Protocol of the Session on September 20, 2000

Meine Damen und Herren, wenn Sie schon über die Perspektiven für die Region durch das BioCon Valley sprechen wollen, so meine ich, sollten wir besonders den Mut haben, die Rahmenbedingungen anzusprechen, die sich Wissenschaft und Wirtschaft und besonders auch den Wissenschaftlern dort bieten. Ich denke auch, dass diese Rahmenbedingungen das entscheidende Kriterium dafür sind, ob denn das jetzt Erreichte – Sie nannten es, die 64 Unternehmen und 800 Beschäftigten – sozusagen das Ende der Fahnenstange ist oder ob hier wirklich real weitere Wachstumschancen vorhanden sind. Ich denke, hier müssen wir an erster Stelle auch wieder die Verkehrsverbindungen nennen. Es kommen viele Beschäftigte gerade in diesem Bereich aus anderen Gegenden. Es sind viele junge Leute in diesem Bereich tätig, so dass Verkehrsbedingungen, Verkehrsinfrastruktur – ich habe das jetzt mehrfach erwähnt – eine ganz wichtige Frage in diesem Zusammenhang sind. Und insofern ist auch der Zusammenhang gegeben.

Ich will Ihnen auch klipp und klar sagen, dass man viele andere Dinge in der Bildung beachten muss. Glauben Sie doch nur nicht, wenn wir uns gegenwärtig in den Klassen unseres Landes auf 30 Kinder pro Klasse zu bewegen, dass das vielleicht junge Leute gerade in diesem Hochtechnologiebereich veranlassen kann, hier in Mecklenburg-Vorpommern ihren Arbeitsplatz zu wählen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Sylvia Bretschneider, SPD: Diese Größen- ordnung haben Sie doch eingeführt. – Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)

Ich glaube, wir haben viele Dinge miteinander zu besprechen und wir müssen handeln. Es lohnt sich nicht, sich da irgendwie im Glanze anderer zu sonnen, sondern es geht hier darum, wirklich die Dinge anzupacken.

(Zuruf von Andreas Bluhm, PDS)

Und, meine Damen und Herren, in diesem Sinne, liebe Landesregierung, glaube ich, packen Sie die Dinge an und nehmen Sie die Aufgaben ernst, dann werden wir auch im Bereich der Biotechnologie wirklich vorwärts kommen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat Frau Kassner von der PDS-Fraktion. Bitte sehr, Frau Kassner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit exakt 14 Tagen wirkt nun in unserem Land ein Verbund biotechnologischer Firmen und Forschungseinrichtungen. Der Namen, den sie sich gegeben haben, BioCon Valley, ist in der Tat sehr anspruchsvoll und setzt hohe Erwartungen.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

Es gilt, die Aktivitäten auf diesem wichtigen und zukunftsträchtigen Wirtschafts- und Wissenschaftszweig zu bündeln und damit einen Grundstein zu legen für eine weitere Entwicklung in unserem Land.

Am 7. September 2000 las ich wie viele andere von Ihnen auch in der OZ einen Kommentar der Journalistin Frau Koepke, dem ich nur zustimmen kann, denn sie führt zum Beleg ihrer optimistischen Betrachtungen darin an: „Der wichtigste Aspekt jedoch, der dem Baby BioCon Valley zu kräftigem Wachstum verhelfen wird, besteht darin, dass etwas höchst Seltenes geglückt ist: Politik, Wirtschaft und Wissenschaft ziehen an einem Strang und gehen daran, gemeinsam eine Vision zu verwirklichen.“ Ich wünsche mir, dass dieser glückliche Umstand in Mecklenburg-Vorpommern noch des Öfteren passieren sollte. Und ich hoffe, dass dieses Baby in diesem Bündnis zu großer Entfaltung gelangt.

Meine Damen und Herren! Die Wirtschaftskraft unseres Landes wurde an dieser Stelle oft diskutiert. Die traditionellen Ansätze für eine Belebung haben bisher kaum wesentliche Anstiege herbeigeführt und sind damit weder tauglich für das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes noch für die Schaffung von mehr dauerhaften Arbeitsplätzen in den nächsten Jahren. Für die PDS-Fraktion liegt deshalb der Schlüssel in der Entwicklung eines Wirtschaftspotentials, dessen Grundlagen die Hochtechnologien des neuen, des 21. Jahrhunderts sind. Ich weiß, dass dies ein langwieriger und ein schwieriger, alle Kräfte fordernder Prozess sein wird, der keine schnellen Erfolge bringt. Wir haben es gehört, 64 Unternehmen dieser Branche mit 800 Beschäftigten sind ein Keim, ein Kern, aus dem ein großes Potential wachsen kann. Eine nächste Etappe könnte der heutige Umfang des MediCon Valley mit 1.200 Unternehmen und immerhin 32.000 Arbeitsplätzen sein. Die Entwicklung auf diesem Wissens- und Wirtschaftsgebiet ist nach oben offen, wenn man denn den Analysen Glauben schenkt.

Für ein weiteres sicheres Zeichen dieses Wachstums halte ich, dass BioCon Valley sofort auf starke Partner gesetzt, diese gesucht und auch gefunden hat. Globalisierung und Regionalisierung, meine Damen und Herren, sind nämlich nicht Antipoden, sondern sie sind meiner Meinung nach ergänzende Tendenzen einer zukunftsorientierten Entwicklung und müssen als solche wirksam gemacht werden.

Als vor 14 Tagen diese offizielle Vereinbarung über die Vernetzung und internationale gemeinsame Vermarktung zwischen dem BioCon Valley und dem dänisch-schwedi

schen MediCon Valley unterzeichnet wurde, wurde ein richtiger und wichtiger Schritt in diese Richtung unternommen. Die geplante Ausdehnung dieser Zusammenarbeit zwischen der Øresund-Region und unserem Land auf den gesamten Ostseeraum ist mehr als folgerichtig. Damit könnte das Gewicht dieser europäischen Region stark zunehmen und auch den Anschluss unseres Landes an andere Spitzenregionen befördern.

Meine Damen und Herren! Die PDS erwartet, dass mit BioCon Valley auch ein Schritt für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung getan wird. Für uns ist der Übergang zu dieser Wirtschaftsform nicht möglich, ohne die Potentiale der Grundlagenwissenschaft und der Hochtechnologien umfassend zu nutzen. Die von BioCon Valley angestrebten Kooperationen werden dies ermöglichen. Wir möchten einen Paradigmenwechsel in der Wissenschaft und der Wirtschaft, weg von der vorwiegend arbeitsplatzsparenden Orientierung für Forschung und Entwicklung, hin zu Einsparungen von Rohstoffen, Energie und anderen Ressourcen. Und damit sind wir auch wieder bei dem Thema, das Herr Seidel vor mir genannt hat. Ich denke, es gibt andere Wege als die von Ihnen eingeschlagenen, mit denen ebenfalls eine hohe Wertschöpfung verbunden ist und Gewinne erzielt werden können. BioCon Valley sollte hierfür ein Anfang sein. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat der Ministerpräsident Herr Dr. Ringstorff. Bitte sehr, Herr Ministerpräsident.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Biotechnologie ist weltweit eine Branche mit großen Zukunftsperspektiven und man spricht vom dritten Jahrtausend auch schon von einem Jahrtausend der Biotechnologie. Und wir in Mecklenburg-Vorpommern sind dabei. „Mecklenburg-Vorpommern macht Tempo als Bioregion“, „Mecklenburg-Vorpommern auf dem Weg nach BioCon Valley“, „BioCon Valley knüpft in MecklenburgVorpommern ein weit reichendes Technologienetz“ – so meldeten regionale und überregionale Tageszeitungen, Rundfunk und Fernsehen Anfang des Monats. Das Presseecho zum Start von BioCon Valley war ein voller Erfolg. Eine bessere Imagekampagne für den Biotechnologiestandort Mecklenburg-Vorpommern kann man sich, glaube ich, kaum wünschen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Mit BioCon Valley werden Mecklenburg-Vorpommern und moderne Technologie in einem Atemzug genannt und das ist die beste Werbung für unser Land. So machen wir neue Investoren, junge Unternehmer und internationale Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft auf uns neugierig und das zahlt sich aus. Immer mehr Investoren und Interessenten aus dem Ostseeraum, aber auch aus den USA und Japan entdecken unser Land.

Wir in Mecklenburg-Vorpommern haben die Chancen und die Perspektiven der Bio- und Medizintechnik rechtzeitig erkannt und ergriffen. Und es geht jetzt darum, unsere gute Position schnell und gezielt auszubauen. Mit dem Schritt von der BioRegio Greifswald/Rostock zum BioCon Valley Mecklenburg-Vorpommern haben wir, denke ich, die Weichen in Richtung Zukunft gestellt. Die

erste Runde war erfolgreich. Seit ihrer Gründung 1996 ist die BioRegio Greifswald/Rostock zum Motor einer vielversprechenden Entwicklung in unserem Land geworden. Und, sehr geehrter Herr Fraktionsvorsitzender Schlotmann, Sie haben in der Tat Recht, in dieser Branche hält Wissen nicht länger als ein Fisch, denn inzwischen sind es sogar 71 Firmen, nicht mehr nur 64, mit 950 Beschäftigten. Man kann also sehen, wie dynamisch diese Branche ist, wie schnell sich die Dinge hier entwickeln.

Das Biotechnikum Greifswald, das Biomedizintechnikum Teterow und das Forschungszentrum für Biosystemtechnik und Biomaterialien Rostock-Warnemünde haben sich als erfolgreiche Brutkästen für innovative Gründungen und für junge Unternehmen gezeigt. Bei der Zahl der Unternehmensgründungen liegen wir im Verhältnis zur Einwohnerzahl gerechnet an zweiter Stelle in der Bundesrepublik hinter Berlin.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Einige dieser jungen Firmen haben bereits mit Erfindungen international auf sich aufmerksam gemacht. Die Teraklin AG Rostock beispielsweise wurde kürzlich für ihre künstliche Leber mit dem deutschen Mittelstandspreis ausgezeichnet und PlasmaSelect lässt nicht nur den Bundeskanzler staunen.

Die erste Runde, meine Damen und Herren, war ein Erfolg für die BioRegio Greifswald/Rostock und für Mecklenburg-Vorpommern. Die zweite Runde soll uns noch erfolgreicher machen – national und international. Deshalb haben wir am 6. Dezember gleich zu einem Dreisprung angesetzt: erstens der Gründung des BioCon Valley Mecklenburg-Vorpommern, zweitens der Partnerschaft mit MediCon Valley und drittens der Gründung des „Biotech Business Club“ als PR-Forum bei unserer Landesvertretung in Berlin.

Meine Damen und Herren, mit BioCon Valley wollen wir noch besser, schneller und effizienter werden

bei der Bündelung aller Aktivitäten auf den Gebieten Biotechnologie, Biomedizin und Medizintechnik,

als Impulsgeber für die Grundlagenforschung und die angewandte Forschung,

bei der Bildung von Kompetenzclustern,

bei der Einwerbung weiterer Partner wie Geldinstitute, Krankenkassen, Krankenhäuser und Ärzteschaft,

bei der Initiierung und Begleitung von Firmengründungen, Firmenansiedlungen und der Werbung um neue Investoren im In- und Ausland zur Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze,

bei der internationalen Ausstrahlung und der Imagewerbung für den Biotechnologiestandort Mecklenburg-Vorpommern

und als Partner in der internationalen Zusammenarbeit.

Wir wissen natürlich auch, dass sich der Wettbewerb der einzelnen Biotechnologieregionen weltweit verschärft. Unsere Erfolgsstrategie muss deshalb heißen: Zusammenarbeit im Land und über die Landesgrenzen hinaus. Und dazu gehört der internationale Erfahrungsaustausch mit Veranstaltungen wie der 2. Internationalen Biotechnologiekonferenz mit Teilnehmern aus mehr als 15 Ländern in Warnemünde oder dem 2. Leberdialyse-Symposium

mit Experten aus 27 Ländern. Das Symposium fand ebenfalls Anfang September in Warnemünde statt. Und dazu, es wurde schon darauf hingewiesen, gehört vor allem auch die länderübergreifende Kooperation wie die Partnerschaft mit dem Biotechnologie- und Pharmazieverbund MediCon Valley, die wir im Rahmen der Gründung von BioCon Valley offiziell besiegelt haben.

MediCon Valley ist tatsächlich eine der führenden Bioregionen in Europa. Es sind dort 1.200 Firmen angesiedelt, die Hälfte davon aus dem Pharma- und Biotechnologiebereich. Welche Möglichkeiten sich für Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern damit bieten, brauche ich Ihnen, glaube ich, nicht zu erklären. Es kommt darauf an, dass wir diese Chancen nutzen, und unser neuer dänischschwedisch-deutscher Verbund ist mit dem BioValley Deutschland im Dreiländereck Deutschland-FrankreichSchweiz die zweite internationale BioRegio in Europa.

Ein Beispiel für die künftige gemeinsame Arbeit ist auch der Aufbau eines internationalen Netzwerks führender Biotechnologieregionen in Europa. Die Zusammenarbeit zwischen der Øresund-Region und Mecklenburg-Vorpommern soll später auf den gesamten Ostseeraum ausgedehnt werden mit dem Ziel einer „Life Science Region Baltic Sea“. Die künftige EU-Osterweiterung, denke ich, bietet auch in dieser Richtung interessante Perspektiven.

Um national und international verstärkt für Produkte und Leistungen aus BioCon Valley Mecklenburg-Vorpommern zu werben und potentielle Investoren besser zu erreichen, wollen wir als Foren aller Biotechnologieakteure aus Politik, Industrie und Wissenschaft in der Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern in Berlin einen „Biotech Business Club“ zur gezielten Lobbyarbeit einrichten. Mit diesem Angebot erhalten unsere Partner aus Skandinavien eine ausgezeichnete Bühne in der deutschen Hauptstadt und wir profitieren von der Zusammenarbeit, weil wir auf dieser Bühne gemeinsam mit ihnen auftreten.

Natürlich, Herr Seidel, haben Sie Recht, dass die Verkehrsinfrastruktur im Zusammenhang mit diesen Entwicklungen eine große Rolle spielt – ich denke, der Wirtschaftsminister wird dazu noch etwas sagen – und deshalb freut es uns natürlich, dass wir in dieser Legislaturperiode fünfeinhalbmal so viel Mittel für Bundesfernstraßen in Mecklenburg-Vorpommern ausgeben können wie in der Legislaturperiode 1994 bis 1998.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, Sie sehen, es geht voran in Mecklenburg-Vorpommern. Der Ausbau der Biotechnologie hat für unser Land größte Bedeutung. Daher wird die Technologiepolitik auch weiterhin einer der Schwerpunkte in der Arbeit der Landesregierung sein. Mit der Gründung des BioCon Valley Mecklenburg-Vorpommern haben wir, denke ich, einen wichtigen Schritt nach vorn geschafft. Lassen Sie uns gemeinsam, Herr Seidel, BioCon Valley zu einem Aushängeschild für MecklenburgVorpommern machen! – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr König von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Herr König.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun gibt es neben dem Sili

con Valley in Kalifornien, dem MediCon Valley in Schweden und Dänemark auch ein BioCon Valley in Mecklenburg-Vorpommern.

(Siegfried Friese, SPD: Das ist doch schön. – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Das ist doch sehr schön.)

Das ist schön, ja.