Protocol of the Session on April 4, 2001

Ich will damit nicht sagen, dass das kein aktuelles Thema ist,

(Volker Schlotmann, SPD: Ach so!)

nein, aber es ist ein fortwährend aktuelles Thema,

(Volker Schlotmann, SPD: Sehen Sie!)

das sich auch in einem regulären Antrag hätte wiederfinden können.

(Volker Schlotmann, SPD: Das müssen Sie gerade sagen! Das ist ja albern.)

Zudem hatte ich geglaubt – jedenfalls haben Sie das zu Beginn der Legislaturperiode im Jahr 1999 den Menschen im Land versucht zu erklären –, dass dieses Problem mit der Herabsetzung des Wahlalters für Kommunalwahlen auf 16 Jahre gelöst sein würde.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Wer hat so was erzählt? – Volker Schlotmann, SPD: Wer hat denn so was behauptet?)

Allein aus diesem Grund kann ich die Aktualität Ihrer Aktuellen Stunde nicht nachvollziehen.

(Volker Schlotmann, SPD: Ja, dann können Sie sich ja wieder hinsetzen.)

Ich kann sie des Weiteren nicht nachvollziehen, da Sie in vielen Landkreisen, Städten und Gemeinden die Landräte und die Bürgermeister stellen

(Heinz Müller, SPD: Zum Glück!)

und ebenso in den entsprechenden Kreistagen und Gemeindevertretungen die Mehrheit auf Ihrer Seite haben. Meine Damen und Herren, da müssen Sie sich doch fragen lassen, warum Sie nicht längst in den von Ihnen bestimmten Gremien mehr Rechte und

Mitwirkungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche durchgesetzt haben. Aber vielleicht bekommen wir darauf ja noch eine Antwort.

(Volker Schlotmann, SPD: Tja, die SPD ist eine andere Partei als die CDU. – Zuruf von Sylvia Bretschneider, SPD – Volker Schlotmann, SPD: In der CDU wird von oben verordnet und dann durch- gesetzt. Das ist bei uns eben anders.)

Mit der Änderung des Kommunalwahlrechts haben Sie das Wahlalter auf 16 Jahre herabgesetzt. Was hat das gebracht? Die erste Kommunalwahl nach der Änderung der Kommunalverfassung hat gezeigt, dass dieser wohlmeinende Akt bei den Adressaten nicht angekommen ist.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Warten Sie doch mal ab! – Volker Schlotmann, SPD: Sie sind nicht ganz auf der Höhe. – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Die Wahlbeteiligung war denkbar niedrig.

Ich wage ebenso vorauszusagen, dass die Wahlbeteiligung junger Menschen in Mecklenburg-Vorpommern auch bei den kommenden Kommunalwahlen – die bisherigen Wahlen haben dies gezeigt – nicht viel höher sein wird.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Dann sagen Sie aber auch gleich dazu, dass es bei den Älteren auch nicht besser ist.)

Das ist bedauerlich

(Volker Schlotmann, SPD: Dafür winken Sie dann mit toten Vögeln. – Zuruf von Sylvia Bretschneider, SPD – Glocke der Vizepräsidentin)

und das sehen wir sicherlich alle genauso. Aber eine Ursache liegt im Recht selbst. SPD und PDS haben es in der Kommunalverfassung so gewollt, denn es geht nur um die Wahrnehmung des aktiven Wahlrechts. Das passive Wahlrecht ist bewusst ausgeklammert worden und damit sind wir ganz genau beim Thema. CDU, Städte- und Gemeindetag sowie Landkreistag widersprachen dem Gesetz aus dem Grund, die Mitwirkungsmöglichkeiten für Jugendliche zu stärken. Auch die Broschüre des Bildungsministers zur Problematik „Wählen mit 16“ geht bewusst nicht auf diese Problematik ein, abgesehen von der Tatsache, dass diese Unterrichtsbeihilfe just in dem Moment, nämlich in der Woche erschien, als im Landkreis Parchim gewählt werden sollte. So ernst haben Sie es dann doch nicht mit der Mitwirkungsmöglichkeit und den Rechten gemeint.

Schon 1999 kritisierte der Landesjugendring die mangelnde Aufklärung der neuen Wählerklientel. Die Kritik verhallte ungehört. Also das Thema der heutigen Aktuellen Stunde könnte auch Populismus heißen.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Volker Schlotmann, SPD: Na, Sie kennen sich ja damit aus.)

Diesen Vorwurf erheben wir in regelmäßigen Abständen gegenseitig,

(Zuruf von Sylvia Bretschneider, SPD)

doch heute trifft er einmal auf Sie zu.

(Unruhe bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Sie thematisieren Rechte und Mitwirkungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen und haben diesen glei

chermaßen per Gesetzgebung Wirkungsmöglichkeiten vorenthalten. Sie dürfen zwar wählen, sind aber bei Sachentscheidungen der Gemeindevertretungen und Kreistage außen vor. Die Broschüre des Bildungsministers gibt diesem Widerspruch keine Antwort.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ich weiß gar nicht, warum Sie nicht was anderes vorgeschlagen haben für das Gesetz.)

Er stellt nicht dar, wie Kinder und Jugendliche sich an Entscheidungen in ihrem unmittelbaren Umfeld beteiligen können.

(Unruhe bei Abgeordneten der PDS)

Bei der Aufzählung von Vor- und Nachteilen der Änderung des Kommunalwahlrechts wurde gar nicht reflektiert, dass es einen systematischen Widerspruch von aktivem und passivem Wahlrecht gibt. Es kann nicht sein, dass SPD und PDS die Jugendlichen als Wähler attraktiv finden, aber wenn es wirklich um Mitwirkungsmöglichkeiten geht, dann sind sie ihnen lästig. An den konkreten Taten werden Sie gemessen und nicht an den Aktuellen Stunden,

(Volker Schlotmann, SPD: Daran hat man Sie ‘98 gemessen. – Sylvia Bretschneider, SPD: Dazu kommen wir noch, Frau Schnoor.)

in denen Sie die eierlegende Wollmilchsau versprechen. Darüber hinaus müssen Sie Kindern und Jugendlichen ein politisches Angebot machen, damit sie überhaupt zur Wahl gehen. Zurzeit enthalten Sie den Kindern und Jugendlichen vor allem eins vor: Zukunftschancen. Die höchste Jugendarbeitslosigkeit seit 1990 – in der „Ostsee-Zeitung“ vom 04.04. dieses Jahres nachzulesen – beträgt 19.000 gegenüber 17.300 im Vorjahr. Unterrichtsausfall, Lehrermangel, katastrophale Prüfungsergebnisse,

(Unruhe bei Abgeordneten der SPD – Erhard Bräunig, SPD: Da haben Sie doch den Grundstein gelegt, Frau Schnoor. – Zuruf von Sylvia Bretschneider, SPD)

eine Finanzministerin, die die Jugendlichen direkt auffordert, das Land zu verlassen, weil sie heute hier keine Perspektive finden – das ist bezeichnend für die Aktualität Ihrer Aktuellen Stunde.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Dr. Arnold Schoenenburg, PDS – Andreas Bluhm, PDS: Dazu lohnt noch nicht mal ein Zwischenruf.)

Danke schön, Frau Schnoor.

Das Wort hat jetzt die Fraktionsvorsitzende Frau Gramkow von der Fraktion der PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Beklagen nicht alle demokratischen Parteien Politikverdrossenheit und Politikerverdrossenheit gerade bei jungen Leuten?

(Andreas Bluhm, PDS: Die CDU offensichtlich nicht.)

Frau Schnoor hat es uns eben wieder vorgemacht. Ich hätte jetzt sehr gerne die Schülerinnen und Schüler aus Bergen begrüßt, die wegen dem Kasperletheater der CDU der Aktuellen Stunde nicht mehr folgen konnten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Beklagen nicht alle demokratischen Parteien – ich wiederhole es – Politikverdrossenheit und Politikerverdrossenheit bei jungen Leuten? Ahnen wir nicht alle, warum das so ist? Wir sagen ständig, wie es geht und wie es zu machen ist. Wir reden zu wenig mit jungen Leuten. Und manchmal verstehen sie unsere Sprache auch nicht mehr.

(Gesine Skrzepski, CDU: Ihre vielleicht. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Rechte und Mitwirkung, Mitbestimmung für Kinder und Jugendliche ist ein immer aktuelles Thema,

(Sylvia Bretschneider, SPD: Sehr richtig.)