Protocol of the Session on June 27, 2001

Mit diesem Staatsvertrag gehen wir durchaus einen Schritt nach vorne. Er folgt im Übrigen unserer Auffassung, die zunehmend mehr und mehr auch von den Kolleginnen und Kollegen der PDS geteilt zu werden scheint, dass unsere Kommunalstruktur, wie wir es hier in unserer Kommunalverfassung festgeschrieben haben, leistungsfähiger ist, als selbst unser Innenminister es ihr zutraut. Dieser Vertrag – und die hoffentlich zahlreichen Kooperationen, die aufgrund dieses Vertrages verwirklicht werden können – zeigt, dass das schlichte Abzählen der Köpfe für die Leistungsfähigkeit unserer Kommunen der falsche Maßstab ist. Wir können nicht einfach erklären, Gemeinden unter 500 Einwohner sind zu klein, deshalb muss es zu Gemeindefusionen kommen. Nein. Der Schlüssel für die Leistungsfähigkeit der kommunalen Strukturen liegt darin, den kommunalen Vertretern die Möglichkeit zu geben, ihre Aufgaben effektiv zu organisieren, so, wie es die Grenzgemeinden zu Brandenburg künftig tun können, unabhängig davon, ob es nun Gemeinden mit 6.000 oder 2.000 Einwohnern sein können.

Ich freue mich in diesem Sinne auf fruchtbare Ausschussberatungen und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke, Herr Markhoff.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schulz von der Fraktion der PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kommunale Körperschaften aus Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg können künftig, so sieht es der vorliegende Staatsvertrag vor und der Innenminister hat es uns eben noch mal erläutert, auch über die gemeinsame Landesgrenze hinweg rechtlich abgesichert zusammenarbeiten. Bei diesem Staatsvertrag handelt es sich um Vereinbarungen zweier Länder, die Eingriffe in Hoheitsrechte auch unseres Landes enthalten. Nach Artikel 47 Absatz 2 der Landesverfassung ist dafür die Zustimmung des Landtages erforderlich.

Der zustimmungspflichtige Staatsvertrag sichert gemeinsame Zweckverbände, Planungsverbände sowie andere öffentlich-rechtliche Vereinbarungen von kommunalen Körperschaften unserer beiden Bundesländer rechtlich ab, soweit öffentliche Aufgaben gemeinsam wahrgenommen werden sollen. Von bisherigen Staatsverträgen abweichend wird nunmehr erstmals festgeschrieben, dass nur das Recht eines der beteiligten Länder angewandt wird. Artikel 3 des Staatsvertragsentwurfes enthält neue aufsichtsrechtliche Regelungen. Nach Absatz 1 werden die kommunalaufsichtsrechtlichen Befugnisse von den Kommunalaufsichtsbehörden des Landes wahrgenommen, in denen der Verband seinen Sitz hat oder haben soll. Die Befugnisse der Aufsichtsbehörden richten sich dann wiederum nach den jeweiligen landesrechtlichen Bestimmungen. Soweit der Verband in Rechtsbereichen tätig wird, in denen weiterhin unterschiedliche landesrechtliche Bestimmungen gelten, sind auch weiterhin Aufsichtsbehörden beider Länder zuständig.

Der Innenminister hat am Beispiel Abwasser und Energie ja schon einige Beispiele deutlich gemacht. Ich möchte es noch mal ergänzen aus dem Bereich der Schulpolitik. Das wird vor allem Familien mit schulpflichtigen Kindern in unseren südlich gelegenen Landkreisen

interessieren, nämlich in schulrechtlichen Angelegenheiten ist künftig der Sitz der Schule maßgebend. Hat also beispielsweise ein Schulverband mit Sitz in MecklenburgVorpommern sowohl Schulen auf dem Gebiet unseres Landes als auch auf dem Gebiet Brandenburgs, gelten für die Rechtsverhältnisse der Schule und der Schüler zum einen die jeweiligen Landesgesetze. Zum anderen wird in den jeweiligen Landesgesetzen auch die jeweilige Aufsichtsbehörde bestimmt, so dass für die Schule in Brandenburg eine brandenburgische Behörde und für die in Meck-Pomm eine Behörde des Landes Schulaufsicht hat.

In der Praxis dürfte die einheitliche Geltung eines Kommunalabgabengesetzes von besonderer Bedeutung sein. Es brauchen keine getrennten Gebührenkalkulationen vorgenommen zu werden, was zu Kosteneinsparungen führen kann, ohne dass der Rechtsschutz des Bürgers verkürzt würde.

Mit diesem Regelwerk besteht also die Möglichkeit, auf den Aufbau doppelter Strukturen zu verzichten und damit auch insgesamt Kosten zugunsten der Bürger zu senken. Und genau aus diesem Grunde, meine Damen und Herren, werden wir uns im Innenausschuss sicherlich auch mit der Frage zu beschäftigen haben, nicht nur Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zu beleuchten, sondern auch zu überlegen, wann Anrainerbürger unseres Bundeslandes zu Niedersachsen und Schleswig-Holstein zu ähnlichen kostensenkenden Verträgen kommen.

Und schließlich, meine Damen und Herren, und da möchte ich dem Abgeordneten Markhoff von der CDUFraktion unbedingt beipflichten, darf uns niemand an diesbezüglichen Überlegungen hinsichtlich unserer polnischen Nachbarn hindern. Da hier in erster Linie der Bund gefragt wäre, sind geeignete Bundesratsinitiativen zumindest perspektivisch in unsere Überlegungen einzuschließen.

Namens der PDS-Fraktion unterstütze ich den Vorschlag des Innenministers. Ich bitte Sie um Überweisung des Gesetzentwurfes der Landesregierung in den Ausschuss und um eine zügige Diskussion innerhalb des Ausschusses. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Frau Schulz.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Müller von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist eine Illusion zu glauben, dass die Räume der Lebenswirklichkeit der Menschen auch nur annähernd identisch sind mit den Räumen und den Abgrenzungen von Räumen, die Verwaltungen vorgeben. Lebenswirklichkeit ist eine völlig andere. Und wenn jemand von Ihnen sich mal an einem Wochenende aufmachen würde, um mich zu Hause zu besuchen, dann würde er auf dem Weg von Schwerin zu meinem Wohnort, ohne dass er es merken würde, ein Stückchen durch Brandenburg fahren. Die Bundesländer gehen hier ineinander über, ohne dass wir es bemerken.

(Heiterkeit bei Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Wir wissen das aber.)

Und so gehen auch die Probleme und so gehen auch die Chancen ineinander über.

Ja, dass Sie das wissen, Herr Schoenenburg, das unterstelle ich natürlich. Wahrscheinlich kennen Sie jeden Grenzstein Ihres Heimatlandes Mecklenburg-Vorpommern persönlich.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Richtig, richtig. Jedenfalls aus der Relation.)

Aber so mancher, der es nicht weiß, der fährt in den Osten und weiß nicht, dass er bei Wilsickow durch diese geographische Nase fährt, die zu Brandenburg gehört. Aber es ist nicht nur die Straße, die durch das Nachbarland geht, es sind auch die Dinge des täglichen Lebens. Gerade in unserer Region kaufen viele Menschen in Brandenburg ein. Manche gehen dort zur Arbeit. Vor allem aber haben wir kommunale Probleme, die natürlich an einer Landesgrenze nicht Halt machen. Das Problem Abwasser ist mehrfach genannt worden, das Problem Energieerzeugung, das Problem Schule. Ich denke aber, es sind auch weitere Möglichkeiten und Probleme, wo gemeinsames Handeln das Gebot der Stunde ist.

Wir haben in der Enquetekommission – leider waren Sie ja nicht dabei, Herr Markhoff –, wir haben in der Enquetekommission, in der Arbeitsgruppe 3, uns sehr intensiv mit Kooperationsformen zwischen Gebietskörperschaften auseinander gesetzt. Das Ergebnis ist, dass es hier eine ganze Fülle von Möglichkeiten, von rechtlichen Varianten, von inhaltlichen Feldern gibt, in denen solche kommunalen Kooperationen stattfinden. Wir sind einvernehmlich zu dem Ergebnis gekommen, dass wir dieses für einen sehr sinnvollen Weg halten und dass wir dieses weiter fördern wollen auf allen Gebieten und in den Rechtsformen, die die Kommunalverfassung uns anbietet.

Sie sehen also, wir befassen uns nicht nur mit dem Köpfezählen, wobei das nur ein Nebenthema ist, das meines Erachtens übrigens gar nichts mit diesem Staatsvertrag zu tun hat. Aber wenn wir schon dabei sind, dann müssten Sie mir die Frage demnächst beantworten, warum denn in dem CDU-Papier zur Gemeindestruktur drinsteht, dass Gemeindefusionen, bei denen das Fusionsergebnis niedriger als 500 Einwohner ist, nicht mehr gefördert werden sollen. Ich frage mich, wie Sie das feststellen wollen mit den 500 Einwohnern, wenn Sie nicht die Köpfe zählen. Sie könnten natürlich auch alternativ die Füße zählen und dann bis 1.000 gehen,

(Heiterkeit bei Minister Dr. Wolfgang Methling)

aber das würde keinen qualitativen Sprung nach vorn bringen.

Aber zurück zum Thema Kooperation. Wir haben festgestellt, dass dieses ein sehr sinnvolles Mittel ist, um kommunale Verwaltungskraft zu stärken, um sie effektiver, um sie wirtschaftlicher zu machen, und dieses muss auch über die Grenzen von Bundesländern hinweg stattfinden. Deshalb stimmen wir der Überweisung in den Innenausschuss selbstverständlich zu. Ich bin auch der Meinung, dass wir uns im Innenausschuss bemühen sollten, diesen Staatsvertrag möglichst schnell zu beraten und zu behandeln, damit er ratifiziert und in Kraft gesetzt werden kann. Deshalb möchte ich Ihre Anregung, dass wir uns auch über die Zusammenarbeit mit polnischen Kommunen unterhalten, einerseits aufgreifen, weil sie inhaltlich sinnvoll ist. Ich würde sie nur gern rein technisch von der Beratung dieses Staatsvertrages lösen und würde daraus lieber einen eigenen Beratungsgegenstand machen. Im Übrigen kann ich Ihnen inhaltlich hier nur voll zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Heidemarie Beyer, SPD)

Danke, Herr Müller.

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 3/2113 zur Beratung an den Innenausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Landeserziehungsgeldgesetzes (1. Landeserziehungsgeldände- rungsgesetz), Drucksache 3/2114.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Landeserziehungsgeldgesetzes (1. Landeserziehungsgeldänderungsgesetz – 1. LErzGÄndG M-V) (Erste Lesung) – Drucksache 3/2114 –

Das Wort zur Einbringung hat die Sozialministerin Frau Dr. Bunge.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf der Landesregierung wird das Landeserziehungsgeldgesetz den neuen bundesgesetzlichen Regelungen angepasst. Änderungen hat es insbesondere im Bundeserziehungsgeldgesetz gegeben. Daneben hat der Entwurf das Ziel, die Situation für Familien zu verbessern, die Anspruch auf Landeserziehungsgeld haben. Das sind die Eltern, die sich in Bildungsmaßnahmen befinden.

Die bisherige Regelung, dass zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes ein Aus- und Bildungsverhältnis erforderlich war, hat sich in der bisherigen Praxis als recht umständlich erwiesen. Nunmehr soll das Vorliegen eines Bildungsverhältnisses im Bezugszeitraum, also im dritten Lebensjahr des Kindes, ausreichend sein. Neben organisatorischen Erleichterungen bedeutet dies, dass bei einer Ausbildung, die erst später angetreten wird, die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind und die Unterstützung der Eltern gewährleistet wird. Die neue Fassung des Bundeserziehungsgeldgesetzes gilt für die Eltern der Kinder, die ab dem 1. Januar 2001 geboren wurden beziehungsweise mit dem Ziel der Adoption in Obhut genommen wurden. Die Neufassung regelt die Modalitäten für den Bezug von Bundeserziehungsgeld in den ersten beiden Jahren nach der Geburt neu. Lassen Sie mich einige Punkte benennen:

Neu ist die Anhebung der Einkommensgrenzen für das ungekürzte Erziehungsgeld ab dem siebten Lebensmonat des Kindes sowie die Möglichkeit, bis zum ersten Geburtstag ein Budget von 900 Mark monatlich zu erhalten anstelle von monatlich bis zu 600 Mark bis zum zweiten Geburtstag. Darüber hinaus erhalten nunmehr auch anerkannte Asylberechtigte und Flüchtlinge Erziehungsgeld. Längst überfällig war auch die Aufhebung der Regelung über die Unvereinbarkeit von Arbeitslosengeld und

gleichzeitigem Erziehungsgeld und die Berücksichtigung des steuerlichen Pauschbetrages für jedes behinderte Kind in der Familie. Sehr erfreulich ist auch, dass Eltern nun die Möglichkeit haben, eine gemeinsame Elternzeit zu nehmen.

Die bundesrechtlichen Änderungen, die sich im Landeserziehungsgeldgesetz widerspiegeln, schlagen wie folgt zu Buche: Die Einkommensgrenzen für Eltern mit einem Kind werden von 29.400 auf 32.200 Mark angehoben sowie für Alleinerziehende mit einem Kind von 23.700 auf 26.400 Mark. Für jedes weitere Kind erhöht sich der Betrag dieser Einkommensgrenzen um 4.800 statt bisher um 4.200 Mark. Bei der Ermittlung des Einkommens wird der steuerliche Pauschbetrag auch für ein neugeborenes behindertes Kind berücksichtigt statt bisher nur für bereits vorhandene Kinder. Neben den Anpassungen an das Bundesrecht ist nicht zuletzt die Einbeziehung der Währungsumstellung auf den Euro in die Gesetzesänderung erforderlich.

Um allen Familien die Sicherheit zu geben, möglichst frühzeitig ihren Anspruch berechnen und ihre individuelle Lebensplanung vornehmen zu können, sollte das hier vorgelegte Änderungsgesetz möglichst rasch in Kraft treten. – Ich danke.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Danke, Frau Ministerin.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Glawe von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Die CDU ist eine familienfreundliche Partei.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Oh! – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ehrlich? Ehrlich, Herr Glawe?)

Sie möchte die Situation der jungen Familien in unserem Land verbessern. Gucken Sie mich an, ich bin das lebende Beispiel, meine Damen und Herren.

(Beifall und Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zurufe von einzelnen Abgeordneten der PDS – Heiterkeit bei Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Na ja, ich denke, heutzutage wird das auch nichts mehr.)

Sie müssen das mal im großen Teil nachweisen, dass Sie drei Kinder großziehen und noch einen vierjährigen Sohn haben. Wer den hat, der kann sich gern mal melden.

(Heiterkeit und Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Annegrit Koburger, PDS: Sie waren das doch gar nicht. Das war doch Ihre Frau.)

Meine Damen und Herren, doch leider, was hier gerade die Frau Sozialministerin vorgetragen hat, sind ja meistens Bundesregelungen. Und Sie haben es ja wohl noch nicht vergessen, dass Sie eigentlich das Landeserziehungsgeld abgeschafft haben,