Protocol of the Session on April 1, 2004

Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag der Fraktionen der PDS und SPD auf Drucksache 4/1110 zur Mitberatung an den Finanzausschuss, an den Wirtschaftsausschuss, an den Landwirtschaftsausschuss, an den Bauausschuss sowie an den Umweltausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag der Mitberatung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 17: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Sicherung der Bundeswehrstandorte in Mecklenburg-Vorpommern – Eurofighter in Rostock-Laage stationieren –, Drucksache 4/1103.

Antrag der Fraktion der CDU: Sicherung der Bundeswehrstandorte in Mecklenburg-Vorpommern – Eurofighter in Rostock-Laage stationieren – – Drucksache 4/1103 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Lochner-Borst von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute über die Sicherung der Bundeswehrstandorte in unserem Land reden, dann reden wir vor allem auch über 16.960 Militärarbeitsplätze in unserem Land. Das heißt, 16.960 Soldaten und Zivilisten haben einen gesicherten Arbeitsplatz, ein geregeltes Einkommen und leben mit ihren Familien in unseren Kommunen.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Deshalb müssen wir uns bei allem Verständnis für den Umbau der Bundeswehr sicherlich sachlich, Herr Innenminister, aber auch laut und deutlich für die Standorte in Mecklenburg-Vorpommern aussprechen. Und da würden wir es uns schon wünschen, wenn der Ministerpräsident

unseres Landes es seiner Kollegin in Schleswig-Holstein, Frau Heide Simonis, gleichtun würde.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heiterkeit bei Karin Strenz, CDU)

Außerdem ist es in der Sache wenig dienlich, wenn ein Teil der regierungstragenden Parteien eine völlig unnötige Diskussion zu einem der sicheren Standorte in unserem Land aufmacht. Schließlich dürfte jeder in diesem Hause wissen, dass die Entscheidung über die Stationierung des Eurofighter am Standort Laage schon vor langer Zeit gefallen ist. Eine neuerliche Debatte wird weder den Kauf noch die Stationierung des Waffensystems verhindern. Auch müsste jedem bekannt sein, dass der Eurofighter kein nationales, sondern ein europäisches Projekt ist, aus dem man nicht eben einmal aussteigen kann, zumal bindende Verträge mit der Industrie bestehen, deren Auflösung weder denkbar noch bezahlbar sind.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Sich mit diesem Wissen heute, sechs Jahre nach der Entscheidung für den Eurofighter, hinzustellen und so zu tun, als ob man hier noch eingreifen könnte, betrachte ich als verantwortungslose Klientelpolitik, die eine Menge Menschen in der Region Rostock-Laage und darüber hinaus vor den Kopf stößt. Neben dem militärischen Teil des Flughafens geht es hier auch um die zivile Nutzung des Flugplatzes mit dem höchsten Passagieraufkommen in unserem Land und um das sich daran anschließende Gewerbe- und Industriegebiet. Der Eurofighter wird kommen und er wird in Laage stationiert werden.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr gut.)

Die Landesregierung würde im Sinne der Region und des Landes gut daran tun, sich hier ganz klar zu dem Standort zu bekennen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr gut.)

Aber der Standort Laage, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nur ein Beispiel. Von den bereits genannten 16.960 direkten Militärarbeitsplätzen in unserem Land sind 3.082 in Torgelow, 3.083 in Neubrandenburg, 3.000 in Rostock, um nur die personalstärksten zu benennen. Hinzu kommen überall die zahlreichen indirekten Arbeitsplätze in kleinen und mittleren Unternehmen der Zulieferindustrie. Würde einer dieser Standorte schließen, dann würden die Direktbeschäftigten der Bundeswehr mit ihren Familien unser Land verlassen. Indirekte Arbeitsplätze würden infolge verloren gehen. Manches kleine oder mittlere Unternehmen müsste gar um seine weitere Existenz bangen. Wohnungen und Häuser würden in noch größerem Umfang leer stehen. Wer dies nicht glauben mag oder will, der sollte sich Kommunen anschauen, wo Standorte in strukturschwachen Gebieten wie den unseren in den letzten Jahren geschlossen wurden.

(Heinz Müller, SPD: In Eggesin.)

Meine Damen und Herren, Standortentscheidungen müssen strukturpolitisch durchdacht sein. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass unsere wirtschaftsschwachen und von hoher Arbeitslosigkeit betroffenen Regionen von weiteren Schließungen ausgenommen werden!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Eine rein militärpolitische oder betriebswirtschaftliche Betrachtung der Um- und Neustrukturierung der Bundeswehr greift aus strukturpolitischer Sicht zu kurz. Wir haben in unserem Land hervorragende Standortbedingungen. Die Bundeswehr hat in unserer Bevölkerung einen starken Rückhalt. Weitere Standortschließungen über Eggesin und Basepohl hinaus werden unsere strukturschwachen Regionen vor allem auch vor dem demographischen Hintergrund nicht verkraften. Standortschließungen hätten für unsere Kommunen einschneidende wirtschafts- und sozialpolitische Auswirkungen, wie die Entscheidungen der Vergangenheit gezeigt haben. Deshalb sollten wir uns als Landtag klar hinter unsere Bundeswehrstandorte stellen und gemeinsam mit der Landesregierung für die Sicherung der Bundeswehrstandorte in unserem Land allen möglichen Einfluss geltend machen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

In diesem Sinne bitte ich um die Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag der CDU-Fraktion.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat ums Wort gebeten der Innenminister des Landes Herr Dr. Timm. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundeswehr ist in Mecklenburg-Vorpommern stets willkommen. Wir begrüßen jeden Soldaten, der hier lebt und hier bei uns im Lande seinen Dienst versieht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der CDU)

Danke schön.

Für uns sind die Bundeswehrangehörigen nicht nur wirtschaftlich von Bedeutung, sondern es sind für uns Nachbarn,

(Heinz Müller, SPD: Sehr richtig.)

Bürger in Uniform, die zu einem gedeihlichen Leben in unseren Städten und Gemeinden beitragen. Und das gilt für alle, ob zu Lande, zu Wasser oder in der Luft.

Auch das neue Stationierungskonzept des Bundesverteidigungsministeriums wird die feste Integration von Bundeswehr und Gesellschaft in Mecklenburg-Vorpommern nicht beeinträchtigen. Trotzdem, meine Damen und Herren, sind die in jüngster Vergangenheit immer wieder angesprochenen konzeptionellen Änderungen der Bundeswehrstruktur auch in Mecklenburg-Vorpommern Gegenstand öffentlicher Diskussionen. Dies ist sicher nicht nur der entscheidend veränderten weltpolitischen Sicherheitslage geschuldet, es zeugt nach meiner Einschätzung ebenfalls von der Besorgnis der Bürger und vieler verantwortlicher Politiker über die eventuell daraus resultierenden nachteiligen wirtschaftlichen Folgen und, ich betone, auch gesellschaftlichen Folgen in den strukturschwachen Regionen des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern. Und so verstehe ich auch die bereits

gestellten Anfragen vieler Bürger und auch den Antrag, den die CDU hier heute im Landtag eingereicht hat.

Die Landesregierung betonte wiederholt, dass die Ausgestaltung der Stationierung grundsätzlich in der Zuständigkeit des Bundes, speziell des Bundesverteidigungsministeriums, liegt und natürlich vorrangig nach militärischen, funktionalen und zunehmend auch nach betriebswirtschaftlichen Kriterien erarbeitet werden muss.

(Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Zugleich – und das betone ich ebenso – ist die Landesregierung sich der Bedeutung der Bundeswehr für unser Bundesland, und zwar nicht nur als Arbeitgeber, sondern auch als Arbeitgeber bewusst und wird deswegen mit Nachdruck für die Standorte dieses Landes eintreten.

(Beifall Jörg Heydorn, SPD, und Heinz Müller, SPD)

Das hat sie bereits seit 1999 ständig gemacht und das wird sie auch in Zukunft ständig tun. Auch in diesem Jahr waren bereits die weiteren Stationierungsplanungen der Bundeswehr und die sich daraus für unser Land Mecklenburg-Vorpommern ergebenden strukturellen Entwicklungen Gegenstand von Gesprächen auf höchster politischer Ebene zwischen der Bundesregierung und der Landesregierung. Seitens des Ministeriums der Verteidigung wurde erklärt, dass man in der jetzigen Runde der Stationierungsplanung einen offenen, aber auch vertraulichen Dialog führen wolle. Letzteres, das ist vielleicht anders beim jetzigen Bundesverteidigungsminister als vorher, sei Voraussetzung für weitere Gespräche über dieses Thema. In allen Gesprächen zeigt sich, dass selbstverständlich auch Mecklenburg-Vorpommern nicht ganz aus der Stationierungsreform rausgenommen werden kann. Und das liegt unter anderem auch daran, dass Mecklenburg-Vorpommern heute, bezogen auf die Einwohnerzahl, über die zweithöchste Stationierungsdichte in allen Bundesländern verfügt.

Meine Damen und Herren, einige Bemerkungen zur Stationierung des Eurofighters am Standort RostockLaage: Der Eurofighter ist ein Gemeinschaftsprojekt Großbritanniens, Italiens, Spaniens und Deutschlands. In Deutschland sollen insgesamt 180 der neuen Jagdflugzeuge eingesetzt werden, 34 davon in Mecklenburg-Vorpommern, nämlich in Rostock-Laage. Die neuen hochmodernen Waffensysteme treten die Nachfolge für die MiGs aus dem Bestand der ehemaligen NVA an. Der Einsatz des Eurofighters ist nicht nur militärisch erforderlich, meine Damen und Herren, sondern trägt natürlich auch wesentlich zur wirtschaftlichen Entwicklung im Raum Rostock und damit auch im Bundesland MecklenburgVorpommern bei. Und ich möchte auch betonen, dass die Frage der Erneuerung des Fluggerätes natürlich auch eine Frage der Sicherheit ist. Wir alle haben die Nachrichten gehört, wo sich plötzlich aus den MiGs im Flug die Kerosintanks gelöst haben. Das muss man den Menschen dieses Landes auch erklären können.

(Angelika Gramkow, PDS: Das ist wirklich ein Witz. – Jörg Heydorn, SPD: Das sind Tatsachen. – Torsten Koplin, PDS: Das sehen die anderen aber nicht.)

Ohne die Bundeswehr, meine Damen und Herren, und ohne die Stationierung des Eurofighters wäre der gesamte Betrieb des Flugplatzes Rostock-Laage möglicherweise in Frage gestellt und somit,

(Regine Lück, PDS: Na! Na!)

das hat meine Vorrednerin schon betont, wären mehrere hundert Arbeitsplätze in Gefahr.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU)

Und deswegen wird die Landesregierung mit Nachdruck für die Modernisierung der Luftwaffe und für die Stationierung des Eurofighters am Standort RostockLaage eintreten.

(Regine Lück, PDS: Das ist auch ein interessanter Bezug, Herr Timm.)

Auf dem Fliegerhorst, der sich über eine Fläche von circa 1.200 Hektar erstreckt, arbeiten derzeit circa 900 Soldaten und etwa 400 zivile Mitarbeiter. Darüber hinaus sind noch circa 200 weitere Zivilbeschäftigte dort tätig. Im neuen Ausbildungs- und Trainingszentrum werden zukünftig alle Eurofighterpiloten der Luftwaffe, Mechaniker und technische Kräfte der Bundeswehr zentral für das neue Waffensystem bei uns ausgebildet. Zusätzlich ist hier eines der Such- und Rettungsdienstkommandos des Lufttransportgeschwaders 63 aus Hohn stationiert. Und ich möchte auch als Innenminister für die Landespolizei hinzufügen, dass die Polizeihubschrauberstaffel in Rostock-Laage untergebracht ist. Dadurch können für uns auch erhebliche Kosten eingespart werden.

Der ehemalige Flugplatz der Nationalen Volksarmee wurde 1990 durch die Bundeswehr übernommen und ist heute nach sehr umfangreichen Investitionen in vielerlei Technik und Baumaßnahmen einer der größten und modernsten Militärflugplätze der Welt. Hier ist nicht nur das Jagdgeschwader 73 „Steinhoff“ beheimatet, sondern es starten auch Linien- und Chartermaschinen der Rostock-Laage Flughafen GmbH.

(Torsten Koplin, PDS: Das ist vernünftig.)

Und das heißt, wir fahren hier in Rostock ein beispielhaftes Modell von ziviler und militärischer Nutzung, man sagt dazu auch Public Private Partnership. Ein wirtschaftlich starker Standort strahlt auf das Umland aus und das ist auch für die Wirtschaftsregion Rostock und Umgebung von erheblicher Bedeutung.