Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Timm. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frohe Kunde habe ich vernommen. Herr Minister und auch Herr Jarchow von der SPD-Fraktion, der Überweisungsvorschlag unseres Antrages ist ein guter Anfang dafür, dass wir uns gemeinsam darum bemühen, die Sachlichkeit aus dem Antrag herauszuholen und ihn auch genauso ordentlich zu diskutieren,
Vorgestern haben wir aktuell auf dem Parlamentarischen Abend des Landesanglerverbandes und des Landesjagdverbandes die Gelegenheit nutzen können, uns über die Probleme beim europäischen Aalmanagement zu informieren. Der Aal, einer der Brotfische unserer Fischer, ist in seinem Bestand gefährdet. Aufgrund der Bestandsgefährdung fordern Artenschützer die Beschränkung des Aalfanges und den Umbau der Gewässer. Gleichzeitig verkündet der Landwirtschaftsminister medienwirksam ein Programm zur Rettung des Fischbestandes in Höhe von 37 Millionen Euro.
All diese Aktionen, meine Damen und Herren, werden nicht ausreichen, um den Fischbestand nachhaltig zu sichern. Sie können Millionen und Abermillionen in die Fütterung der Kormorane investieren, ohne dabei den Fischbestand zu sichern.
1.1 auch weiterhin geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die darauf hinwirken, daß – der Kormoranbestand im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten reguliert wird, – auch künftig Kormoranschäden durch Vergrämung an besonders gefährdeten Stellen oder durch Förderung technischer Maßnahmen zum Beispiel Teichabdeckungen vorgebeugt wird,“ und so weiter und so weiter.
Sie werden es nicht glauben, aber dieses Zitat stammt aus der Beschlussempfehlung 1/4142 des Umweltausschusses aus dem Jahre 1994 zu dem Antrag der SPD auf der Drucksache 1/3109.
Bereits im Februar 1997 wurde ein Antrag, der dem heute vorliegenden Antrag ähnelt, in diesem Hohen Haus unter Drucksache 2/2354 eingebracht. Ein Ziel des Antrages war damals die Einführung eines europaweiten Managements zur Bestandsregulierung des Kormorans.
Hierbei sollten die Präventiv- und Regulierungsmaßnahmen für Mecklenburg-Vorpommern berücksichtigt werden. Schon damals sollte der Kormoran aus der Liste der besonders geschützten Tiere im Anhang der EU-Vogelschutzrichtlinie herausgenommen und in den zweiten Anhang der Richtlinie aufgenommen werden. Schon damals haben selbsternannte Artenschützer ein erfolgreiches Kormoranmanagement verteufelt. Dennoch wurde dieser Antrag – man höre und staune – von der damaligen Koalition der CDU und SPD eingebracht und mitgetragen.
Meine Damen und Herren, der zuständige Minister der Landesregierung äußerte sich im Oktober 2001 zur Kormoranproblematik wie folgt: „Wenn es um das Kormoranproblem geht, fühle ich mich langsam wie Don Quichotte, der verzweifelt gegen Windmühlen ankämpft.“ Dieses Gefühl, sehr geehrter Herr Minister Methling – ich gebe das jetzt mal weiter an Herrn Backhaus –, habe ich nicht nur bei der Kormoranproblematik. Mit scheint es, als arbeite diese Landesregierung auch in vielen anderen Bereichen wie Don Quichotte.
Minister Methling forderte bereits 2001 die Einführung eines europäischen Kormoranmanagements. Bis heute hat sich leider nichts getan. Es stellt sich die Frage: Hat er überhaupt etwas getan? Im Jahre 2002 konstatierte der Umweltminister, dass mit 10.000 Brutpaaren der Kormoranbestand weit überhöht ist und die Landesregierung sich kontinuierlich mit Möglichkeiten der Schadensminderung beziehungsweise des Schadensausgleiches für die Fischerei auseinandersetzt. Auseinandersetzen allein – das wissen Sie jetzt hoffentlich auch – hilft nicht, Sie müssen auch handeln, Herr Minister.
Meine Damen und Herren, heute haben wir mehr als 13.000 Kormoranbrutpaare in Mecklenburg-Vorpommern, so die Tierzähler. Bereits bei einem Bestand von 8.000 Brutpaaren gab es Einigkeit darüber, dass eine drastische Reduzierung erfolgen muss. Aus diesem Grund hat sich diese Landesregierung auch in der Koalitionsvereinbarung verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schäden in der Fischereiwirtschaft durch Kormorane deutlich minimiert werden. Wie so oft sind diesen Worten noch keine konkreten Taten gefolgt oder es war sehr schwer, sie umzusetzen. Vielmehr hat der Umweltminister die geltende Kormoranverordnung in den Bereichen der Küste des Uecker-Randow-Kreises, Nordvorpommerns und Nordwestmecklenburgs außer Kraft gesetzt, sodass hier eine Reduzierung des Bestandes nicht möglich ist.
Als Vorwand muss die Vogelgrippe herhalten. Deren Auswirkungen allein sind schon eine Belastung für die Tourismuswirtschaft, zum Beispiel auf Rügen, ohne nicht absehbares Ende. Da bedarf es nicht noch zusätzlicher Belastungen unserer Küstenfischerei durch die Kormorane.
Aber nun noch einige Bemerkungen aus dem wirklichen Leben, zum Beispiel von der Insel Rügen. Da komme ich ja her, wie Sie wissen. Wir hatten über viele Jahre eine Kormoranbrutkolonie auf dem Tollow im Süden Rügens. Die Nistbäume sind da durch die Einwirkungen der Exkremente der Kormorane abgestorben und inzwischen umgestürzt. Die Kormorane haben sich verzogen, wie sie das so tun. Zwei neue Kolonien sind entstanden: Die erste auf
der Insel Heuwiese im Kubitzer Bodden, ein baumloses Eiland, das intensivste Brutgebiet der Silbermöwe und des Kiebitz in unserer Region. Der Kormoran hat sich dort als Bodenbrüter angesiedelt, 500 bis 600 Brutpaare haben die anderen Vögel fast völlig verdrängt. Der Kiebitz, früher zu tausenden als Brutvogel bei uns, ist verschwunden, restlos verschwunden. Es gibt keinen mehr in der Region.
Die zweite Kolonie hat sich im Weidengebüsch im Nonnensee bei Bergen angesiedelt. Ein See, der durch Renaturierung nach 1990 wieder entstanden ist, der als nahe gelegenes Erholungsgebiet von den Bergern sehr angenommen wird, erleidet jetzt durch circa 800 Brutpaare die Umwandlung zu einer Kloake durch den Vogelkot – Tendenz steigend! In beiden Kolonien würde die Vergrämung durch Nestzerstörung möglich sein, auf der Heuwiese wäre es sehr einfach, die Eier zu entnehmen, Kalkeier in die Nester zu legen und den Kormoran bis zum SanktNimmerleins-Tag auf diesen Eiern sitzen zu lassen.
Das Problem dabei ist nicht, dass wir die Jungvögel bejagen. All das wissen wir, das wissen wir selbst auch, das ist nur bei Tieren und Vögeln so. Solange wie wir nicht wirkungsvolle Maßnahmen gegen die Altvögelbestände ergreifen beziehungsweise nicht auf die Bestandsvergrößerung der Altvögelbestände eingehen, werden die Bejagung des Jungvogels oder auch Maßnahmen dagegen, wie auch immer, nur halbherzige Sachen sein. Wir müssen also die Altvögel stören und Brut verhindern. Nur so wäre eine nachhaltige Verringerung der Population wirksam zu beeinflussen.
Fisch. Ich habe es nicht nachgewogen, aber es gibt da unterschiedliche Zahlen. Bei 1.500 Brutpaaren auf Rügen werden täglich von den Altvögeln 1.500 Kilogramm Fisch verzehrt. Bei mindestens 200 Rasttagen, und das ist eigentlich sehr niedrig gegriffen, denn der Kormoran ist in der Regel Ende März da und bleibt bis in den November hinein, aber wenn wir von 200 Rasttagen auf Rügen ausgehen, werden pro Jahr 300.000 Kilogramm Fisch, und zwar Speisefisch, von den Kormoranen vertilgt.
Außerdem sind sie auch sehr exzellente Reusenfischer – Herr Minister Backhaus merkte das auch an – und holen sich den Aal aus den Reusensäcken. Das ist hoch interessant, wenn man die Viecher einmal beobachtet, wie die in die Reusen hineinschwimmen, mit welcher Gewandtheit sie den Aalen nachjagen. Das Problem ist folgendes: Wenn Sie in einem Reusensack 100 Aale drin haben, können Sie davon ausgehen, dass der Kormoran sich einen von 100 Aalen mit Sicherheit schnappt. Manchmal hat er aber Pech, dann schnappt er erst den 14. so sicher, dass er wieder aus dem Reusensack herausschwimmen kann, und das macht er auch mit einer Intelligenz, die zu bewundern ist. Das heißt, die anderen, die er bloß angehackt hat, die kann der Fischer nicht mehr als Speisefisch und als Marktfisch verkaufen. Ich habe mir das bei Fischern in Gagern auf Rügen angeguckt. Es ist erschreckend, was in den Kisten los war. Jetzt reduzieren wir einmal das Problem, Herr Minister Backhaus ist darauf eingegangen, und wir wissen, dass gezielt Aalbesatzmaßnahmen gemacht werden sollen. Diese Aalbesatzmaßnahmen kosten Geld ohne Ende.
Das heißt, der Reusenfischer hat nicht 100 Aale zur Auswahl in dem Reusensack, der hat nur noch 10 drin. Von diesen 10 holt sich der Kormoran einen mit Sicherheit und 3 oder 4 hackt er wieder an. Das heißt also, bei verringertem Fangergebnis ist der Verlust, den die Fischerei erlebt, bis auf 50 Prozent in der Aalfischerei gestiegen. Dagegen gilt es geeignete Maßnahmen einzuleiten. Dass es nicht einfach ist, das zu machen, Herr Minister, das haben Sie angedeutet und da kann ich Ihnen unbedingt folgen. Das, glaube ich, wissen wir alle.
Und wenn in unserem Antrag steht, landes-, deutschlandweites und europäisches Management, dann hat das seinen Grund. Bei einem Teil dieser Kormorankolonien haben sich, aus welchen Gründen auch immer, die Altvögel auf ihrem Vogelzug gen Osten verzogen. Ich habe mir vorgestern noch sehr interessante Informationen eingeholt. Und zwar hat mir Ulli Dost von der Insel Rügen – der ist vielleicht bekannt, ein Vogelwart in zweiter Generation, der weiß Gott kein Grüner ist – gesagt, wenn wir das Management betrachten, dann will er mir unbedingt den Hinweis geben, und ich solle das auch unbedingt sagen, ein Kormoranmanagement auf deutsche Lande bezogen ist kein ausreichendes Kormoranmanagement, weil es durch den Verzug des Kormorans besonders in Richtung Kurische Nehrung und in Richtung der Küsten der baltischen Republiken dort ein sehr großes Interesse geben muss, sich daran zu beteiligen. Die Widersprüche aus anderen Ländern sind mit Sicherheit da. Ich wollte anmerken, wenn wir das europäische Management angesprochen haben, dann ist es auch eine Sache, die meiner Ansicht nach dem Umstand angemessen ist.
Ich erwarte von Ihnen, meine Damen und Herren, und hoffe, dass Sie, Sie haben es angemerkt, unserem Antrag hier beitreten können. Mit einer Überweisung in die Ausschüsse haben wir die Möglichkeit, uns sachlich damit auseinanderzusetzen. Ich wünsche dem Antrag einen guten Verlauf. – Danke schön.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der Linkspartei.PDS die Abgeordnete Frau Schwebs. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer gedacht hatte, wir bringen diese Legislatur ohne eine Diskussion um die schwarzen Vögel zu Ende, der sieht sich mit dem heute vorliegenden Antrag der CDU-Fraktion getäuscht. Dennoch, meine Damen und Herren, es gibt etwas Neues in der ganzen Angelegenheit. Die Opposition sorgt sich mit dem vorliegenden Antrag um Biotop- und Artenschutz, entwickelt Verständnis für Gewässerökologie und möchte aus diesem Grunde den Kormoranbestand in Mecklenburg-Vorpommern und europaweit reduzieren. So steht es jedenfalls in der Begründung des Antrages. Hintergrund des Antrags sind aber nicht etwa neu aufkeimende Verantwortung der Union für Kormorane und anderes unter Schutz stehendes Getier, sondern die ökonomischen Interessen der Fischer, die meinen, die Kormorane fräßen ihnen ihre Einkommensgrundlage weg.
Noch, meine Damen und Herren, gilt die Kormoranlandesverordnung, nur leider hat sich ihre Umsetzung in der Praxis nicht bewährt. Wir müssen heute im Rückblick erkennen, dass mit dieser Verordnung kein Problem gelöst wurde, weder das ökonomische noch das ökologische. Sämtliche durchgeführte Vergrämungsmaßnahmen und auch die Tötung haben keinen Einfluss auf das Wachstum der Population der Kormorane gezeigt. Nicht einmal eine Stagnation der Bestände hat es gegeben. Eine Regulierung des Bestandes scheint also auf diesem Wege nicht realistisch.
Und da frage ich Sie: Wozu brauchen wir dann diese Kormoranverordnung, die in ihrer jetzigen Form auch nicht mit den Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes und der Europäischen Vogelschutzrichtlinie vereinbar ist? Der Minister hat es hier ausgeführt. Bei diesen wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten ist es verboten, ihnen nachzustellen, sie zu fangen, sie zu verletzen oder sie zu töten. Von diesen Verboten gibt es Ausnahmeregelungen – auch darüber hat der Minister gesprochen –, wenn es nämlich für die Abwendung erheblicher land-, forst-, fischerei-, wasser- oder sonstiger gemeinwirtschaftlicher Schäden erforderlich ist. Diese Schäden sind aber nicht wirklich nachweisbar, nicht im Binnenland und an der Küste schon gar nicht,
jedenfalls nicht mit vertretbarem Aufwand und schon gar nicht gerichtsfest, sagt das Institut für Fischerei. Das hat man auch in Bayern und in Schleswig-Holstein festgestellt. Um den Schaden belastbar nachweisen zu können, müsste es geografisch konkrete und mehrjährige Schadensanalysen geben. Mein Vorschlag dazu – der Herr Minister kann ja einmal darüber nachdenken –, das Landwirtschaftsministerium gibt eine solche wissenschaftliche Analyse in Auftrag und nutzt dazu Teile der Fischereiabgabe.
Für Teichwirtschaft, meine Damen und Herren, sieht es anders aus. Bei nachweisbaren wirtschaftlichen Ausfällen erteilt das Umweltministerium Ausnahmegenehmigungen. Das finde ich ausreichend und zielführend, wenn punktuell entstandene Schäden durch punktuell geeignete Maßnahmen ausgeglichen werden.
Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, auch ich bin überzeugt davon, dass nur ein europaweites Kormoranmanagement Abhilfe schaffen könnte. Allerdings gibt es da auch mindestens zwei Unwägbarkeiten, zum Ersten die Bereitschaft aller betroffenen Länder, in einem derartigen Plan flächendeckend mitzuwirken und den Schutzstatus des Vogels aufzuheben. Da will nicht mal die Bundesregierung ran, habe ich gelesen. Und in den letzten Jahren scheiterte der Versuch, auch das wurde hier schon gesagt, nicht nur einmal am Verhalten der Nachbarländer.
Zum Zweiten haben wir Mutter Natur gegen uns. Um europaweit den Brutbestand der Kormorane um 25 Prozent senken zu können, müssten 100.000 Tiere jährlich getötet werden. Europaweit und über mehrere Jahre hin
weg! Jeder, der sich ein bisschen mit Kormoranen beschäftigt hat, weiß aber auch, dass diese die Verluste durch Vergrämung oder Tötung innerhalb kürzester Zeit wieder ausgleichen. Aufgrund der innerartlich geringeren Konkurrenz gibt es innerhalb der Kolonien einen verbesserten Bruterfolg und die Kormorane entstehen quasi wie Phönix aus der Asche neu. Und wer, meine Damen und Herren, wer sollte jedes Jahr 100.000 Kormorane jagen? Die Jäger haben am Dienstagabend eindeutig gesagt, so einen Vogelzug würden sie nicht mitmachen. Das ist nämlich keine Jagd, sondern eine Vernichtung einer Tierart, und dafür wären sie nicht zuständig. Wie also?
Einige sachliche Argumente zum Aal, so, wie Frau Schlupp es vorhin gefordert hat, die Debatte sollte versachlicht werden.