Protocol of the Session on March 10, 2005

(Rudolf Borchert, SPD: So ist es.)

In absoluten Zahlen, meine Damen und Herren, sieht das folgendermaßen aus: Für die Strecke Hamburg–München–Hamburg beträgt der CO2-Ausstoß in Kilo pro Person beim Flugzeug sagenhafte 280 Kilo und bei der Bahn sind es 30 Kilo. Im Verhältnis Flugverkehr zu Straßenverkehr sind die Emissionen des Flugverkehrs doppelt bis viermal so klimaschädlich wie die des Straßenverkehrs. Der weltweite Flugverkehr entwickelt sich, wie Frau Schwebs schon gesagt hat, zum Klimakiller Nummer eins. Studien gehen davon aus, dass zwischen den Jahren 2025 u n d 2030 der weltweite Einfluss des Flugverkehrs auf die Klimaerwärmung den Einfluss des Straßenverkehrs überholen wird. Auf Deutschland bezogen erwartet das Bundesumweltamt bis 2030 eine Verdreifachung der CO2-Belastung durch den Flugverkehr, wenn nicht gegengesteuert wird.

Meine Damen und Herren, nehmen wir die Verpflichtungen aus dem Kyoto-Abkommen ernst. Lassen Sie uns versuchen gegenzusteuern und stimmen Sie diesem Antrag zu! – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Herr Jarchow.

Das Wort hat jetzt noch einmal die Abgeordnete Frau Schwebs von der PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Dr. Born, der ständig steigende Flugverkehr wird zunehmend zu einem ernsthaften Problem werden und er wird unser Klima enorm belasten, mehr als wir uns das heute vorstellen können. Deswegen verstehe ich Ihre kurzsichtige Denkweise nicht so richtig, Herr Dr. Born. Und ich muss Ihnen in noch zwei Punkten widersprechen. Sie sprachen von der ideologischen Führerschaft bei der Einführung der Kerosinsteuer. Es tut mir Leid, die liegt nicht bei uns. Frau Umweltministerin Merkel war es 1994,

(Rudolf Borchert, SPD: So ist es, richtig.)

die im Kreise Ihrer EU-Kollegen die Zustimmung dafür einforderte, die Kerosinsteuer europaweit als Verbrauchersteuer einzuführen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

Und die Kolleginnen und Kollegen stimmten damals zu. Es tut mir Leid. Und vielleicht...

(Martin Brick, CDU: Aber nicht im nationalen Alleingang. Das wollen Sie!)

Sie müssen den Antrag zu Ende lesen, Herr Brick. Es steht nicht nur nationaler Alleingang darin, sondern es steht auch darin, EU-Gebiet zu harmonisieren. Und die Niederlande haben es im Alleingang gemacht.

(Martin Brick, CDU: Dass Sie das vom Landtag aus initiieren, das ist ja interessant! – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Zum Zweiten, Dr. Born,...

Ja, das Chicagoer Abkommen von 1944. Ich habe es gelesen. Es regelt die internationalen Flugbeziehungen und die Abkommen, die man innerstaatlich treffen muss, und so weiter. Aber im letzten Jahr, Dr. Born, im Jahr 2004, 60 Jahre danach, hat die internationale Zivilluftfahrtorganisation dieses Chicagoer Abkommen ein wenig modernisiert und den Weg frei gemacht dafür, dass Staatenverbünde, wie die EU einer ist, eine Steuer auf Kerosinausstoß erheben können.

Meine Damen und Herren, ich denke, Herr Dr. Jarchow hat eigentlich genug dazu gesagt, wie klimaschädlich das Fliegen ist.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Rainer Prachtl, CDU: Oh, jetzt hat er noch einen Doktortitel davor. – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU)

Es stellt sich uns allen die Frage, was man dagegen unternehmen kann. Lösungsansätze – Herr Jarchow hat es gesagt – gibt es viele.

(Rainer Prachtl, CDU: Gerade wenn Dicke im Flugzeug sitzen, wird mehr Kerosin verbraucht. – Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU – Rainer Prachtl, CDU: Ich meine mich ja auch damit.)

Da wäre zum einen der Einsatz von Flugzeugen mit modernen Triebwerken, die einen geringen Verbrauch an Kerosin haben. Man könnte ebenfalls versuchen, das Fliegen auf ein vernünftiges und notwendiges Maß zu reduzieren,

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

indem man beispielsweise ein intelligentes und nachhaltig wirksames Luftverkehrskonzept entwickelt, es bundesweit abstimmt und vielleicht mit anderen Verkehrsträgern verknüpft. Oder man könnte auch auf andere umweltfreundlichere Verkehrsmittel umsteigen, für die wir als Politiker attraktive, gleichberechtigte und akzeptable Rahmenbedingungen gestalten können.

Das Fliegen, meine Damen und Herren, wird hoch subventioniert. Zum einen wird auf die Tickets für internationale Flüge keine Mehrwertsteuer erhoben. Und was noch viel schwerer wiegt im Gegensatz zum Energieeinsatz bei der Bahn oder beim Autoverkehr – ich weiß, ich wiederhole mich an dieser Stelle –, auf Flugbenzin wird keine Mineralölsteuer erhoben. So ist es eben möglich – das ist das, was Sie beschrieben haben, Herr Born –, die Tickets für den innerdeutschen Flugverkehr zu Schleuderpreisen zu verkaufen und zum Taxipreis nach London, Paris oder Madrid zu fliegen.

(Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Ökologisch sinnvolle Reisemittel wie die Bahn haben hier das Nachsehen.

(Harry Glawe, CDU: Sie fahren mit dem Fahrrad, ne?!)

Kein anderes Verkehrsmittel kann mit solchen Preisen mithalten. Deshalb ist es aus Sicht der Koalitionsfraktionen notwendig, diese Subventionspraxis zu beenden. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, „sich im Bundesrat dafür einzusetzen, den innerdeutschen Flugverkehr“ im Konsens mit einer europäischen Regelung „mit einer Steuer auf Flugbenzin... zu belegen“.

(Zuruf von Rainer Prachtl, CDU)

Nach dem Kyoto-Protokoll der Klimarahmenschutzkonvention sollen in Deutschland bis 2012 die zwei Treibhausgasemissionen um 21 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden. Darüber hinaus hat sich die Bundesregierung in der Nachhaltigkeitsstrategie zum Ziel gesetzt, den verkehrsbezogenen Schadstoffaustausch zu minimieren und die daraus resultierenden Kohlendioxidemissionen bis 2005, bis zu diesem Jahr nämlich, um 15 bis 20 Millionen Tonnen gegenüber 1998 zu verringern. Erreicht werden soll dieses Ziel dadurch, dass die Umweltauswirkungen des Flugverkehrs reduziert werden und gleichzeitig – gleichzeitig – gleiche Wettbewerbsbedingungen für den Bahnverkehr organisiert werden. Das könnte mit einer Kerosinsteuer als verursachergerechte Steuer auf den Umweltverbrauch und als Ausgleich für klimaschädliche Effekte erreicht werden.

(Der Abgeordnete Dr. Ulrich Born bittet um das Wort für eine Anfrage. – Harry Glawe, CDU: Oh, jetzt wird er wach!)

Die Bundesrepublik beansprucht für sich eine weltweite Vorreiterrolle in Bezug auf Klima- und Umweltschutz.

Darf ich erst fertig reden?

Frau Schwebs, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Herrn Born?

Ja, wir waren uns einig, dass ich erst zu Ende rede.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU, Barbara Borchardt, PDS, und Torsten Koplin, PDS – Harry Glawe, CDU: Die Präsidentin wird entmündigt! – Torsten Koplin, PDS: Interfraktionelle Absprache! – Eckhardt Rehberg, CDU: Was kommt jetzt?)

Ich finde, auch in diesem Falle sollten wir mit einem guten Beispiel vorangehen.

Seit dem 1. Januar 2004 hat die Europäische Union –

Herr Born hat es beschrieben – ihren Mitgliedsstaaten die Möglichkeit eröffnet, Inlandsflüge mit einer Steuer auf Treibstoffe für den Luftverkehr zu belegen. Dies war, so kann ich mir vorstellen, ein schwer erkämpfter Kompromiss. Sicherlich ist auch der vorliegende Antrag ein Kompromiss der Koalitionsfraktionen. Das haben Sie, Herr Born, ganz eindeutig herausgelesen. Und die Einführung der Erhebung auf innerdeutsche Flüge an die europaweite Regelung zu binden ist scheinbar ein zahnloser Tiger.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Aber dieser Kompromiss, meine Damen und Herren, ist das derzeit Machbare und die Chancen für die Kerosinsteuer scheinen momentan so günstig zu sein wie nie.

Lassen Sie uns also gemeinsam für faire Wettbewerbsbedingungen zwischen Bahn und Flugverkehr eintreten!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Rudolf Borchert, SPD)

Bevor Herr Born jetzt seine Frage stellt, Frau Schwebs, mache ich noch einmal darauf aufmerksam: Auch in diesem Punkt gilt die Geschäftsordnung. Es geht nicht, dass der Redner mit dem Frager vereinbart, wann er seine Frage stellt.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Torsten Koplin, PDS: Unerhört!)

Herr Born, stellen Sie jetzt bitte Ihre Frage.

Frau Kollegin Schwebs, da der Antrag darauf gerichtet ist, die Landesregierung aufzufordern, im Bundesrat tätig zu werden, frage ich Sie, ob es Ihnen gelungen ist, den Wirtschaftsminister dieses Landes von der Sinnhaftigkeit des Antrags zu überzeugen,

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

denn er ist ja derjenige, der das umsetzen muss im Bundesrat? Und bevor ich einem solchen Antrag auch nur näher trete, wüsste ich natürlich gerne, ob die Landesregierung das für sinnvoll hält, wozu Sie sie auffordern.

Ich denke, Dr. Born, dass der Landtag immer noch der Souverän in diesem Lande ist