Protocol of the Session on October 6, 2005

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Im Übrigen, Frau Strenz, an der Stelle ganz klar, Sie haben mich auch heute nicht enttäuscht. Bis auf allgemeine Esoterik, will ich mal sagen, war von Ihnen wieder nichts zu hören,

(Heiterkeit bei Jörg Heydorn, SPD)

wenn es darum geht, wirklich Dinge in arbeitsmarktpolitischer Hinsicht konkret auf den Punkt zu bringen und erkennen zu lassen, dass man hier die notwendige Sachkenntnis hat.

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Oh, oh, oh!)

Aber lassen Sie mich zu meinem eigentlichen Anliegen kommen. Das Sozialgesetzbuch II ist zum 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten, wie wir wissen.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Tatsächlich?!)

Dieses große Gesetz ist ein großer und wichtiger Teil des begonnenen Reformprozesses am deutschen Arbeitsmarkt, wahrscheinlich der wichtigste Teil. Natürlich soll dieser Prozess auch dazu beitragen, in erster Linie sogar Langzeitarbeitslose wieder in Arbeit zu bringen, ihnen eine Chance auf Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu geben. Zugleich ist aber auch klar, meine Damen und Herren, dass mit der Reform eine wirklichkeitsnähere Beschreibung des Arbeitsmarktes, der Arbeitsmarktsituation, aber ebenso der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt einhergeht. Sie wissen, dass eine große Zahl der Sozialhilfeempfänger nach der alten Arbeitslosenstatistik, also bis Anfang 2005, eben nicht als arbeitslos registriert war. Wenn wir uns jetzt hier und heute die aktuellen Zahlen anschauen – Frau Strenz, nicht 5 Millionen Arbeitslose im Bund, ich beziehe mich konkret auf den Stand September 2005 –, da haben wir im Bund 4,65 Millionen Arbeitslose.

(Zuruf von Karin Strenz, CDU)

Wir haben hier im Land 159.000 Arbeitslose. Und, meine Damen und Herren, damit das klar ist,

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Keine Drohungen bitte.)

diese Zahlen sind natürlich relativ, sie sind auf jeden Fall viel zu hoch, das würde keiner bestreiten. Aber wir müssen natürlich auch konstatieren, da bin ich noch einmal beim Punkt, wir haben im Bund einige 100.000 Arbeitslose mehr aufgrund dieses Vorfalls, den ich gerade beschrieben habe – Sozialhilfeempfänger, jetzt Arbeitslosengeld-II-Empfänger. Und wir haben im Land einige

10.000 solcher Sozialhilfeempfänger, die jetzt als Arbeitslosengeld-II-Empfänger registriert werden und insofern natürlich die Statistik erhöhen. Hinzu kommt, und das ist ein ganz entscheidender Punkt, das hören Sie sich mal an, dass wir einen drastischen Abbau bei den klassischen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen haben, bei ABM, SAM, Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung. Und, Frau Strenz, da lohnt sich zum Beispiel in der Tat nachzuschauen: Wie sah die Situation denn im Jahr 1998 aus, im September 1998?

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ich habe mir das einmal angeguckt, Herr Dr. Jäger, schauen Sie sich das auch an, das ist sehr spannend, da kommen wir nämlich auf eine Zahl von im September 1998 150.736 arbeitslosen Frauen und Männern in MecklenburgVorpommern. Ich habe es ja gesagt, im September 2005 sind es 159.880,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nennen Sie mal die zurzeit sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse! Die spielen eine Rolle.)

das ist eine Differenz von 9.000 Menschen. Nur um das deutlich zu machen: Wir hatten im September 1998 77.000 klassische arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, ABM, SAM, SBW.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Wir haben heute unter 10.000. Insofern muss man die Zahlen natürlich lesen können. Und, meine Damen und Herren, ich habe gesagt, diese Zahlen sind relativ.

(Zurufe von Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS, und Regine Lück, Die Linkspartei.PDS)

Aber so gesehen weisen die Zahlen auch eine bessere Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern auf

(Zuruf von Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

und sie weisen darauf hin, dass wir einen Schritt vorangekommen sind. Das muss man einfach mal zur Kenntnis nehmen.

Gestatten Sie, Herr Abgeordneter, eine Zwischenfrage?

Ich würde zuerst gern meine Ausführungen beenden.

Die aktuellen Zahlen hatte ich angesprochen, meine Damen und Herren. Wir sind, wie ich meine, seit den vergangenen neun Monaten – das muss man auch sagen, ich bin dem Arbeitsminister dankbar, dass er darauf noch mal hingewiesen hat – erst auf relativ kurzer Strecke. Andere Länder, auf die wir uns gern beziehen, Dänemark, Finnland und andere, haben auf jeden Fall jahrelang gebraucht, um nachhaltige Verbesserungen zu erzielen. Ich will damit nur sagen, auch diese neun Monate sind zunächst ein sehr kurzer Zeitraum, und ich denke, in diesem Zeitraum ist viel geschafft worden, natürlich bei Weitem nicht genug, aber einiges ist erreicht worden.

Ein paar positive Punkte möchte ich noch einmal nennen. Es ist ganz klar, dass die Auszahlung der Leistungen des Arbeitslosengeldes II mittlerweile gut klappt. Die Sache hat sich eingespielt und natürlich hat sich auch die Arbeit der Arbeitsgemeinschaften als neue Organisationsform hier im Land, als zuständige Arbeitsverwaltung einge

spielt. Das ist wichtig und gut, aber auch notwendig. Wir haben einen nachhaltig verbesserten Betreuungsschlüssel insbesondere bei den jugendlichen Arbeitslosen unter 25 Jahren. Da hatten wir den Betreuungsschlüssel 1:75 anvisiert, ein Jobmanager auf 75 jugendliche Arbeitslose. Das ist natürlich wichtig, um eine bessere und individuellere Betreuung zu ermöglichen, eine qualitative Vermittlung zu verbessern. Und da sind wir auf einem guten Weg, dieser Betreuungsschlüssel ist erreicht. Bei den über 25-jährigen Arbeitslosen hatten wir die Zielstellung von 1:150. Ich denke, auch hier sind die Arbeitsgemeinschaften vor Ort auf einem guten Weg, diesen angestrebten Schlüssel zu erreichen. Das ist auf jeden Fall ein positives Kriterium.

Wir haben darüber hinaus in der Zwischenzeit – es hat ja Jobgipfel und andere Veranstaltungen gegeben, meine Damen und Herren – zusätzlich, also begleitend zum SGB II, weitere Maßnahmepakete auf den Weg gebracht. Wir haben zum Beispiel die Bund-Länder-Initiative, nämlich 50.000 zusätzliche Jobs für einen Zeitraum über drei Jahre für ältere Arbeitslose, die sicherlich eine Problemklientel sind bei uns im Land, und wir haben daneben von der Bundesregierung initiiert und entwickelt einen Ideenwettbewerb in den Regionen, wo Beschäftigungspakte geschlossen werden, wo innovative Eingliederungskonzepte entwickelt werden, um insbesondere ältere Menschen in Arbeit zu bringen. Das Ganze ist gelaufen. Ich bin froh, dass in diesem Rahmen auch Mecklenburg-Vorpommern davon profitiert hat. Ich glaube, es sind sieben oder acht Arbeitsgemeinschaften, die sich für diesen Ideenwettbewerb beworben haben und auch positiv votiert worden sind. Kurzum, es hat weitere Verbesserungen gegeben, Verbesserungen bei der Regelung des Zuverdienstes, wie Sie wissen, mittlerweile auch ein sehr wichtiger Punkt. Wir müssen überlegen: 650.000 Bedarfsgemeinschaften in Deutschland, die ein Nebeneinkommen, ein Erwerbseinkommen beziehen. Insofern, denke ich, ist das auch ein weiterer Schritt, um diese Zahl, um diese 650.000 Bedarfsgemeinschaften noch zu erhöhen und mehr Menschen, mehr Arbeitslosengeld-II-Empfängern die Möglichkeit zu geben, eine Nebentätigkeit aufzunehmen und das Familieneinkommen zu verbessern.

Wir haben eine Verbesserung festzustellen bei der Einkommensberechnung der Arbeitslosengeldempfänger seit dem 1. Oktober. Ich denke, das hat sich in der Zwischenzeit herumgesprochen. Hier gibt es keine Anrechnung der Eigenheimzulage mehr, wenn sie nachweisbar zur Finanzierung eines Eigenheims benutzt wird. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, eine Verbesserung. Und, es ist angesprochen worden, die hiesigen vier Agenturen vor Ort in Mecklenburg-Vorpommern haben den örtlichen Kommunen in den zuständigen Trägerversammlungen angeboten, die Mehrheit zu übernehmen. Auch das ist, denke ich, ein richtiger Schritt, um eine Vermittlung und eine Betreuung der Langzeitarbeitslosen sozusagen aus einem Guss zu gewährleisten. Das, so finde ich, ist eine gute Sache.

Wir haben als negatives Faktum natürlich zur Kenntnis zu nehmen, und das ist mir ein wichtiger Punkt, dass gerade im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit noch Verbesserungen bewerkstelligt werden müssen. Wir haben eine aktuelle Zahl, auch die sei noch einmal genannt, von 24.509 arbeitslosen Jugendlichen unter 25 Jahren. Das kann natürlich nicht befriedigen. Insbesondere haben wir den gesetzlichen Anspruch dieser Jugendlichen definiert und gesagt, diese haben einen Anspruch auf Arbeit, auf eine Ausbildungsstelle oder eine Arbeitsgelegenheit.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Leider nicht justiziabel einklagbar.)

Die Mittelbindung insgesamt ist also ganz wichtig und das ist nachhaltig auch die Forderung an die Arbeitsgemeinschaften. Die Mittelbindung muss ausgeschöpft werden. Es darf nicht sein, dass auch nur 1 Euro zurückgeht in den Bundeshaushalt. Vor dem Hintergrund ist das ein ganz deutlicher Appell, den wir hier auch im Antrag an die zuständigen Arbeitsgemeinschaften formuliert haben. Notfalls muss der Gesetzgeber nachbessern und dafür sorgen, dass Mecklenburg-Vorpommern keine Gelder verloren gehen. Ich denke, zu den übrigen Punkten des Antrages sind die Ausführungen gekommen.

Frau Strenz, Ihr Änderungsantrag wird durch die Koalitionsfraktionen abgelehnt, denn er ist nicht zielführend. Die Punkte haben sich im Großen und Ganzen erledigt. Ich kann Ihnen das noch einmal genau sagen.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist ausgeschöpft.

Schönen Dank für den Hinweis, Frau Präsidentin.

Vielleicht nur noch ganz kurz: Also Punkt 1...

Herr Abgeordneter, Sie sind bereits zwei Minuten über der vereinbarten Redezeit.

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Das ist ja ein Ding! – Zuruf von Dr. Martina Bunge, Die Linkspartei.PDS – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Ich gebe Ihnen jetzt noch Zeit für einen Schlusssatz.

Das Wichtigste habe ich gesagt. Wir lehnen den Änderungsantrag der CDU ab und ich bitte um Unterstützung für den Antrag der Koalitionsfraktionen. – Herzlichen Dank.

Gestatten Sie jetzt noch die Anfrage? (Zustimmung)

Bitte, Herr Dr. Jäger, fragen Sie.

Es tut mir Leid, dass ich Sie noch festhalten muss, aber Sie wollten nicht zwischendurch antworten.

Kein Problem.

Ich hätte die Frage an Sie: Würden Sie mir darin zustimmen, dass es weniger auf die Zahl der Arbeitslosen ankommt, sondern zur Beurteilung der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes auf die sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse, nämlich die positive Zahl? Und könnten Sie uns die Zahlen – die haben Sie sicher auch parat – nennen, die 1998 waren und die heute sind? Und wenn Sie uns diese genannt haben, würden Sie mir dann zustimmen, dass Ihre Einschätzung, dass sich die Situation der arbeitssuchenden Menschen erheblich verschlechtert hat, die richtige ist?

Zu Ihrer ersten Frage: Das ist eine differenzierte Betrachtung, Herr Dr. Jäger.

(Heiterkeit bei Dr. Armin Jäger, CDU – Zurufe von Michael Ankermann, CDU, und Karin Strenz, CDU)

Ja, natürlich, Sie wollten eine Antwort haben, Sie müssen differenzieren. Ich weiß sehr wohl, dass ein wichtiger Aspekt, ein Parameter bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Situation, der Arbeitsmarktsituation natürlich die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse ist. Aber, Herr Dr. Jäger, klar ist, es ist ein Punkt, es ist ein Parameter, wenn Sie so wollen.

(Heiterkeit bei Karin Strenz, CDU)