Nur, verantwortungsvolle Politik schafft eben die politischen Strukturen, damit wir auf solche Entwicklungen auch vernünftig reagieren und bestimmte Dienstleistungen zusammenlegen können, um ein entsprechendes qualitatives Niveau für die Dienstleistungsnehmer – und wenn sie noch so klein sind, gerade für die ist das wichtig – halten zu können. Das halte ich für wichtig. Und ich glaube, dafür müssen wir die politischen Strukturen schaffen und nicht sagen, wir nutzen jede Chance aus, und wenn sie noch so verrückt ist, um der Regierung ans Bein zu pinkeln.
Nein, nötig hätten Sie das wirklich nicht, Herr Jäger. Es gibt ja auch Wege konstruktiver Oppositionspolitik, die sich dadurch einen Namen macht, dass sie mit inhaltlichen Vorschlägen, mit inhaltlichen Alternativen eine Regierung attackiert. Das würde ich mir hier sehr wünschen, auf solche inhaltlichen Alternativen würde ich dann sehr gerne eingehen,
Und, meine Damen und Herren, ich habe es hier vermieden, die Fusion von Gemeinden, die Bildung von größeren Einheiten als das einzig denkbare Modell hinzustellen. Ich denke auch nicht, dass es das einzig denkbare Modell ist. Aber wenn Sie sich bitte einmal umschauen, wenn Sie nach Sachsen gucken – das haben wir jetzt mehrfach erwähnt –, wenn Sie nach Thüringen gucken, wenn Sie in die alten Bundesländer gucken, dann werden Sie sehen, dass sehr viele Politiker quer über die Parteigrenzen hinweg dieses tatsächlich für einen sinnvollen Weg gehalten haben und halten.
Und – Kollege Nolte sitzt dort und ich hoffe, der Plüschelch hat einen Ehrenplatz bei Ihnen zu Hause gefunden – wir waren mit dem Finanzausschuss in Schweden. Es wird ja bei Vergleichen oft der Vorwurf gemacht, ihr vergleicht Mecklenburg-Vorpommern mit NordrheinWestfalen, die haben eine völlig andere Siedlungsstruktur.
Dann schauen Sie bitte mal in ein Land wie Schweden, das ja sicherlich ohne Zweifel ein sehr hohes Niveau an öffentlicher Dienstleistung für seine Bürger hat. Schweden hat 8,5 Millionen Einwohner und Schweden hat 289 Gemeinden.
(Georg Nolte, CDU: Ich glaub’, mich knutscht ein Elch. – Heiterkeit bei den Abgeordneten – Beate Mahr, SPD: Eine sehr sachgerechte Äußerung.)
verehrter Herr Vorsitzender des Finanzausschusses, die offenkundig in der Lage ist, ein sehr hohes Niveau an Dienstleistungen für die Bürger zu organisieren, gerade weil Schweden hier Strukturen hat, die handlungsfähig sind. Und zu solchen handlungsfähigen Strukturen müssen wir kommen.
Ein Letztes: Demmin. Auch da habe ich mir ja bisher jede Bemerkung verkniffen. Aber da es nun in die Diskussion kommt, muss ich dazu etwas sagen.
Meine Damen und Herren, wir haben hier gestern ein Standardöffnungsgesetz verabschiedet und die meisten Gegenstimmen – Sie haben das alle gesehen – kamen aus den Reihen unseres Koalitionspartners. Ich habe hier mit großem Nachdruck dafür geworben – ich glaube, da habe ich im Sinne der Kommunalpolitiker gesprochen, auch in Ihrem Sinne, Herr Dr. Jäger –, mehr Vertrauen in kommunale Gebietskörperschaften zu haben, mehr Vertrauen zu haben in vom Volk gewählte Gemeindevertretungen, mehr Vertrauen zu haben in vom Volk gewählte Bürgermeister. Sie dürfen mir glauben, das ist mein politisches Credo und dafür kämpfe ich. Aber es gibt eine Sorte Mensch, die mir diesen Kampf für kommunale Selbstverwaltung ungeheuer schwer macht. Das sind nämlich jene, die kommunale Selbstverwaltung ausnutzen, um sich selbst gnadenlos zu bereichern, und denen keine Möglichkeit zu schmutzig ist, um in die eigene Tasche zu wirtschaften. Und diese Politiker nähren die Vorbehalte gegenüber der kommunalen Selbstverwaltung, diese Politiker sind die Totengräber der kommunalen Selbstverwaltung und die dürfen nie in kommunalen Ämtern bleiben.
Der Innenausschuss empfiehlt, die Anträge auf den Drucksachen 3/1136 und 3/1141(neu) in der Fassung seiner Beschlussempfehlung anzunehmen.
Hierzu liegt Ihnen auf Drucksache 3/1425 ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und PDS vor, über den ich zunächst abstimmen lasse. Wer dem Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 3/1425 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 3/1425 einstimmig angenommen.
Wer der Beschlussempfehlung des Innenausschusses auf Drucksache 3/1350 mit den soeben beschlossenen Änderungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein
Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung des Innenausschusses auf Drucksache 3/1350 mit den soeben beschlossenen Änderungen mit den Stimmen der SPD- und PDS-Fraktion bei Stimmenthaltung der CDU-Fraktion angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS – Pflegepersonalausbildung, Drucksache 3/1386.
Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Seemann von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Frau Seemann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! 18 Monate alt war Helen Keller, deren Lebensgeschichte wohl fast jedem bekannt ist, als sie durch ihre Krankheit das Augenlicht und Gehör verlor. Als eine Journalistin Helen Keller einmal fragte, von welcher Behinderung sie sich befreien lassen würde, hätte sie einen Wunsch bei einer Fee frei, konnte sie es nicht glauben, dass die Frage ernst gemeint war. Zu eindeutig kam ihr die Antwort vor: Natürlich sei die Taubheit die schlimmere Behinderung, denn was man nicht sehe, könne man ertasten oder sich beschreiben lassen. Taubheit dagegen isoliere den Betroffenen von seiner Umwelt und erschwere die Kontaktaufnahme zu den Mitmenschen. Wie viele andere wohl auch, hätte ich eher erwartet, dass Blindsein und die damit verbundene Abhängigkeit, die Ängste und Probleme, sich zu orientieren, die Lebensqualität stärker beeinträchtigen als Taubheit.
Meine Damen und Herren, was hat dies mit dem Antrag zu tun, werden Sie sich jetzt sicherlich fragen. Helen Keller weist deutlich auf das zentrale Problem der Menschen mit einer Hörbehinderung hin: Nicht hören zu können isoliert, nicht hören zu können trennt. Die Folgen sind Einsamkeit, Rückzug in sich selbst, Misstrauen gegenüber anderen. Schwerhörige Menschen sind anderen Menschen gegenüber meist misstrauisch. Die Angst, etwas Wichtiges nicht oder schwach zu verstehen, führt zum Rückzug oder zu Aggressionen.
Die Zahl der hörbehinderten Senioren in Alters- und Pflegeheimen sowie Krankenhäusern wächst ständig an. Daher müssen Pflegende sich vorrangig um ein vertrauensvolles Verhältnis zum Betroffenen bemühen. Vielfach wird die Hörbehinderung gar nicht erkannt, fehlende oder verlangsamte Reaktionen der Betroffenen werden als geistige Immobilität fehlinterpretiert. Aber selbst wenn eine Hörgeräteversorgung erfolgt ist, werden die Hörgeräte nicht richtig genutzt, weil das Pflegepersonal nicht die notwendige Unterstützung gibt. Dies rührt vor allem aus Informationslücken über die Symptome und Auswirkungen von Hörschädigungen und aus fehlenden Kenntnissen über die Bedienung von Hörgeräten. Damit kommt es für die Betroffenen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität, insbesondere durch die mangelnden Kommunikationsmöglichkeiten mit Ärzten und Pflegepersonal. Außerdem werden ihnen die meisten elektronischen Medien wie Rundfunk und Fernsehen dadurch verschlossen.
Ich möchte dies an einem Beispiel verdeutlichen. Bevor die Pflegekraft zum Bewohner geht, sollte sie sich über das Ausmaß der Hörbehinderung und bereits erprobte
und bewährte Verhaltensregeln informieren. Beispiele hierfür sind, dass man sich beim Betreten des Zimmers und bei der Kontaktherstellung so verhält, dass man den Betroffenen nicht erschrickt. Das bedeutet, dass man zum Beispiel das Licht einschaltet und in das Blickfeld des Betreffenden tritt, bevor man ihn berührt. Dies gilt in anderer Form genauso für andere Sinnesschädigungen.
Meine Damen und Herren, wie Sie sehen, ist es notwendig, die Aus- und Weiterbildung in diesem Bereich zu stärken und zu verbessern. Die erhöhten Anforderungen an die Pflege erfordern eine professionelle Qualifikation des Pflegepersonals auch im Umgang und Einsatz mit technischen Hilfsmitteln im Pflegedienst. Fehlende Kenntnisse über den richtigen Umgang mit sinnesgeschädigten Menschen führen aufgrund der gestörten Kommunikation nicht selten zu einer überlangen Verweildauer, da sich Diagnose und Therapie erheblich verzögern können.
Sinnesgeschädigte Patienten benötigen besondere Zuwendung. Oft sind Ärzte, Therapeuten, Pflegekräfte und auch die Angehörigen aber nicht in der Lage, ihnen spezifische Hilfen anzubieten. Die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse der Patienten erfordert die Überprüfung gelernter Pflegemuster, um sich gegebenenfalls von ihnen zu lösen und sich vom Patienten leiten zu lassen.
Allerdings möchte ich auch darauf hinweisen, dass das Erwerben von Kenntnissen mit Sicherheit die eine Seite ist, das Anwenden der Kenntnisse im täglichen Umgang mit den Patienten oder mit den zu Pflegenden und die Vorbildwirkung dann aber die andere Seite.
Professionell pflegerisches Handeln ist Bestandteil eines Beziehungs- und Ausgestaltungsprozesses zwischen dem zu Pflegenden und dem Pflegenden. Pflegen ist ein komplexes Geschehen, das in die soziale Situation der Menschen zu integrieren ist, insbesondere im Blick auf seine Befindlichkeit, sein Maß an Hilfe und Unterstützung sowie vor dem Hintergrund fachlichen Wissens und Könnens. Optimale Pflege fördert nachweisbar kontinuierlich und umfassend die Eigenständigkeit des Menschen, verhindert möglichst eine frühzeitige Abhängigkeit beziehungsweise beschränkt diese auf das notwendige Maß.
fragt, die den tatsächlichen Anforderungen im Berufsfeld Pflege entspricht. Dringender Handlungsbedarf ist dabei im Rahmen der pflegerischen Qualifizierung hinsichtlich der Handhabung technischer Hilfsmittel geboten. Im Rahmen der gesetzlichen Novellierung der Pflegepersonalausbildung und der entsprechenden Durchführungsverordnung bietet sich eine Chance, die Situation für sinnesgeschädigte Patienten und Pflegebedürftige zu verändern, indem eine Unterrichtseinheit „Umgang und Einsatz von technischen Hilfsmitteln im Pflegedienst“ in den Lehrplan mit aufgenommen wird. Wenn Pflegende Garant sein sollen für die Sicherung der Qualität pflegerischer Leistungen, sind die Inhalte pflegerischer Versorgungs- und Bildungskonzepte zu entwickeln, die insbesondere den modernen technischen Einsatz berücksichtigen.
Deshalb fordert der Antrag der Koalitionsfraktionen die Landesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass im Rahmen der Ausarbeitung und Novellierung eines Gesetzes zur bundeseinheitlichen Pflegepersonalausbildung eine Unterrichtseinheit „Umgang und Einsatz von technischen Hilfsmitteln im Pflegedienst“ aufgenommen wird und diese Unterrichtseinheit auch angemessen in der Fort- und Weiterbildung für Pflegepersonal beachtet wird.
Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Antrag, und zwar in der Sache, und nicht um Überweisung, so, wie das in unseren Unterlagen ausgewiesen ist. – Ich danke Ihnen.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Pflegepersonalausbildung – ein wichtiges Thema, immerhin steht ja die Novelle des Krankenpflegegesetzes auf der Tagesordnung.
Und, Frau Dr. Seemann, es ist ja schon lobenswert, dass Sie jetzt versuchen, die Dinge, die die CDU seit geraumer Zeit besetzt hat, im Pflegebereich nachzubesetzen, indem Sie sozusagen Nischen vorführen. Diese Rede hätte ich auch bei Hörbiko nachlesen können. Das ist mir alles bestens geläufig.
Meine Damen und Herren, es geht ja letzten Endes darum, die Pflege im häuslichen, ambulanten und stationären Bereich aufzuwerten. Dazu gehört auch, und da will ich Ihnen durchaus Recht geben, den Umgang mit technischen Hilfsmitteln als Lehrstoff zu vermitteln. Nur, wenn wir das wollen, dann müssen wir uns erst mal insgesamt, denke ich, über die Grundsätze unterhalten. Und da geht es eben darum, welche Inhalte Ausbildung zukünftig haben soll. Dieses Thema kann in erster Linie nur auf der Bundesebene diskutiert und festgelegt werden.
Wir können uns gerne einbringen und Sie haben auf Bundesebene ja sogar das absolute Entscheidungsrecht, denn immerhin stellen Sie die Regierung.
Meine Damen und Herren, es darf dabei aber nicht rauskommen, wie es bei der Altenpflege passiert ist, dass Sie dann wohl gemeinte Ansätze, zum Beispiel die Stundenzahlreduzierung, beschließen. Wenn das Qualitätsstandard ist, indem man weniger Wissen vermittelt, sozusagen den theoretischen Teil reduziert, den praktischen Teil aber anhebt, dann mag das alles noch effektvoll sein, aber auf der anderen Seite ist es dann so, Sie wissen, dass man gerade für Pflege ein besonderes Wissen braucht, Einfühlungsvermögen.