Protocol of the Session on April 4, 2001

Wenn wir heute, ich komme zum Schluss, wieder einmal mehr Rechte und Mitwirkungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche fordern, dürfen ihre Gleichaltrigen ohne deutschen Pass davon nicht ausgeschlossen sein. Deshalb sind derartige Rechtsgrundlagen herzustellen, die die gleichberechtigte Teilnahme von ausländischen

Jugendlichen am demokratischen Leben gewährleisten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Koplin.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Bretschneider von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Partizipation sollte nicht nur Mittel zum Zweck sein. Gerade die UN-Kinderrechtskonvention betont das Recht der Kinder auf eine eigene Meinung und auf freie Meinungsäußerung. Durch das KJHG zieht sich der Partizipationsgedanke wie ein roter Faden. Die Beteiligungskampagne ist eine folgerichtige Konsequenz daraus. Gerade das Thema Schule und Bildung hatte einen großen Zulauf bei den Jugendlichen. Sicherlich lag das auch daran, dass die meisten Teilnehmer von „Jugend im Landtag“ selbst noch Schüler waren. Der Wunsch nach Mitgestaltung in der Schule ist an der langen Liste der Forderungen erkennbar. Ich nenne hier zum Beispiel die Öffnung der Schulen für die Arbeit der Jugendverbände. Dazu bietet auch zukünftig die regionale Schule verstärkt Chancen wie auch die Einführung eines dreiwöchigen Praktikums in sozialen oder karitativen Einrichtungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als besonders wichtig erachte ich die Forderung im Bereich der Gewalt und des Extremismus. Die Jugendlichen haben uns viele Anregungen gegeben, wie man diese Probleme minimieren kann, denn gerade unsere Kinder erleben diese Gewalt täglich in der Schule, in der Freizeit und vor allen Dingen in der Familie. Dabei stellen Lösungsansätze der Jugendlichen in der Schule als Lebensraum einen Schwerpunkt dar, unter anderem durch praxisnahe Gestaltung in der Schule, altersgerechte Aufklärung sowie die Aus- und Fortbildung von Pädagogen. Ich sehe hier richtige und unterstützenswerte Anregungen, die wir unbedingt weiterverfolgen müssen.

Im Themenfeld Sucht und Drogen finden wir neben der Forderung nach mehr Aufklärung und Prävention auch den Wunsch, dass das Jugendschutzgesetz konsequenter angewandt wird. Ich verweise an der Stelle noch einmal auf den Beschluss des Kinder- und Jugendparlamentes aus Neubrandenburg, wo das auch unterlegt wurde – für mich eine erstaunliche, aber vollkommen zu Recht aufgemachte Forderung. Das Anliegen, dass Nikotin und Alkohol als Drogen und somit als Problem anerkannt und identifiziert werden, ist jedoch meines Erachtens sowohl in der Landesregierung als auch in den Fraktionen von SPD und PDS zumindest schon realisiert. Auch im Bereich der Aufklärung über Risiken und Auswirkungen von Sucht und Drogen muss sich MecklenburgVorpommern nicht verstecken, wie aus der entsprechenden Unterrichtung der Landesregierung ersichtlich ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Zukunftsperspektive ist das Wichtigste, was wir unseren Kindern und Jugendlichen mitgeben können. Aus diesem Grund ist der Bereich Ausbildung und Arbeit sehr wichtig. Unser Ziel ist es, jedem Jugendlichen, der einen Ausbildungsplatz möchte, auch eine Ausbildung zu ermöglichen.

Zu der Forderung nach staatlichen Förderprogrammen zur Schaffung und Sicherung einer konstanten Anzahl von

Ausbildungsplätzen kann ich sagen, dass dies im Rahmen von Programmen auf Bundes- und auch auf Landesebene mit einem hohen Einsatz finanzieller Mittel jedes Jahr geschieht. Zudem stellen die Betriebe im Land trotz der geringen Wirtschaftskraft doppelt so viele Lehrstellen pro tausend Einwohner zur Verfügung wie zum Beispiel Hamburg. Auch das muss einmal gesagt werden.

Weiterhin sollen der „Ausbildungspakt 2000 +“ zwischen Wirtschaft, Gewerkschaft und Landesregierung sowie Bundesprogramme die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze steigern. Dabei wird das Augenmerk besonders auf zukunftsträchtige Branchen beziehungsweise Branchen mit derzeitigem Fachkräftemangel gelegt. Natürlich spielen die Freizeit sowie die Jugendarbeit im Landtag eine große Rolle. Bezüglich des Wunsches nach der Vereinfachung der Förderbedingungen hoffe ich, dass die neuen Richtlinien des Sozialministeriums dazu ihren Beitrag leisten werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Punkte, die ich hier nenne, sind natürlich nicht vollständig. Das würde auch den Rahmen einer Aktuellen Stunde sprengen. Die CDU scheint ohnehin damit überfordert zu sein. Aber jeder Politiker, ob auf Landes- oder kommunaler Ebene, sollte sich dieser Forderungen annehmen. Ich zitiere an dieser Stelle Herrn Dichans, der aus dem Bundesjugendministerium an der Veranstaltung teilgenommen hat und in der Zeitung des Landesjugendringes über „Jugend im Landtag“ Folgendes sagte: „Es ist eine Illusion zu glauben, dass die Politiker morgen ihre Politik ändern. Aber damit, dass sie sich in den Dialog mit den Jugendlichen begeben wie hier, gehen sie auch nicht unverändert wieder hinaus. Ich habe die Hoffnung, dass sich die Politik längerfristig ändert, denn nur durch diese Nachhaltigkeit hat das auch Auswirkungen auf zukünftige Generationen.“

Ich hoffe, dass „Jugend im Landtag“ wenigstens bei den Kolleginnen und Kollegen, die daran teilgenommen haben, eine Veränderung bewirkt hat. Beim Parlamentarischen Abend haben wir dann sicherlich die Gelegenheit, uns noch mal intensiv mit den Jugendlichen über die Beschlüsse und das weitere Vorgehen auszutauschen. Ich hoffe, wir werden dabei alle an einem Strang ziehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Veranstaltung „Jugend im Landtag“ wurde Handeln und Engagement landesweit erlebbar gemacht. Durch die uns allen vorliegenden Ergebnisse wird ersichtlich, dass Jugendliche sich für alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens interessieren. Für die Jugendlichen steht im Vordergrund, dass die benannten Themen – und ich habe hier einige von ihnen auch direkt noch mal angeführt – jetzt auch kontinuierlich von den Fraktionen bearbeitet werden. Teilweise wurden Aufforderungen aufgemacht, die nur die kommunale Ebene umsetzen kann. Aus diesem Grund sollten diese auch an die zuständigen Kommunalvertreter weitergeleitet werden.

Der Dialog ist nicht abgeschlossen, er ist aus meiner Sicht noch nicht mal eröffnet. Wir setzen vor allem auch auf das Gespräch, auf die Zusammenarbeit mit den Kindern und Jugendlichen. In diesem Sinne hoffe ich auf konstruktives Vorgehen in den nächsten Wochen, Monaten und vor allen Dingen auch Jahren. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke, Frau Bretschneider.

Als Letzter hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Helmrich von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mitwirkungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen – ein dringendes, ein wichtiges Thema. Aber ich möchte hinzufügen – das ist hier ja auch schon betont worden –, ein Dauerthema. Das heißt, dieses Thema ist eigentlich für eine Aktuelle Stunde zu breit. Herr Koplin hat gesagt, die fünf Minuten sind ihm zu kurz. Frau Bretschneider hat gestückelt in zweimal fünf Minuten hintereinander und sagt dann, was ich eigentlich zu sagen hätte, würde den Rahmen hier sprengen. Ich bin mit Ihnen völlig einer Meinung, dass das in fünf Minuten Redezeit eigentlich nicht zu machen ist. Eigentlich ist das kein Thema für eine Aktuelle Stunde.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Es ist wichtig, es ist ein Dauerthema, aber als Aktuelle Stunde eignet es sich nicht. Wir werden vielleicht – und ich werde das bei uns in der Fraktion erörtern – darüber reden, ob wir dazu einen Antrag einbringen, der uns dann die Möglichkeit gibt, darüber ausführlicher zu reden.

Ich habe und werde das dumpfe Gefühl nicht los, dass man für eine Aktuelle Stunde ein Thema brauchte. Da nimmt man ein Dauerthema, das ist immer aktuell, das haben alle hier gesagt. Aber im Grunde genommen mogeln Sie sich damit, weil wir keine Zeit haben, darüber richtig zu reden, ein bisschen an der Sache vorbei.

(Sylvia Bretschneider, SPD: Und Sie müssen Ihre fünf Minuten damit füllen, dass Sie darüber sinnieren, was wir beabsichtigt und gedacht haben. Haben Sie nichts zu sagen? – Glocke der Vizepräsidentin)

Wenn die Redezeit nicht reicht, machen Sie doch einen richtigen Tagesordnungspunkt daraus und nicht eine Aktuelle Stunde.

Und wenn Sie sich die Zeitungen – damit will ich dann zu den aktuellen Themen kommen – der letzten Tage angucken, dann haben Sie die Minister, die sich den Kopf zerbrechen über Abwanderungen, über Verdrossenheit: Kopf hoch und nicht jammern! Herr Ebnet mischt sich seit gestern in diesen Chor ein.

Ich möchte zum Schluss nur sagen, was wir, wenn wir Jugendlichen Mitwirkungsrechte geben wollen, auf keinen Fall machen sollten, so wie leider Gottes in einem Ausrutscher der Frau Finanzministerin, die sich wohl verabschieden musste. Ich hätte es ihr selber gern noch mal gesagt. Ich will mich aber dennoch mit dem Ausrutscher von der Frau Finanzministerin kurz beschäftigen. Sie spricht vor den Besten eines Jahrganges bei der IHK und dann kommt sie am Ende dieser Rede doch zu Selbstzweifeln und sagt: Ich bin mir nicht sicher, ob das nun die richtige Rede war zur Feier Ihrer guten Zeugnisse. Ich möchte sie, eine Frau, die ja sonst nicht gerade von Selbstzweifeln zerknirscht ist,

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Sylvia Bretschneider, SPD: Gott sei Dank nicht.)

in ihren Selbstzweifeln nur unterstützen. Denn in dieser Situation sagt sie den Jugendlichen, die man auffordert, sich zu beteiligen, dabei zu bleiben, mit uns mit zu machen, mit zu entscheiden – ich will es kurz machen: Sie

sollen zwar wiederkommen, aber gehen Sie hin, wo Sie Arbeit finden.

(Barbara Borchardt, PDS: Aber Ihr Minister- präsident hat es noch viel schlimmer gesagt.)

Und sie sagt dann zum Schluss noch, das können Sie nachlesen, das macht ihre eigenen Selbstzweifel aus: Gehen Sie ins Ausland, sehen Sie sich um, aber kommen Sie wieder! Das ist, glaube ich, nicht die Botschaft, die wir mit einem solchen Thema verknüpfen. Wir haben morgen Gelegenheit, die Nagelprobe darauf zu machen, denn wir haben den Antrag eingebracht, dass der stellvertretende Ministerpräsident nun endlich mal sein Sofortprogramm für Jugendliche vorlegen möge, das er uns seit über einem halben Jahr schuldig ist.

(Barbara Borchardt, PDS: Das wollten Sie doch auch nicht.)

Da werden wir dann sehen, wie Sie auf die wirklich aktuellen Dinge reagieren. Kein Zweifel, das Thema ist wichtig, dafür sollten wir uns auch mehr Zeit nehmen, aber dann müssen Sie Jugendliche auch so anreden, dass sie den Mut haben, hier zu bleiben, und nicht sagen, gehen Sie ins Ausland, aber kommen Sie wieder. Das ist zu wenig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und Angelika Gramkow, PDS)

Danke, Herr Helmrich.

Damit ist die beschlossene Redezeit für die Aktuelle Stunde beendet.

Ich schließe die Aussprache.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes über die Bereinigung und die Fortgeltung des zu Landesrecht gewordenen Rechts der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik im Land Mecklenburg-Vorpommern (Rechtsbereinigungs- und Rechtsfortgeltungsgesetz) , Drucksache 3/1363. Hierzu liegen vor die Beschlussempfehlung und der Bericht des Innenausschusses, Drucksache 3/2015, sowie ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/2027.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes über die Bereinigung und die Fortgeltung des zu Landesrecht gewordenen Rechts der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik im Land MecklenburgVorpommern (Rechtsbereinigungs- und Rechtsfortgeltungsgesetz – RBFG M-V) (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 3/1363 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 3/2015 –

Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 3/2027 –

Das Wort zur Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Friese von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann heute in der Zweiten Lesung dieses Gesetzentwurfes nahtlos an meine Rede anknüpfen, die ich in der Ersten Lesung gehalten habe. Bereits damals sagte ich in Bezug auf das als Landesrecht weitergeltende DDR-Recht: „Was gut war, kann bleiben.“ Wenn wir heute die Beschlussempfehlung des Innenausschusses dazu betrachten und sehen, dass der Innenausschuss dem Landtag empfiehlt, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen, dann zeigt dies, dass die Landesregierung im Vorfeld ihre Aufgabe gut gemacht hat.

Bereits in der Ersten Lesung habe ich für die SPD-Fraktion angekündigt, dass ein Schwerpunkt der Beratungen ganz sicher in der Prüfung liegen werde, ob das Staatshaftungsgesetz der DDR als Landesrecht hier in Mecklenburg-Vorpommern heute weitergelten soll. Diese Vermutung hat sich dann in den Ausschussberatungen bewahrheitet. Die Beratungsdauer im Innenausschuss ist aus meiner Sicht vor allem der schwierigen rechtspolitischen Frage geschuldet gewesen: Soll das Staatshaftungsrecht der DDR in Mecklenburg-Vorpommern unverändert bleiben oder soll es außer Kraft treten? Wenn ich Ihren Änderungsantrag, den Sinn des Änderungsantrages, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, nehme, ist es wohl so, dass Sie begehren, dass dieses DDR-Recht nicht fortgelten soll.

Wer bei den Beratungen im Innenausschuss dabei war, wird mir ganz sicher zustimmen, dass wir uns alle fraktionsübergreifend die Beantwortung dieser Frage nicht leicht gemacht haben, denn hierbei handelt es sich um eine wichtige Entscheidung von politischer, rechtlicher und natürlich auch finanzieller Tragweite. Das hat vor allem auch in der Anhörung des Innenausschusses immer wieder eine Rolle gespielt. Aber so ablehnend die Meinungsäußerungen der kommunalen Verbände und des kommunalen Schadensausgleiches zum Staatshaftungsgesetz auch waren, so darf man dabei nicht vergessen, dass das Land von diesem Gesetz genauso betroffen war und sein wird wie die kommunale Ebene. Gleichwohl haben sich das Land in Form der Landesregierung und am heutigen Tag wohl auch der Landtag entschieden, dieses Gesetz weitergelten zu lassen.

Es ist ganz sicher eine Aufgabe, als Parlamentarier die Äußerungen von Experten in den Anhörungen ernst zu nehmen, aber vergessen wir dabei nicht die Fakten. Es ist in der Vergangenheit nicht zu Klagewellen aus dem Staatshaftungsgesetz gegen Kommunen oder gegen das Land gekommen, die einen nachdenklich stimmen sollten. Und wenn der Haftungsmaßstab im Staatshaftungsgesetz tatsächlich niedriger ist als vor allem in den westdeutschen Ländern, die ein solches Staatshaftungsgesetz nicht haben, so muss dieses nicht unbedingt schlecht sein, denn ein niedriger Haftungsmaßstab kann sich positiv für Bürger auswirken. Und genau da sind wir beim springenden Punkt: Wir hören in den Anhörungen immer Experten. Nicht zu Wort kommen dort Verbände beziehungsweise Institutionen, die den Bürger vertreten. Vertreter des Volkes sind wir, wir Parlamentarier, also müssen wir als Parlamentarier diese Aufgabe wahrnehmen und ernst nehmen. Dabei geht es dann nicht darum, die Interessen der Bürger gegen die Interessen der Verwaltung auszuspielen, sondern so in einen Ausgleich zu bringen, dass beide Seiten noch damit leben können.