Protocol of the Session on December 12, 2001

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Es wächst nach unten. Wir haben ja ein Minuswachstum, Frau Gramkow.)

Lassen Sie mich deshalb noch etwas aus finanzpolitischer Sicht auf die aktuelle Diskussion um die Unterrichtsversorgung und die Lehrerstellen sagen. Wir alle wissen, dass es für das kommende Schuljahr eine Reihe von Unwägbarkeiten gibt, die die Planung der Unterrichtsversorgung und der dafür erforderlichen Lehrerstellen erschweren. So haben die kommunalen Planungsträger die Schulentwicklungsplanung noch nicht abgeschlossen. Die Regionale Schule wird eingeführt. Außerdem beginnt nach dem Lehrerpersonalkonzept des Landes die Teilzeitarbeit

im Bereich der Haupt- und Realschulen. Niemand kann gegenwärtig zu genauen Zahlen etwas sagen. Das führt natürlich zu Spekulationen, Gerüchten und Sorgen und vor allem bringt es Unruhe in die Schulen. Die Koalitionsfraktionen haben deshalb mit Unterstützung der Landesregierung mit dem vorliegenden Haushalt Vorsorge getroffen, um auch im nächsten Schuljahr eine hundertprozentige Unterrichtsversorgung und Qualitätsverbesserung in den Schulen dieses Landes zu sichern. Das sollten Sie wenigstens zur Kenntnis nehmen.

Ja, meine Damen und Herren, der finanzielle Rahmen ist eng. Die Opposition wird wie immer mehr fordern, das ist ihr gutes Recht. Wir sind jedoch Realistinnen und Realisten. Die leeren Versprechungen und falschen Hoffnungen überlassen wir gerne Ihnen von der CDU. Auch bei den Haushaltsberatungen in den Ausschüssen sind die Koalitionsfraktionen realistisch geblieben. Trotz geringer Spielräume ist es uns gelungen, in verschiedenen Bereichen umzuschichten. Verbesserungen konnten wir beispielsweise im sozialen und präventiven Bereich, im Bereich der Erwachsenenbildung, bei den Existenzgründerinnendarlehen und der Finanzierung der Jugend- und Schulsozialarbeit und so weiter erzielen. Wir haben versucht, das Machbare im Haushalt umzusetzen. Wahlgeschenke verteilen wir nicht.

Meine Damen und Herren, der Landeshaushalt – und bei Herrn Rehberg wurde es ja in zwei Dritteln seiner Rede auch deutlich – entsteht nicht im luftleeren Raum. Er wird natürlich von der Großwetterlage beeinflusst und, ohne es dramatisieren zu wollen, uns beunruhigt die allgemeine Wetterlage sehr. Die Daten sind ernüchternd, ein Hoch ist so schnell nicht in Sicht. Die Bundesregierung hat auf das Prinzip Hoffnung gesetzt. Sie tut dies immer noch, und das ist mit Sicherheit zu wenig. Nicht erfüllt haben sich die Erwartungen der Bundesregierung in die Wirkungen der großen Steuerreform. Sie ist nicht die Antwort gewesen, um die Binnennachfrage anzukurbeln, und deshalb oder gerade deshalb, meine Damen und Herren von der CDU, ist das Vorziehen der nächsten Stufe der Steuerreform das falsche Signal für das Land.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Wir reden hier von weiteren 13,5 Milliarden DM Entlastung. Diese würden vorrangig Gutverdienenden zugute kommen, die eben nicht zusätzlich inländische Waren und Leistungen nachfragen, sondern in lukrative Geldanlagen investieren. Und auch Durchschnittsverdiener halten in unsicheren Zeiten jeden gesparten Pfennig zurück. Haben Sie in diesem Zusammenhang einfach mal an die Situation der öffentlichen Haushalte gedacht? Lassen Sie uns darüber nachdenken, ob eine vom Bund neu aufgelegte kommunale Investitionspauschale für strukturschwache Regionen oder vielleicht den Mehrwertsteuersatz für Unternehmen, die arbeitsintensive Dienstleistungen erbringen, auf sieben Prozent zu reduzieren, nicht wirkungsvoller wäre als diese Maßnahmen, die Sie hier vorschlagen.

(Beifall Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Beides würde die Investitionsfähigkeit der Kommunen verbessern, die kleinen und mittleren Unternehmen stärken, das Überleben vieler Handwerksbetriebe ermöglichen, Arbeitsplätze und Einkommen sichern und damit gleichzeitig Kaufkraft und Steuereinnahmen erhöhen.

Aber es bleibt dabei, meine Damen und Herren, angesichts der aktuellen Situation in der Wirtschaftsentwick

lung und auf dem Arbeitsmarkt halten wir es wirklich für abenteuerlich, Kollege Schlotmann, zu sagen, dass spätestens in fünf oder sechs Jahren keine neuen Schulden mehr nötig sind.

(Beifall Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Wir dürfen uns nicht länger davor verschließen, über neue Wege in der Wirtschafts- und Finanzpolitik auch hier bei uns im Land nachzudenken,

(Beifall Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

wenn es die Situation erfordert. Wie reagiert Politik in Zeiten der Rezession? Wir meinen, die Streckung des Abbaus der Neuverschuldung sollte nicht ausgeschlossen werden, wenn ein Vorziehen geplanter Infrastrukturinvestitionen Sinn macht, und zwar im Hinblick auf Erhaltung und Neuaufbau von Arbeitsplätzen, Sicherung von Auftragslage oder zum Beispiel bei einer Bildungsoffensive. Macht denn Neuverschuldung nur Sinn, wenn wir sie benutzen zu Ausfällen für Steuern, für die wir noch nicht mal verantwortlich zeichnen?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Kollege Schlotmann, wir haben unser Ziel zur Reduzierung der Neuverschuldung nicht realisieren können, auf das wir uns geeinigt haben, weil wir zweimal aufgrund der allgemeinen Situation nachgesteuert haben. Wir haben die Reduzierung nicht durchgehalten. Warum ist es dann nur verantwortlich zu sagen, das Ziel ist die Nettoneuverschuldung auf null? Vor zwei Jahren war das Ziel der SPD noch Nettoneuverschuldung auf null in 2006. Heute sind wir in 2007 oder 2008. Und vielleicht ist es ja meine Erfahrung mit Fünfjahrplänen, die am Ende nur dann Bestand hatten, wenn wir jedes Jahr einen Gegenplan gemacht haben.

(Heiterkeit bei Annegrit Koburger, PDS)

Das ist mit uns nicht machbar.

(Beifall Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Darüber werden wir diskutieren. Wir zweifeln die Bedeutung einer rückläufigen Nettokreditaufnahme überhaupt nicht an. Sie ist wichtig im Interesse der zukünftigen Generationen. Aber sie darf doch nicht zum Selbstzweck verkommen und Zukunftsvorsorge letztendlich nicht mehr ermöglichen. Und an die Adresse der Bundesregierung gerichtet ergeht auch weiterhin unsere Forderung, endlich auf der Einnahmenseite die richtigen Maßnahmen anzupacken. Wer die Neuverschuldung dauerhaft abbauen will, muss zusätzliche Einnahmequellen erschließen, zum Beispiel Wiedereinführung der Vermögenssteuer und Reform der Erbschaftssteuer, Einführung der Turbinsteuer. Die Franzosen machen es vor. Sie haben sie gerade beschlossen. Oder intensivere Betriebsprüfungen und Bekämpfung der Umsatzsteuerhinterziehung – was ist daran denn eigentlich falsch?

Haushaltspolitik, die verlässlich und nachhaltig sein will, muss auch in der Lage sein, die eigentlichen Probleme in der Gesellschaft zu beantworten und darauf zu reagieren. Der Doppelhaushalt, meine Damen und Herren, macht dieses allerdings für das Jahr 2003 vorbildlich. Er ist ein verlässliches Angebot und ich bitte Sie deshalb, ihm zuzustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS – Nils Albrecht, CDU: Alles wird gut.)

Danke schön, Frau Gramkow.

Die Fraktion der SPD hat um eine Auszeit gebeten. Ich unterbreche die Sitzung für zehn Minuten. Wir beginnen dann wieder um 13.25 Uhr.

Unterbrechung: 13.14 Uhr

Wiederbeginn: 13.29 Uhr

Meine Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sitzung.

Das Wort in der Haushaltsdebatte hat jetzt die Finanzministerin Frau Keler.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Dank beginnen, denn in diesem Jahr waren unsere Haushaltsberatungen besonders schwierig. Ich danke darum allen Abgeordneten und besonders denen, die im Finanzausschuss daran mitgearbeitet haben, für ihre Leistung. Wir haben Ihnen viel zugemutet und ich bin froh und dankbar, dass trotzdem alles beinahe reibungslos und im vorgesehenen Zeitrahmen über die Bühne gegangen ist. Ausdrücklich schließe ich in diesen Dank die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landtages und der Landesregierung mit ein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der CDU und PDS)

Meine Damen und Herren! Haushaltsberatungen sind immer Stressphasen für das Parlament, für die Regierung und für die Verwaltung. In diesem Jahr waren die Anforderungen an uns alle aber außergewöhnlich hoch, denn wir haben in unseren Köpfen die Umstellung auf den Euro, die ab 1. Januar für alle fällig wird, schon mal vorwegnehmen müssen. Meinen Sie jetzt D-Mark oder meinen Sie Euro? Diese Frage zog sich wie ein roter Faden durch die Beratungen. Die Aufstellung des Doppelhaushaltes war aber weniger problematisch als erwartet. Und wenn er sich nun auch noch in der Durchführung als ebenso einfach erweist, dann werden wir dieses Instrument sicher beibehalten.

Die Beherrschung der Papierlage verlangte von allen volle Konzentration. Sie wurde noch erschwert durch die Neuordnung der Bau- und Liegenschaftsverwaltung und durch die Zusammenführung von örtlicher und überörtlicher Sozialhilfe. Schon bei der Einrichtung des Betriebes für Bau und Liegenschaften habe ich darauf hingewiesen, dass wir aus Zeitgründen den Wirtschaftsplan erst im Laufe der Haushaltsberatungen einbringen werden. Mit der Bildung des Sondervermögens BBL wird es in Mecklenburg-Vorpommern künftig im staatlichen Hochbau keinen zeitraubenden Instanzenweg mehr geben. Die Mittelinstanz bei der OFD entfällt. Die Bau- und Liegenschaftsabteilung im Finanzministerium wird sich auf ministerielle Aufgaben und die Fachaufsicht über den BBL konzentrieren.

Das alles wird zu einer erheblichen Verschlankung der Bauverwaltung in Mecklenburg-Vorpommern führen. Zunächst wird die Reform noch kostenneutral sein, Einsparungen werden aber schon bald sichtbar werden. Der BBL wird auf gar keinen Fall ein Verwaltungsmoloch werden, wie Herr Helmrich noch in den Ausschussberatungen befürchtet hat. Wir machen das, was in der Wirtschaft bereits gängige Praxis ist und in anderen Bundesländern

ebenfalls angegangen wird. Und die von Herrn Rehberg kritisierte Erhöhung der sächlichen Verwaltungsausgaben um 22 Millionen Euro ist in Wirklichkeit gar keine, meine Damen und Herren, denn es handelt sich um die Verrechnungsposten beim BBL. Es sind buchungstechnisch notwendige Mietpositionen, denen Einnahmen in gleicher Höhe gegenübergestellt werden. Herr Nolte oder Herr Riemann, Sie hätten das vielleicht Herrn Rehberg mal erklären können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Kostentransparenz und direkte Verantwortlichkeit, wie wir sie mit dem BBL anstreben und wie sie inzwischen allgemein für erforderlich gehalten werden, um die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst auf Leistungsdenken einzuschwören, streben wir auch mit dem zweiten Projekt an. In der Sozialhilfe sollen Aufgaben- und Kostenverantwortung zusammengeführt werden. Das wird dazu führen, dass sich die notwendigen Entscheidungen, zum Beispiel stationäre Pflege oder ambulante Betreuung, künftig ausschließlich an den Bedürfnissen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger orientieren.

(Beifall Dr. Manfred Rißmann, SPD)

Die Frage, ob das Land oder die Kommune die Kosten trägt, spielt dann Gott sei Dank keine Rolle mehr. In meinen Augen ist das eine ideal kombinierte Reform.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Die Leistungen für die Bürger werden optimiert und die Lasten für die öffentliche Hand wo möglich minimiert.

Eine dritte große Veränderung, meine Damen und Herren, ergab sich mit der Novembersteuerschätzung. Ihre Ergebnisse waren alles andere als erfreulich. Darüber habe ich dem Landtag am 14. November bereits ausführlich berichtet. Wer trotzdem die Legende in die Welt setzt, die konjunkturellen Probleme seien alle hausgemacht, und das auch noch in Mecklenburg-Vorpommern, der, meine Damen und Herren, versteht entweder nichts von den Mechanismen der globalisierten Wirtschaft oder er will die Menschen irreführen und ihre Leistungen in diesem Land bewusst schlechtreden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Experten wie Hans-Werner Sinn vom Ifo-Institut München stellen der Konjunktur in deutschen Landen eine andere Diagnose. Ich zitiere: „Das Entscheidende war der Einbruch an den Börsen und der Ölpreisanstieg im Frühjahr dieses Jahres. Beides hat die Konsumenten ärmer gemacht und das Investitionsklima verschlechtert.“

(Wolfgang Riemann, CDU: Da gibt es in Bayern ein Maximum und in Mecklenburg- Vorpommern ein Minuswachstum.)

„Das hat die amerikanische Konjunktur sehr stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Weltkonjunktur ist über Amerika eingebrochen, und Europa zog nach.“

(Unruhe bei Georg Nolte, CDU)

Nachzulesen ist das im „Spiegel“ vom 3. Dezember.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Und wo immer die CDU die Legende streut, alle ostdeutschen Bundesländer seien 1990 in gleicher Ausgangslage gewesen, nachzulesen im Antrag Ihres Bun