Protocol of the Session on March 9, 2005

Persönlich wünsche ich mir allerdings, dass eine Petition, getragen von einer beeindruckenden Mehrheit der Inselbewohner, künftig umfassender und vor allem sensibler Niederschlag in dem findet, was durch die Landesregierung an Gesetzeswerk entsteht. Wir können ganz unterschiedlicher Meinung zu inhaltlichen Dingen eines Gesetzentwurfes sein, aber wenn wir auf eine Petition stoßen, die in solchen Größenordnungen von der Mehrheit der Bevölkerung getragen wird, dann muss uns diese außerordentliche politische Situation auch bewusst sein und wir müssen inhaltlich auch auf diese Art und Weise des Votums reagieren.

Aufmerksam machen möchte ich noch einmal auf einen Fall, der zweifelsohne ein Einzelfall war, aber er ist eben aufgetreten, der uns im Petitionsausschuss nachdenklich stimmte. Hier war es eine getroffene Zusage im Rahmen einer Anhörung mit Regierungsvertretern. Es ging um den Ermessensspielraum bei der Ausweisung und Nutzung von Sonderparkplätzen für Schwerbehinderte. Im Nachgang der Anhörung im Ausschuss sollten die nachgeordneten Bereiche der Behörde umfassend in Kenntnis gesetzt und für einen sensibleren Umgang in dieser Sache informiert und darum geworben werden. Uns wurde zuge

sichert, dass dies so geschehen sei, durch die ministerielle Ebene. Wir mussten aber leider feststellen, dass dies wirklich so nicht stattgefunden hat. Das ist eine Erfahrung, die uns dazu gebracht hat, künftig die eine oder andere Petition doch erst dann abzuschließen, wenn sich für uns herausstellt, dass alle Beteiligten ihre Hausaufgaben gemacht haben.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

Wie es der gesetzliche Auftrag in unserem Bundesland festschreibt, arbeiten zwei Institutionen, der Petitionsausschuss und die Bürgerbeauftragte, mit ähnlichen Rechten und Pflichten für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Für uns, aus der Sicht der PDS-Fraktion, hat sich diese Arbeitsteilung auch bewährt, und zwar bei allen Fragen, die auch mein Kollege Timm eben noch einmal aufgeworfen hat, was die personelle Aufstellung angeht. Aber ich möchte hier heute auch noch einmal ganz eindeutig formulieren, dass wir als PDS keinen Handlungsbedarf sehen, diese Kompetenzen hier in Gänze zu verändern.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Gleichwohl gibt es immer Möglichkeiten, die bestehenden Arbeitsstrukturen zu verbessern. So ergibt sich aus meiner Sicht durchaus die Möglichkeit, aber auch die Notwendigkeit, dass sich beide Gremien gemeinsam über eine effektivere Form des Datenaustausches zu Petenten, Petitionen und deren Inhalten intern verständigen sollten. Manchmal ist es ein Problem für uns zuzuordnen, bei wem die entsprechenden Bürgerinnen und Bürger bereits mit dem Thema vorstellig geworden sind. Um hier Parallelarbeiten auszuschließen, kann ich mir vorstellen, dass wir natürlich exakt darauf achten, was der Datenschutz zulässt, dass wir uns doch schneller und zielgenauer verständigen können, beispielsweise auch auf elektronischem Wege. Das sollte möglich sein.

Wenn wir heute als Landtag Mecklenburg-Vorpommern zu Beginn der Sitzung – positiv formuliert – ein nicht ganz so günstiges Bild im zwischenmenschlichen Umgang abgegeben haben, so möchte ich aber mehr Wert darauf legen, einmal darauf hinzuweisen, dass wir im Petitionsausschuss ein Klima haben, welches dem Ruf des ersten Ausschusses des Landtages gerecht wird. Ich habe Herrn Timm auch nicht so verstanden, dass es eine generelle Kritik war, sondern eine punktuelle. Ich glaube, das generelle Klima im Petitionsausschuss ist ein positives. Sie erinnern sich vielleicht in dieser Runde, dass ich seinerzeit Herrn Prachtl bei der Abgabe des Ausschussvorsitzenden von dieser Stelle aus herzlich für seine Tätigkeit gedankt habe. Manchmal wünsche ich mir, dass wir diesen ordentlichen Umgang auch in den anderen Ebenen der politischen Arbeit besser umsetzen würden. Deshalb möchte ich heute abschließend auch meiner ehemaligen Ausschusskollegin Dr. Martina Bunge danken, die im Dezember 2004 durch die Veränderung der PDS-Fraktion aus dem Ausschuss ausgeschieden ist. In über zwei Jahren der gemeinsamen Arbeit hat gerade sie mir als neuem Abgeordneten die ersten Schritte erleichtert. Sie hat für den Ausschuss insgesamt mit ihrer sachlichen, aber immer sehr kompetenten Art eine wirkliche Bereicherung dargestellt. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Herr Walther.

Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Aussprache ist beantragt worden, den Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses auf Drucksache 4/1563 verfahrensgemäß für erledigt zu erklären. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Tätigkeitsbericht 2004 des Petitionsausschusses auf Drucksache 4/1563 verfahrensmäßig für erledigt erklärt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrages der Fraktionen der PDS und SPD – Armutsund Reichtumsbericht für Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 4/1317, und des Änderungsantrages der Fraktion der CDU, Drucksache 4/1332, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Sozialausschusses, Drucksache 4/1571.

Antrag der Fraktionen der PDS und SPD: Armuts- und Reichtumsbericht für Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 4/1317 –

Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 4/1332 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Sozialausschusses – Drucksache 4/1571 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Ausschussvorsitzende Herr Koplin von der Fraktion der PDS.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben im Herbst vergangenen Jahres den Antrag der PDS- und SPD-Fraktion zu einem Armuts- und Reichtumsbericht sowie den Änderungsantrag der CDU-Fraktion behandelt und ihn federführend in den Sozialausschuss überwiesen. Im Sozialausschuss ist der Antrag bearbeitet worden. Ihnen liegen nunmehr, ich darf davon ausgehen, dass es alle gelesen haben, die Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses vor. Die Beschlussempfehlung besteht aus zwei Punkten:

Der erste Punkt bezieht sich auf die beiden Anträge. Die Fraktionen der PDS und SPD haben den CDU-Antrag als eine Bereicherung ihres eigenen Antrages empfunden und dafür plädiert, gemeinsam mit der CDU-Fraktion den Antrag der CDU-Fraktion anzunehmen. Somit ist Einstimmigkeit erzielt worden. Die CDU-Fraktion hat dafür plädiert, in den Armuts- und Reichtumsbericht dezidiert auch die soziale Situation von Kindern mit aufzunehmen. Insofern spricht die Ziffer 1 davon, den Antrag der Fraktionen der PDS und SPD in der Fassung des Änderungsantrages der CDU-Fraktion anzunehmen.

Die Ziffer 2 des Antrages bezieht sich auf eine Entschließung, die der Ausschuss Ihnen unterbreitet, hier auch zur Annahme. Die Entschließung beinhaltet eine Konkretisierung des Antrages dahin gehend, in welchem Umfang und in welcher Struktur der Armuts- und Reichtumsbericht erstellt werden sollte. Darüber hinaus hat sich der Ausschuss mit der Finanzierungsfrage zur Erstellung des Armuts- und Reichtumsberichtes befasst und ist zu der Erkenntnis gekommen, dass, wenn externe Gutachterinnen oder Gutachter angefordert werden müssen, zusätzliche Mittel bereitgestellt werden müssten. Wir müssten dies gegebenenfalls in den Haushalt 2006 und Folgejahre mit einem entsprechenden Titel einbringen.

Darüber hinaus, und damit möchte ich abschließen, hat der Ausschuss sich im Selbstbefassungsrecht vorgenom

men, das Thema im September noch einmal auf die Tagesordnung zu setzen und sich vom Sozialministerium über den Fortgang der Erarbeitung des Armuts- und Reichtumsberichtes unterrichten zu lassen. Ich bitte Sie, der Beschlussempfehlung und dem Bericht zuzustimmen. Ich bedanke mich vor allen Dingen für die konstruktive Zusammenarbeit im Ausschuss. – Schönen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Herr Koplin.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von zehn Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Brodkorb von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wird ja immer wieder behauptet, dass Mecklenburg-Vorpommern ein Land sei, in dem alles später komme als in anderen Bundesländern. Das wird immer wieder behauptet von einigen in Deutschland.

(Torsten Koplin, PDS: Einer hat das gesagt.)

Ich denke, dass der Armuts- und Reichtumsbericht, den wir hier beantragen und dessen Ausführung hier vom Parlament beantragt werden soll, gerade ein Beispiel für das Gegenteil ist. Was uns hier vorliegt, insbesondere in der Entschließung, ist, denke ich, ein Paradigmenwechsel in der Berichterstattung über Reichtum und Armut in der Bundesrepublik Deutschland. Ich möchte das vielleicht dadurch deutlich machen, dass der erste Satz der Entschließung noch einmal vorgelesen wird: „Der Sozialausschuss sieht in einem Armuts- und Reichtumsbericht für Mecklenburg-Vorpommern ein geeignetes Instrument, um die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der bisherigen Sozial-, Bildungs- Arbeitsmarkt- und Wirtschaftpolitik des Landes zu bewerten“. Bisher haben Armuts- und Reichtumsberichte die Beurteilung der gesellschaftlichen Lage zum Gegenstand, das heißt, die Beurteilung der Frage, wie viel Menschen sind als arm einzuschätzen und wie viel als reich. Es geht also um die Frage der Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums und der Einkommen. Darüber liegen in Deutschland umfangreiche Daten vor, auch für Ostdeutschland. Man kann sicherlich an der einen oder anderen Stelle noch weitere Differenzierungen vornehmen, aber es gibt dort kein grundsätzliches Problem der Datenerhebung.

In diesem Land soll ein Schritt gegangen werden, der in dieser Form, denke ich, jedenfalls nach meiner Kenntnis neu ist. Man betreibt nicht in erster Linie Gesellschaftskritik, diese Daten sollen natürlich auch noch einmal zusammengefasst werden, sondern man konzentriert sich auf die Frage: Was bringen eigentlich die staatlichen Instrumente, die es bisher gibt, um den Ausgleich zwischen Arm und Reich herbeizuführen und Armut in Mecklenburg-Vorpommern zu verhindern? Ich denke, das ist ein Ansatz, der uns am Herzen liegen muss, der uns auch wichtig sein muss, weil damit ja am Ende auch die Frage steht und fällt, was das, was wir hier den ganzen Tag und das ganze Jahr über tun, am Ende für die Menschen bringt.

Ich möchte einen zweiten Punkt hervorheben. Ich denke, auch das sollte man nicht kleinreden oder unter

schätzen. Es soll in diesem Armuts- und Reichtumsbericht ausdrücklich auch eine Rolle spielen, welche Auswirkungen der demographische Wandel eigentlich auf Armut und Reichtum in Mecklenburg-Vorpommern hat. Der demographische Wandel wird uns ja auch morgen noch beschäftigen, da es einen entsprechenden CDU-Antrag gibt.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass wir hier bereits in diesem Armuts- und Reichtumsbericht entsprechende Aspekte des demographischen Wandels integrieren wollen und an diesem Punkt ein Zukunftsthema sehr frühzeitig aufgreifen, um es dann auch adäquat bearbeiten zu können. Insofern ist die SPD-Fraktion der Auffassung, dass dies eine gelungene Grundlage ist, um zu einem qualifizierten Armuts- und Reichtumsbericht zu kommen. Deswegen plädieren wir natürlich dafür, dieser Beschlussempfehlung zu folgen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Herr Brodkorb.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Glawe von der Fraktion der CDU.

(Der Abgeordnete Harry Glawe trägt um- fangreiche Unterlagen zum Rednerpult. – Heike Polzin, SPD: Das Schwergewicht der Rede. – Torsten Koplin, PDS: Harry!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Der Armuts- und Reichtumsbericht hat uns tatsächlich gut ein halbes Jahr im Sozialausschuss beschäftigt. Mittlerweile gibt es ja auch andere Daten und andere Lagen in Deutschland, immerhin gibt es dazu auch einen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Insgesamt kann man feststellen, dass das Armutsrisiko in Deutschland von 1998 bis zum Jahre 2003 deutlich gestiegen ist. Das heißt, als CDU und F.D.P. abgewählt wurden, hatten wir etwa 12,1 Prozent der Haushalte, die unter Armut verstanden wurden, und unter Rot-Rot haben wir es jetzt mittlerweile auf 13,5 Prozent geschafft. Das ist immerhin eine gute Bilanz für Ihre Regierungsarbeit, dazu kann man Ihnen eigentlich nur gratulieren.

Aber das, was Sie hier als Entschließung und als besonderen Erfolg feiern, können Sie alles im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesrepublik nachlesen. Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, ihn mitzubringen. Falls er Ihnen nicht bekannt ist, kann ich ihn zur Verfügung stellen. Deswegen sind wir auch der Meinung, dass es eigentlich leistbar sein muss, ohne dass man 100.000 Euro ausgibt, um so einen Bericht noch einmal fürs Land Mecklenburg-Vorpommern erstellen zu lassen, denn viele Daten werden Sie hier in diesem Bericht wiederfinden. Wir halten es, gelinde gesagt, nicht für richtig, dass dieses Geld für weiteres Berichtswesen und Berichtsunwesen im Land Mecklenburg-Vorpommern ausgegeben wird.

(Beifall Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU, und Egbert Liskow, CDU)

Meine Damen und Herren, dieses Geld kann man für andere Maßnahmen ausgeben, und zwar dafür, dass es

den Menschen hilft. Einer sagt Hochschule, ich sage natürlich, es muss im Bereich des Sozialministeriums ausgegeben werden, da, wo wir Nachholbedarfe haben. Es gibt genügend Beispiele, wo das Geld durchaus nutzbringend einzusetzen ist. Und das, was Sie hier noch einmal als Entschließung bringen, das sind alles Überschriften, die Sie hier nachlesen können. Die haben Sie abgeschrieben und in Ihrer Entschließung eingetragen.

(Torsten Koplin, PDS: Ach!)

Ich kann Ihnen das alles vortragen, ich will es Ihnen nur ersparen. Sie können es hier in diesem Bericht nachlesen, der ist insgesamt 2.600 Seiten stark.

(Torsten Koplin, PDS: Die Chronologie der Ereignisse war anders.)

Wenn das nun eine reife Leistung von SPD und PDS ist, dann sage ich einmal: Abschreiben, das können wir auch noch!

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Beifall Michael Ankermann, CDU – Volker Schlotmann, SPD: Das werden Sie. Das werden Sie. – Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

Aber das machen Sie alles noch sehr schlecht und verkaufen es als Ihre große Botschaft, meine Damen und Herren.

(Volker Schlotmann, SPD: Uns Harry!)