Und was heißt das? Rund um die Uhr die Bewachung eines brandgefährlichen Täters mit hohem Aufwand durch die Länderpolizeien. Und deshalb ist das auch ein sehr stark auf die Interessen der Länder ausgerichtetes Thema. Deswegen ist es wichtig, in allen 16 Landtagen dazu entsprechende Beschlüsse zu fassen. Das sind wir wirklich auch in diesem Fall der Polizei und der Sicherheit unserer Bevölkerung in unserem Land schuldig.
Für mich war es wichtig, dass wir noch mal sehr deutlich den Unterschied herausgestellt haben, wie man es denn hält in den Fällen, in denen wirklich kein anderes Mittel mehr da ist, als das persönliche Freiheitsrecht eines Gewalttäters, und das hat er nach wie vor, denn er ist Träger der Menschenwürde, dass das persönliche Freiheitsrecht gegenüber der zu vermeidenden Gefährdung der Bevölkerung zurückzutreten hat. Das hat Herr Nieszery neulich gesagt. Das, was Sie zitiert haben, das würde er heute genauso sagen, weil ich weiß, dass es dazu eigentlich auch keine wirklich unter rechtlich denkenden Menschen denkbare Alternative gibt.
Sie sollten Ihre Vorurteile, Frau Borchardt, ein bisschen herunterschrauben. Sie sollten auch nicht auf alle Äuße
rungen von Interessengruppen hören, sondern Sie sollten bitte Ihr eigenes Gewissen einmal anstrengen. Ich wünsche Ihnen nicht, dass Sie einmal Angehörigen eines Opfers erklären müssen, dass nur deswegen ihr Kind nicht mehr lebt, weil wir als Politik nicht in der Lage waren, aus Ereignissen die richtigen und rechtsstaatlich erforderlichen Folgen zu ziehen. Ich weiß, dass Sie das nicht wollen. Aber das genau wäre die Konsequenz, wenn wir Ihrer Auffassung folgen.
Herr Dr. Jäger, stimmen Sie mir zu, dass die Fraktion DIE LINKE in ihrem Antrag im Jahre 2008 darauf aufmerksam gemacht hat, dass uns der Schutz der Opfer ein sehr hohes Gut ist?
Frau Borchardt, ich habe gar keinen Grund, Ihnen zu widersprechen. Aber was Sie heute gesagt haben, ist genau das Gegenteil.
Sie haben sich heute gegen die Sicherheit der Opfer und für Täter ausgesprochen, gegen die wir uns wehren müssen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und möchte dringend um Zustimmung zu unserem Antrag werben.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/3578. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? –
Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/3578 bei Zustimmung der Fraktionen der SPD, CDU und NPD, Gegenstimmen der Fraktion DIE LINKE und Stimmenthaltung der Fraktion der FDP angenommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Abgeordnete Frau Barbara Borchardt hat gemäß Paragraf 88 unserer Geschäftsordnung darum gebeten, eine persönliche Erklärung machen zu dürfen. Ich räume ihr diese Möglichkeit jetzt ein. Sie haben nicht an der Abstimmung teilgenommen, dann ist es nicht der Paragraf 88, dann ist es Paragraf 96, wonach Ihnen nach Absatz 1 zusteht, dass Sie erklären dürfen, dass und warum Sie sich der Abstimmung enthalten haben. Bitte schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht an der Abstimmung teilgenommen, weil ich über die Ausführungen und die letzten Bemerkungen von Herrn Dr. Jäger sehr betroffen bin. Die Fraktion DIE LINKE hat sich immer für eine Reform der Sicherungsverwahrung eingesetzt. Die Fraktion DIE LINKE hat sich immer dafür eingesetzt, dass die Opfer im Mittelpunkt für unsere gemeinsame Politik stehen.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ist das jetzt eine persönliche Erklärung für Sie oder für Ihre Fraktion? – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)
Ich möchte an dieser Stelle Folgendes sagen: Herr Dr. Jäger, Sie haben gesagt, hoffentlich werden Sie nie in die Lage versetzt werden, Ihren Familienangehörigen oder in Ihrer Umgebung eine solche Mitteilung machen zu müssen. Meine Familie war betroffen. Und Sie haben im Zusammenhang, und ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, im Untersuchungsausschuss damals bei Carolin mit dafür Sorge tragen wollen, dass das, was meiner Familie passiert ist, in die Öffentlichkeit getragen wird. Ich habe mich damals schon geäußert. In meiner Familie gab es solche Vorkommnisse, nicht als Täter, sondern als Opfer.
Und unter dem Gesichtspunkt sage ich Ihnen, ich mache mir die Entscheidung in Bezug auf den Umgang mit Sexualstraftätern nicht sehr leicht. Das habe ich hier, glaube ich, schon einmal zum Ausdruck gebracht. Aber bitte unterlassen Sie die Unterstellungen mir gegenüber beziehungsweise gegenüber meiner Fraktion, denn der Rechtsstaat hat auch ganz besondere Grundprinzipien, und an die halte ich mich
Ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – „Bildungsgipfel“ und Föderalismus, auf Drucksache 5/3572. Hierzu liegen Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/3638 sowie ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/3640 vor.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! An den Anfang meiner Einführungsrede möchte ich folgendes Zitat stellen: „In der Bildung liegt ein wesentlicher Schlüssel, eine maßgebliche Antwort auf die Fragen der Zukunft, unserer Zukunft, die Zukunft unserer Kinder … Das betont jeder in seinen Reden, darin sind wir – das will ich jetzt mal vereinnahmend sagen – alle irgendwie geübt. Nur, die Menschen zu Hause fragen sich, was denn von unseren Reden bei ihren Kindern ankommt.“ Ende des Zitats. So formulierte es der Bildungsminister in der Debatte zu einem Antrag meiner Fraktion zum Bildungsgipfel im Mai 2009, also vor einem Jahr, immerhin sieben Monate nach der Verkündung der Qualifizierungsinitiative für Deutschland im Dezember 2008 durch die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Bundesländer. Und da darf doch jetzt die Frage gestattet sein, was sie denn heute den Menschen sagen, die danach fragen, wie lange es denn noch dauert, bis man sich geeinigt hat, oder wann die geplanten Maßnahmen bei ihren Kindern ihre Wirkung entfalten.
Der Minister hat in der schon erwähnten Debatte im Jahr 2009 die Bundeskanzlerin zitiert, auch ich möchte Frau Merkel an dieser Stelle zitieren:
„Jungen Menschen oder die Eltern interessiert es herzlich wenig, wie denn nun die Zuständigkeiten im Grundgesetz geordnet sind, sondern sie haben mit Recht die Erwartung, dass die einzelnen Zuständigkeiten nahtlos aneinander anknüpfen.“ Ende des Zitats.
Ja, große Worte gelassen ausgesprochen, aber es zeigt sich heute: weit ab jeder politischen Realität. Der Bund und die Länder streiten sich nach fast zwei Jahren immer noch wie die Kesselflicker. Besonders schlimm ist, dass über die Ziele und Maßnahmen zwar grundsätzlicher Konsens besteht, aber gestritten wird wie immer über Geld und Zuständigkeiten. Die Ministerpräsidenten der Länder, und hier insbesondere die der CDU, haben die Botschaft wohl gehört, wenngleich es sie nicht wirklich interessiert.
Es zeigt sich wiederum, dass die Lufthoheit über die Bildungspolitik in den Ländern viel wichtiger ist als die Bedürfnisse des Bodenpersonals, der Schülerinnen und Schüler, der Lehrerinnen und Lehrer und der Eltern. Ich freue mich, dass will ich ausdrücklich sagen, dass die Koalitionsfraktionen mit dem vorliegenden Änderungsantrag offensichtlich unsere grundsätzliche Einschätzung zum Bildungsgipfel teilen. Sie konstatieren, dass in den bisherigen Verhandlungen lediglich erste Ergebnisse erzielt wurden. Nun, über die Ergebnisse kann man sicherlich unterschiedlicher Auffassung sein, aber
aus Sicht meiner Fraktion können wir Ihrem Änderungsantrag gerne zustimmen. Es ist ja nicht üblich, dass ein Oppositionspolitiker den Bildungsminister immer als Autoritätsbeweis anführt. Ich will den Bildungsminister noch einmal zitieren aus der Debatte von 2009. Er sagte: „Es ist – und da sind wir uns sicherlich alle einig – eine wesentliche Aufgabe von Politik, den Menschen im Land Antworten zu geben, ihnen Mut zu machen, ihnen damit auch Sicherheit zu geben. Die Dinge sind beeinflussbar, wir haben Gestaltungsmöglichkeiten und ich finde auch, wir nutzen sie.“ Ende des Zitats.