Eine im Jahre 1995 durchgeführte weitere Strukturveränderung der Bundeswehr hatte für die Stationierung im Land Mecklenburg-Vorpommern keine gravierenden Auswirkungen. Die Stationierung sah vor, dass im Land circa 23.000 Soldaten und circa 6.400 Zivilpersonen in den Standorten der Bundeswehr präsent sind. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat damit den größten Anteil der Stationierung der Bundeswehr in den neuen Bundesländern und nimmt im Vergleich mit den alten Bundesländern Platz 7 ein. Zurückzuführen ist der relativ hohe Stationierungsanteil der Bundeswehr durch die Präsenz aller Teilstreitkräfte, eben Heer, Luftwaffe, Marine, zum Teil natürlich auch durch die geographischen Voraussetzungen, Stichwort Ostseeküste.
Die Sollstruktur wurde bis zum heutigen Tage offiziell nicht geändert. Ist-Zahlen liegen nicht vor und dürften aufgrund der Nichtbesetzung von Dienstposten von den oben angeführten Zahlen abweichen. Besonders die Stationierung in der Region Vorpommern, also in den Standorten Eggesin, Carpin, Torgelow, Spechtberg, Stallberg, hat für die ohnehin strukturell schwache Region erhebliche Bedeutung. Sollten im Zuge der Ausarbeitungen der Wehrstrukturkommission auch Schließungen von Standorten der Panzergrenadierbrigade 41 erwogen werden, wäre es für diese Region ohne Zweifel eine erhebliche zusätzliche Belastung. Der Personalabbau bei den Soldaten wird durch Regularien der Bundeswehr abgewickelt. Das eventuell freigesetzte Zivilpersonal auf den oben angeführten Standorten wird, davon muss zunächst aus
gegangen werden, kaum eine Möglichkeit erhalten, auf andere Dienstposten in andere Standorte der Bundeswehr in Mecklenburg-Vorpommern versetzt zu werden.
Bei einer möglichen Reduzierung der Bundeswehr wird auch das Land Mecklenburg-Vorpommern in die strukturellen Veränderungen einbezogen werden. Um die Reduzierung jedoch zu verhindern beziehungsweise in Grenzen zu halten, beabsichtigt die Landesregierung, rechtzeitig mit der Führung der Bundeswehr Kontakt aufzunehmen, um für den Erhalt der von einer Schließung bedrohten Standorte in strukturell schwachen Regionen einzutreten. Und wir werden unter anderem die Angelegenheit im Verteidigungsausschuss des Bundesrates im Mai behandeln und erste Vorstellungen des Verteidigungsministers dort persönlich von ihm erfahren und wir – die Länder – werden natürlich auch unsere Anliegen vorbringen. Anzustreben ist ein Konsens hinsichtlich einer ausgewogenen Reduzierung der Bundeswehr und, wenn es auch um Schließung von Standorten geht, natürlich auch darum.
Eine Schließung in der Region Vorpommern würde die Situation auf dem bisher stark belasteten Arbeitsmarkt weiter verschärfen und das wollen wir verhindern, meine Damen und Herren.
Die mit einer neuen Stationierungsentscheidung dauernd entbehrlichen Liegenschaften, würden entsprechend der vorhandenen Größenordnung und der Lage im Raum auf Jahre hinaus keine Chance auf eine zivile Anschlussnutzung haben und zu einer Verödung führen. Dazu darf es meines Erachtens nicht kommen.
Um den Verteidigungshaushalt 2000 ist eine intensive Diskussion der Fachöffentlichkeit entbrannt. Es besteht weitgehend Übereinstimmung darin, dass die mit diesem Haushalt verbundenen Kürzungen in einem eklatanten Widerspruch zu der von der Regierung beschlossenen erweiterten Aufgabenstellung der Bundeswehr sowie zu der dringenden Notwendigkeit stehen, deutliche Ausrüstungslücken zu schließen und die Ausrüstung der neuen Aufgabenstellung anzupassen. Der vorliegende Regierungsentwurf für den Verteidigungshaushalt 2000 sieht eine Reduzierung auf 45,333 Milliarden DM vor. Damit sinkt der Haushalt 2000 gegenüber dem Haushalt des Jahres 1999 um 1,7 Milliarden DM und der Anteil des Verteidigungshaushaltes am Gesamtetat des Bundes, der insgesamt nur minimal sinkt, ist damit auf 9,5 Prozent gesunken. Der Anteil am Bruttoinlandsprodukt sinkt auf 1,1 Prozent. Damit bildet Deutschland als zentrale Mittelmacht Europas und als bevölkerungsstärkster Mitgliedsstaat der NATO und der EU sowie der westeuropäischen Union das Schlusslicht, gemessen an der relativen Höhe der Verteidigungsausgaben.
Die im Rahmen der Haushaltsaufstellung und Finanzplanung für die Jahre 2000 bis 2003 beschlossenen Einsparungen gegenüber der bisherigen Finanzplanung haben erhebliche Auswirkungen auf Betrieb und Ausrüstung der Streitkräfte. Es werden deshalb Überlegungen angestellt, Rüstungsvorhaben zu kürzen oder sogar aufzugeben, den zivilen und militärischen Personalumfang kurzfristig zu reduzieren, Betriebs- und Stationierungskosten zunächst durch die Optimierung der Nutzung von Standorten einzusparen, Leistungen, die von der Bundeswehr bisher unentgeltlich erbracht worden sind,
zum Beispiel im Rahmen der Katastrophenhilfe, auf sozialem und karitativem Gebiet, bei der Mitbenutzung von Sportstätten oder der Flugbereitschaft, künftig nur noch gegen Bezahlung zu tätigen.
Erste Auswirkung für das Land Mecklenburg-Vorpommern war die im Monat Februar 2000 ausgesprochene Stornierung der Instandsetzungsaufträge für die Neubrandenburger Fahrzeugwerke. Hier haben wir als Landesregierung prompt reagiert. Bundesverteidigungsminister Scharping wurde gebeten, die Vergabe der Aufträge an die Neubrandenburger Fahrzeugwerke nochmals prüfen zu lassen. Ebenfalls wurden Bundestagsabgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern gebeten, ihren persönlichen Einfluss hinsichtlich dieser Auftragsvergabe an die Neubrandenburger Fahrzeugwerke geltend zu machen. Erste Erfolge sind zu verzeichnen. Sie sind darauf eingegangen.
Nach dem Besuch von Staatsminister Schwanitz am 28.03. diesen Jahres bei den Neubrandenburger Fahrzeugwerken wurde der Geschäftsleitung zugesichert, dass 135.000 Instandsetzungsstunden für das Jahr 2000 ohne Abstriche zur Verfügung stehen.
Eine generelle Vergabe von Aufträgen der Bundeswehr an Unternehmen im Land Mecklenburg-Vorpommern unterliegt natürlich dem öffentlichen Ausschreibungsprozedere, also nach VOL und VOB. Eine davon abweichende Vergabepraxis kann nur politisch entschieden werden. Und eine annährende Grundlage, die einer möglichen Entscheidung zugrunde gelegt werden sollte, wäre, sich am Anteil der neuen Bundesländer an den gesamten Stationierungen der Bundeswehr zu orientieren. Diesem Anspruch nahe zu kommen, Herr Prachtl, darin stimmen wir ja überein. Nur, Sie wissen auch aus der Vergangenheit, dass das ein schwieriger Weg ist und das der letztlich nicht hundertprozentig erfolgreich war in Ihrer Verantwortungszeit.
Zu den Aktivitäten der Landesregierung vor der Verabschiedung eines langfristigen Strukturkonzeptes der Bundeswehr, auf die Konzeption des Bundes einzuwirken, um damit abhängige Betriebe und Arbeitsplätze zu sichern, möchte ich noch Folgendes anmerken:
Einer Übersicht der Auftragsberatungsstelle Mecklenburg-Vorpommern zufolge sind gegenwärtig elf Unternehmen registriert, die Aufträge der Bundeswehr bereits auf den verschiedensten Gebieten realisiert haben und daran interessiert sind, auch weiterhin Aufträge zu erhalten. Die Produktions- und Angebotspalette sowie der Anteil der Bundeswehraufträge am Gesamtumsatz dieser Unternehmen sind ausgesprochen unterschiedlich. Einige Unternehmen sind darunter, die in keiner direkten Vertragsbeziehung zur Bundeswehr stehen, sondern als Zulieferer großer Rüstungsunternehmen arbeiten.
Aufgrund der vorliegenden Angaben stehen zwei Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern in direkter und größerer Abhängigkeit von Aufträgen der Bundeswehr. Hier ist das bekannteste das schon erwähnte Neubrandenburger Fahrzeugwerk mit circa 80 Prozent. Ich kann eine andere Firma hier erwähnen, weil sie mich direkt angesprochen hat, weil sie beim letzten Mal bei der Diskussion hier nicht erwähnt worden ist, das ist die Manika Autotechnik GmbH Güstrow mit circa 20 Prozent der Umsätze. Hinsichtlich dieser Unternehmen wollen wir die
Bundesregierung nochmals auf eine politische Entscheidung zur prozentualen Verteilung der Instandsetzungsleistung vor allem bei den gepanzerten und ungepanzerten Rad- und Kettenfahrzeugen aufmerksam machen. Alle weiteren Schritte unsererseits werden dann von der Reaktion der Bundesregierung abhängig gemacht. Ich denke, wir sind hier auf einem richtigen Weg. Wie erfolgreich er dann sein wird, das wird die Zukunft zeigen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Heiterkeit bei den Abgeordneten – Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Wir haben uns schon gefreut, Herr Bräunig!)
Ich wiederhole es noch mal: … wohlwissend von Seiten der CDU, dass die PDS ein gespaltenes Verhältnis zur Bundeswehr hat.
Ich muss Ihnen dennoch sagen, dass wir bis gestern Abend versucht haben, einen Änderungsantrag hinzubekommen, aber eben aus diesen ideologischen Gründen ist es nicht passiert. Wir haben es nicht geschafft. Insofern, da muss ich auch vorgreifen, werden wir diesen Antrag ablehnen,
Ich möchte hier an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich sagen, dass die SPD-Landtagsfraktion sich nachdrücklich zur sicherheitspolitischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rolle der Bundeswehr bekennt
und die Bundeswehr ein Eckpfeiler unserer Demokratie ist und bleibt. Das wollte ich an dieser Stelle noch mal ganz deutlich sagen. Gleichzeitig ist die Bundeswehr ein bedeutender Wirtschaftsfaktor im Land und trägt wesentlich zur Entwicklung unseres Landes bei. Dazu gehören neben den militärischen und zivilen Arbeitsplätzen die Auftragsvergaben der Bundeswehr an Unternehmen des Landes wie auch die Kaufkraft der Soldaten und ihrer Familien in der Region.
Meine Damen und Herren! Gleichzeitig sagen wir jedoch auch, die von der Bundesregierung geplante Strukturreform der Bundeswehr ist aus sicherheitspolitischen und strukturellen Gründen notwendig.