Die Linkspartei.PDS-Fraktion der Bürgerschaft Greifswald, deren Mitglied ich bin, wird in die morgige Sitzung der Bürgerschaft einen entsprechenden Antrag einbringen, in dem die Bürgerschaft gebeten wird, die Landesregierung und den Landtag aufzufordern, die Novellierung des Gesetzes nicht durchzuführen und die Stellenstreichpläne zurückzunehmen.
(Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS: Hauptsache Sie schlagen auch vor, wo das Äquivalent herkommen soll.)
Herr Minister Professor Dr. Dr. Metelmann, was Sie hier zu Freiheit von Forschung und Lehre gesagt haben, veranlasst mich, doch noch einmal um das Wort zu bitten.
Sie haben völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass Freiheit von Forschung und Lehre nicht nur ein hehrer Grundsatz ist. Artikel 5 Grundgesetz hat die Freiheit von Forschung und Lehre ausdrücklich garantiert. Aber die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts macht auch deutlich, dass das eben nicht nur eine leere Hülse ist.
Was Sie negativ zu Freiheit von Forschung und Lehre gesagt haben, wenn Sie ausführen, das ist nicht in erster Linie eine Frage des Rektors, des Rektorats, des Dekanats oder eines Präsidenten, ist scheinbar richtig. Aber auf der anderen Seite sage ich Ihnen ganz deutlich, Freiheit von Forschung und Lehre wird nicht dadurch gewähr
leistet, dass ein Ministerium sich anmaßt zu entscheiden, welche Voraussetzungen gegeben sein sollten, damit Freiheit von Forschung und Lehre überhaupt gewährleistet werden kann. Ich will Ihnen das an einem Beispiel deutlich machen, das Ihnen besonders nahe liegen müsste. Es ist sehr schön, wenn Sie sagen, Sie können das gerade als Hochschullehrer beurteilen. Dann nehmen wir doch einmal Ihren eigenen Bereich. Was nützt Ihnen alle theoretisch zugesicherte Freiheit von Forschung, wenn man Ihnen das Mikroskop vorenthält, mit dem Sie die Sachverhalte erkennen können, die Sie beurteilen wollen?
Genau diese Situation schaffen Sie, wenn Sie die Hochschulen unter ein finanzielles Diktat stellen und es alleine der Ministerialbürokratie überlassen zu sagen, wie die knappen Ressourcen eingesetzt werden können.
Damit inhaltlich überhaupt Forschung und Lehre gewährleistet werden kann, müssen Sie es denjenigen zubilligen, die dieses Privileg in Anspruch nehmen sollen, darüber zu entscheiden, wie sie ihre Mittel sinnvoll einsetzen. Deshalb ist es notwendig, dass die Stellenbewirtschaftung eben nicht von irgendwelchen im Ministerium angesiedelten, mit Bürokratie vertrauten Menschen wahrgenommen wird, sondern von denjenigen, die tatsächlich mit Forschung und Lehre befasst sind
(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Kennen Sie die Realität an unseren Fachhochschulen und Universitäten?)
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Aber Sie kennen offenbar die Realität nicht in unserem Land.)
Und wenn Sie sich in der Praxis einmal ansehen, Herr Minister, was es bedeutet, bis überhaupt ein Raum zur Verfügung gestellt wird, wenn etwas umgebaut werden soll, welche unglaubliche Bürokratie hier in Gang gesetzt wird und wie sie die Ressourcen zwangsläufig, damit auch diejenigen, die forschen und lehren sollen, binden, damit sie einen solchen Antrag durchbringen, dann zeigt das doch, dass das ein völlig falscher Weg ist. Trauen Sie doch einmal intelligenten Menschen so viel zu, dass sie selber darüber entscheiden können, welcher Raumbedarf für ihre Voraussetzungen erforderlich ist, damit sie wirklich forschen und lehren können. Das können die im Zweifelsfall vor Ort sehr viel besser als Ihre Damen und Herren von der Landesbauverwaltung und aus dem Finanzministerium und aus dem Kultusministerium. Ich frage mich, welches Bild Sie wirklich von Forschung und Lehre haben, wenn Sie meinen, Sie müssen gerade solche Fragen in einem riesigen bürokratischen Aufwand mit aufwändigen Verfahren klären lassen, anstatt den gesunden Sachverstand derjenigen entscheiden zu lassen, die vor Ort die Bedingungen kennen und die wissen, wie sie diese Mittel am besten einsetzen.
Es nützt uns überhaupt nichts, wenn Sie hehre Grundsätze in den Raum stellen und die Rahmenbedingungen dann so schaffen, dass diese hehren Grundsätze nicht umgesetzt werden können. Mit dem, was Sie gestern hier beschlossen haben und was Sie in den Ausschussbera
t ungen offensichtlich weiter machen wollen, und mit dem, was in dem Änderungsantrag jetzt zum Ausdruck kommt, tun Sie genau das, was Sie uns eben sehr schön grundsätzlich erklärt haben, nicht tun zu wollen. Sie beschränken Forschung und Lehre durch die faktische Gesetzgebung, nämlich dadurch, dass Sie die Rahmenbedingungen so schaffen, dass sich Forscher und Lehrer nicht ihren eigentlichen Aufgaben widmen können, sondern durch Ihre Bürokratie genau daran gehindert werden.
Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD auf Drucksache 4/1897 vor,
(Der Abgeordnete Dr. Ulrich Born meldet sich zur Geschäftsordnung. – Reinhard Dankert, SPD: Wir sind in der Abstimmung.)
Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Damit ist der Änderungsantrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD auf Drucksache 4/1897 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der Linkspartei.PDS gegen die Stimmen der Fraktion der CDU und des fraktionslosen Abgeordneten angenommen.
Wer dem Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1866 mit den soeben beschlossenen Änderungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1866 mit den soeben beschlossenen Änderungen mit den Stimmen der Fraktion der SPD, den Stimmen der Fraktion der Linkspartei.PDS und zwei Stimmenthaltungen sowie bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU und des fraktionslosen Abgeordneten angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrages der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD – Vorschläge des Ombudsrates unterstützen – SGB II korrigieren, Drucksache 4/1868. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1895 vor.
Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD: Vorschläge des Ombudsrates unterstützen – SGB II korrigieren – Drucksache 4/1868 –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Fast täglich erreichen uns im Zusammenhang mit der Umsetzung von Hartz IV Hiobsbotschaften.
Gestern hat die Bundesregierung mit einem Federstrich die zugesagte Beteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung aufgekündigt. Für viele Kommunen, insbesondere in Ostdeutschland, würde dies den finanziellen Kollaps bedeuten. Das Vorpreschen der nur noch wenige Tage im Amt befindlichen Bundesregierung ist umso unverständlicher, als die Revision der Kosten mit den Akteuren nicht abgeglichen wurde. Es ist keine Differenzierung vorgenommen worden. Die Linkspartei.PDS hat von Anfang an eine pauschale Entlastung kritisiert. Der Bund wird bis zum Jahresende keine Zahlungen mehr leisten. Clement und Co. dürfen mit diesem dreisten Wortbruch nicht durchkommen.
Doch nun zum vorliegenden Antrag. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe und die damit verbundene Einführung des Arbeitslosengeldes II stellt die größte Veränderung in der Arbeitsförderung dar, die die Bundesrepublik seit Jahren erlebt hat. Seit 1. Januar 2005 wurde geradezu ein Systemwechsel eingeleitet. Mit dem Sozialgesetzbuch II und dem Arbeitslosengeld II wird der bisherige Hilfebezug vom früheren Einkommen der Anspruchsberechtigten abgekoppelt und zu einer Sozialhilfeleistung für eine Bedarfsgemeinschaft. Die Organisation der Leistungsgewährung wurde umstrukturiert, die Kommunen werden in die Verantwortung und Mithaftung genommen. Die schnelle Einführung und Umstellung der Leistung brachte unweigerlich und absehbar Fehler, Ungerechtigkeiten und eine Vielzahl bisher ungelöster Probleme mit sich. Natürlich war es eine grandiose Arbeitsleistung und es ist noch immer eine Mammutaufgabe, dies alles zu regeln. Einfacher wurde die Leistungserbringung für die Träger der Leistungen in den verschiedensten Konstruktionen nicht, im Gegenteil. Der bürokratische Aufwand der Leistungsberechnung ist gestiegen und der Aufwand für den Einsatz der arbeitsmarktpolitischen Instrumente ist nicht gesunken.
Unter all diesen Vorzeichen und Wirkungen hat sich die Bundesregierung entschlossen, ab 1. Dezember 2004 einen Ombudsrat einzurichten. Diesem Rat stehen Frau Dr. Christine Bergmann, ehemalige Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Herr Dr. Hermann Rappe, langjähriger Vorsitzender der Industriegewerkschaft Chemie, Papier, Keramik, und Herr Professor Dr. Kurt Biedenkopf, ehemaliger Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, vor. Dieser Ombudsrat hat die Aufgabe, die Einführung der neuen organisatorischen und gesetzlichen Regelungen im Rahmen des SGB II kritisch zu begleiten, Schwachstellen aufzudecken und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der betreffenden Gesetze und ihrer Anwendung zu geben. Von Anfang Dezember 2004 bis Anfang Juni 2005 gingen beim Ombudsrat circa 8.000 schriftliche Eingaben und mehr als 25.000 telefonische Anfragen ein. Am 29. Juni 2005 legte der Rat seinen ersten Zwischenbericht vor. Er nahm dabei zu Sachverhalten der Anwendung des SGB II, zu Fragen der organisatorischen Umsetzung und zur Vermittlung der Arbeit Stellung.
Wir wollen mit dem ersten Ihnen dazu vorliegenden Antrag die Arbeit des Ombudsrates würdigen und aus unserer Sicht den Nachbesserungsbedarf unterstreichen,
damit der Grundsatz des Förderns und Forderns, so, wie er im Kapitel 1 des SGB II festgeschrieben wurde, auch vollständig umgesetzt werden kann. Ein ausgewählter Punkt, den der Rat als nachbesserungsbedürftig eingeschätzt hat, sind der ungenügende Versicherungsschutz und die Ungleichbehandlung von nichtleiblichen minderjährigen unverheirateten Kindern in ehelichen Gemeinschaften. Hier empfiehlt der Ombudsrat die Aufnahme dieser Kinder in die Familienversicherung der Krankenund Pflegeversicherung sowie die Gleichbehandlung auch bei steuerrechtlichen Regelungen. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass zwar das Einkommen des unverheirateten nichtleiblichen Elternteils in einer Bedarfsgemeinschaft eingerechnet wird, aber der Familienversicherungsschutz für die Kinder nicht gewährt wird.
Bei der so genannten 58er-Regelung empfiehlt der Ombudsrat eine Prüfung, ob dem Gedanken des Vertrauensschutzes nicht stärker Rechnung getragen werden muss, übrigens von Anfang an einer der zehn wesentlichen Kritikpunkte der Linkspartei.PDS am SGB II überhaupt. Nach dieser Regelung wurde Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, bis zum Eintritt in die Rente Arbeitslosengeld unter so genannten erleichterten Bedingungen gezahlt, wenn diese dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen. Sie haben mit der Bundesagentur für Arbeit einen Vertrag geschlossen. Seit 01.01.2005 müssen sich all diese über 58-Jährigen, die noch nicht das rettende Ufer des Rentenbezugs erreicht haben, einem demütigenden Bedarfsprüfungsverfahren unterziehen. Sie müssen möglicherweise Teile ihrer Ersparnisse für den Lebensabend aufbrauchen, damit sie eventuell Anspruch auf maximal 331 Euro beziehungsweise 298 Euro plus Kosten der Unterkunft haben, um dann möglicherweise noch zu erfahren, dass ihre Wohnung unangemessen groß ist und sie deshalb aus dieser Wohnung ausziehen müssen oder aber die Leistung gekürzt bekommen.
In Bezug auf die Bewilligungsbescheide kritisiert der Ombudsrat, dass diese unübersichtlich und häufig nicht nachvollziehbar sind. Die Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit sind von elementarer Bedeutung. Viel Unmut bei den Betroffenen, viel zusätzliche Arbeit in den Arbeitsgemeinschaften, den so genannten Argen, und bei der optierenden Kommune hätte den Betroffenen erspart bleiben können. Auch viele Widerspruchs- und Gerichtsverfahren hätte es nicht geben müssen. Der Richterbund Mecklenburg-Vorpommern erwartet bis Jahresende mehr als 2.000 Klagen. Das bedeutet einen Mehrbedarf an den Sozialgerichten allein von sieben Richtern. Die meisten dieser Klagen, das muss man allerdings einräumen, erübrigen sich nicht durch nachvollziehbare Bescheide, sondern sind in Ungerechtigkeiten und Ungleichbehandlungen bei der Berechnung des Leistungsbezuges der Bedarfsgemeinschaften und der Kosten der Unterkunft begründet. Hier bedarf es schnellstmöglich einheitlicher Regelungen und oberster Richtersprüche, denn nur so wird Rechtssicherheit für alle Beteiligten hergestellt werden können. Im normalen Verfahren werden noch 30 Monate oder mehr ins Land ziehen, bevor der Gesetzgeber gegebenenfalls aufgefordert wird, Änderungen herbeizuführen.
Der Ombudsrat fordert im Kapitel 4 seines Zwischenberichts unter dem Titel „Vermittlung in Arbeit“ dazu auf, das Instrumentarium für die aktivierende Arbeitsmarktpolitik vor Ort flexibel, kreativ, effizient einzusetzen. Auch
der Ombudsrat geht davon aus, dass Erwerbsarbeit die Grundlage für wirtschaftliche Unabhängigkeit und Selbstständigkeit darstellt.
Die Beratung und Betreuung der unter 25-Jährigen sowie die schulische und außerschulische Ausbildung und Qualifizierung müssen weiter verbessert werden. Jugendliche sollen entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse intensiv betreut und gefördert werden, so der Ombudsrat. Der Ombudsrat sieht auch mit Sorge die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Er fordert die Unternehmen auf, der Frühverrentung mit einer flexiblen und zukunftsorientierten betrieblichen Personalpolitik entgegenzutreten.
Dem Land stehen bei den Argen 280,4 Millionen Euro für den Bereich „Markt und Integration“ zur Verfügung. Nachdem in den ersten Monaten der Schwerpunkt der Arbeit in den Argen in der Organisationsfindung und Leistungsgewährung lag, nahm die Förderung von Beschäftigung zunehmend Raum ein. Im August lag der Bindungsstand der Mittel bei circa 52 Prozent. Das bedeutet, einige Argen lagen mehr oder weniger deutlich darüber, einige lagen mehr oder weniger deutlich darunter. Bedenkliche Signale erreichen uns dabei bezüglich der Arge im Landkreis Parchim. Wir fordern alle Argen auf, die im Haushaltsjahr 2005 zur Verfügung stehenden Mittel im Interesse der Betroffenen auch einzusetzen. Dabei werden in den meisten Landkreisen und kreisfreien Städten die vorhandenen erfahrenen Strukturen genutzt wie die OAS, also die Organisation für Arbeitsmarkt- und Strukturentwicklung, und die arbeitsmarkterfahrenen Vereine und Verbände. Diese leisten seit Jahren unschätzbare Arbeit im Interesse der Arbeitssuchenden und zur Entwicklung unseres Landes. Dafür von dieser Stelle unseren Dank! Allerdings 18.000 1-Euro-Jobs in Mecklenburg-Vorpommern für maximal sechs Monate und 235.000 bundesweit, das sind nicht die geeigneten Antworten auf die Forderungen des Ombudsrates und anderer Experten.