Um es nicht gleich von vornherein wieder als Rundumschlag oder Kritik verstanden zu wissen, spreche ich von einer Analyse dahin gehend, dass wir uns dann fragen müssen: Was hat dazu geführt, dass bestimmte Beschäftigte nicht eingestellt werden konnten? Welche Hemmnisse waren da? War es in der Bildung oder war es zum Beispiel Nichtbarrierefreiheit des Hauses? War es ein Unverständnis auf beiden Seiten oder ein Unverständnis auf einer Seite? Wenn ja, welches? Sind auch wirklich alle Möglichkeiten genutzt worden, die laut Arbeitsfördergesetz für Schwerbehinderte bestehen, um die Einstellungsmodalitäten so gut wie möglich zu gestalten?
Die Wirtschaft klagt oder klagte zumindest in der Vergangenheit darüber, dass Schwerbehinderte sich zum einen nicht genügend melden, zum anderen dass sie meistens langzeitarbeitslos sind, wie übrigens die meisten Arbeitslosen in unserem Land Mecklenburg-Vorpommern, und dass die Wiedereingliederung von schwerbehinderten Arbeitslosen sich unendlich schwieriger gestaltet als bei anderen. Das novellierte Arbeitsfördergesetz für Schwerbehinderte will da in vielen Dingen Abhilfe schaffen. Ich denke mir, wir als Parlament sollten unsere Landesregierung auffordern, alle Möglichkeiten und Kompetenzen zu nutzen, um gemeinsame Arbeitsebenen zu schaffen, um Vorbehalte abzubauen.
Eine Extraunterstützung ist in diesem neuen Arbeitsfördergesetz zugesagt für schwerbehinderte Existenzgründerinnen. Es dürfte in der Hinsicht notwendig sein, dass Existenzgründerinnenförderprogramme, die jetzt schon existieren, noch mal angesehen werden im Zusammenhang mit den Möglichkeiten der Hauptfürsorgestelle und der Einsatzmittel der Ausgleichsabgabe, inwiefern wir hier im Land Mecklenburg-Vorpommern schwerbehinderte Existenzgründerinnen mehr unterstützen können.
Integrationsfirmen sind neu im Arbeitsfördergesetz verankert. Im Land Mecklenburg-Vorpommern lief oder läuft auch noch der Modellversuch, Integration zu fördern. Wir haben da etliche Probleme zu bewältigen, die auch noch nicht bis zu Ende durchdacht wurden und auch noch nicht bis zu Ende analysiert werden konnten in Richtung schwarze Zahlen einer Integrationsfirma. Im Moment stellt es sich noch so dar, dass ein erhöhter Einsatz an Personal gebraucht wird, um einer bestimmten Klientel von schwerbehinderten Menschen den Wiedereintritt in den ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen.
Problem bei der ganzen Sache ist, denke ich mir, dass es natürlich unwahrscheinlich schwierig ist, in so einem subtilen Fach den Einsatz von Geld, welches für die Wiedereingliederung und andere begleitende Maßnahmen gebraucht wird, bei Menschen dahin gehend abzurechnen: Was hat es unter dem Strich gebracht? Wie viel Wert wurde von den Schwerbehinderten erarbeitet? In welcher Art und Weise amortisiert sich dann sozusagen dieser Einsatz von Personal? Aber wenn wir nicht wollen in Mecklenburg-Vorpommern und in den anderen Bundesländern, dass über kurz oder lang für Menschen mit Schwerbehinderungen als einziger Arbeitsplatz die Werkstatt für Behinderte bleibt, müssen wir nach wie vor alles ausloten, um
Vielleicht sollten wir uns auch noch einmal ansehen, in welcher Art und Weise geschützte Arbeitsplätze, geschützte Abteilungen gefördert beziehungsweise installiert werden können in Betrieben, wo es sich anbietet. Nicht alle Arbeitgeber gehen von vornherein so positiv an die Einstellung von arbeitslosen Schwerbehinderten heran, wie zum Beispiel eine Fenster- und Türenbaufirma in Stäbelow bei Rostock, die in der Zwischenzeit neun Gehörlose unter ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern hat, weil sie sehr wohl bemerkt hat, dass die Leistung an sich, die am Arbeitsplatz gebraucht wird, sich nicht von den Leistungen der hörenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterscheidet.
Bei der ganzen Problematik Arbeitsförderung von Menschen mit Schwerbehinderungen möchte ich darauf aufmerksam machen, dass das wieder ein Teilstück des Themas Menschenwürde ist. Menschenwürde, Chancengleichheit, das ist mit dem Gesetz der Bundesrepublik Deutschland gemeint. Und die Impulse, die davon ausgehen und die wir umzusetzen haben, sind positiv.
Bei dem ganzen Gesetz ist zu bemerken, dass mit Absicht eine Frist gesetzt wurde. Es ist die Frist gesetzt, dass innerhalb von zwei Jahren diese neuen Arbeitsplätze zu schaffen sind, ansonsten wird das Gesetz mit seinen Änderungen wieder zurückgenommen und in den alten Zustand versetzt. Und ich denke mir, das kann an der einen Stelle vielleicht den freuen, an der anderen Stelle vielleicht den freuen. Den Punkt an sich, Arbeitsplätze für Menschen mit Schwerbehinderung zu schaffen, hätte es dann nicht erfüllt und würde es auch nicht weiter erfüllen, denn dass das Gesetz so, wie es bis zum 30. September diesen Jahres lief, nicht 100 Prozent wirkte, an vielen Stellen nicht einmal 40 Prozent, den Beweis haben wir ja schon. Nach wie vor ist es notwendig, den guten Ansatz mit Leben zu erfüllen und vor allen Dingen in Mecklenburg-Vorpommern auch anzupacken. Ich hatte vorhin schon gesagt, eigentlich bedeutet es, jeden Tag zwei Arbeitsplätze neu zu schaffen, nicht ABM, nicht SAM. Und seit dem 01.10.2000 ist schon sehr viel Zeit vergangen.
Ich möchte dabei aber nicht vergessen zu sagen, dass die Arbeitsämter sich sehr wohl schon sehr viele Gedanken gemacht haben, auf welche Art und Weise sie bestimmte Dinge unterstützen können. Demzufolge ist es notwendig, dass wir als Parlament die Regierung auffordern, das Ihrige dafür zu tun, also in Zusammenarbeit mit Arbeitsämtern, Regierung, also Wirtschaftsministerium, Dinge zu tun, die zu tun sind.
In diesem Zusammenhang halte ich es für gut, wenn sich die Hauptfürsorgestelle hier im Lande MecklenburgVorpommern bereits Gedanken gemacht hat, wie sie den erhöhten Arbeitsaufwand bewältigen kann, wenn es darum geht, Integrationsverträge abzuschließen mit Firmen, wenn es darum geht, bestimmte Ausgleichsabgaben differenziert zu berechnen, wenn es darum geht, intensive Ausgleichsabgaben einzufordern. Ich denke mir, das ist aber eigentlich der zweite Schritt. Der erste Schritt muss ja sein, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hauptfürsorgestelle wirklich mehr Arbeit haben, dass Arbeitsplätze gesucht und gefunden werden. Und da gehört nun nicht nur die Hauptfürsorgestelle an den Tisch, sondern die bereits von mir aufgeführten Partnerinnen und Partner, die wir sehr gern alle vereinen wollen, um an
dem einen Ziel zu arbeiten, Senkung der Arbeitslosenquote für Schwerbehinderte. In diesem Sinne wünsche ich mir eine gute Diskussion hier zu diesem Thema und dann eine Zustimmung zu diesem Antrag. – Danke.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Bekämpfung der Arbeitslosigkeit von Schwerbehinderten in Mecklenburg-Vorpommern ist ein wichtiges Thema. Ich bin erfreut, dass sich jetzt die rot-rote Landesregierung dieses Themas annimmt. Sie sind ja auch gezwungen dazu, es gibt jetzt letztlich ein Bundesgesetz. Aber ich denke, es ist auch gerechtfertigt, heute mal die Bilanz Ihrer zwei Jahre Regierungszeit zu ziehen, wie Sie mit Schwerstbehinderten in diesem Lande umgegangen sind.
Meine Damen und Herren, zuerst einmal ist es richtig, konzeptionelle Überlegungen müssen auf den Tisch. Wir müssen dazu kommen, dass wir eine Vernetzung zwischen Arbeitsamt, Wirtschaftsministerium, Arbeitsministerium, Sozialministerium und den Verbänden hinbekommen. Daher ist es ja auch zu begrüßen, dass sich die Verbände jetzt langsam bewegen, aber der Bewegungsgrund ist ein anderer: Wir haben immerhin heute 4.279 schwerbehinderte Arbeitslose in Mecklenburg-Vorpommern, und das – hören Sie gut zu, meine Damen und Herren auf der linken Seite! – sind 25 Prozent mehr als 1998.
Sie sind mit dem Anspruch angetreten, alles besser zu machen. Die Bilanz, glaube ich, ist ernüchternd. Sie haben 826 Arbeitslose mehr in diesem Bereich und ich frage Sie schon, Frau Müller, da Sie ja in besonderer Weise hier Mitverantwortung tragen: Was haben Sie in den zwei Jahren getan, um die Dinge voranzubringen im Interesse der Schwerbehinderten im Land Mecklenburg-Vorpommern? Die Zahlen sprechen gegen Sie. Aber in den Verbänden haben Sie ja einen guten Namen,
nur verschweigen Sie Ihre Bilanzen. Die Bilanzen sind ernüchternd. Und da Sie vorhin, Frau Müller, ja auch von den Dingen gesprochen haben, die im Arbeitsamt möglich sind, will ich darauf noch ein bisschen eingehen. Es gibt immerhin den Paragraphen 218 – die Förderung für schwervermittelbare Schwerbehinderte. Er sieht eine Förderung von 50 Prozent vor bis zu 12 Monaten. Dazu gibt es den Paragraphen 222 a, der eine Maximalförderung bis zu 70 Prozent vorsieht bis zu 35 Monaten. Und ab dem 55. Lebensjahr trifft dies dann immerhin auch für 96 Monate zu. Ich will es auch durchaus anmerken, dass das dann degressiv passiert, dass also die Förderungen sukzessive jeweils pro Jahr um 10 Prozent zurückgefahren werden.
Entscheidend ist – das haben Sie ja vorhin auch angesprochen, Frau Müller, und darauf aufmerksam gemacht –, dass die Hauptfürsorgestelle dafür sorgen soll, dass die Ausgleichsabgabe dann eingefordert wird. Aber, das müssen Sie auch wissen, wenn Sie alles einfordern, belastet es den Mittelstand immerhin mit 26 Millionen DM in Mecklenburg-Vorpommern. Das müssen Sie dazu wissen. Und deswegen halte ich das, was Sie vorher vorgetragen haben, für den besseren, richtigen Schritt.
Ja, wir müssen mit der Wirtschaft reden, dass die Wirtschaft bereit ist, Arbeitsplätze vorzuhalten und auch auszuloben. Nur, Sie werden gegen die Wirtschaft letzten Endes nichts bewirken können.
Ja, darüber müssen Sie sich auch im Klaren sein, der öffentliche Dienst kann nicht alles leisten. Diese Dinge, die im öffentlichen Dienst gemacht werden, sind ja heute auch schon beispielgebend, nicht alle, aber viele. Deswegen kann es aber letzten Endes nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sie mit diesem Gesetz eigentlich nur den Zustand erreichen werden, den Sie 1998, als die CDU abgewählt wurde, erreichen wollten, denn viel mehr werden Sie nicht schaffen und zwei Jahre sind eine kurze Zeit. Zurzeit sprechen die Zahlen gegen Sie. Die Arbeitslosenzahlen steigen weiter in diesem Bereich und ich bin sehr gespannt, wie schnell Sie diese Arbeitsmarktkonferenzen hinbekommen. Ich will auch ein bisschen davor warnen, dass Sie jetzt das Bündnis für Arbeit auch noch weiter überfrachten, denn so viele Ergebnisse mit dem Bündnis für Arbeit sind nicht feststellbar.
Auch die Arbeitslosenzahlen im Land MecklenburgVorpommern sprechen eigentlich gegen Ihre Bemühungen im Bündnis für Arbeit. Die Bilanzen sind ernüchternd und ich glaube, Sie kommen langsam auf den Boden der Tatsachen zurück.
Ja, ich bin ganz nüchtern hier. Ich trage ganz nüchtern vor, Herr Kollege, da können Sie ganz sicher sein.
Meine Damen und Herren, ich bin gespannt auf die Dinge, die Sie voranbringen wollen. Die CDU will gerne mitarbeiten, aber es kann nicht alles zu Lasten der Wirtschaft gehen. – Danke schön.
wenn man von der Eingliederung von Schwerbehinderten spricht, dass man das praktisch automatisch mit einer
Belastung für die Wirtschaft verbindet. Ich denke, mit einem vernünftigen Ansatz hat auch die Wirtschaft etwas davon, wenn die Potentiale, die Menschen mit Behinderungen haben, vernünftig genutzt werden. Ich kann es überhaupt nicht nachvollziehen, dass Menschen mit Behinderungen für die Gesellschaft immer als Belastung dargestellt werden.
(Beifall Annegrit Koburger, PDS, und Dr. Arnold Schoenenburg, PDS – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Richtig.)
Meine Damen und Herren, mit In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter hat die Bundesregierung einen Kurswechsel in der Arbeitsmarktpolitik für behinderte Menschen eingeleitet. Es geht darum, die Beschäftigung von behinderten Menschen und ihre Eingliederung in das Berufsleben als vorrangige Ziele der Arbeitsmarktpolitik zu erkennen und mit entsprechenden Maßnahmen umzusetzen. Mit diesem Gesetz, das gemeinsam mit den Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen, dem Handwerk und den Gewerkschaften erarbeitet worden ist, sollen die Chancen schwerbehinderter Menschen am Arbeitsmarkt verbessert und deren überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit schnell und nachhaltig abgebaut werden. Es ist Ziel, schon ab Oktober 2002 rund 50.000 arbeitslose Schwerbehinderte mehr in Beruf und Arbeit zu bringen, zugegebenermaßen ein sehr ehrgeiziges Ziel, zu dessen Realisierung wirklich alle Seiten beitragen müssen.
Die Reform des Schwerbehindertengesetzes stellt die erste Etappe für eine Reihe von Reformvorhaben der rotgrünen Bundesregierung dar. Als nächste Schritte stehen nach wie vor die Zusammenfassung und Reform des Rehabilitationsrechtes in ein SGB IX und die Schaffung eines Gleichstellungsgesetzes für Behinderte auf der Tagesordnung.
Mit diesen längst überfälligen Reformpaketen soll die Grundlage dafür geschaffen werden, dass behinderte Menschen umfassende Rechte für ein selbstbestimmtes und gleichberechtigtes Leben bekommen.
Meine Damen und Herren, Beschäftigungspflichtquote und Ausgleichsabgabe stellen in diesem Zusammenhang wichtige gesetzliche Steuerungsinstrumente dar. Das bisherige System von Beschäftigungspflicht und Ausgleichsabgabe wird umgestaltet, soll dadurch effektiver werden. Es hat gerade über diese Frage in den vergangenen Monaten erhebliche Diskussionen gegeben, vor allem auch von Seiten der Union. Wir sollten hierbei aber schön bei den Fakten bleiben.
Bereits seit 1974 sind Arbeitgeber mit mehr als 16 Beschäftigten verpflichtet, auf 6 Prozent ihrer Arbeitsplätze Schwerbehinderte zu beschäftigen. Obwohl die Ausgleichsabgabe für jeden nicht besetzten Pflichtsatz zweimal erhöht wurde, ging die Zahl der Beschäftigten von 1982 bis 1998, Herr Glawe, um 21 Prozent zurück. Auch das sind Zahlen.