Protocol of the Session on October 6, 2005

(Heiterkeit bei Karin Strenz, CDU)

Ich habe deutlich gemacht, dass hier in Größenordnungen von 50.000 bis 60.000 arbeitsmarktpolitische Maßnahmen abgebaut worden sind und wir nur relativ gering von der Arbeitslosigkeit her höher liegen im Vergleich zum Beispiel zum Jahr 1998, als es eine andere Regierung gegeben hat, darauf habe ich hingewiesen.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Aber Sie haben nicht gesagt, warum.)

Im Übrigen, Sie hatten noch die Frage gestellt, ich habe jetzt die konkrete Zahl, auch wenn Sie mir das unterstellen, der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse 1998 nicht so im Kopf. Aber ich kann mich sehr gut erinnern, dass ich in einer der vorhergehenden Sitzungen mir das extra angeguckt hatte, um das der Kollegin Strenz zu sagen, was ich auch getan habe. Da war es so, dass ab 1997 diese Zahl heruntergegangen ist, sich reduziert hat, also auch schon mit Verlaub zu Ihren Zeiten. Ich glaube, es war damals eine Zahl knapp über 600.000,

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Das ist die gleiche Politik. – Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)

und wir sind jetzt knapp unter 500.000. Insofern, Herr Dr. Jäger, würde ich zumindest als Größenordnung sagen, dass wir circa 100.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse seit 1997/98, also in den vergangenen sieben bis acht Jahren, verloren haben, aber bitte auch schon unter Ihrer Ägide.

Gestatten Sie noch eine Nachfrage des Abgeordneten Dr. Jäger?

Ja, gern.

Bitte, Herr Dr. Jäger.

Herr Kollege, würden Sie mir darin zustimmen, dass jemand, der selbst weiß, dass ein bestimmter Parameter ganz entscheidend ist für die Beurteilung der Angelegenheit, und der nur einen einzigen nennt, nicht ganz seriös sein dürfte?

(Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Sind Sie da auch der Meinung oder glauben Sie, dass das, was Sie heute hier getan haben, überhaupt noch den Titel „seriös“ beanspruchen darf?

Kurze Antwort: Ja.

(Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU, und Karin Strenz, CDU)

Dann tun Sie mir Leid.

Gestatten Sie jetzt eine Anfrage des Abgeordneten Brodkorb?

Sehr gern.

Bitte sehr.

Herr Abgeordneter Mohr, bin ich richtig darüber informiert, dass arbeitsmarktpolitische

Instrumente wie ABM auch zu den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen zählen und mit dem erheblichen Rückgang dieser Beschäftigungsverhältnisse auch die sozialversicherungspflichtigen Verhältnisse insgesamt statistisch zurückgehen? Stimmt das oder bin ich da falsch informiert?

Schönen Dank für den Hinweis, Herr Kollege Brodkorb. Der Hinweis ist natürlich völlig zutreffend

(Heiterkeit bei Karin Strenz, CDU: Seriöse Betrachtung.)

und verdient insofern auch Berücksichtigung. Das sollten sich die Kolleginnen und Kollegen der Union mal zu Gemüte führen. – Schönen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Herr Mohr.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Koplin von der Fraktion der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Herr Dr. Jäger mich gefragt hätte nach den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen, hätte ich ihm Recht gegeben, weil es wirklich eine Tatsache ist, dass sie zurückgehen. Da braucht man nicht in Zahlenakrobatik zu verfallen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Es ist sehr betrüblich, dass es so ist. Nur, Herr Dr. Jäger, es wäre einfach redlich, dann dazuzusagen, dass sie durch ein Präferieren – und das tut die CDU im Niedriglohnsektor – von Minni- und Midijobs und durch die unsäglichen Ich-AGs zurückgegangen sind und somit auch aufgrund der CDU-Politik.

(Beifall Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)

Sie sehen, sehr geehrte Damen und Herren, dass wir

gemeinsam, Linkspartei.PDS und SPD, einen Antrag eingebracht haben. Und Sie haben sowohl an dem Redebeitrag von Frau Kollegin Lück als auch an dem von Herrn Mohr gesehen, wo die Schnittmengen sind und wo es sehr deutliche Unterschiede in den Auffassungen gibt. Wir nehmen – Frau Strenz, Sie haben dahingehend appelliert – den ersten Zwischenbericht des Ombudsrates ernst. Und ich muss Ihnen sagen nach Ihrem Redebeitrag, dass ich ihm inhaltlich näher stehe als den Ausführungen, die Herr Mohr hier geleistet hat.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Ich möchte sagen, dass die Linkspartei.PDS nicht jammert. Wer jammert, ist gefangen in seiner Unbeholfenheit. Wir klagen an, und das zu Recht, wir skandalieren und machen alternative Vorschläge.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Wir sagen: Weg mit Hartz IV! Wir sagen, weg mit Hartz IV, weil wir dagegen sind, dass mit Sozialabbau Lohndumping betrieben werden soll. Wenn wir sagen, weg mit Hartz IV, meinen wir nicht, wir wollen zurück zu der auch nicht hinnehmbaren Regelung der Unterscheidung von

Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Was wir aber sagen, ist, weg mit Hartz IV, weil wir insgesamt eine existenzsichernde Grundsicherung in diesem Land brauchen, damit Armut endlich wirksam bekämpft wird, damit Armut aus dem öffentlichen Leben verdammt wird. Darum geht es, und nicht die Menschen in Armut zu stürzen.

(Beifall Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS, und Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS – Heiterkeit bei Michael Ankermann, CDU)

Mir scheint überhaupt, dass diejenigen, die Hartz IV verteidigen, und diejenigen, die Hartz IV etwas abgewinnen können, die sind, die von den Beschlüssen und von den Auswirkungen dieses Gesetzes nicht betroffen sind. Die Betroffenen sehen die Situation völlig anders, denn sie bekommen diese Wirkung tagtäglich zu spüren.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Es ist zu Recht von mehreren Rednern gesagt worden, auch von Frau Lück und von Frau Strenz, wir haben das hier nicht zu entscheiden. Was wir machen können, ist, uns über ein Verhalten zum Ombudsrat oder auf Bundesebene im Bundesrat entsprechend zu positionieren. Und für die Linkspartei.PDS möchte ich sagen, dass es uns sehr wichtig ist – zumindest wenn wir nicht durchdringen können mit „Hartz IV muss weg“ – zu sagen, an welchen Stellen etwas verändert werden muss, um Schritt für Schritt, Punkt für Punkt Verbesserungen herbeizuführen.

Zum Ombudsrat: Die Anträge, die einzelnen Bestandteile des Antrages sprechen für sich. Aber ich möchte auf einen Punkt noch einmal dezidiert eingehen und das ist die Auseinandersetzung des Ombudsrates mit dem Regelsatz. Da gibt es den Hinweis, die Regelsätze müssen angeglichen werden, und es gibt dazu auch einen entsprechenden Regierungsbeschluss der nunmehr abgewählten Regierung. Es bleibt dem nächsten Bundestag vorbehalten, sich hierzu entsprechend noch einmal zu positionieren. Aber die Regelsatzangleichung, die jetzt vorgesehen ist, löst das Problem nicht.

(Beifall Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS, und Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Das möchte ich an zwei Beispielen noch einmal deutlich machen. In der Regelsatzverordnung zum Paragraphen 28 SGB V gibt es eine Bestimmung, die da heißt, dass die Regelsatzbemessung den Stand und die Entwicklung des Nettoeinkommens, des Verbraucherverhaltens sowie die Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen habe. Grundlage sollen die tatsächlichen statistisch ermittelten Verbrauchsausgaben sein und das sind sie eben nicht.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Sehr richtig.)

Die Regelsatzverordnung basiert auf Daten des Jahres 1999

und die Daten des Jahres 2003 liegen bereits vor.

Welche Auswirkungen hat das für die Menschen in unserem Land? Es gibt im Schulgesetz unseres Landes im Paragraphen 54 eine Kann-Bestimmung für die Kommunen, einen Elterngrenzbetrag abzuverlangen. Es geht im Grunde genommen darum, dass die Kinder im Unterricht Arbeitsmaterialien, Kopien und so weiter verwenden sollen, und dafür können die Kommunen von den Eltern einen Betrag verlangen. Dieser beträgt in unserem Land 30,67 Euro.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Wenn die Kinder nicht ausgegrenzt werden sollen, müssen die Eltern in die Tasche langen. Das machen sie auch, sie wollen ja eine gute Ausbildung für ihre Kinder. Aber mit Blick auf die Haushalte, die von Arbeitslosengeld II betroffen sind, steht die Frage: Woher sollen sie das denn nehmen? In den 345 Euro ebenso wenig wie in den 331 Euro ist diese Position abgebildet. Sollen die Menschen am Essen sparen, sollen sie an Kleidung sparen oder an den Gesundheitskosten? Das ist nicht hinnehmbar und deswegen sagen wir, der Regelsatz ist nicht nur anzugleichen zwischen Ost und West – diese Unterscheidung ist allein schon ein Zeichen von einer Schere im Kopf –, sondern er ist anzuheben auf ein Maß, so, wie es in der gesetzlichen Bestimmung, in der Rechtsverordnung zu Paragraph 28 SGB XII, steht.

Ein zweites Beispiel aus meiner Heimatstadt: Schülerinnen und Schüler müssen natürlich den Öffentlichen Personennahverkehr nutzen, umso mehr, als es viele Veränderungen in der Schullandschaft gibt. Nun ist es so, dass für die Mobilität von Arbeitslosengeld-II-Empfänger/-innen 11 Euro und 6 Cent im Monat zur Verfügung stehen. Eine Monatsfahrkarte für einen Schüler in meiner Heimatstadt kostet aber 21 Euro.