Protocol of the Session on March 8, 2001

Wir sind uns bewusst, dass wir nicht alle Hoffnungen, die mit dem SGB IX verbunden sind, erfüllen können. Das liegt zum einen daran, dass sich das SGB IX auf den Sozialbereich beschränkt. Wichtige Bereiche wie Bauten, Verkehr, Schule und Ausbildung müssen in späteren Gesetzen berücksichtigt werden. Zum anderen liegt es aber auch daran, dass finanzielle Grenzen gesetzt sind, hervorgerufen durch den gewaltigen Schuldenberg, den uns die CDU hinterlassen hat. Dennoch bedeutet das SGB IX meines Erachtens einen gewaltigen Schritt nach vorne

(Harry Glawe, CDU: Das hat die Bundesratskollegin auch gesagt.)

im Bereich der 16 Jahre als Stiefkind betrachteten Behindertenpolitik. Unabhängig hiervon müssen weitere Schritte folgen, die ich als Sozialpolitikerin unterstützen werde, ganz abgesehen davon, dass die Finanzierung geklärt werden muss.

(Harry Glawe, CDU: Na sehen Sie!)

Ihren Antrag, meine Damen und Herren von der CDU, lehnen wir aus den vorgenannten Gründen ab. Nur ein kleiner Hinweis an Sie: Lesen Sie sich einmal die Reden der verschiedenen CDU-Bundestagsabgeordneten beziehungsweise der CDU-Minister und -Ministerinnen der Länder durch! Es ist ein einziges Durcheinander nach dem Motto: Der eine hü, der andere hott. Offensichtlich weiß die CDU nach wie vor nicht, was sie in der Behindertenpolitik will. Und das zeigt auch dieser Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Frau Dr. Seemann.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Glawe von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich denke, das SGB IX, das sei noch mal festgehalten, ist insgesamt ein Fortschritt.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Hört, hört!)

Aber wir haben das Thema Belastung der Kommunen nicht umsonst auf die Tagesordnung gesetzt.

Frau Dr. Seemann, wenn Sie hier sagen, das wollen Sie alles kostenneutral machen, Sie wissen ganz genau, dass das nicht geht. Sie wissen, dass man …

(Dr. Margret Seemann, SPD: Woher haben Sie die Berechnungen, Herr Glawe?)

Ich will Ihnen nur sagen, worum es geht.

Wenn Sie eine Vernetzung zwischen LVA und BVA und den Trägern der Sozialhilfe hinkriegen wollen, dann müssen Sie eine neue Software haben. Das heißt also, die Landkreise sind auf diese Mehrkosten nicht vorbereitet, weil LVA und BVA ganz andere Systeme, eine ganz andere Software haben, die nicht kompatibel ist. Sie müssen sich vielleicht mal mit den Leuten beraten. Die werden Ihnen dasselbe sagen, was sie mir gesagt haben.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Herr Glawe, man kann nicht …)

Das ist das Problem. Sie sind nicht an der Basis. Die CDU geht zur Basis und fragt, wie wirkt denn das.

(Heiterkeit und Unruhe bei Abgeordneten der PDS – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Herr Glawe!)

Ja. Ja, das ist so. Sie reden hier einfach über die Leute hinweg und tun so, als wenn alles kostenneutral ist, als wenn Servicestellen gar nicht so kompliziert sind. Servicestellen haben beratende Funktion.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Herr Glawe, Poli- tik muss man auch vorausschauend gestalten.)

Letzten Endes entscheidet der Reha-Träger, also wieder BVA und LVA, ähnlich wie bei Beratungsstellen. So läuft das! Eigentlich keine Kompetenz, das ist das Problem, meine Damen und Herren.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Also Schluss- folgerung: keine Veränderung für …)

Und das müssen Sie sich endlich auch mal sagen lassen, dass Sie hier nicht immer solche Reden halten sollten,

(Irene Müller, PDS: Besser lesen und verstehen.)

als wenn nun die Kommunen oder auch der Landkreistag oder der Städte- und Gemeindetag oder auf Bundesebene dieselben Instruktionen, als wenn alle sozusagen nicht wissen, wovon sie reden.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das hat doch kein Mensch gesagt, Herr Glawe.)

Ich glaube manchmal, Sie wissen nicht, wovon Sie reden.

(Reinhard Dankert, SPD: Keiner weiß, wovon Sie reden.)

Ich will Ihnen noch eins sagen: Wenn Sie hier immer so schön darüber reden, wie Sie sich um Ihre schwerbehinderten Arbeitslosen im Land gekümmert haben, Frau Müller und auch Frau Dr. Seemann, als die CDU 1998 abgewählt worden ist, hatten wir 3.400 Arbeitslose. Sie haben es auf über 4.200 gebracht.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Jetzt geht das wieder los!)

Das sind 25 Prozent mehr Arbeitslose für denselben Bereich!

(Dr. Margret Seemann, SPD: Herr Glawe, das haben Sie schon zehnmal gesagt.)

Darüber reden Sie nämlich nicht. Das ist einfach die Wahrheit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Margret Seemann, SPD: Herr Glawe, das habe ich Ihnen schon mal gesagt, dass …)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie im Interesse der Kommunen, der Sozialhilfeträger, aber auch im Interesse der Behinderten, stimmen Sie unserem Antrag zu und hören Sie endlich auf, laufend Schaufensterreden zu halten! – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Was machen Sie denn, Herr Glawe? Was machen Sie denn?)

Danke schön, Herr Glawe.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Müller von der Fraktion der PDS. Bitte, Frau Müller, Sie haben das Wort.

Wer hat hier ein nicht barrierefreies Glas hingestellt?

Sehr verehrte Damen und Herren! Werte Frau Präsidentin! Es ist schon immer interessant, auf welche Art und Weise manchmal Beschlussvorlagen entstehen. Ich weiß sehr wohl, dass sie eigentlich entstehen sollten auf Grundlage eines Papiers, auf Grundlage von Gesprächen an der Basis – jawohl, Herr Glawe –, vielleicht oder ganz gewiss auch auf Grundlage von Anhörungen, alles abchecken, untereinander, miteinander. So sollte, wie gesagt, eine Beschlussvorlage entstehen.

(Harry Glawe, CDU: Richtig.)

Bei der vorliegenden Beschlussvorlage habe ich aber ein verdammtes Problem

(Harry Glawe, CDU: Sehen Sie!)

und das ist folgendes: Ich kannte die Vorlage schon, bevor sie da war, aber nicht, weil darauf CDU-Beschlussvorlage stand, sondern ich hatte ganz einfach die Stellungnahme des Städte- und Gemeindetages schon vorher.

(Heiterkeit bei Annegrit Koburger, PDS)

Und nun ist Folgendes passiert: Als ich das so las – und, es tut mir Leid, blinde Menschen haben ein ungeheuer gutes Gedächtnis –, fiel mir auf, selbst die Reihenfolge in der Begründung und in der Stellungnahme des Städte- und Gemeindetages ist die gleiche. Ich würde Ihnen empfehlen, Herr Glawe, dass Sie Ihrem Redenschreiber und dem, der diese Beschlussvorlagen schreibt, mal diesen Rat an die Hand geben, wenigstens die Reihenfolge zu verändern. Dann fällt es nicht ganz so doll auf.

(Harry Glawe, CDU: Sie wissen doch gar nicht, ob ich einen Schreiber habe.)

Ach, das machen Sie alles allein? Ach du liebe Güte! Ja, na ja.

(Harry Glawe, CDU: Ich bin alles in einer Person. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Wir können ja vielleicht Mitarbeiter zeitweilig abstellen.)

Es ist gelogen, ich nehme es zurück, sie stimmen nicht wortwörtlich überein, nein, die CDU hat vor das Wort „Kommune“ das Wort „Behinderte“ und das Wort „und“ eingefügt – also eine kleine Veränderung. Mein Gruß hier an den Städte- und Gemeindetag: Sie sehen, wie mit Ihrer Stellungnahme umgegangen wird.

(Harry Glawe, CDU: Das ist hier die Stellung- nahme und das kann nicht dieselbe sein.)