Protocol of the Session on December 13, 2000

Ich möchte auch betonen, dass wir, bevor dieser Beitritt Polens zur Europäischen Union geschehen ist, weitere Grenzübergänge brauchen. Wir sind uns darin einig, dass sie provisorisch sein können. Sie müssen keine voll ausgebauten Grenzübergänge sein, denn nach dem, was wir heute aus Nizza gehört haben, sind sie nur für kurze Zeit. Aber in dieser Zeit müssen mehr Menschen unkompliziert zueinander kommen, als es gegenwärtig möglich ist.

Wir unterstützen mit unserem Antrag auch ausdrücklich die beabsichtigte Einrichtung des Honorarkonsulates in

Stettin. Dieses Honorarkonsulat ist kein Ersatz für das geschlossene Generalkonsulat, aber es ist mehr als nichts. Und es ist eine wichtige Anlaufstelle für Bürger beider Staaten.

Ich begrüße außerordentlich die Initiative der Industrieund Handelkammer Neubrandenburg mit dem Haus der Wirtschaft und ich denke, wir als Landtag und auch die Landesregierung werden das Erforderliche tun, um dieses Haus der Wirtschaft zu unterstützen und mit Leben zu füllen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Grams?

Wo ist er denn? Aber bitte sehr, wenn ich Sie sehe, herzlich gern.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Bitte sehr, Herr Grams, fragen Sie.

Herr Dr. Körner, Sie sprachen eben die Einrichtung des Honorarkonsulates an. Wissen Sie, wann dies endlich erfolgt?

Mir ist bekannt, dass es, was die Personen betrifft, schon relative Klarheit gibt und – so meine Informationen, datiert etwa von vor vier Wochen – dass dieser Vorgang auf konsularischer Ebene so gut wie abgeschlossen ist.

(Götz Kreuzer, PDS: Die polnische Seite muss noch. – Zuruf von Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

Ich rechne also damit, dass es in den nächsten Tagen, in den nächsten Wochen so weit eingeleitet werden kann. Unsererseits sind alle erforderlichen Schritte meines Erachtens eingeleitet. Es kommt jetzt auf die polnischen Partner an, ihrerseits ihren Part dort zu beenden.

(Götz Kreuzer, PDS: Richtig. Ja, so ist das.)

Danke sehr.

Fast zum Schluss möchte ich aber noch einmal mit allem Nachdruck auf ein Thema aufmerksam machen, das insbesondere für den Bereich Vorpommerns und dann weiter entlang der Grenze bis nach Bayern eine Bedeutung hat.

Es ist uns schnell in der Vorbereitungsarbeit des Ausschusses klar geworden, dass vor allem Vorpommern durch die europäische Osterweiterung einem strukturellen Anpassungsdruck ausgesetzt sein wird. Deshalb unterstützt der Rechtsausschuss, deshalb unterstützt natürlich dann auch die SPD-Fraktion einstimmig das gemeinsame Schreiben der beteiligten Bundesländer zu einem Aktionsprogramm, das insbesondere in dieser dazu noch strukturschwachen Region Unterstützung leisten soll, denn wir wissen, dass gerade dort Schwierigkeiten auftreten werden. Diese gilt es vorab zu mindern. Dass dort Verwerfungen auftreten werden, gilt es ebenfalls im Vorfeld zu mindern.

Aber nicht zuletzt – der Ministerpräsident hat es angesprochen, ich will es von meiner Seite noch einmal unterstreichen – müssen wir für die Osterweiterung der Europäischen Union die Menschen gewinnen. Da scheint es mir, dass die erforderlichen Aktivitäten noch nicht

genügen. Ich glaube, dass das Thema „Osterweiterung der Europäischen Union“ noch nicht genügend in den Köpfen der Menschen ist. Und wenn wir nun von Nizza hören, scheint dieser Zug, der ja schon seit einiger Zeit aufs Gleis gesetzt wurde, an Geschwindigkeit gewonnen zu haben, schneller als dies in den Köpfen unserer Menschen, in dem Bewusstsein unseres Landes verankert ist.

Hier muss, und da können wir auf allen Ebenen mittun, hier muss ein breiter Bewusstseinsbildungsprozess einsetzen. Ich für meinen Teil – und einige Abgeordnete tun das, so weiß ich, auch – bin aus diesem Grunde der Deutsch-Polnischen Gesellschaft beigetreten, die hier sehr viel getan hat, um dieses Thema mehr in die Breite zu bringen. Die Tätigkeitsfelder sind vielschichtig. Das kann an den Schulen passieren, das kann an sonstigen Institutionen passieren. Auf jeden Fall ist klar, es muss mehr passieren als in der Vergangenheit, sonst bleiben die Menschen in unserem Land hinter der an Rasanz gewinnenden Geschwindigkeit dieses Themas zurück und es wird Verwerfungen geben im radikalen Bereich bei uns, gegebenenfalls auch in Polen. Das ist absehbar.

Wir müssen dieses Thema vorurteilsfrei diskutieren, über die Schwierigkeiten sprechen, über die Chancen sprechen. Es wird beides geben. Wir können nicht nur das eine – die Schwierigkeiten oder die Chancen – benennen. Wir müssen alles ansprechen. Wir haben mit der Osterweiterung Polens die Chance, dass in gewisser Weise der Zweite Weltkrieg in einer neuen Form zu Ende geht. Die Wunden des Zweiten Weltkrieges, die Europa 50 Jahre lang gespalten haben, die scheinen mir verheilt. Aber die Narben des Zweiten Weltkrieges gibt es bis heute. Und diese Narben sind spürbar, im Osten und im Westen. Und wenn Polen nun zur Europäischen Union dazukommt, haben wir die Chance, dass die vernarbten Wunden des Zweiten Weltkrieges in einen Heilungsprozess kommen, den unsere Kinder und Enkel in einer Weise neu gestalten können, wie es unserer Elterngeneration nicht vergönnt war und an dem wir nur aller Voraussicht nach zum Teil mitwirken können. Hier kommt ein ganz großes Stück europäischer Geschichte in einen völlig neuen Rahmen. Lassen Sie uns mitarbeiten, dass dieser Rahmen besser gelingt, als die Geschichte zwischen Polen und Deutschland in der Vergangenheit gestaltet wurde! – Danke sehr.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Danke schön, Herr Dr. Körner.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Schoenenburg von der Fraktion der PDS.

(Angelika Gramkow, PDS: Nur das Wesentliche!)

Nur das Wesentliche!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Vorredner reizen natürlich immer zu Nachbemerkungen. Das Erste was ich sagen will, wir sind uns offensichtlich so einig, dass es schon bald wieder langweilig wird.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Reinhardt Thomas, CDU: Das kann sich auch noch ändern.)

Das Zweite, was ich sagen will, ich gehöre eher zu den Euroskeptikern. Und ich sehe natürlich, dass es besonders für die Polen riesige Probleme geben wird, die sie selber im Augenblick noch nicht sehen, wenn sie denn

beitreten. Wir haben den Beitritt hinter uns und der Beitritt Polens zur EU wird weitaus schwieriger werden als der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik. Aber weil es so ist,...

(Georg Nolte, CDU: Auch da waren Sie schon dagegen.)

Ach, man muss doch nicht immer so viel dummes Zeug erzählen.

(Reinhardt Thomas, CDU: Wie bitte?)

Weil es so ist, deswegen ist es ja unsere Aufgabe, wenn es die Polen wollen, dass wir ihnen selbstverständlich helfen. Und etwas anderes, was ganz wichtig für unser Land ist, da wir ein Grenzland sind, ist, dass wir gute Beziehungen zu unserem Nachbarland Polen pflegen und weiterentwickeln. Dazu haben wir sozusagen einen historischen Auftrag, und zwar aus unserer Geschichte – da möchte ich mich gerne an Herrn Körner anlehnen –, und ich denke, wir haben eben diese gemeinsame Zukunft.

Wir haben heute Beschlussempfehlungen vorliegen, die sich insbesondere mit der Fortentwicklung unserer Beziehungen mit der Republik Polen befassen. Ich glaube, dass ich nicht überziehe, wenn ich davon spreche, dass diese Empfehlungen in gewisser Weise einen neuen Qualitätsstandard in unserer parlamentarischen Arbeit begründen. Sie sind komplex und sie sind auf die Perspektive unseres Landes gerichtet, und zwar in einem Punkt, der für die Zukunft des Landes essentiell ist.

Warum kann man das so feststellen? Weil wir langfristig und partnerschaftlich, das heißt gemeinsam, Regierungskoalition und Opposition, das Problem angegangen sind. Und nun meine ich, dass Friede, Freude, Eierkuchen nicht unbedingt die Parlamentsarbeit fruchtbarer machen, aber ein stures Ritual, wonach entweder die Regierungskoalition die Opposition auszubremsen habe oder aber die parlamentarische Opposition auf jeden Fall Nein zu den Vorhaben der Regierungskoalition zu sagen habe, ist auf jeden Fall für die Sache schädlich.

Man kann dem Rechtsausschuss vorwerfen, dass er viel, viel zu langsam war. Wir haben immerhin mehr als ein Jahr gebraucht seit dem Antrag der CDU und auch fast noch ein Jahr seit dem Antrag der Regierungskoalition.

(Dr. Klaus-Michael Körner, SPD: Dafür waren wir aber gründlich.)

Aber, genau, es ist viel getan geworden. Wir haben Experten angehört, sind nach Vorpommern in die Grenzregion gefahren, haben schließlich eine Reise quer durch Polen unternommen, um Land und Leute besser kennen und verstehen zu lernen. Auf diese Weise haben wir übrigens auch Vertreter der Deutschen Botschaft genötigt, Gegenden zu besuchen, in die sie sonst wohl nie gekommen wären.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Wir hatten Kontakte auf unseren Reisen zum Deutschen Generalkonsul von Gdansk, zu den Sejmiki Pommerns und Westpommerns in Gdansk und Szczecin. Die Arbeit wurde übrigens kooperativ – das ist hier schon gesagt worden – von der Regierung unterstützt. Auch ich möchte mich insbesondere bei den Mitarbeitern der Staatskanzlei bedanken, die uns mit Sprache und Sachkenntnis geholfen haben. Der Wirtschaftsausschuss hat mit seinen Hinweisen die Beschlussempfehlung wesentlich bereichert, auch dafür sei Dank.

Die große Übereinstimmung hinsichtlich von Beschlüssen zur Zusammenarbeit mit Polen hat übrigens gute Tradition. Ich erinnere an die Krugsdorfer Erklärung, die am 7. September 1996 parteiübergreifend verabredet wurde und die Anfang 1997 wohl auch einstimmig im Landtag beschlossen wurde. Wenn wir uns heute die Krugsdorfer Erklärung anschauen, dann wird sichtbar, dass die damals vereinbarten Aufgaben völlig richtig und auch von großem Gewicht waren. Diese Aufgaben sind fast alle wesentlicher Bestandteil unserer heutigen Beschlussempfehlung. Unserer heutigen! Das zeigt, dass einerseits die angesprochenen Probleme fortdauern,...

(Unruhe bei Sigrid Keler, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

Es ist wirklich gut, dass wir hier keine Finanzprobleme zu lösen haben. Dadurch werden dann die Finanzministerin und die finanzpolitische Sprecherin auch nicht weiter gestört bei ihren Gesprächen

(Heiterkeit bei Siegfried Friese, SPD)

und auch der Redner hier vorne kann weitermachen.

Das heißt also, dass die angesprochenen Probleme fortdauern, ihre Lösungen einen langen Atem brauchen, andererseits der Landtag selbst stärker politischen Druck ausüben muss, um zu Ergebnissen zu kommen. Und dabei geht es ja schließlich nicht um Kleinigkeiten, wenn’s auch nicht unbedingt um Geld geht. Aber darum wird es auch gehen. Ich denke an solche Fragen wie

die beschleunigte Entwicklung der Grenzregion – meine Vorredner haben dazu bereits gesprochen –,

den Aufbau der wirtschaftlichen, kulturellen, sozialen und vor allen Dingen der persönlichen Kontakte in der Region beiderseits der Grenze,

die rasche Öffnung weiterer Grenzübergänge,