uns erklärt hat, und Herr Schlotmann im anderen Zusammenhang sagt, wir müssen doch einmal gemeinsam als Landtag eine Position einbringen, damit er eine starke Position hat in der Bauministerkonferenz – das ist ja ein anderes Thema, welches wir übermorgen hier behandeln werden –, dann stelle ich mir die Frage: Wofür sind wir denn da, Herr von Storch? Ohnmächtig dem gegenüberzustehen, was von außen auf uns hereinkommt, oder haben wir nicht eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft,

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Genauso ist es.)

der Natur und der Umwelt in unserem Land?

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Ich bin der Überzeugung, meine Damen und Herren,

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)