Protocol of the Session on December 14, 2000

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Drittens. Sie konstruieren in Ihrer Rede, Herr Dr. König, einen Standortkonflikt.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Außerdem hat Herr Nolte erst eine Diätenerhöhung gekriegt.)

Ich denke, mit diesem Gesetzentwurf und auch mit dem, was die Ministerin hier vorgetragen hat, ist Transparenz eingekehrt in die Zukunft des Standortes. Das halte ich für hervorhebenswert, nicht für kritikwürdig.

Und zu den Gesundheitsämtern. Ich habe mich mit Amtsleitern unterhalten und wissen Sie, was die sagen? Zum Beispiel sagte der Amtsleiter aus Uecker-Randow zu mir: Wenn es um Krankenhausmedizin geht, wissen Sie, da gibt es Punkte, wo wir an die Grenzen unserer Kompetenz stoßen. Es ist doch dann nur zweckdienlich zu sagen, hier gibt es einen anderen Aufgaben- und Zuständigkeitszuschnitt. Die Kreise werden an dieser Stelle nicht entmündigt, sondern es wird natürlich ein weiteres Zusammenwirken geben. Das besagt der Gesetzentwurf sehr wohl und das ist hier auch durch die Ausführungen der Ministerin deutlich geworden.

Wir haben im Ausschuss jetzt die Möglichkeit – und damit möchte ich schließen – abzuwägen. Die Bedenken, die aus Vorpommern vorgetragen wurden, nun gut, nun kann man zu der Substanz so oder so stehen. Ich sage mal, unter dem Schlagwort Zentralismus ist substantiell für mich noch nicht sehr viel in Erfahrung zu bringen gewesen, aber wir werden ja auch anhören. Dann werden wir abzuwägen haben, was noch aufzunehmen ist und was nicht. Ich denke, es ist gut und richtig, dass wir hier etwas vorgelegt bekommen haben, denn es gibt ja entsprechende Beschlusslagen – darauf hat die Ministerin hingewiesen –, die dazu geführt haben, dass es hier zum Thema wurde. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

Herr Dr. König, ich stehe Ihnen jetzt gern zur Verfügung.

Darf der Abgeordnete König jetzt eine Frage stellen?

Bitte sehr, Herr König.

Herr Koplin, ich möchte eine Frage stellen Bezug nehmend auf Ihren Presseartikel vom Sommer. Stehen Sie noch zu dem, was Sie im Presseartikel gesagt haben, dass das LHI in die Forschungslandschaft Greifswald vernetzt werden muss? Und wenn ja, sehen Sie das auch mit dem vorliegenden Gesetzentwurf noch als gegeben an?

(Angelika Gramkow, PDS: Erstens ja und zweitens nein. – Zuruf von Götz Kreuzer, PDS)

Ja, ich stehe dazu. Ich habe dazu zum Beispiel zweimal mit Herrn Dr. Jülich in Greifswald gesprochen, einmal zu Beginn des Sommers und im Herbst dann noch mal. Wir haben uns dazu ausgetauscht. Ich habe ihn befragt, wie er die Sache sieht. Und wenn Sie mir aufmerksam zugehört haben, ich sehe natürlich in dem ersten Punkt der gesundheitspolitischen Notwendigkeiten, die durch diesen Gesetzentwurf realisiert werden, nämlich dass bedeutsame wissenschaftliche Entwicklung weiter verfolgt werden soll, dass dem entsprochen wird. Die Frage ist nachher die der Qualität, aber da habe ich angesichts der Kompetenzen, die in Greifswald sind, keine Sorgen. Ich sehe es so. Ich würde es bejahen.

(Beifall Heinz Müller, SPD)

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Na sehen Sie, Herr König!)

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 3/1624 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss sowie an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Überweisungsvorschlag ist damit mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und PDS bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS – Landesweites Pflegenottelefon, Drucksache 3/1641.

Antrag der Fraktionen der SPD und PDS: Landesweites Pflegenottelefon – Drucksache 3/1641 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Seemann von der PDS-Fraktion. Bitte sehr, Frau Seemann.

(Unruhe bei einzelnen Abge- ordneten der SPD, CDU und PDS – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Na, na, na!)

Von der SPD natürlich. So ist es. Es gibt keine Unklarheiten hier.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Da ich pressemäßig ja auch schon bei den Grünen war, ist jetzt PDS mal was Neues.

Seit Jahren gibt es immer wieder Pressemeldungen oder auch Fernsehsendungen über Gewalt gegen alte Menschen. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass es sich dabei um Einzelfälle handelt. Diese Einzelfälle bestimmen aber bedauerlicherweise dann die Meinung insgesamt, obwohl in den Pflegeeinrichtungen, von den Pflegediensten, von den pflegenden Angehörigen in der Mehrheit aufopferungsvolle Arbeit geleistet wird. Für diese aufopferungsvolle Arbeit sei an dieser Stelle allen Pflegenden Dank gesagt.

(Beifall Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

Aber, meine Damen und Herren, auch wenn es sich um Einzelfälle handelt, muss alles getan werden, um jeden einzelnen Fall zu verhindern, im Interesse der betroffenen alten Mitmenschen, aber auch um Schaden von denjenigen, die hierdurch unverschuldet in Verruf geraten, abzuwenden.

(Beifall Volker Schlotmann, SPD)

Auf vielen wissenschaftlichen und praxisorientierten Fachtagungen wird in den letzten Jahren das Problemfeld in der Bundesrepublik vermehrt diskutiert. Welche Beratungsstelle fühlt sich hier zuständig? Alte Menschen finden kaum eine Stelle, an die sie sich wenden können. Wenig Hilfe gibt es auch für Angehörige von alten Menschen oder für professionelle Helfer, die zudem auch häufig unter strukturellen Unzulänglichkeiten leiden. Natürlich gibt es Stellen, an die sich alte Menschen und ihre Angehörigen wenden können, wenn Krisensituationen, Pflegemängel et cetera bestehen. Das sind Beratungsstellen für ältere Menschen und ihre Angehörigen sowie die Alzheimer-Gesellschaften. Allerdings, meine Damen und Herren, verfügen diese über keine speziellen Angebote für Menschenrechtsverletzungen an alten Menschen. Zudem sind viele Angebote trägergebunden, so dass viele Betroffene sich nicht an diese wenden, da sie Nachteile beruflicher oder pflegerischer Art befürchten.

Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Wohin soll sich ein alter Mensch wenden, wenn er zum Beispiel von seinem Kind finanziell ausgebeutet wird, wenn er den familiären Belastungen nicht mehr gewachsen ist, wenn er körperlich misshandelt wird, wenn er isoliert wird, wenn er gezwungen wird, in ein Altenheim umzusiedeln, wenn er – in Unkenntnis, was eine rechtliche Betreuung ist – unter

Betreuung gestellt wird? Wo soll sich ein Angehöriger eines alten Menschen hinwenden, der den familiären Krisensituationen nicht mehr gewachsen ist, an der Überbelastung durch die Pflege verzweifelt und sozial isoliert ist? Wo soll sich eine Pflegeperson hinwenden, die zum Beispiel ständig Mehrarbeiten übernehmen muss, da zu wenig Personal in der Einrichtung ist, die fachlich oder psychisch nicht für die schwere Arbeit ausgerüstet, den vielfältigen gleichzeitigen Arbeiten und dem Zeitdruck nicht mehr gewachsen ist, die Maßnahmen durchführen muss, die sie für menschenunwürdig oder ungesetzlich hält?

Hinzu kommt, dass auf dem so genannten Pflegemarkt die Situation gerade für die Betroffenen unübersichtlicher geworden ist. Nach wie vor gibt es ein Informationsdefizit über bestehende Einrichtungen, Dienste und Angebote sowie deren Qualität, über Möglichkeiten des Handelns, wenn das Angebot nicht den Erwartungen entspricht. Kontroll- und Aufsichtsorgane sowie eine Interessenvertretung der Betroffenen sind zum Teil noch unzureichend. Gerade in den letzten Jahren wurde bundesweit verstärkt über Probleme in der Versorgung und Pflege älterer, hilfsbedürftiger Menschen zu Hause oder im Heim berichtet. Häufig wurde dabei eine Stelle gefordert, an die sich Pflegebedürftige, Angehörige oder auch Pflegekräfte mit ihren Problemen wenden können.

Meine Damen und Herren! Der Ihnen heute vorliegende Antrag kann dem Abhilfe schaffen. Mit diesem Antrag wollen wir erreichen, dass eine neutrale Beratungsstelle für ältere, pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen, die sich in einer – sozusagen Notpflegesituation – befinden, geschaffen wird. Das PflegeNotTelefon soll insbesondere Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen sowie betreuenden Personen als zentrale Anlauf- und Hilfestelle zur Verfügung stehen. Die Hilfe suchende Person beziehungsweise ihre stellvertretend sprechende Person, wie zum Beispiel Pflegekräfte, Nachbarn, Freunde, Betreuer, Sozialarbeiter und Ärzte, sollen durch diese Telefonberatung Unterstützung in Form von Beratungsgesprächen erhalten. Das Angebot könnte meines Erachtens darin bestehen, zuzuhören, Probleme zu klären, zu eigenen Entscheidungen hinzuführen, aber auch zu ermutigen, vorhandene Beratungs- und Hilfsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen und im Hinblick auf weiterführende Hilfen zentrale Ansprechpartnerinnen zu nennen. Insbesondere sollte es eine Anlaufstelle für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen sein, die in Gefahr sind, von Gewalt betroffen zu werden oder bereits Gewalt ausgesetzt sind. Ebenso sollte es aber Hilfe für Pflegende bieten, die mit ihrer Situation und Arbeitsbelastung nicht mehr klarkommen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Pflegenottelefons benötigen dafür einen medizinischen, pflegerischen, pflegewissenschaftlichen oder psychologischen Ausbildungshintergrund.

Meine Damen und Herren! Gerade auch für die Träger von Pflegeeinrichtungen würde eine derartige trägerneutrale Einrichtung von Nutzen sein. Sie dient nämlich auch dazu, eine Überforderung der Pflegeperson zu vermeiden oder zu mindern. Unter anderem kann durch die Einrichtung eines unabhängigen landesweiten Pflegenottelefons ein wichtiger Beitrag zur viel beschworenen Qualitätsentwicklung in der Pflege für Mecklenburg-Vorpommern geleistet werden.

Meine Damen und Herren! Notwendig – und das möchte ich betonen – ist dabei aber zunächst, die Akzeptanz für

ein Pflegenottelefon herzustellen. Damit meine ich, dass die Einrichtung eines solchen Instruments nicht ohne und schon gar nicht über die Köpfe der betroffenen Organisationen, Träger oder Einrichtungen hinweg geschehen kann. Vorderhand soll die Landesregierung sich deshalb mit den Betroffenen an einen Tisch setzen und über die Möglichkeiten und Konzepte eines trägerunabhängigen landesweiten Pflegenottelefons beraten. Es soll nichts über das Knie gebrochen werden, es soll nicht gegen den Willen, sondern nur gemeinsam mit den Betroffenen gearbeitet werden, ansonsten wäre das gesamte Vorhaben von vornherein zum Scheitern verurteilt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

Die Landesregierung soll ähnlich wie in Schleswig-Holstein für die Koordination den Hut aufhaben.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Antrag, der ein Entlastungs- und Beratungsund Informationsangebot sein soll für alle, die mit Pflege in unserem Land zu tun haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr König von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Herr König.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diesen Antrag habe ich mit einiger Verwunderung zur Kenntnis genommen,

(Götz Kreuzer, PDS: Klar! Lag aber nicht am Antrag.)

denn eigentlich kann er nur Kopfschütteln auslösen. Wenn Sie, meine Damen und Herren, schon so intensiv und für meinen Geschmack etwas zu intensiv nach SchleswigHolstein hinüberschauen, dann müsste Ihnen aufgefallen sein, dass die Einrichtung von Pflegenottelefonen dort, was an sich sinnvoll ist, das will ich nicht in Abrede stellen, keinerlei parlamentarischen Aktes bedarf.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ach so?)

Dies war und ist allerorten eine rein exekutive Aufgabe, eine Aufgabe, der sich die Landesregierung und im Speziellen das Sozialministerium längst hätte annehmen müssen,

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Aber wir machen das hier anders.)

ja, die sie sogar hätte realisieren müssen.