Protocol of the Session on January 25, 2006

(Wolfgang Riemann, CDU: Dann brauchen wir gar nicht mehr auszubilden. Die wandern sowieso alle ab.)

Das sind die beiden Kriterien, die der Wissenschaftsrat nennt, und genau diese beiden Kriterien sind erfüllt. Sie sind erfüllt!

Ich möchte Ihnen das kurz vorrechnen: Wir haben heute 26.000 junge Menschen im Alter von 18 bis 21 in jedem Altersjahrgang. Von diesen 26.000 jungen Menschen erwerben etwa 29 Prozent eine Hochschulzugangsberechtigung und etwa 69 Prozent von ihnen treten über in das Hochschulsystem. Das Bildungsministerium hat sich auf dieser Basis, wenn man es so sagen will, zwei Szenarien vor Augen geführt. Das erste Szenario im Rückgriff auf den Wissenschaftsrat...

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Herr Riemann, ich freue mich schon auf die Diskussionen, die wir in den nächsten Monaten über dieses Gutachten des Wissenschaftsrates zum demografischen Wandel führen werden.

(Volker Schlotmann, SPD: Aber doch nicht mit Herrn Riemann!)

Das eine Szenario geht davon aus, dass dieses Maß an Bildungsbeteiligung, das ich gerade erwähnt habe, erhalten bleibt, dass wir also weiterhin im Jahr 2020 nur etwa 30 Prozent Abiturienten haben und nur etwa 70 Prozent, die in das Hochschulsystem wechseln. Wenn dieser Fall eintreten sollte, brauchen wir im Jahr 2020, um die Kriterien des Wissenschaftsrates zu erfüllen, 12.500 Studienplätze. Wir haben im jeweiligen Altersjahrgang nur noch 12.500 junge Menschen und wenn die Bildungsbeteiligung so bleibt, brauchen wir 12.500.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Das Bildungsministerium ist aber davon ausgegangen, dass es eine wünschenswerte Zielstellung ist – und das ist das zweite Kriterium des Wissenschaftsrates –, die Bildungsbeteiligung deutlich zu erhöhen. Das Ministerium ist also davon ausgegangen, dass sich a) die Hochschulzugangsberechtigtenquote von heute 29 auf 40 Prozent erhöht und dass b) die Übergangsquote der Hochschulzugangsberechtigten in die Hochschulen von heute 70 auf 80 Prozent steigt. Das Ministerium ist außerdem davon ausgegangen, dass jeder Student in diesem Land sowohl einen Bachelor als auch einen Master absolviert hat, das heißt zehn Semester Regelstudienzeit hat, sogar mehr als heute.

Wenn man diese ganzen Faktoren zusammennimmt, braucht Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2020 – und ich glaube nicht, obwohl ich es mir wünsche, dass wir diese Bildungsbeteiligung erreichen werden, ich wünsche es mir, aber ich bin da skeptisch, aber selbst wenn wir das voraussetzen – 20.000 Studienplätze. 20.000! Nach der Reform werden 26.000 Studienplätze bereitstehen, also 30 Prozent Studienplätze über dem Bedarf. Unter Berücksichtigung der Überschreitung der Regelstudienzeit können damit in diesem Land langfristig 31.000 Studenten aufgenommen werden, bei Vollauslastung zugegebenermaßen. Wir haben heute etwa 35.000, 36.000, 37.000. Unter diesen Studenten, die wir heute haben, kommen etwa 15.000 junge Menschen aus anderen Bundeslän

dern oder aus dem Ausland. Wenn man davon ausgeht, dass die Binnenwanderungsverhältnisse und -proportionen gleich bleiben, das heißt, dass etwa 55 Prozent der Jugendlichen aus Mecklenburg-Vorpommern auch im Jahr 2020 hier und 45 Prozent in anderen Bundesländern und im Ausland studieren werden, dann hat man beim optimistischen Szenario, wenn die Bildungsbeteiligung steigt, Zuwanderungspotenziale von auswärtigen Studierenden von 18.000 bis 20.000 jungen Menschen. Ich möchte es noch einmal sagen: 18.000 bis 20.000 junge Menschen können aus anderen Bundesländern im Jahr 2020, wenn wir das tun, was angedacht ist, in Mecklenburg-Vorpommern studieren.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Ich möchte noch einmal sagen, dass wir heute etwa 15.000 auswärtige Studierende haben. Wir bieten auch weiterhin weit über Bedarf Studienplatzkapazitäten an. Was ich gerne zugeben möchte, ist, dass wir einen Hochschulsektor haben, der nicht zu den bestfinanzierten in Deutschland gehört, der aufgrund seiner vielzähligen Strukturen strukturelle Schwierigkeiten hat, und dass die Reform, die jetzt kommt, unter diesen Bedingungen nicht einfach ist, dass sie große Probleme hervorruft. Ob alles gut geht, was wir hier machen, kann man auch bezweifeln, sogar mit guten Argumenten.

(Heiterkeit bei Lorenz Caffier, CDU)

Aber eines ist klar, wir können ja nicht in die Zukunft sehen. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob im Jahr 2020 jeder Schritt – ich weiß nicht, ob Sie das immer können –, den wir heute tun, sich im Jahr 2020 als genau der richtige erwiesen haben wird. Ich glaube, wenn Sie sich Ihre eigene Regierungsverantwortung in den Jahren nach der Wende ansehen, können wir heute definitiv sagen, es war nicht so, ansonsten hätten wir eine Reihe von Problemen nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Da haben Sie diesem Staat nur auf der Tasche gelegen.)

Ich sage Ihnen aber auch, uns kann es genauso gehen. Uns kann es genauso gehen in einigen Jahren.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich denke, dass die Darstellung der Zahlen noch einmal deutlich gemacht hat, dass die Zuwanderungspotenziale aus anderen Bundesländern nicht schrumpfen. Sie steigen sogar dann, wenn wir die optimistischsten Voraussetzungen annehmen, die der Wissenschaftsrat allen deutschen Bundesländern empfiehlt. Insofern ist die Debatte hier im Land über das Kaputtsparen von Hochschulbildung und über die mangelnde Bereitstellung von Studienplatzkapazitäten wirklich sachlich nicht gerechtfertigt. Spätestens dann, denke ich, wenn hierzu offiziell die Stellungnahme des Wissenschaftsrates erscheint, wird sich auch die Diskussionslage in diesem Land dazu etwas ändern. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Danke schön, Herr Brodkorb.

Um das Wort hat noch einmal die Abgeordnete Frau Lochner-Borst von der Fraktion der CDU gebeten. Bitte, Frau Lochner-Borst.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Brodkorb, ich möchte nicht zu allem noch einmal etwas sagen, aber zu dem Punkt der Stellenausstattung. Hierzu finden wir in der Unterrichtung durch die Landesregierung „Bericht über die langfristige strukturelle Entwicklung der Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern“ auf der Drucksache 4/1949, Seite 28, dass die Stellenausstattung einwohnerorientiert und im Verhältnis zur studierfähigen Bevölkerung im Alter von 18 bis 21 Jahren liegt. So viel dazu!

(Lorenz Caffier, CDU, und Dr. Armin Jäger, CDU: Hört, hört!)

Das ist in einer Unterrichtung Ihrer Landesregierung nachzulesen.

(Beifall Dr. Armin Jäger, CDU – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Zum Punkt Hochschulautonomie. Man versucht immer darzustellen, dass die CDU-Fraktion Hochschulautonomie einführt, um diese dann wie Unternehmen zu führen oder gar nur noch private Hochschulen in unserem Land oder in Deutschland einzuführen. Das ist mitnichten so, denn wir wollen Hochschulautonomie für staatliche Hochschulen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, so ist das. So ist das, richtig.)

Das stand in unserer Fraktion und auch in der CDU insgesamt nie in Frage. Wir wollen aber nicht, dass die Hochschulen weiterhin detailgesteuert werden. Und das ist der große Unterschied!

Und auch, was die Rechenschaft zu den eingesetzten Steuermitteln betrifft, noch zwei Sätze: Natürlich werden auch autonome Hochschulen Rechenschaft ablegen müssen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Jede kleinste Reparatur müssen sie beim BBL beantragen.)

Aber sie werden nicht mehr vorgeschrieben bekommen, wofür sie ihre Mittel einzusetzen haben. Das ist genau das, was die jetzige Landesregierung und auch Sie mit der Unterstützung dieses Gesetzentwurfes verfolgen. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Frau Lochner-Borst.

Ums Wort hat noch einmal der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur gebeten. Bitte, Herr Professor Metelmann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Debatte ist einiges über das Selbstverständnis, die Mechanik und das Seelenleben von Hochschulen gesagt worden, was ich aus meiner persönlichen Sicht als Hochschullehrer und auch aus meiner Erfahrung als Rektor nicht bestätigen kann. Manche Missverständnisse hat Herr Brodkorb gerade ausgeräumt. Manches ist auch einfach unrichtig dargestellt worden, Stichwort Personalbestand der Hochschulabteilung im Ministerium. Die Hochschulabteilung hat bereits Stellen an die Hochschulen im Laufe der letzten Jahre abgegeben. Manches kann ich mir auch nicht ganz erklären. Warum soll es kein Vorteil sein, wenn das Geld im System bleibt?

(Egbert Liskow, CDU: Dann nehmen Sie es doch raus!)

Wir lassen das Geld im System! Wir haben Personalabbau in den Hochschulen, aber das Geld bleibt dort. Es wird sogar noch gesteigert um 1,5 Prozent. Warum soll das kein Vorteil sein? Das ist mir unklar.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Manches, meine Damen und Herren, ist doch längst auf dem Weg zur Kooperation, Konzentration, Profilbildung und Schwerpunktsetzung. Wir haben ja längst in diesem schwierigen Prozess, der sich nun schon über Jahre entwickelt hat, mit den Hochschulen im Rahmen unserer Möglichkeiten einvernehmliche Ergebnisse erzielt. Wir haben schon seit Jahren partielle Zielvereinbarungen und können aus den Erfahrungen Werte schöpfen. Wir haben mit fünf Hochschulen bereits Strukturen für ganzheitliche Zielvereinbarungen abgestimmt und mit der sechsten Hochschule sind wir im Gespräch. Ich bin mir ganz sicher, dass wir auch dort zu einer sinnvollen Lösung kommen werden in der Balance von Hochschulautonomie, Regierungsverantwortung und Landtagskontrolle. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Danke schön, Herr Minister.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Wir kommen zur Einzelberatung über den von der Landesregierung eingebrachten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Landeshochschulgesetzes auf Drucksache 4/1864. In Ziffer 1 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Bildungsausschuss, den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Fassung seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 4/2070 anzunehmen.

Wir kommen zur Einzelabstimmung.

Ich rufe auf die Artikel 1 und 2 sowie die Überschrift in der Fassung der Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit sind die Artikel 1 und 2 sowie die Überschrift in der Fassung der Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses auf Drucksache 4/2070 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der Linkspartei.PDS gegen die Stimmen der Fraktion der CDU und des fraktionslosen Abgeordneten angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Hierzu hat die Fraktion der CDU gemäß Paragraf 92 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung beantragt.

Meine Damen und Herren, wir beginnen nun mit der Abstimmung. Dazu werden Sie hier vom Präsidium namentlich aufgerufen und gebeten, vom Platz aus Ihre Stimme mit Ja, Nein oder Enthaltung abzugeben. Ich bitte nun die Schriftführerin, die Namen aufzurufen.

(Die namentliche Abstimmung wird durchgeführt.)