Protocol of the Session on June 26, 2002

Ich will wenigstens einige dieser Probleme ganz kurz hier ansprechen.

Zum einen ist es so, dass wir in den nächsten Jahren zweistellige Milliardensummen ausgeben müssen für diese Forschung. Das ist eine erhebliche Menge Geld und die Kosten werden nicht geringer, falls diese Forschungen

tatsächlich dazu führen sollten, dass man auf diesem Wege Energie produzieren kann. Die so produzierte Energie wird nicht billig sein.

Ein zweites Problem: Wir haben es hier auch mit einem Verfahren zu tun, bei dem radioaktive Stoffe verwendet werden und bei dem es am Ende verstrahlten Abfall zu verwerten und zu versorgen gilt. Wir haben es also auch hier, auch wenn es ein ganz anderes Problem ist als bei der Kernspaltung, wieder mit dem Problem der Endlagerung von Abfällen zu tun.

Auf einen dritten Aspekt, der auch in diesem Technologiefolgeabschätzungsbericht des Bundestages genannt wird, will ich eingehen. Wenn es zu einem Erfolg in der Fusionsforschung kommt, hat das zwangsläufig die zentrale Produktion großer Energiemengen an einem Ort zur Folge. Für die Entwicklung in der dritten Welt brauchen wir aber verstärkt eine dezentralisierte Produktion. Also auch diesbezüglich ist dieser ganze Ansatz nicht unproblematisch.

Und als letzten Punkt will ich sagen: Wenn wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die gleiche Summe, also zweistellige Milliardenbeträge, für die Forschung zur Nutzung regenerativer Energiequellen ansetzen und ausgeben würden, dann allerdings wäre ein Punkt erreicht, wo ich sehr zufrieden wäre. Ich sage nur mal – es ist allen bekannt –, wir haben eine Sonneneinstrahlung, die wir bislang zur Energiegewinnung in einem minimalsten Prozentsatz nutzen. Hier sind Forschungen nötig und dafür sind auch Gelder nötig. Oder die ganze Frage der Wasserstofftechnologie, wo ja in unserem Land mit dem Zukunftsfonds wichtige Ansätze gemacht worden sind, auch hier bräuchten wir sehr viel mehr Geld.

(Reinhard Dankert, SPD: Richtig.)

Trotzdem, trotz dieser Ansätze sage ich hier namens meiner Fraktion, dass wir die Fusionsforschung unterstützen, weil sie nötig ist und weil kein – aus meiner Sicht, das sage ich jetzt nur – ernst zu nehmender Mensch tatsächlich die Einstellung der Fusionsforschung zum gegenwärtigen Zeitpunkt fordern kann. Und ich sage dies auch ganz deutlich in nachdrücklicher Abgrenzung von entsprechenden Äußerungen aus unserer Bundestagsfraktion.

(Beifall Dr. Manfred Rißmann, SPD)

Ich will auch kurz begründen, warum wir das so sehen. Wer sich ein bisschen mit der Materie beschäftigt, weiß, dass der Energiebedarf der Zukunft explosionsartig ansteigen wird. Wenn wir nur eine geringe Anhebung des Lebensniveaus von vier Fünfteln der Menschheit wollen, dann sind dazu unvorstellbare Energiemengen notwendig, die auch nicht durch Einsparungen in den Industrieländern und wahrscheinlich auch nicht durch die Nutzung regenerierbarer Energien zu erbringen sind. Und dass wir das nicht nur aus humanitären Gründen wollen sollten, sondern auch zur Vermeidung künftiger Auseinandersetzungen, das sollte uns allen spätestens seit dem 11. September 2001 klar sein, denn darin, hoffe ich, besteht auch Einigkeit, dass wir auf Dauer internationalen Terrorismus nur dann bekämpfen können, wenn wir soziale Ursachen dafür beseitigen. Dazu bedarf es Energie und diese Energie kann vielleicht auch aus der Kernfusionsforschung kommen.

Und einen zweiten Aspekt will ich sagen: Selbst wenn zum Beispiel die Wendelstein-7-X-Forschung nicht zur Energiegewinnung führt, wird sie uns wichtige Erkenntnis

se über den vierten Aggregatzustand, über das Plasma bringen, die für die wissenschaftliche Weiterentwicklung überhaupt nicht hoch genug einzuschätzen sind. Und deshalb – auch das will ich deutlich sagen, weil das auch in der Öffentlichkeit bereits diskutiert wird – wird die von der Bundestagsfraktion der PDS angeregte oder geforderte Umstellung des Max-Planck-Instituts in Greifswald auf andere Forschungsprojekte von uns strikt abgelehnt. Wir stehen zu diesem Max-Planck-Institut, wir haben auch in der vergangenen Legislaturperiode mehrheitlich diesem Projekt zugestimmt und die Fraktion der PDS steht auch heute zu dieser damaligen Entscheidung.

Ich will nun kurz etwas sagen zum ITER selbst. Es ist ja sicher bekannt, dass es sich hier um ein konkurrierendes technologisches Herangehen an die Kernfusion im Vergleich zum Wendelstein-Ansatz handelt. Ich bin nicht Physiker und von Plasmaphysik habe ich schon gar keine Ahnung, ich weiß aber, dass vor nicht allzu langer Zeit der wissenschaftliche und technologische Ansatz des ITER wissenschaftlich negativ bewertet worden ist. Das scheint sich im Moment geändert zu haben. Es liegt außerhalb meiner Kompetenz, das zu bewerten. Aber wenn es denn so ist, muss auch an diesem ITER-Projekt, wenn es wissenschaftliche Zukunft hat, weitergearbeitet werden. Über die Gründe habe ich was gesagt.

Natürlich sollte man dabei nicht vergessen, Herr Riemann, und gerade Sie als finanzpolitischer Sprecher Ihrer Fraktion, dass dieses Vorhaben, das ITER-Projekt, wenn es denn kommt, noch sehr viel mehr Geld kosten wird als das Max-Planck-Institut mit dem Wendelstein-7-X-Projekt. Und ich weise einfach erst mal nur darauf hin, dass unser Land bereits über mehrere Jahre 100 Millionen DM für dieses Projekt trägt. Ich finde es auch nach wie vor gut, dass wir das tun. Aber ehe wir uns endgültig festlegen, sollten wir schon wissen, was da auf uns zukommt und was vom Land gefordert wird. Und dann müssen wir irgendwann bewerten, ob wir als Land den Anteil, den wir bringen müssen, wirklich schultern können. Wir sollten nicht so tun, als ob das alles bedeutungslos sei, denn da ist mit einem Landesanteil von 100 Millionen am Ende nichts mehr gemacht. Davon bin ich fest überzeugt. Und das einfach mal so schnell nebenbei zu sagen, ja, das machen wir auf jeden Fall, das können Sie als Finanzpolitiker nicht ernsthaft wollen.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Deshalb sagen wir: Jawohl, Unterstützung für die Bewerbung, aber heute keine Bindung des Landes, was auch nur annähernd als Zusage für den Einsatz der dann notwendigen Mittel bewertet werden kann, weil niemand heute weiß, welche Mittel das sein werden und wie wir sie aufbringen. Das müssen wir dann schon noch mal diskutieren und nicht den Eindruck erwecken, als wollten wir das heute tun. Und deshalb sagen wir grundsätzlich Ja zur Unterstützung des ITER, deshalb haben wir aber auch den Änderungsantrag gestellt. Kollege Rißmann wird dazu noch was sagen. Wir sehen durchaus, dass wir das Plasmaphysikalische Zentrum in Greifswald unterstützen. Professor Wagner, der Greifswalder Chef des Max-PlanckInstituts, hat mal gesagt, dass es ein zumindest in Europa einzigartiges Zentrum der Plasmaphysik ist. Wir haben dort nämlich eine langjährige Uni-Tradition, wir haben das Institut für Niedertemperaturplasmaphysik, wir haben das Max-Planck-Institut mit dem Wendelstein-7-X-Projekt und wir haben vielleicht früher oder später den ITER bei uns. Dieses europaweit einzigartige Zentrum für Plasma

physik unterstützen wir, dazu bekennen wir uns und wir werden alles tun, was uns die Möglichkeit gibt, das auch zu fördern. – Danke.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS, und Irene Müller, PDS)

Danke schön, Herr Dr. Bartels.

Als Nächstes erhält das Wort die Abgeordnete Frau Schnoor für die Fraktion der CDU. Bitte schön, Frau Schnoor.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schon 1994 war der Landtag ein erstes Mal mit dem zukunftsweisenden ITER-Projekt befasst, dies im Zusammenhang mit dem Wendelstein-Kernfusionsprojekt des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik. Zwei Jahre später dann, 1996, befürwortete der Landtag die Aufrechterhaltung der Bewerbung für Greifswald-Lubmin als Standort des ITER-Projekts.

Meine Damen und Herren, nun, nach weiteren sechs Jahren wurden wesentliche Schritte vor allem durch den ITER-Förderverband Lubmin unternommen. So konnte der Öffentlichkeit im Sommer diesen Jahres eine stichhaltige Bewerbung präsentiert werden und sie soll nun an den ITER-Rat weitergeleitet werden, der über die Standortvergabe entscheidet. Um nun dieser Bewerbung einen Impuls zu verleihen, ist es unabdingbar, sie von Seiten der Politik, das heißt von Seiten der Landesregierung und der Bundesregierung ausdrücklich zu unterstützen. Und, Herr Minister, nur darum geht es hier.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Kernfusionsforschung ist das wegweisende wie notwendige Energieprojekt dieses Jahrhunderts. Der Energieverbrauch in der Europäischen Union wird in den kommenden Jahren um 80 Prozent zunehmen, Herr Dr. Bartels hat darauf schon hingewiesen, und dem entgegen werden die Ressourcen der fossilen Brennstoffe in den nächsten Jahrzehnten verbraucht sein. Die erneuerbaren Energien wie Wind- und Solaranlagen weisen nur eine begrenzte Leistungsfähigkeit auf

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Aber auch, weil so wenig geforscht wird, Frau Schnoor.)

und können also der Energienachfrage nicht gerecht werden. Auf die Gefahren der Kernspaltung wird ausdrücklich verwiesen und sie sind jedem von uns mit dem Reaktorunfall in Tschernobyl 1986 wohl bekannt. Aus diesen Gründen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Kernfusion das Energieprojekt der Zukunft.

Die technischen Einzelheiten möchte ich Ihnen an dieser Stelle ersparen, dazu würde meine Redezeit auch nicht ausreichen. Es sei hier nur so viel gesagt, dass von wissenschaftlicher Seite, Herr Dr. Bartels, einer Fortsetzung des Wendelstein-7-X-Projekts durch das ITER-Projekt nichts im Wege steht, wie es seinerzeit von Seiten von SPD und PDS bemerkt wurde.

Die forschungstechnischen Fortschritte der vergangenen Jahre sind enorm und versprechen für alle künftigen Projekte Erfolg. So gelang zum Beispiel im Juli des vergangenen Jahres erstmals die für die Energiegewinnung notwendige Plasmazündung. Die nun folgenden Bemühungen müssen in Richtung einer Stabilisierung des

Plasmas gehen, um den notwendigen Druck für die Atomkernverschmelzung dauerhaft zu erzeugen.

Meine Damen und Herren, die Vorteile der Kernfusion im Vergleich zu anderen Energiegewinnungsmethoden liegen auf der Hand. Die gewonnene Energiemenge ist bedeutend höher als bei den regenerativen Energien und genauso hoch wie bei der Kernspaltung, dafür aber umso gefahrenfreier, da die Menge der gespeicherten Kernenergie gering ist und ein Außer-Kontrolle-Geraten der Reaktion ausgeschlossen ist.

(Peter Ritter, PDS: Aber Abfälle bleiben auch immer.)

Darauf komme ich noch zurück.

Des Weiteren bestehen Vorteile gegenüber der Kernspaltung hinsichtlich des radioaktiven Abfalls, Herr Ritter. Zwar ist die radioaktive Abfallmenge bei der Kernfusion beinahe ebenso hoch wie bei der Kernspaltung, dafür aber biologisch weit ungefährlicher. So liegt zum Beispiel die Halbwertzeit der Substanzen bei nur zwölf Jahren.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Aber Sie müs- sen trotzdem 100 Jahre gelagert werden.)

Meine Damen und Herren, der ursprünglich geplante Designentwurf konnte nicht umgesetzt werden. Dennoch gelang es, innerhalb eines halbierten Kostenrahmens ein Referenzdesign zu entwerfen, das die modifizierten wissenschaftlichen und technischen Ziele erfüllen konnte. Dieser Entwurf, genannt ITER-FEAT (Fusion Energy Amplifier Tokmak), kurz ITER, ist Grundlage der im Antrag stehenden Bewerbung.

Meine Damen und Herren, die wissenschaftlichen Fortschritte und ihr zukunftsweisender Charakter sind ein Grund für das in letzter Zeit zu bemerkende erneute Interesse der Amerikaner an dem Projekt. Auch Polen zeigt Interesse an einer Zusammenarbeit mit dem ITER-Projekt, vor allem aber für den Fall der Ansiedlung in GreifswaldLubmin.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, genau diese Ansiedlung in Mecklenburg-Vorpommern ist Ziel der im Antrag der CDU-Fraktion zur Rede stehenden Bewerbung des ITER-Förderverbandes. Zur erfolgreichen Durchsetzung des Antrages wurden bereits zahlreiche Anstrengungen unternommen, womit der absolute Wille der Verantwortlichen, aber auch der Bevölkerung außerordentlich deutlich wird. Schon 1992 gründete sich der ITER-Förderverein. Ein wichtiges Signal der lokalen Unterstützung ist auch der Beschluss des Hauptausschusses des Amtes Lubmin im April diesen Jahres, die vorliegende Bewerbung zu unterstützen. Darüber hinaus gibt es eine einstimmige Empfehlung des Kreistages von Ostvorpommern sowie der Bürgerschaft der Hansestadt Greifswald, denn, meine Damen und Herren, die Bedeutung einer Ansiedlung des Internationalen Thermonuklearen Experimentellen Reaktors ist bekannt und würde die Effekte einer nun leider verpassten Ansiedlung von Airbus oder BMW weit übersteigen. Schon jetzt sind immerhin 50 Arbeitskräfte mit dem Bau eines Fusionsreaktors im MaxPlanck-Institut für Plasmaphysik bis 2006 befasst. Die Zahl würde freilich mit der Inbetriebnahme des Reaktors stark ansteigen, aber auch der Bau des Reaktors hätte wesentliche weiterreichende positive Auswirkungen auf die Arbeitslandschaft.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Und vielleicht sollten wir auch mal so rechnen, was ist zukunftsrelevant, und nicht, wo können wir sparen.

Meine Damen und Herren, der Standort GreifswaldLubmin scheint vor allem aus folgenden Gründen ideal für eine Ansiedlung des ITER:

Erstens. Greifswald ist quasi die Heimat der Plasmaphysik. Bereits 1907 wurde der Forschungszweig mit dem Nobelpreisträger Johannes Stark und seinen Vorlesungen zur Gasplasmaphysik hier angesiedelt.

Zweitens. Mit der Gründung des Instituts für Plasmaphysik und der Ansiedlung des Wendelstein-7-X-Projekts ist ein wesentlicher Meilenstein in Richtung der Fusionsforschung gelungen und Greifswald hat sich deutschlandund weltweit einen Rang auf dem Gebiet der Kernfusionsforschung erarbeitet.

Bislang liegt dem ITER-Rat die Bewerbung aus Frankreich vor. Aber auch Italien beispielsweise ist an einer Errichtung des Testreaktors interessiert. Im Vergleich zum französischen Standort Cadarache weist Greifswald-Lubmin einige markante Vorteile auf, die sich vor allem auf den Standort Greifswald als Kernfusionsstandort beziehen als auch auf die sehr guten und entscheidenden seismographischen Voraussetzungen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Ebenso hat der Standort, der sich bei der innerdeutschen Konkurrenz ja bereits durchgesetzt hat, wegen der guten Kanalwasserkühlung und den guten technischen Voraussetzungen sehr gute Chancen.

Meine Damen und Herren, ein weiteres entscheidendes Kriterium bei der Standortvergabe des ITER durch den ITER-Rat ist die politische Rückendeckung. Von lokaler Seite sind alle denkbaren Voraussetzungen erfüllt. Der nächste Schritt ist die Unterstützung von landespolitischer Seite. Die CDU-Fraktion leistet mit dem Antrag ihren Beitrag zur Durchsetzung des Antrages und somit zur Prosperierung Mecklenburg-Vorpommerns als Wissenschafts- und Forschungsstandort. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wäre auch ein notwendiges Signal in Richtung Bundesregierung, die ja dem ITER-Projekt sehr zurückhaltend und ablehnend gegenübertritt und mit der Zurückziehung der Bewerbung im Jahr 2000 den Schritt in die falsche Richtung getan hat. Meine Damen und Herren, ich bitte daher um Ihre Unterstützung für den Antrag der CDU. Den Änderungsantrag bitte ich abzulehnen. Bitte machen Sie aus unserem Antrag keinen Papiertiger.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)

Jetzt erhält das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Rißmann für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landtag hat sich 1996 für die Unterstützung einer ITER-Bewerbung Deutschlands ausgesprochen. Ich sehe nirgendwo ein Anzeichen dafür, dass die Kontinuität in der Unterstützung des Standortes unterbrochen worden sein sollte.

(Beifall Dr. Gerhard Bartels, PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Geheim unterstützt. – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Besser als unheimlich.)

2000 und 2001 haben Gespräche stattgefunden, sind Briefe zwischen der Landesregierung und der Bundesre