Protocol of the Session on December 15, 2005

In Folge dessen hat die EWN im Auftrag der Bundesregierung andere Stilllegungsvorhaben des Bundes übernommen beziehungsweise sie wird sie in Kürze übernehmen. Ziel ist es, die EWN als zentrales Stilllegungs- und Entsorgungsunternehmen für alle kerntechnischen Anlagen, die sich in Verantwortung der öffentlichen Hand befinden, zu profilieren. Weiterer Ausdruck der Wertschätzung gegenüber der Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der EWN ist die Übertragung der Projektleitung

beim Abbau von 120 russischen Atom-U-Booten in Russland durch das Bundesministerium für Wirtschaft. Die in diesem Projekt geleistete Arbeit durch die EWN wird international von allen Partnern gewürdigt. Weiterhin ist die EWN im Auftrag der EU in mehreren Projekten im Rahmen der Stilllegung beziehungsweise der Erhöhung der Sicherheit osteuropäischer Kernkraftwerke tätig. Für die Abwicklung der Drittaufträge arbeiten in Lubmin circa 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit steigender Tendenz. D i e Verarbeitung von Fremdabfällen steht somit im direkten Zusammenhang mit der Know-how-Verwertung und konnte ungefähr nochmals 100 Mitarbeitern langfristig den Arbeitsplatz in einer Region sichern, in der das sehr wichtig ist. Gleichzeitig unternimmt die EWN alle Anstrengungen, um eine Reindustrialisierung des Standortes Lubmin zu erreichen.

Den bisher beabsichtigten Bau von GuD-Kraftwerken, Gasleitungen nach Berlin, Ostseepipeline und so weiter konnten wir in der Presse verfolgen und ich denke, das ist eine ganz wichtige Situation in diesem Wirtschaftsraum. Ich glaube auch, dass der Ministerpräsident unseres Landes gerade in dieser Region sehr engagiert war. Auch die Informationsstelle der EWN hat eine ganz besondere Bedeutung, meine Damen und Herren.

Weil der Tourismus sehr oft angesprochen wurde, man kann deutlich feststellen, dass sehr viele Touristen diese Informationsstelle nutzen, um sich sachkundig zu informieren und ihr Interesse zu stillen, und ich glaube, es ist auch eine ganz wichtige Sache, um saisonverlängernd hier wirken zu können.

Die Arbeit der EWN ist darauf gerichtet, langfristig für viele Menschen aus der Region Arbeitsplätze zu schaffen. Die jetzige Situation, Herr Minister, führt dazu, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der EWN demotiviert werden, weil sie langfristig keine Perspektive mehr für den Erhalt ihrer bisher kontinuierlichen Arbeit sehen. Dieses wird unter anderem dazu führen, dass eines der größten Unternehmen unseres Landes Kurzarbeit anmelden muss beziehungsweise betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen sind.

(Wolfgang Riemann, CDU: So ist es.)

Da die Energiewerke Nord die einzige Gesellschaft des Bundes...

Frau Holznagel, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Dr. Bartels?

Hinterher bitte.

Da die Energiewerke Nord die einzige Gesellschaft des Bundes ist, die über ein Zwischenlager für Kernbrennstoffe verfügt und Frankreich die Rückführung von vier Castoren mit Abfällen aus Forschungszentren fordert, wurde dieser Antrag gestellt, meine Damen und Herren. Wir haben hier Situationen, die deutschlandweit gesehen werden müssen. Seitens der damaligen rot-grünen Bundesregierung wurde der Bau eines neuen Lagers geprüft und aus Kostengründen verworfen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn es auch verschiedene Meinungen hinsichtlich der Nutzung der Kernenergie geben kann, so kann es doch nur eine Meinung hinsichtlich der Umsetzung von Recht und Gesetz geben. Ich erwarte von einer Landesregierung das Einhalten der Rechtsvorgaben. Diese können und dürfen nicht durch Untätigkeit unterlaufen werden. Aus diesem

Grunde, meine Damen und Herren, lehnt meine Fraktion den vorliegenden Antrag ab.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Frau Holznagel.

Gestatten Sie jetzt die Anfrage des Abgeordneten Riemann? (Zustimmung)

Werte Frau Holznagel, finden Sie es nicht paradox, dass der Landtag vor wenigen Stunden oder Minuten hier den Ausstieg aus der Kernenergie beschließt und jetzt beschließt, einem Unternehmen Steine in den Weg zu legen, das gerade dieses als Geschäftsfeld betreibt, den Ausstieg aus der Kernenergie?

(Unruhe bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Zuruf von Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Finden Sie das nicht paradox? Empfinden Sie das nicht als Sankt-Florians-Prinzip? Wenn das ein polnisches Unternehmen machen würde oder ein anderes Unternehmen, dann würde der Landtag sich gar nicht dazu äußern, aber weil das Unternehmen aus diesem Land hervorgegangen ist, legt man ihm Steine in den Weg, obwohl es gerade den Betriebszweck des Abbaus von Kernenergieanlagen hat.

(Holger Friedrich, SPD: Irgendwo haben Sie auch mit dafür gestimmt!)

Herr Riemann, ich kann eigentlich nur bestätigen, was Sie in Ihrer Frage ausgedrückt haben. Meiner Meinung nach ist es paradox, denn wir haben gerade an diesem Standort eine ganz besondere Verantwortung. Das Erbe, was das Kernkraftwerk hier hinterlassen hat, muss gestaltet werden, und ich glaube, auch eine ganz wichtige Situation, die wir nicht unterschätzen sollten, ist, dass hier Know-how entwickelt wurde, um gerade Stilllegung voranzutreiben.

(Beifall Dr. Armin Jäger, CDU)

Deswegen möchte ich das in dieser Hinsicht noch einmal unterstreichen und kann nur sagen, auch die internationale Anerkennung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des EWN ist hier hervorragend und das sollten wir für unser Land nutzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Gestatten Sie jetzt die Anfrage des Abgeordneten Dr. Bartels? (Zustimmung)

Sehr geehrte Frau Holznagel, Sie haben davon gesprochen, dass durch die jetzige Untätigkeit des Umweltministers, wie Sie sagten, die Arbeitsplätze in Lubmin gefährdet würden. Ist Ihnen bekannt, dass seit Mitte der 90er Jahre Personalentwicklungspläne für das EWN in Lubmin vorliegen, die eindeutig ausweisen, dass mit der Beendigung des Rückbaus der größte Teil der Arbeitsplätze – bis auf diejenigen im ZLN und die, die möglicherweise durch Weiterverwendung des Know-hows erhalten werden können – abgebaut werden muss, weil die Aufgabe erfüllt ist, dass also Ihre Aussage, dass durch die jetzige Nichtgenehmigung Arbeitsplätze gefährdet würden, einfach aus der Luft gegriffen ist?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Herr Abgeordneter, es ist mir bekannt, dass es diese Pläne gibt, die Entwicklungspläne, aber Sie haben eins vergessen zu beachten bei dieser Geschichte: Es geht hier um die Konditionierung und wir haben dort wirklich mit einem technischen Höchststand oder Weltniveau, kann man auch sagen, Anlagen am Standort errichtet, um eben die Stilllegung, die Konditionierung der stillzulegenden Restabfälle durchzuführen. Und aus dieser Situation heraus ist es wichtig, dass diese Pufferlagerung, die für ein Jahr genehmigt ist, erhöht werden muss auf fünf Jahre vor und danach, um diese technischen Möglichkeiten ganz intensiv auszunutzen. Wenn das nicht machbar ist, dann wird es passieren, dass diese Konditionierungsmöglichkeiten hier nicht wahrgenommen werden und es eben doch zu Entlassungen beziehungsweise zu Kurzarbeit kommen wird. Und ich möchte noch einmal dafür werben, dass wir diese Anlagen, die dort mit viel Geld errichtet wurden, wirklich so ausnutzen in Deutschland, dass wir die Stilllegung der Anlagen sehr schnell durchführen können. Auch das gehört zu dem Know-how, was wir in Lubmin haben an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich hier ganz enorm einsetzen.

Gestatten Sie noch eine Anfrage?

Gestatten Sie noch eine Zusatzfrage des Abgeordneten? (Zustimmung)

Bitte.

Frau Holznagel würden Sie mir zustimmen, dass alle bisherigen Debatten, die ich in elf Jahren in diesem Hause, die zum Teil heute erwähnt worden sind, zu diesem Thema miterlebt habe, von der Übereinstimmung über alle Fraktionen getragen waren, dass es in Lubmin nicht um eine Wirtschaftlichkeit, um eine wirtschaftliche Nutzung und den damit verbundenen Atommülltourismus gehen darf, sondern nur um die Einlagerung der Abfälle, die in der DDR angefallen sind?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Der Antrag, der uns heute vorliegt, unterscheidet sich doch wesentlich von den Anträgen, die wir vorher hatten, denn in diesem Antrag wird festgehalten, dass jetzt Genehmigungsanträge nicht beschieden werden sollen. Das ist schon ein völlig neuer Aspekt.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Wir haben unserer Ansicht nach richtig deutlich gemacht, dass wir die Rechtslage anders sehen, dass es hier nach Strahlenschutzgenehmigung geht, und deswegen kann hier eine Genehmigung nicht versagt werden. Das ist der gewaltige Unterschied zu den Willensbekundungen, die wir in den vorhergehenden Legislaturperioden zu diesem Thema gemacht haben.

Das ist sehr bedauerlich. – Danke.

Bitte keine Kommentare.

Gestatten Sie jetzt eine Anfrage der Abgeordneten Frau Wien? (Zustimmung)

Bitte, Frau Wien.

Frau Holznagel, sind Sie der Meinung – ich habe es jetzt so verstanden, dass

überall dorthin, wo das Know-how der Lubminer ist, der Abbau von Atomanlagen exportiert wird, da sind wir uns einig, das ist phantastisch –, dass dann Lubmin jeweils den Müll, der woanders abgebaut wird, bei sich aufnehmen müsste? So habe ich letztendlich Ihre Rede verstanden. Dann würde das für mich auch bedeuten, dass zum Beispiel aus Murmansk der Atommüll hierher kommen müsste.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Frau Abgeordnete Wien, ich habe ganz deutlich gesagt, es geht nicht um eine Endlagerung, und inwieweit jetzt die Zwischenlagerung mit der Erweiterung der Pufferlagerung zu sehen ist, das ist eigentlich auch noch zu bezweifeln. Es geht wirklich darum, dass die Konditionierung hier durchgeführt wird. Hier kann sie wirklich auf technisch höchstem Niveau durchgeführt werden. Diese Konditionierung hat natürlich auch technische Probleme und diese sind in einem Jahr gar nicht hinzubekommen. Deswegen muss man fünf Jahre davor und danach mit einplanen, denn die Genehmigungen dauern schon über ein Jahr, um die Abfälle dorthin zu bekommen. Deswegen ist ein Jahr wesentlich zu kurz und es geht hier darum, diese Konditionierung so zu gestalten, dass man fünf Jahre davor und fünf Jahre danach einlagert. Also für mich ist es nicht das, was Sie jetzt meinen, dass Lubmin hier Abfallort für alle Anlagen ist, die abgebaut werden. Das kann es nicht sein. Es geht um die Konditionierung,

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

die auf wissenschaftlich-technisch hohem Niveau vollzogen wird.

(Beifall Dr. Armin Jäger, CDU)

Danke schön, Frau Holznagel.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Jarchow. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Energiewerke Nord – Frau Holznagel hat schon vorhin darauf hingewiesen und mir ist es auch noch einmal wichtig, das zu betonen – sind eine hundertprozentige Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland. Und die Kernaufgabe ist der Rückbau der Kernkraftwerke. Dieser Rückbau der Kernkraftwerke soll in den Jahren 2012 bis 2014 abgeschlossen werden. Meine Damen und Herren, zu dieser Aufgabe der Energiewerke Nord haben wir uns stets bekannt und daran wollen wir auch nicht zweifeln. Aber, meine Damen und Herren, die Frage der Endlagerung von Atommüll ist in Deutschland ungelöst. Und, Herr Liskow, Atomexperte – wo ist er jetzt, jetzt ist er hinausgegangen, ach, da sitzt er –, ich denke zu dem, was Sie vorhin dargestellt haben: Nicht nur das Betreiben von Atomkraftwerken ist hier wirklich die Kernfrage, sondern eine wesentliche, wenn nicht sogar die Frage, ist die Frage der Endlagerung. Und diese ist in Deutschland nicht gelöst.

Entsprechend groß sind natürlich dadurch die Begehrlichkeiten bezüglich der Zwischenlagerung von radioaktivem Material. Schon 1991 sah sich der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern veranlasst, einen Beschluss zu fassen, der die Landesregierung aufforderte, die Einrichtung eines Zwischenlagers nur zu genehmigen, wenn dort ausschließlich die atomaren Abfälle des stillgelegten

Kraftwerkes eingelagert werden. In Vorbereitung dieser Debatte habe ich mir noch einmal die Debatte von 1991 angesehen und es war interessant für mich, wie Herr Riemann seinerzeit in der Debatte diskutiert hat im Gegensatz zur heutigen Debatte. In seltener parteiübergreifender Übereinstimmung hat der Landtag von MecklenburgVorpommern nochmals 1996 seinen politischen Willen zur Frage der Zwischenlagerung von externen radioaktiven Abfällen im Zwischenlager Nord zum Ausdruck gebracht. Den Beschluss hat der Minister vorhin bereits zitiert.