Meine Damen und Herren, ein letzter Aspekt, den ich absichtlich heute nicht überstrapazieren wollte. Die jetzt gewollte Prüfung in Klasse 10 des Gymnasiums hat sofort die Kritiker auf den Plan gerufen,
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das ist doch klar. Nichts passiert an der Schule, was nicht sofort kritisiert wird.)
just die, von denen Herr Bluhm im Dezember noch sprach, ich zitiere: „Die Lehrerinnen und Lehrer sind die Experten für Bildung und Erziehung.“
Danke, Herr Bluhm. Diese Bestätigung für meine Arbeit höre ich gern von Ihnen. Aber genau diese Lehrerinnen und Lehrer im Land schütteln ungläubig ihre Köpfe über Ihren unausgegorenen Vorschlag.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Andreas Bluhm, PDS: Oh ja, also nicht alle! Nicht alle!)
Der Landeselternrat ist mehr als verwundert über die neue Wendung, die das Schulgesetz seit zwei Wochen genommen hat.
Meine Damen und Herren, es ist nun ein Leichtes für Sie, die Begründung für diese plötzliche Wendung zu vollziehen, indem Sie die CDU bemühen. Ihr ehemaliger Vorsitzender Erich Honecker – Generalsekretär hieß das ja wohl damals bei Ihnen –
prägte den Spruch „Überholen, ohne einzuholen“, damals allerdings noch auf den Kapitalismus bezogen.
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Entschuldigung, Sie sind nicht auf dem Laufenden. Das war nicht Honecker, das war Ulbricht.)
(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, PDS – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Sie sollten nicht über Sachen reden, die Sie nicht verstehen.)
Und plädiert die CDU für die Leistung, muss die PDS die Schüler nun jährlich prüfen, um besser als die CDU zu sein.
Wir sind nicht für Leistung und Leistungsüberprüfung ausschließlich um der Leistung willen, meine Damen und Herren. Eine Leistungsüberprüfung muss sinnvoll eingesetzt werden,
damit von ihr auch die richtigen Signale und Impulse ausgehen. Die von Ihnen vorgeschlagene Prüfung, Herr Bluhm, löst keine Impulse aus, sondern Frust. Und sie macht zudem das Gymnasium kaputt. Aber das ist von Ihnen ja politisch gewollt, ist Bestandteil Ihres bildungspolitischen Vorstellungspapiers. Ich sagte es bereits.
Angesichts dieser Argumentation leuchtet es mir nicht ein, vor allem unter dem Aspekt der von Ihnen viel bemühten Gerechtigkeit, warum Sie nach wie vor den Hauptschülern die Prüfung vorenthalten, damit sie den Bildungsgang entsprechend abschließen können.
Über die Motive dieser völlig neuen Regelung brauche ich an dieser Stelle, glaube ich, nicht weiter zu philosophieren. In einem wie auch immer gegliederten System macht die Prüfung nach Klasse 10 am Gymnasium für alle Schüler, die nicht die zentrale Realschulabschlussprüfung ist, keinen Sinn.
Aber, meine Damen und Herren, dieses System ist ja von der PDS nicht gewollt. Auch das macht die Landesarbeitsgemeinschaft „Bildungspolitik“ der PDS deutlich. Das Gymnasium ist nicht gewollt, denn es heißt da, und ich zitiere: „Die vierjährige Grundschule in Verbindung mit der zentralen Bedeutung des Besuchs eines Gymnasiums setzt Lehrkräfte, Eltern und Kinder an Grundschulen häufig bereits mit dem Schuleintritt der Kinder unter erheblichen Schulerfolgsstress.“
Die Schlussfolgerung aus dieser Analyse wird einige Zeilen später gezogen, ich zitiere noch einmal: „Alle geeigneten Schritte hin zu einer zehnjährigen gemeinsamen Schulzeit sind zu nutzen.“
Daher erübrigt es sich, im System zu argumentieren, wenn diese Prüfung gar nicht für dieses System gedacht ist.
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Frau Schnoor, reizen Sie doch den Herrn Bluhm noch ein bisschen! Dann wird es hier munterer. – Volker Schlotmann, SPD: Weiter so!)
Wenn die SPD die tiefere Absicht hinter dieser Regelung endlich erkennen möchte, dann würden Sie Größe und Einsicht beweisen, wenn Sie den Rat der von der PDS gepriesenen Experten für Bildung und Erziehung annehmen und hier und heute diesen Vorschlag wieder zurückziehen. Ich glaube aber nicht, dass Sie diesen Weg gehen werden, und beantrage hiermit namens der Fraktion der CDU die Durchführung einer Dritten Lesung zu den vorliegenden Gesetzen und damit die Rücküberweisung der Gesetze und der Beschlussempfehlung in den Bildungsausschuss.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Volker Schlotmann, SPD: Ja, wir werden die CDU in die Opposition zurückverweisen.)
Meine Damen und Herren, Sinn und Zweck dieses Antrags ist es, zu den vorliegenden Änderungen des Entwurfs, vor allem der Regelung zur Prüfung im Gymnasium nach Klasse 10, eine erneute Anhörung durchzuführen. Eine solche Prüfung hat den Gesetzentwurf entscheidend verändert, der so nicht Thema der Anhörung war.
Und nicht nur eine entscheidende Veränderung ist hier vorgenommen worden, sondern es sind Veränderungen vorgenommen worden, die einmalig in der Schullandschaft Deutschlands sind. Weder das Halbjahr Klasse 7 noch die verbindliche Prüfung am Gymnasium nach Klasse 10 gibt es anderswo in Deutschland.
Meine Damen und Herren, die von Herrn Bluhm so hofierten Experten sollen im Bildungsausschuss dann deutlich machen, welche praktischen Auswirkungen diese Regelung auf Schulorganisation und auf die Schüler hat,
und Sie sollten diese Möglichkeit ernsthaft in Erwägung ziehen, um nicht Ihre so genannten Reformen gleich im Ansatz wieder in Frage zu stellen.
Meine Damen und Herren, das war nicht meine letzte Rede im Landtag. Sie war zwar wieder lang, doch sie hätte länger sein können, denn es gäbe noch sehr viel zu sagen. Ich gehe auch davon aus, dass die Koalition dem gerade gestellten Antrag der CDU auf Dritte Lesung nicht zustimmen wird. Ich gehe ebenso davon aus, dass diese Debatte bei zwei verbleibenden Debatten in dieser Legislaturperiode die letzte schulpolitische Debatte sein wird.
Erlauben Sie mir daher noch ein persönliches Wort zum Schluss und sehen Sie es mir bitte nach, wenn ich da vielleicht meine Zeit etwas überschreite.
Meine Damen und Herren, ich möchte mich bedanken. Ich will mich bei den Lehrern im Land bedanken, die nach 1990 viel durchmachen mussten,
die über die Jahre ihren Weg gegangen sind, die Veränderungen angenommen haben und die mir mit Kritik und Zuspruch gleichermaßen viele meiner fachpolitischen Entscheidungen erleichtert haben. Ich hatte in meiner politischen Tätigkeit viele schwierige politische Entscheidungen zu treffen und viele von denen werden mir heute noch vorgeworfen.
Aber Sie können mir abnehmen, meine Damen und Herren, dass jede Entscheidung, die ich zu treffen hatte, eine Entscheidung für die Kinder dieses Landes war.
Ich hoffe daher für die kommenden Jahre, dass Sie, wie auch immer, das Interesse der Kinder im Auge halten und nicht mit der Sicht Ihrer eigenen Bildungserfahrung versuchen, die Zukunft der Kinder von heute zu gestalten.