Protocol of the Session on September 20, 2000

Das BioCon Valley soll die Biotechnologiestandorte Greifswald, Rostock und Teterow zu einer Kernregion der Biotechnologie in Mecklenburg-Vorpommern zusammenführen und verbinden. Das ist ohne Zweifel zu begrüßen und es ist gleichzeitig, es wurde auch schon mal gesagt, ein hoher Anspruch, denn Silicon Valley und MediCon Valley sind boomende Regionen in den jeweiligen Ländern.

Wo steht in Mecklenburg-Vorpommern die Biotechnologie?

Um die beiden Universitäten Greifswald und Rostock und um die sieben außeruniversitären Forschungseinrichtungen haben sich mittlerweile – die Zahl wurde schon mal genannt –, ich glaube, 70 Firmen und Unternehmen angesiedelt mit an die 1.000 Beschäftigten und jährlich kommen acht bis zehn Unternehmen dazu. Das ist erfreulich, wenn man bedenkt, dass das Gros dieser Firmen Neugründungen sind und im Wesentlichen auch nach 1990 die älteren gegründet wurden.

Mit dem Markenzeichen BioCon Valley wird nun ein Konzept angepackt, das nicht nur Firmen und Produkte, sondern eine ganze Region, nämlich die Region Greifswald, Teterow, Rostock international vermarkten soll. Ziel des Konzeptes BioCon Valley ist es, in Kooperation mit dem MediCon Valley, darauf wurde schon hingewiesen, längs des Øresundes gemeinsame Projekte zu initiieren, um so zukunftssichere und hochwertige Jobs zu schaffen und zu sichern.

Nur, meine Damen und Herren, gehen Sie einmal hin zu den Unternehmern und sprechen Sie mit ihnen vor Ort, dann werden Sie auch merken, wo ihnen zurzeit noch der Schuh drückt. Ich nenne nur ein Beispiel, was oft zitiert wird: Teterow. Die in Teterow ansässige Firma PlasmaSelect, davon wurde schon viel gesprochen, hat vor kurzem Teile ihres Verkaufs und ihrer Verwaltung nach Hamburg verlegt. Für Mecklenburg-Vorpommern ein Wermutstropfen. Ein Hauptgrund dafür, und darauf hat mein Kollege Jürgen Seidel schon hingewiesen, ist die unzureichend ausgebaute Verkehrsinfrastruktur in der Region. Und da nützt, Herr Schlotmann, auch nicht nur, BioCon Valley als Logo verstanden zu wissen.

Meine Damen und Herren, das von der Landesregierung oft und häufig so als finanzpolitische Wohltat herbeigeredete Objekt für die Zukunft und die Finanzierung dessen, der Zukunftsfonds, der im Haushalt 2001 zum ersten Mal eingestellt ist, wirken bei näherem Hinsehen auch nicht gerade zukunftsweisend. Nicht umsonst ist in diesem Haushaltsentwurf dieser Punkt unter den Verstärkungsmitteln in der Allgemeinen Finanzverwaltung eingestellt. Anträge auf Zuweisung dürfen demnach erst dann gestellt werden, wenn die Finanzierungsmöglichkeiten der Fachressorts ausgeschöpft sind.

Die Firmen in dem BioCon-Valley-Verbund benötigen aber kurzfristig und regional einsetzbare Mittel. Hier denke ich zum Beispiel an das Institut für Diabetes „Gerhard Katsch“ in Karlsburg, ein erfolgreiches Unternehmen der Biotechnologie. Dieses Unternehmen hat erfolgreich

am InnoRegio-Wettbewerb teilgenommen in Mecklenburg-Vorpommern und ist das einzige Unternehmen der Biotechnologie in Mecklenburg-Vorpommern, das überhaupt Erfolge erzielt hat in diesem Wettbewerb. Die Finanzierung dieses Institutes ist für die nächsten Jahre unklar, da es im Nachfolgeprogramm des HSP III des Kultusministeriums nicht mehr enthalten ist.

Meine Damen und Herren! Ein weiterer Klagepunkt der Firmen: Kompetenzgerangel der an der Förderung der Biotechnologie beteiligten Ministerien – Landwirtschaftsministerium, Wirtschaftsministerium und Kultusministerium. Ein ressortübergreifender Ansatz für ein Konzept zur Förderung des gesamten Komplexes Biotechnologie in Mecklenburg-Vorpommern wäre da sicher von Vorteil.

Meine Damen und Herren! Es ist also vor Ort noch einiges zu tun, wenn, wie Sie es ausgedrückt haben, Herr Ministerpräsident, aus dem Dach BioCon Valley ein vernünftiges, tragfähiges Gebäude, ein Haus BioCon Valley in Mecklenburg-Vorpommern werden soll. Dazu reicht es nicht, BioCon Valley auf ein Logo oder auf eine Imagekampagne allein zu reduzieren. Die Chance besteht, das ist zu Recht gesagt, dass in Mecklenburg-Vorpommern die Biotechnologie ein deutliches Stück nach vorne gebracht werden kann. Dazu muss aber eine ausreichende finanzielle Bereitstellung von Seiten der Landesregierung vorgesehen werden, dazu müssen die Struktur und eine zukunftssichere Rechtsgrundlage für den Begriff BioCon Valley geschaffen werden und es sind umfangreiche Mittel in die regionale Infrastruktur, ganz besonders in den Raum Greifswald, Teterow und Rostock zu stecken. – Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Angelika Gramkow, PDS)

Um das Wort hat der Wirtschaftsminister gebeten. Bitte sehr, Herr Minister Eggert.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde ist ja die Stunde der Parlamentarier. Ich wollte mich eigentlich auch heute in der Debatte etwas zurückhalten, aber einiges, was hier heute gesagt wurde, auch von Ihnen, Herr Seidel, treibt mich doch dazu, hier an das Rednerpult zu gehen.

Es ist natürlich so, Herr König, dass Geld ausgegeben werden muss für die einzelnen Projekte. Und wenn ich Ihnen sage, dass wir allein in den letzten Jahren 17 Millionen DM ausgegeben haben für ganz konkrete Projekte von Biotechnikfirmen, wo wir sie unterstützt haben in der Markteinführungsphase, in der Entwicklung von neuen Ideen, dann ist das eine Menge Geld für diese kleinen mittelständischen Firmen, die Sie angesprochen haben, und das sollten Sie doch einfach auch mal erwähnen.

(Zuruf von Dr. Arthur König, CDU)

Ich will im Übrigen auch Folgendes sagen: Natürlich sind die Wurzeln für diese Entwicklungen schon weit vor unserer Regierungsübernahme gelegt worden. Das bestreitet doch niemand. Hier haben viele andere auch schon mitgewirkt.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU: Sie waren vorher nicht in der Regierung, ne?!)

Diese Dinge werden jetzt auf den Punkt gebracht und ausgebaut, Herr Seidel. Aber wenn wir denn diese

gemeinsame Verantwortung sehen, dann sage ich Ihnen auch eins,

(Harry Glawe, CDU: Wo waren Sie denn zwischen ‘94 und ‘98?)

dann müssen wir sie auch in den von Ihnen angesprochenen Punkten sehen, nämlich in der Entwicklung, die wir gerade bei der Bahn haben. Das hat ja eigentlich mit diesem Thema nichts zu tun, aber Sie durften dazu reden und insofern darf ich vielleicht auch etwas dazu sagen.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Ich will vielleicht mal darauf eingehen, wer denn eigentlich die Bahn privatisiert hat, wer dafür die politische Verantwortung trägt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Caterina Muth, PDS: Ja, ja, genau.)

Wir sollten uns doch mal vor Augen führen, wer diese Beschlüsse gefasst hat. Und dann ist ja noch eine Kommission eingesetzt worden – die Initiative ging auch noch auf die alte Regierung zurück –, die so genannte Pellmann-Kommission, die jetzt festgestellt hat, was ich schon immer wieder auch in der Öffentlichkeit gesagt habe, auch damals, und hier im Landtag war der einzige, der es gesagt hat, Herr Gerloff, nämlich dass diese Privatisierung einen Systemfehler enthält,

(Caterina Muth, PDS: Das stimmt nicht, die PDS hat das auch gesagt.)

den Systemfehler nämlich, dass die Infrastruktur, das Netz der Bahn bei der Bahn gelassen wurde

(Zuruf von Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)

und nicht als eine eigenständige Gesellschaft, die nach wie vor beim Bund angesiedelt ist, erhalten bleibt.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Herr Eggert, bitte nehmen Sie die PDS auch zur Kenntnis!)

Und genau das kritisiert die Pellmann-Kommission heute, meine Damen und Herren, und legt den Finger genau auf die Wunde.

(Zuruf von Jürgen Seidel, CDU)

Und die politische Verantwortung dafür tragen Sie, Sie ganz allein!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich will noch eins sagen dazu.

(Harry Glawe, CDU: Nehmen Sie doch Ihre Verantwortung wahr!)

Ich will noch eins sagen dazu.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Das einzige Bundesland, was damals im Bundesrat dagegen gestimmt hat, war nicht etwa Mecklenburg-Vorpommern mit der dünnsten Besiedlung, mit all den Problemen, die daraus erwachsen könnten und natürlich jetzt auch erwachsen, sondern das einzige Bundesland, was dagegen gestimmt hat, war nämlich Hamburg, meine Damen und Herren. Sie können es nachlesen.

(Harry Glawe, CDU: Der Stadtstaat Hamburg.)

Insofern, denke ich mal, ist das, was Sie hier heute angesprochen haben und auch in Ihrem Antrag verwirklichen wollten, in etwa so, als wenn jemand etwas ins Feuer

wirft und, wenn es dann hell lodert, sich hinstellt und sagt, warum löscht ihr es nicht. Genauso habe ich das hier empfunden, meine Damen und Herren.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, aber Sie tun gar nichts! – Harry Glawe, CDU: Sie müssen doch aber Ihre Arbeit machen.)

Und jetzt will ich Ihnen noch eins sagen, weil Sie sagen, das sind die aktuellen Probleme und darum kümmern wir uns nicht: Morgen sind die Verkehrsunternehmen bei uns. Wir haben einem großen Verkehrsunternehmen, das ich namentlich nicht erwähne aus Datenschutzgründen, gerade durch die Zusammenarbeit von Finanzministerium und Wirtschaftsministerium eine Bürgschaft erteilt, damit eine Überbrückungshilfe für die schwierige Situation dieses Unternehmens geleistet werden kann durch die Landesregierung.

(Beifall Siegfried Friese, SPD – Lutz Brauer, CDU: Das ist ein Trost.)

Wir werden morgen mit dem Verband darüber sprechen, was wir weiterhin tun können, um gerade die schwierigen Probleme der Unternehmen in unserem Land entsprechend abzufedern und abzumildern. Insofern, Herr Seidel, sind Ihre Vorwürfe, die Sie hier heute äußern, völlig unbegründet.

(Jürgen Seidel, CDU: Im Grunde genommen ist es nur eine Feststellung.)

Und nun noch etwas zu dem Thema BioCon Valley, zu dem ich zurückkommen will.

Erstens. Unser Rezept lautet: erfolgsorientierte Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung und natürlich auch den Geldgebern hier im Lande. Das ist die erste und wichtigste Forderung, die wir erheben. Hier setzen unsere Bemühungen zentral an. Und ich will Ihnen dafür ein Beispiel geben, weil Sie angefordert hatten, Herr König, dass die Ressorts auch zusammenarbeiten müssen. Das Bildungsministerium und das Wirtschaftsministerium haben gemeinsam einen Forschungswettbewerb ausgeschrieben und die Sieger bei diesem Wettbewerb sind die Genomorientierte Biotechnologie, Neue Wirkstoffe und Biomaterialien und das Innovationsnetzwerk Biosystemtechnik. Also Siegerthemen sind genau die Themen, die in BioCon Valley hineinpassen, und hier haben das Bildungsministerium und das Wirtschaftsministerium sehr eng zusammengearbeitet.

(Dr. Arthur König, CDU: Aber auch ein anderes Ministerium.)