Protocol of the Session on June 26, 2002

2000 und 2001 haben Gespräche stattgefunden, sind Briefe zwischen der Landesregierung und der Bundesre

gierung ausgetauscht worden, sind Meinungen ausgetauscht worden. Es hat bislang, da gebe ich Ihnen Recht, keine deutsche Bewerbung gegeben. Es liegt nur die französische vor und die Konkurrenten in Spanien, in Kanada, in Japan warten auf die Entscheidung. Und da ist es nicht mehr als recht und billig, daran zu erinnern, dass auch Deutschland eine Rolle spielen sollte, und die Bewerbung noch einmal in Richtung Bundesregierung zu unterstützen.

Ich darf aber auch daran erinnern, dass 1996 die CDURegierung entschieden hat, keine Bewerbung um ITER abzugeben. Demgegenüber hat sich in der letzten Zeit keine Änderung in der Meinung der Bundesregierung erreichen lassen, auch nicht durch das gemeinsame Auftreten von Bayern und Mecklenburg-Vorpommern, was zumindest das Gleichbleiben der Unterstützung für die Fusionsforschung zur Folge hatte. Greifswald ist ein einzigartiger Standort. Die Vorzüge sind beschrieben. Ich kann mich kurz fassen. Ich brauche das nicht noch einmal zu wiederholen. Stellarator W 7-X war ein ganz wichtiger Schritt in der Akzeptanz dieses Ortes für die Fusionsforschung in Deutschland.

Ich tendiere eigentlich dazu zu sagen, dieser Antrag konterkariert Bemühungen, die seitens der Landesregierung

(Wolfgang Riemann, CDU: Ganz heimlich.)

unternommen worden sind, ich verkenne aber auch nicht eine vorbehaltlose Unterstützung Ihres Antrages mit erheblichen finanziellen Unwägbarkeiten. Aus diesem Grunde wird meine Fraktion der Formulierung, finanziell und organisatorisch unterstützend wirksam zu werden, nicht zustimmen können. Nach Streichung der Worte „sowohl finanziell als auch organisatorisch“ stimmt meine Fraktion Ihrem Antrag zu und ich bitte, diesem Änderungsantrag zuzustimmen. Damit wird der Intention, noch einmal mit dem Votum des Landtages die Landesregierung zu unterstützen im Bemühen Greifswald, die Angelegenheit noch einmal in der Bundesregierung zu überdenken und einen Antrag für die Bewerbung abzugeben, in dem Maße Rechnung getragen, dass also mit Votum des Landtages, der letzten Tagung noch einmal besonders Wert darauf gelegt wird, dass dieser Standort explizit geeignet ist für die Fusionsforschung in Deutschland, dass dieser auch gerade für ITER Chancen bietet.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Aus diesem Grunde bitte ich um Zustimmung zu dem Änderungsantrag. Dann können wir dem gemeinsamen Antrag folgen und wir hätten dann weiterhin auch eine fraktionsübergreifende Meinungsbildung aus dem Land Mecklenburg-Vorpommern für den Standort Greifswald zustande gebracht. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Herr Rißmann. Also auch von uns noch einmal alles Gute für Ihren weiteren Lebensweg!

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst abstimmen über den vorliegenden Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 3/3018. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimm

enthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 3/3018 bei Zustimmung der Fraktionen der SPD und PDS sowie Gegenstimmen der Fraktion der CDU angenommen.

Wer dem Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/2977 mit den soeben beschlossenen Änderungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Danke schön. Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/2977 in der soeben beschlossenen Fassung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 17: Beratung des Antrages der Fraktionen der PDS und SPD – Kulturstandort Mecklenburg-Vorpommern – Bericht zu Fragen der Kulturförderung und einer Kulturentwicklungskonzeption, auf der Drucksache 3/2975.

Antrag der Fraktionen der PDS und SPD: Kulturstandort Mecklenburg-Vorpommern – Bericht zu Fragen der Kulturförderung und einer Kulturentwicklungskonzeption – Drucksache 3/2975 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Schmidt für die Fraktion der PDS.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Viele Wege führen nach Rom und ebenso viele Möglichkeiten gibt es, die Notwendigkeit der Behandlung der Thematik Kultur und einer damit verbundenen Konzeption im engeren und weiteren Sinne zu begründen.

Bei genauerem Hinsehen wird schon deutlich, dass die aufgestellte Forderung der Kulturkonferenz, zu der durch das Bildungsministerium Kulturschaffende und Kulturverwaltende am 5. Juni 2002 eingeladen waren, die Begrifflichkeit Kultur in der Gegenwart zu definieren, wichtig und richtig war. So formulierte schon im vergangenen Jahrhundert Hilmar Hoffmann Folgendes: „Kultur ist ganz gewiß nicht das, was gemeinhin als schöner Schein bezeichnet wird. Kultur ist eine Lebensform, ein Lernprozess, Kultur bringt Kommunikationsfiguren hervor, schafft Beziehungseffekte zu Menschen und ihrer Umwelt, zu ihrer Natur, zu ihrer Gestaltung von Städten und Landschaften, weist auf die Zukunft hin – und das immer mit dem Blick auf die Vergangenheit. Kultur ist Lebensform, Gestaltung, Aneignung.“ Also das Leben selbst!

Wie Recht er damit hat, beweist uns unsere Sprache auch selbst, denn Kultur findet Verbindungen mit den unterschiedlichsten Bereichen, die wir wohl kennen, zusammengetragen ob der Vielzahl ihrer Möglichkeiten, die uns erstaunen lassen. Und ich möchte einige, andere sind Ihnen vielleicht auch bekannt, abgesegnet durch den Duden, mal benennen: Wir kennen eine Weltkultur, Landeskultur, Nationalkultur, Stadtkultur, Soziokultur, Kulturwissenschaft, Kulturwerte, Ess- und Trinkkultur, Sprachkultur, Redekultur, Berichtskultur, Kulturgeschichte, Kulturrevolution, Lernkultur, Kirchenkultur, Wohnkultur, Betriebskultur, Lebenskultur, Spaßkultur, Wissenschaftskultur, Kleingartenkultur, Baukultur und nicht zuletzt Streitkultur,

(Peter Ritter, PDS: Und Parlamentskultur.)

wobei in diesem Hohen Hause leider zu oft bewiesen wird, den Begriffsinhalt dieser Vokabel vielleicht nicht vollständig erfasst zu haben.

(Beifall Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Was wollte ich aber mit der Aufzählung eigentlich verdeutlichen? Kultur ist Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens, unterliegt damit Veränderungen, denn gesellschaftliche Verhältnisse verändern sich und werden politisch begleitet gesteuert. Dabei beeinflusst Gesellschaftspolitik auch die Lebenschancen der Menschen, folgt bestimmten Wertvorstellungen, hat also kulturelle Absichten, Ziele und Folgen. Zugleich werden moderne Gesellschaften immer stärker durch kulturelle Faktoren geprägt. Damit wurde in den letzten Jahrzehnten Kulturpolitik immer stärker zur Gesellschaftspolitik.

Die PDS-Fraktion versteht Kulturpolitik darum nicht als ein Einzelressort, sondern als Teil von Gesellschaftspolitik, sieht sie eingebettet in die Vorschläge, mit denen auf die Herausforderungen des gesellschaftlichen Wandels reagiert werden soll und muss.

Stichwort Globalisierung: Sie wird von vielen Lohnabhängigen und MittelständlerInnen als ein Bündel von widrigen wirtschaftlichen Sachzwängen erlebt, die letztlich auf eine aggressive soziale Polarisierung hinauslaufen können. Sie ist aber zugleich die weitere Internationalisierung der Märkte und Kommunikation, also auch die der davon geprägten Lebensbereiche wie Arbeitsweise, Konsumform, Freizeitgewohnheiten und Lebensstile. Hinzu kommen neue Informations- und Kommunikationstechnologien, die universelle Bilderwelten und Konsummuster erzeugen.

Die kulturellen Folgen der gegenwärtigen Globalisierung sind noch nicht abzusehen, die Reaktionen darauf vielfältig. Doch sicher ist für die demokratische Kulturpolitik, dass sie alles unterstützen muss, was das Bewusstsein von der einen Welt bekräftigt, die überall den Frieden mit realisierten unteilbaren Menschenrechten dringend benötigt – eine gewaltige Herausforderung an Kulturpolitik.

Ohne diesen Gedanken an dieser Stelle weiter ausbauen zu können hoffe ich, dass deutlich erkennbar wurde: Kulturpolitik muss ressortübergreifend als gestaltende Politik begriffen werden. Veränderte gesellschaftliche, politische, kulturelle und finanzielle Rahmenbedingungen verlangen es, Selbstverständnis und Aufgaben zu überprüfen. Das ist ein wesentlicher Grund dafür, dass, wie Sie wissen, die PDS-Fraktion seit Jahren darauf drängt, dass eine Kulturentwicklungskonzeption des Landes erstellt wird, und zwar nicht vom grünen Tisch her, sondern als Prozess von unten durch Kommunikation zwischen den kulturellen Verbänden, Vereinen, Kommunen und dem Land.

Die Debatte hat, wie ich am 5. Juni während der Landeskulturkonferenz erleben konnte, auch durch das allerdings schon 1999 erstellte Diskussionspapier des Kulturbeirates an Intensität und Qualität gewonnen. Damit ist ein entscheidender Schritt getan. Richtig ist, dass diese Konzeption eigentlich zum Ende dieser Legislatur vorliegen sollte. Dass das nicht realisiert wurde durch das Ministerium für Wissenschaft, Bildung und Kultur, hat verschiedene Gründe, die konkret analysiert und ausgewertet werden müssen.

Ebenso analytisch aufbereitet werden muss die gegenwärtige kulturelle Situation überhaupt. Die Tatsache, dass eine erfreuliche kulturelle Vielfalt in unserem Bundesland zu verzeichnen ist, erkennt die PDS-Fraktion ebenso an wie die Probleme ihrer weiteren Verbreitung beziehungs

weise Ausdifferenzierung. Letztere – das heißt die besagten Probleme – haben meines Erachtens nichts mit konzeptionsloser Arbeit zu tun, eher damit, dass allgemein der Stellenwert, den Politik der Kultur als nichtproduktiven Bereich angesichts einer forcierten neoliberalen Entwicklung beizumessen bereit ist, stetig sank.

Im Gegensatz dazu vertritt die PDS die Auffassung, dass Kultur in seiner Bedeutsamkeit für die Lebensqualität des Einzelnen wie für die Gesellschaft insgesamt erhöhter Aufmerksamkeit und Förderung bedarf, wobei wir Förderung zum einen nicht als belastende Subvention verstehen, sondern als Investition in den wohl grundlegendsten Bereich menschlichen Lebens, wie am Anfang dargestellt. Zum anderen definieren wir Förderung nicht ausschließlich als Haushaltsfrage, sondern auch als Fragen des kulturellen Klimas von Lebensinhalten, Prioritäten, Dialogen, Vernetzungen et cetera, die zu klären sind. Wir stehen aber nach wie vor zu einer Erhöhung des Landeskulturetats als ressortübergreifende Verpflichtung. Ich bin mir sicher: Würde tatsächlich in gesamtgesellschaftlichen Kategorien gedacht und gerechnet, würde die Anzahl derer, die das für unangebracht oder gar nicht realisierbar halten, merklich kleiner werden.

Aus all diesen Aspekten, zu denen ich weitere hinzufügen könnte, ergibt sich, dass es notwendig ist, die seit über zehn Jahren praktizierte Kulturförderpolitik entsprechend den bestehenden Grundsätzen der vorliegenden Förderrichtlinie unter anderem zu folgenden Problemen auf den Prüfstand zu stellen.

Erstens. Es ist inzwischen eine kulturelle Infrastruktur entstanden, die allein durch Projektförderung nicht erhalten, geschweige denn weiterentwickelt werden kann. Also darf die Frage nach institutioneller Förderung nicht länger weggewischt werden.

Zweitens. Die Dynamisierung von Fördersummen, um adäquat auf Entwicklung von Tarifen und Betriebskosten einschließlich der Musikschulen, Theater und Orchester reagieren zu können, die Trägervielfalt zu erhalten und zu erweitern sowie für angemessene Arbeitsbedingungen sowie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten von KünstlerInnen, KulturvermittlerInnen und -verwerterInnen muss möglich werden. Der Umstand, dass Theater und Orchester ausschließlich über das FAG durch den Vorwegabzug Fördermittel erhalten, muss verändert werden und nicht zuletzt dahin gehend, dass auch die anderen Ressorts Fördermöglichkeiten für Kunst und Kultur bereitstellen müssen.

Ein ganz aktuelles Beispiel hatten wir gestern in der Zeitung: „Kunst mit gutem Zweck“. Das Internationale Bildhauersymposium in Bantin wurde gestern von Landwirtschaftsminister Till Backhaus eröffnet. Die neun Teilnehmer der Veranstaltung wollen aus dem vielseitigen Produkt Holz Skulpturen schaffen. Das Symposium wird vom Kultusministerium gefördert.

Politische Gestaltungskonzepte sollen den sozialen, kommunikativen, ästhetischen, technischen Möglichkeiten und Bedürfnissen aller EinwohnerInnen und gesellschaftlichen Schichten Rechnung tragen. Deshalb ist es wesentlich, dass das Land in einer Kulturentwicklungskonzeption unter anderem ermöglicht:

dass aktive und passive Beteiligung am kulturellen Leben tatsächlich Möglichkeit aller ist,

dass der öffentliche Raum für Begegnungen und Austausch der verschiedenen Kulturen bereitgehalten wird,

dass kulturelle Differenzen als kostbares Gut begriffen werden und lokalen wie nationalen Eigenheiten durch praktizierte Chancengleichheit mit einer Kultur der Akzeptanz begegnet wird, wofür ein dichtes Netz soziokultureller Einrichtungen, Institutionen und Projekte Voraussetzung ist,

dass solche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die für die Entfaltung des künstlerischen Schaffens, die Verwertung von Kunst, die kulturelle Vermittlungsarbeit und die Rezeption von Kunst und Kultur förderlich sind,

dass vitales bürgerschaftliches Kulturinteresse und Engagement vor dem Hintergrund der Trägervielfalt gestärkt wird.

Ich denke, es gibt ausreichend Gründe, dass wir die Landesregierung auffordern sollten, den im Antrag genannten Bericht dazu zu geben. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Frau Schmidt.

Bliebe es so beim Spiel Brasilien/Türkei, wäre Brasilien der Endspielgegner der deutschen Mannschaft.

Und eine zweite Zwischeninformation: Kultur braucht Herzblut. Blut brauchen auch Ärzte, um zu helfen. Von daher findet hier heute im Hause eine Blutspendeaktion statt und ich möchte hier noch einmal alle die, die es ermöglichen können und wollen, auffordern, von der Möglichkeit hier heute Gebrauch zu machen.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Zunächst erhält das Wort der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes, Herr Professor Dr. Kauffold.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte dem vorliegenden Antrag und eben eingebrachten Antrag entsprechend mich äußern zu Fragen der Kulturförderung und zu Fragen einer Kulturentwicklungskonzeption.