Protocol of the Session on October 5, 2005

Herr Rehberg, wir, alle Länder, werden bei den Revisionsüberprüfungen die tatsächlichen Zahlen auf den Tisch legen müssen. Nach meinen überschlägigen Rechnungen, ich habe es schon gesagt, wird das Land Mecklenburg-Vorpommern sogar ein Stück besser sein, als wir es vorher vermutet hatten. Die Stadtstaaten werden deutlich besser sein. Wir werden es natürlich schwer haben, gegenüber dem Bund unsere berechtigten Forderungen durchzusetzen. Der Bund hat sich verpflichtet, 2,5 Milliarden über den tatsächlichen Ausgaben, die sich aufgrund von Hartz IV ergeben, zu zahlen. Wenn wir die 2,5 Milliarden nicht schaffen, dann werden alle Länder natürlich den Bund dazu bringen, dass er zusätzlich zahlt. Wenn wir aber diese Einsparungen zusätzlich

haben, wird es für alle Länder schwer, das gegenüber dem Bund durchzusetzen.

Ich bin damals bei den Verhandlungen mit dabei gewesen.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Ich bin damals sehr, sehr unglücklich gewesen, dass wir keine Unterstützung bekommen haben,

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Richtig.)

dass wir das landesspezifisch rechnen konnten, es ist ja nur deutschlandweit gerechnet worden. Ich habe jetzt nur die Zahlen für Mecklenburg-Vorpommern in etwa zur Verfügung. Ich habe nicht die Zahlen Gesamtdeutschlands und deshalb wird es eine schwierige Lage für die Länder werden. Meine Forderung ist, die Zahlen jetzt hier exakt auf den Tisch zu legen. Ich verspreche Ihnen, wenn wir unter der Wasserlinie liegen, werde ich kämpfen, damit wir eine entsprechende Aufteilung bekommen, dass nicht mehr deutschlandweit gerechnet wird, sondern dass das länderspezifisch gerechnet wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Aber zurzeit ist das eine ganz, ganz schwierige Gemengelage. Ich weiß, der Kollege Milbradt und ich, wir waren damals die beiden Einzigen, die versucht haben zu kämpfen, aber wir haben beide in unseren Gremien keine Mehrheit gefunden.

Darf ich die Frage noch einmal anders formulieren?

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage, Frau Ministerin? (Zustimmung)

Frau Ministerin, wie kommentieren Sie vor Ablauf des Jahres 2005 – die Revisionsklausel greift nach meiner Kenntnis für das Frühjahr 2006 – eine Ankündigung der Bundesregierung, die Kosten für Unterkunft um 29 Prozent zu reduzieren?

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Herr Riemann, Entschuldigung, Herr Rehberg,...

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Ja, ja, Sie sind ja etwa ähnlich.

(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS – Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU)

Herr Rehberg, ich habe Ihnen doch versucht zu sagen, dass das eine sehr komplizierte Gemengelage ist und dass sich die Länder nicht einmal einig sind. Wenn die Länder uneinig sind, wird es schwer. Ich kommentiere es so, dass wir erst einmal gucken müssen, wie die Zahlen aussehen. Wenn die Zahlen belegen, dass der Bund in gewisser Weise zum Teil Recht hat, werden wir es schwer haben, weil in der Revisionsklausel eindeutig festgelegt ist, wie gerechnet werden muss. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir versuchen werden, alles zu tun, damit wenigstens unser Anteil an den 2,5 Milliarden Euro für die Kommunen erhalten bleibt. Und da haben Sie in Zukunft vielleicht ein Wörtchen mitzureden.

Schauen wir mal.

Danke schön, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt der fraktionslose Abgeordnete Herr Dr. Bartels.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich muss eine Vorbemerkung machen:

Frau Gramkow, ich kann Ihnen nur wünschen, dass die Verfassungsrichter das Protokoll dieser heutigen Debatte nicht lesen. Die Ablehnung des Antrages der CDU damit zu begründen, dass dieses ein Argument für das Verfassungsgericht sein könnte, den Klagen der Kommunen stattzugeben, halte ich für mehr als abenteuerlich, für in höchstem Grade abenteuerlich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ihr gutes Recht, Herr Dr. Bartels.)

Das musste ich sagen, tut mir Leid.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das muss Ihnen nicht Leid tun.)

Ich habe drei Anmerkungen zu dieser Debatte hier zu machen. Zum einen will ich anschließen an das, was ich heute in der Aktuellen Stunde versucht habe zu sagen. Ich hatte heute früh gesagt, wir sollten um den gesellschaftlichen Konsens ringen, dass Bildung nicht zuerst vom Geld, sondern von der großen Bedeutung der Bildung und – was in Finnland sehr auffällig war – vom Kind her gedacht werden muss. Und dann lese ich auf der Seite 10 des Haushaltsbegleitgesetzes in der Begründung für die Änderung des Schulgesetzes folgenden Satz: „Die Regelung ist erforderlich, weil derart kleine Klassen grundsätzlich schulorganisatorisch unerwünscht sind und für diese Klassen die erforderlichen Haushaltsmittel im Landeshaushalt nicht zur Verfügung stehen.“ Mit genau solchen Begründungen versperren wir uns den Weg zu einer anderen gesellschaftlichen Sicht auf Bildung. Wenn wir es so vormachen, brauchen wir uns über andere nicht zu beschweren, denn Veränderungen im Denken muss mensch bei sich selbst beginnen, nur dann kann er auch andere überzeugen.

Zweite Anmerkung. Wie sicher bekannt ist, hat die Finanzministerin von ihrem Recht Gebrauch gemacht und Anfang des Jahres eine Haushaltssperre über die Sechsertitel, das heißt über die Zuschusstitel, verhängt, anfänglich 20 Prozent und später 5 Prozent. Bei all meiner Erfahrung, die ich habe nach elf Jahren hier im Hause, hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass auch die Zuschusstitel der Globalhaushalte für die Fachhochschulen und die globalen Zuschüsse für die außeruniversitären Forschungsinstitute damit mit erfasst worden sind,

(Wolfgang Riemann, CDU: Na bei der Finanzpolitik doch.)

denn damit waren ursprünglich 20 Prozent und dann 5 Prozent auch der Personalkosten bei den Fachhochschulen und bei den außeruniversitären Forschungsinstituten gesperrt. Für die Fachhochschulen ist das inzwischen, Herr Bildungsminister hat im Bildungsausschuss darüber informiert, Anfang September „geheilt“ worden. Für die Institute gilt es nach wie vor. Ein Haushälter eines solchen Institutes hat mir gesagt, ich muss meinen aktiven Wissenschaftlern ankündigen, dass ich sie im Dezember in Kurzarbeit schicke, weil ich sie nicht mehr bezahlen kann.

(Wolfgang Riemann, CDU: Toll! So sieht Wis- senschaft und Forschung in diesem Lande aus!)

Ich weiß, dass es Bemühungen gibt, diese Sperre für die Institute aufzuheben.

(Wolfgang Riemann, CDU: Nachhaltigkeit ist der Wille.)

Ich hoffe, dass es passieren wird.

Aber hier gibt es ein prinzipielles Problem. Ich war vor einigen Jahren auf einem Abgeordnetenseminar an der Hochschule in Speyer. Da ging es auch um Globalhaushalte. Dort hat ein Präsident eines Landesrechnungshofs aus einem der alten Bundesländer uns Abgeordnete davor gewarnt, dass Globalhaushalte auch eine gute Möglichkeit für die Finanzministerien sind, unauffällig in die Haushalte einzugreifen.

(Karin Strenz, CDU: Genau.)

Wenn wir das aber nicht wollen, und deshalb spreche ich das hier an, müssen wir unbedingt mit dem Haushalt 2006/2007 eine prinzipielle Abhilfe schaffen. Ich appelliere an uns alle, dies auch wirklich zu tun, um Arbeitssicherheit in die Forschungseinrichtungen zu bekommen.

(Unruhe bei Wolfgang Riemann, CDU, und Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Und eine dritte Anmerkung: Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit. In der Beschlussempfehlung auf Seite 24 ist zusammengefasst dargestellt, was ich im Finanzausschuss an Bedenken vorgetragen habe. Ich muss sagen, Frau Gramkow, leider sehen wir vieles nicht, was inzwischen im Haushalt passiert ist, weil es nicht drinsteht.

Ich akzeptiere auch nach wie vor, und das will ich hier ausdrücklich sagen, die großen Belastungen, die auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbesondere des Finanzministeriums, aber auch anderer Ministerien, durch unsere politischen Fehler gekommen sind

(Egbert Liskow, CDU: Genau.)

und da manches zu tolerieren ist. Trotzdem, mit den in der Beschlussempfehlung vorgenommenen Veränderungen und Nachträgen sehe ich meine grundsätzlichen Bedenken nicht ausgeräumt. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Dr. Bartels.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion der Linkspartei.PDS.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Finanzexperten der CDU-Fraktion! Es ist schon einigermaßen merkwürdig, ich will sagen, anmaßend, wie Sie versuchen, hier den Retter der Nation zu spielen. Wenn Sie es wirklich ernst meinen, dann bitte ich Sie, sorgen Sie mit dafür, dass Hartz IV abgeschafft wird, denn die neuen zusätzlichen Belastungen für die Kommunen hängen unmittelbar damit zusammen, es sind eben nicht nur die Kosten für die Unterkunft.

(Wolfgang Riemann, CDU: Sorgen Sie mit dafür, dass das Landeserziehungsgeld nicht abgeschafft wird, Herr Ritter! – Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Es vergeht zum Beispiel keine Sitzung meines Jugendhilfeausschusses, Herr Riemann, wo wir nicht über zusätzliche Kosten im Jugendhilfebereich nachdenken müssen, die unmittelbar mit Hartz IV verbunden sind.

(Zurufe von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU, und Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS)

Deshalb: Sorgen Sie mit dafür, dass Hartz IV verschwindet!

Zweitens. Herr Riemann, wenn Sie es wirklich ernst meinen, dann sorgen Sie mit dafür, dass der Bund die Kofinanzierung für die CIVITAS-Projekte in voller Höhe fortführt! Das ist eine wichtige Voraussetzung für den Kampf gegen den Rechtsextremismus vor Ort.