Erste Bemerkung: Beerdigung der Hochschulautonomie. Eine Gesetz gewordene Hoffnung wird heute zu Grabe getragen, und zwar die Chance auf wirkliche Hochschulautonomie, wie sie bislang im Gesetz steht und wie sie für die Entwicklung des Landes und des notwendigen Beitrages der Hochschulen unabdingbar wäre. Und ich empfinde es als peinlich, wenn die unter Zwang erreichte angebliche Einigung mit den Hochschulleitungen als Erfolg gefeiert wird. Tut mir Leid, das kann ich nur als Verhöhnung verstehen.
Ich kann durchaus verstehen, dass die Hochschulleitungen hoffen, das Schlimmste zu verhindern, indem sie versuchen, in sich logische Vorstellungen durchzusetzen. Ich kann das verstehen, aber ich bin fest davon überzeugt, dass die Zukunft leider beweisen wird, dass dies nicht funktioniert. Ich sage nur das Stichwort „Zahnmedizin Rostock“.
Zweite Anmerkung: Politikverdrossenheit. Es ist gelungen, den Hochschulleitungen, sehr vielen Professorinnen und Professoren und leider auch vielen jungen Menschen zu suggerieren, wir machen sowieso, was wir wollen, euer Protest ist sinn- und zwecklos.
Und damit wird gefördert, was viele doch immer so wortreich bedauern, nämlich Politikverdrossenheit.
Und, meine Damen und Herren, das eine kann ich Ihnen auch von meinem Eindruck heute Früh hier draußen auf der Straße sagen: Die jungen Leute, und nicht nur sie, nehmen sehr wohl zur Kenntnis, dass hier im Saal nicht wenige sind, die 2002 das Gesetz und die Hochschulautonomie bejubelten und heute nach dem Prinzip handeln, was schert mich mein Geschwätz von gestern.
und das, was sie vor vier Jahren feierten, als Hochschulautarkie. Mensch soll es nicht für möglich halten!
Dritte Anmerkung: Schaden für das Land. Frau Lochner-Borst hat darauf hingewiesen und ich will nur so viel sagen: Wir, Landtag wie Regierung, sind verpflichtet, für das Wohl des Landes zu arbeiten und Schaden von ihm abzuhalten. Mit diesem heute hier vorliegenden Änderungsgesetz wird langfristig erheblicher Schaden für das Land verursacht.
Und behaupten Sie später nicht, meine Damen und Herren, Sie hätten es nicht gewusst! Denken Sie immer daran, Sie wollten es heute nicht wahrhaben, weil nach Ringelnatz nicht sein kann, was nicht sein darf! – Danke.
Ums Wort hat jetzt noch einmal gebeten der Abgeordnete Herr Mathias Brodkorb von der Fraktion der SPD.
Herr Dr. Bartels, die Frage, die Sie mir zu Beginn gestellt haben, war nicht wirklich ernst gemeint,
nehme ich an, da Sie ein Philologe sind. Da Sie ein Philologe sind, sind Sie, glaube ich, auch in der Lage, präzi
se die Worte, die ich ausgesprochen habe, zu befragen. Insofern habe ich das eher nur als ironische Frage und als rhetorische Frage verstanden und möchte dann ironisch und rhethorisch zurückfragen: Herr Dr. Bartels, Sie wollen doch nicht etwa bestreiten, dass in einer parlamentarischen Demokratie auf der Basis einer durch die Verfassung vorgegebenen Werteordnung die Mehrheit entscheidet?
Und Sie wollen bestimmt auch nicht bestreiten, dass an der Universität die Wahrheit das Kriterium ist und ein Mathematikprofessor in seiner Vorlesung über das Ergebnis an der Tafel nicht abstimmen lässt, sondern die Regeln und Prinzipien der Mathematik entscheiden.
(Zurufe von einzelnen Abgeordneten der CDU: Oh, oh, oh! – Dr. Armin Jäger, CDU: Was soll denn das jetzt eigentlich?)
Ich möchte noch einmal kurz auf Frau Lochner-Borst eingehen: Frau Lochner-Borst, Ihre Rede hat sich sehr umfänglich mit Dingen beschäftigt, die im eigentlichen Sinne nichts mit Hochschulautonomie zu tun haben, sondern mit finanzpolitischen Fragen und Fragen der Bildungsfinanzierung, der Strukturpolitik.
Ich habe in meiner Rede, weil es um das Landeshochschulgesetz ging, darauf verzichtet und nehme das zum Anlass, noch mal ein paar Worte zu sagen. Es wurde behauptet, die Hochschullandschaft wird zu Grabe getragen und es würde jetzt hier im Hinblick auf die demografische Entwicklung die völlig falsche Schlussfolgerung gezogen und im Prinzip die Ausbildungsfähigkeit in diesem Lande und auch in Deutschland gefährdet. Meine Damen und Herren, ich möchte dazu zwei Ausführungen machen:
Erstens. Wer das Landespersonalkonzept zur Hand nimmt, muss feststellen, die Stellenberechnung, die dort für den Hochschulbereich ermittelt wurde, ist überhaupt nicht anhand der studierfähigen Bevölkerung berechnet worden.
(Ilka Lochner-Borst, CDU: Das steht so in der Unterrichtung der Landesregierung. Da müssten Sie mal in die Unterrichtung gucken!)
Nein, sehen Sie ins Landespersonalkonzept! Das Stellenmaß, das für die Hochschulen zur Verfügung gestellt wird, ist anhand des Höchstwertprinzips der finanzschwachen Flächenländer Schleswig-Holstein und RheinlandPfalz berechnet worden. Es ist der einzige Bereich, in dem dem Höchstwertprinzip gefolgt wurde. In allen anderen Bereichen ist das Niederstwertprinzip zur Anwendung gekommen.
Ich spreche gerade vom Landespersonalkonzept und dieses Landespersonalkonzept hat die Stelleneinsparungen quantifiziert.
Ich löse das gleich auf. Ich weiß, was in der Begründung zum Gesetz steht, Frau Lochner-Borst. Dazu komme ich gleich noch.
(Ilka Lochner-Borst, CDU: Das ist nicht die Begründung zum Gesetz. Schauen Sie in die Unterrichtung!)
Richtig ist, dass Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein mit Sicherheit nicht zu den üppigsten Hochschullandschaften Deutschlands gehören. Das kann man ohne Zweifel sagen. Richtig ist aber auch, wenn ich das angemessen in Erinnerung habe, dass eines der beiden Länder bei der Exzellenzinitiative des Bundes mit dabei ist.
Das heißt, dass es also offenbar durchaus möglich ist, auch mit begrenzten Mitteln große Erfolge zu erzielen, wenn man die Mittel richtig einsetzt. Warum gibt es den Verweis in der Gesetzesbegründung? Der voraussichtliche Rückgang inländischer Studierendennachfrage – das steht übrigens, wenn Sie in die umfangreiche Begründung schauen, mit Anführungszeichen –, der Verweis auf die Entwicklung der Jugendlichenzahlen hier im Land ist die Rechtfertigung dafür, dass man sich diese beiden Referenzländer, die eher unterdurchschnittliche Ausgaben im Hochschulbereich haben, als Maß nimmt, aber nicht die Entwicklung der studierfähigen Bevölkerung im eigentlichen Sinne war die Grundlage der Berechnung.
Das wäre auch sehr unlogisch gewesen, Frau LochnerBorst, weil wir in den letzten Jahren das eine und das andere Mal erklärt haben, dass wir es für methodisch absurd halten, den Versuch zu machen, auf der Basis von Studierendenprognosen Projektionen oder Planungen vorzunehmen. Das habe ich auch in einer der letzten Landtagssitzungen noch einmal ausgeführt. Es wäre ja etwas merkwürdig, wenn wir erst versuchen zu begründen, warum man auf der Basis von Studierendenprognosen keine Hochschulplanung machen kann, weil niemand weiß, wie sie ausgehen, um uns dann selber auf so eine Prognose oder einen solchen Prognoserahmen zu verlassen. Genau aus dem Grunde wurde Bezug auf einwohnerorientierte Messbeträge der finanzschwachen westdeutschen Flächenländer genommen.
Jetzt möchte ich einmal kurz ins Detail gehen. Was passiert denn jetzt? Die Regierung stützt sich dabei – das ist jetzt ein wichtiger Punkt – auf ein internes Papier des Wissenschaftsrates, das in Kürze veröffentlicht wird. Die Regierung setzt somit eine Empfehlung des Wissenschaftsrates um. Der Wissenschaftsrat empfiehlt in diesem Diskussionspapier, dass sich die Länder in ihrer Kapazitätsplanung einem geordneten Verfahren unterwerfen sollen, damit sie sich nicht gegenseitig die Kosten für teure Studiengänge aufbürden. Jedes Land soll sich ein Mindestkriterium geben, wie viel Studienplätze es bereitstellt, damit es keinen Unterbietungswettbewerb und keine Verschiebung der Lasten zwischen den Bundesländern gibt. Der Wissenschaftsrat nennt als Orientierungskriterium erstens die Anzahl der Studierfähigen im Alter von 18 bis 21 Jahren in den jeweiligen Bundeslän