Protocol of the Session on November 16, 2000

(Lutz Brauer, CDU: Deswegen müssen wir sie doch nicht aufgeben.)

und durch unsere Gesellschaft nicht volkswirtschaftlich vertretbar in Gänze zu korrigieren, sondern nur lokal zu mildern oder zu mindern.

(Zuruf von Gesine Skrzepski, CDU)

Beispielsweise würde weder ein komplettes Einmauern – davon war schon einmal die Rede hier heute – der Küste den inneren Zerfall der Steilküsten aufhalten können,

(Lutz Brauer, CDU: Das erzählen Sie mal auf Hiddensee!)

noch würden unsere Strände an den Flachküsten ihre Attraktivität behalten können. Das ist völlige Illusion. Die Belastungen der Küste sind bei extremen Sturmfluten nicht nur durch hohen Wasserstand, sondern gleichzeitig durch extremen Seegang geprägt. Da wir unsere Steilküsten …

(Lutz Brauer, CDU: Es reicht nicht, wenn man Bücher abschreibt, Herr Klostermann.)

Herr Brauer, ich trage das vor, weil ich festgestellt habe, dass darüber Defizite herrschen.

(Gesine Skrzepski, CDU: Oh! – Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Da wir unseren Steilküsten den natürlichen Abtrag entziehen zum großen Teil,

(Zuruf von Lutz Brauer, CDU)

mangelt es an notwendigem Sediment in anderen gefährdeten Bereichen. Eingriffe sind somit wohl zu überlegen.

Das klingt alles in der Tat sehr ernüchternd, aber so ist nun einmal das wahre Gesicht dieser Küste. Und auch dieses prägt die Anziehungskraft für Touristen und Anwohner.

Die vorrangige Aufgabe des Küsten- und Hochwasserschutzes besteht im direkten Schutz von Leben und Sachwerten. Insofern hat der Mensch mit seinen Küstenschutzanlagen und Strandaufspülungen schon in die Natur eingegriffen. Ich lege Ihnen in diesem Zusammenhang sehr ans Herz, die schon zitierte Schrift, den „Generalplan Küsten- und Hochwasserschutz“, gelegentlich zur Hand zu nehmen und in Ruhe zu studieren.

Meine Damen und Herren! Es fällt unserer Gesellschaft sehr schwer, die Entwicklung unserer facettenreichen Küste unter dem Begriff „Nachhaltigkeit“ darzustellen oder zu definieren. Jeglicher Küstenschutz unterliegt auch wieder Veränderungen. Und die Vorhersagbarkeit der Entwicklung ist sehr schwierig, weil eine Reihe von Faktoren mit hoher Wahrscheinlichkeit, resultierend aus der globalen Erwärmung, auch unsere Küstenprozesse negativ beeinflussen. So etwas zu korrigieren dauert Jahrzehnte. Ich will mich hier nicht weiter in Einzelheiten auslassen.

(Zuruf von Lutz Brauer, CDU)

Ich habe das wiederholt auch schon einmal vorgetragen. Es geht, meine Damen und Herren, nicht um die Darstellung eines Horrorszenariums, sondern darum, dass der Mensch global eingreift und lokale Auswirkungen erdulden muss, während Gegenmaßnahmen aufwendig, teuer und schwer beherrschbar sind. All diese Vorgänge sind selbstredend bei der Entscheidungsfindung – eine Herausnahme der Dünenunterhaltung der Insel Hiddensee, ich komme wieder zum Thema zurück – zu berück

sichtigen. Es ist uns also nicht damit geholfen, aus lokalem Ergeiz oder Populismus eine Lex Hiddensee zu fordern und das Wassergesetz so zurechtzubiegen, dass allen Ansprüchen Genüge getan wird. Das geht nicht.

(Gesine Skrzepski, CDU: Das hätten wir mal mit den Stralsundern machen sollen.)

Namens der SPD-Fraktion bitte ich um Zustimmung zu diesem Antrag. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Herr Dr. Klostermann.

Das Wort hat jetzt Frau Kassner von der Fraktion der PDS.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich bei der Fraktion der SPD und meiner Fraktion bedanken, dass es möglich ist, dass heute hier über dieses Thema gesprochen wird. Ich denke, es ist ein wichtiges Thema und die Situation auf der Insel Hiddensee, dieser wunderschönen Insel, ist es wirklich wert, dass das hier im Landtag debattiert wird.

(Beifall Lutz Brauer, CDU)

Und wir werden darüber hinaus auch die Möglichkeit haben, weiter darüber zu reden.

Die Insulaner sind seit Jahrhunderten schwer mit dem Wasser unter Druck. Das wäre aber wesentlich geringer als das, was in den letzten Jahrhunderten passiert ist. Immer wieder wandten sie sich in ihrer Not an die Grundherrschaft, an die Verantwortlichen. Um ihnen zu helfen und nach Unwetterkatastrophen erschienen dann auch hin und wieder Amtspersonen und besichtigten die Schäden. In umständlich formulierten Protokollen, die uns aus den letzten beiden Jahrhunderten überliefert sind, findet sich dann fast immer die gleich lautende Feststellung: Hier muss etwas geschehen.

(Lutz Brauer, CDU: Das ist nun mal die Art der Grundherrschaft.)

Ja, was nun aber? Das war die Frage, die lang und breit erörtert wurde und, wie dann das Sturmhochwasser 1864 – also genau am 24. August – zeigte, viel zu lange diskutiert wurde. Damals riss nämlich die Insel in zwei Teile. Der damals flache und knapp 20 Meter breite Durchbruch wäre bei schnellem Zupacken vermutlich rasch zu schließen gewesen. Doch es wurde in den Augusttagen jenes Jahres nicht sofort gehandelt. Es wurde vielmehr wochenlang verhandelt. Kompetenz galt es zu ergründen, Instanzen zu befragen. Die königlich-preußische Regierung wandte sich an den Grundeigentümer, an das Kloster zum Heiligen Geist in Stralsund. Dies wiederum unterstand dem Rat der Sundstadt und benötigte für die Einwilligung notwendiger Gelder dessen Einverständnis.

(Lutz Brauer, CDU: Also lagen die Hemmnisse damals schon in Stralsund. – Minister Dr. Wolfgang Methling: Richtig.)

Im Übrigen meinte man, dass sich die Lücke bei der geringen Breite und Tiefe wahrscheinlich von selbst wieder schließen würde. Das war ein Irrtum. Es dauerte 25 Jahre und es hat sehr viel Geld gekostet, diese Lücke wieder zu schließen. Heute, denke ich, sind wir in einer ganz anderen Situation.

Ich freue mich sehr, dass der Termin vor Ort am vergangenen Montag zustande gekommen ist, dass wir uns dort alle gemeinsam ein Bild machen konnten. Da möchte ich mich wirklich beim Minister bedanken, dass er diesen Terminvorschlag angenommen hat und die Diskussion, denke ich, war auch vor Ort sehr fruchtbringend. Es wurden Ideen geboren, es wurde gemeinsam mit den Insulanern, die oftmals ihre eigenen Erfahrungen gesammelt haben, nach kostengünstigen Maßnahmen g e s u c h t.

Und ich sage es hier auch noch einmal ganz deutlich, weil das offensichtlich noch nicht beim letzten Insulaner angekommen ist: Die Weiterführung der klassischen Küstenschutzmaßnahmen ist verbürgt. Es darf auch während des jetzt laufenden Anhörungsverfahrens keine Einschränkung vorgenommen werden. Ich denke, dass das sehr wichtig ist.

(Zuruf von Lutz Brauer, CDU)

Wir, denke ich, sollten alle den politischen Willen der Insulaner – ich schließe da natürlich nicht nur die Hiddenseer, sondern auch die Rüganer ein – beachten. Auch im 20. Jahrhundert sind über 20 Sturmfluten über die Insel Hiddensee hergegangen. Dass dabei einmal so ein günstiger Umstand eintritt, dass ein Goldschatz gefunden wurde, ist mir nur von einem Fall bekannt, nämlich als der Hiddenseer Goldschmuck nach einer Sturmflut ans Ufer getragen wurde.

(Zurufe von Lutz Brauer, CDU, und Gesine Skrzepski, CDU)

Darauf sollten wir nicht warten, sondern eben günstige Möglichkeiten suchen, wie wir mit dieser Situation klarkommen. Und ich sage es noch einmal: Es darf nicht vernachlässigt werden, die Küste zu schützen.

(Zuruf von Dr. Henning Klostermann, SPD – Lutz Brauer, CDU: Unvorhergesehene Haushaltseinnahmen für Frau Keler.)

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke, Frau Kassner.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 3/1577. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? –

(Ministerin Sigrid Keler: Das ist doch mal ein Thema, wo einstimmig abgestimmt wird. – Minister Dr. Wolfgang Methling: Endlich mal, ne?! – Zuruf von Lutz Brauer, CDU)

Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 3/1577 einstimmig angenommen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, Gesine Skrzepski, CDU, und Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Offene Videoüberwachungsmaßnahmen, Drucksache 3/1572.

Antrag der Fraktion der CDU: Offene Videoüberwachungsmaßnahmen – Drucksache 3/1572 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Thomas von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor der Rede würde ich gern noch mal ein kurzes Zitat der ausliegenden Rede von Frau Gabi Schulz hier kund tun: „Wenn irgendwo ein sicherheitspolitischer Hund das Bein hebt, findet das mit einiger Gewissheit bei der hiesigen CDU ein Echo …“

(Heiterkeit bei Annegrit Koburger, PDS)