Protocol of the Session on April 13, 2000

weit über unsere Legislaturperiode hinaus. Deshalb ist es mir eigentlich nicht so wichtig, abzustimmen oder nicht abzustimmen, sondern das Wichtige ist, diesen Prozess zu beobachten. Und von daher, denke ich, ist die Landesregierung schon gefordert, immer wieder zu berichten, nicht um irgendeiner Berichtspflicht Genüge zu tun, sondern um uns als Abgeordnete auf dem Laufenden zu halten, was denn da alles schon passiert.

Und, verehrter Herr Kollege Helmrich, ich kann Ihnen sagen, da läuft wesentlich mehr, wesentlich mehr, als ich noch vor vier Wochen selbst wusste. Ich hatte die Gelegenheit, Sie wissen das, ganz kurzfristig den Ministerpräsidenten auf seiner Reise nach Warschau zu begleiten. Und im Zusammenhang der kurzen, aber komprimierten Vorbereitung auf diese Reise konnte ich mich selbst überzeugen, dass es ein großes Paket gibt, das die Landesregierung geschnürt hat und immer wieder neu schnürt, und alle Ministerien durch die ganze Breite dort beteiligt sind. Da geht es nicht nur um die Frage von Grenzübergängen, die auch immer wieder als virulentes Thema angesprochen wird. Da geht es nicht nur um die Frage, Generalkonsul oder Honorarkonsul, auch dort gibt es Bewegung. Aber solange, das ist der Hintergrund, der Bund hier nicht ganz klar die Berufung ausgesprochen hat, kann das Land diesem Honorarkonsul natürlich jetzt auch nicht mit sekundierenden Maßnahmen zur Seite treten. Hier geht es nicht nur um den Jugendaustausch, auch um den Jugendaustausch, und wir haben die erfreuliche Mitteilung erhalten, dass es doppelt so viele Bewerber gibt für den Jugendaustausch, als Geld da ist. Und das, denke ich, ist bei der Geschichte unserer beiden Völker eine sehr positive Entwicklung.

Aber um noch einmal auf die Landesregierung zu sprechen zu kommen: Es gibt dort weiterhin Prozesse wie zum Beispiel den Straßenbau. Der Ministerpräsident hat in Warschau das Thema Via Baltika angesprochen, das heißt die Frage, wohin denn unsere so genannte Küstenautobahn weiterhin führen kann, weiter nach Osten über

Polen, über Estland bis hin nach Sankt Petersburg. Ich denke, solch eine Entwicklung werde ich begrüßen. Da gibt es ganz konkrete Dinge, die in Bewegung sind. Der stellvertretene Ministerpräsident hat die gemeinsame Erklärung, die alte zwischen West-Vorpommern und Mecklenburg-Vorpommern, angesprochen und es ist in der Tat so, dass eine neue in Vorbereitung ist und noch in diesem Jahr unterschrieben werden soll. Eine weitere gibt es mit der Woiwodschaft Pommern.

Die Arbeitsgruppen existieren zwischen den einzelnen Ministerien. Ich weiß es aus dem Landwirtschaftsministerium, dass es dort eine Arbeitsgruppe gibt, die nicht nur mit Polen, sondern auch mit Estland auf der Ebene der ministeriellen Absprachen kooperiert, und das heißt dann immer auch, dass ganz konkrete Projekte verwirklicht werden, die weit über die Absichtserklärungen hinausgehen, die laufen. Landwirtschaftsministerium, Bau- und Arbeitsministerium, Wirtschaftsministerium, Innenministerium, Justizministerium, vielleicht habe ich noch eins vergessen. Es gibt in fast allen Ministerien klar verankerte Arbeitsgruppen. Experten aus Ministerien aus dem Osten und aus unserem Land treffen sich regelmäßig. Das ist etwas, was es vor einem Jahr überhaupt noch nicht gab.

Es ist hier also ein Prozess in Bewegung gekommen, der die denkbar günstigste Voraussetzung ist, die vielen schweren Probleme, die bei der EU-Erweiterung kommen werden, ein bisschen ins Blickfeld zu nehmen. Dass es Probleme geben wird, das liegt auf der Hand, und dass wir sie nur begrenzt abfedern können, auch. Das hat die deutsche Einigung gezeigt, dass es sofort ein Ost-WestGefälle auch in unserem Land gab und gibt, und das wird bei der EU-Erweiterung Richtung Polen überhaupt nicht zu vermeiden sein. Aber wir müssen versuchen, dieses Thema anzugehen und vielleicht ein bisschen abzufedern.

Ich könnte noch manches sagen über Dinge, die gegenwärtig zwischen der Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern und zwischen Polen laufen. Ich will mir das hier an diesem Punkt sparen. Wir werden, denke ich, Gelegenheit haben, im Rechtsausschuss vertiefend über etliche angesprochene und zukünftige Fragen zu reden, und ich denke, wir werden in dieser Legislaturperiode mit diesem Thema nicht zu einem Ende kommen. Trotzdem freue ich mich auf das Gespräch. – Danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke, Herr Dr. Körner.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Brick von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ein bisschen hat sich das Interesse in diesem Hause ja an Europa und an der Osterweiterung gebessert. Es sitzen ein paar Abgeordnete mehr drin als zu Anfang.

Herr Holter, wir haben schon früher angefangen, mit Polen Verträge zu machen.

(Siegfried Friese, SPD: Hier ist das Plenum!)

Schon die Regierungsbevollmächtigten von Neubrandenburg und von Rostock haben einen regen Kontakt auch auf vertraglicher Basis mit Polen gepflegt. Leider ist

dies dann nachher nicht so weitergegangen. Gestatten Sie mir einen kleinen Exkurs:

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ja, wer mag dafür wohl die Verantwortung getragen haben?)

Von Rostock bis Friedrichshafen, von Dresden bis Dortmund werben die Landesregierungen mit starken Sprüchen. Wer wirbt und wer prahlt eigentlich nur? Das wissen wir jetzt, nachdem Frau Bulmahn, Bundesforschungsministerin, eine Bestenliste aufgestellt hat. Danach liegt Vorpommern unter 97 Regionen auf Platz 88 und ich stelle die Frage: Was haben wir aus dieser Position der EU-Osterweiterung eigentlich entgegenzusetzen? Es geht mir nicht so sehr heute in meiner Rede darum, was die anderen alles haben oder nicht haben, sondern was wir mit Vorpommern machen. Das ist für mich wichtig.

Vielleicht darf ich noch mal ins Gedächtnis rufen: Seit 1991 gibt es Assoziierungsverträge, die jährlich 18 Milliarden DM gekostet haben, um den Reformprozess zu unterstützen. Seit 1993 kann man nach den Kopenhagener Kriterien beitreten. Seit 1998 hat es vier Regierungskonferenzen gegeben, zuletzt in Helsinki, die die Erweiterungsfähigkeit der EU bis 2002 schaffen sollen. Und da, Herr Holter, wollen Sie noch Übergangsfristen? Es hat genug Gelegenheiten gegeben, von denen, die da wollten, sich darauf einzustellen. Dafür stehen im EU-Haushalt Heranführungshilfen über SAPARD- und Phare-Propramme von jährlich 6,3 Milliarden DM. Beitrittsbedingte Ausgaben heißt der andere Titel mit jährlich 19,5 Milliarden DM. Ich denke, das ist ja wohl eine ganze Menge. 30 Kapitel sind zu verhandeln, 8 bis 11 sind je nach Land endverhandelt, aber wichtige Themen wie Finanzkontrolle, Haushalt, Justiz, Inneres, Regionalpolitik und natürlich die Landwirtschaft sind nicht einmal anverhandelt. Die Kompliziertheit der Landwirtschaft sind der Preisabstand, die Direktbeihilfen, Quotenniveau, Grundflächen-, Veterinär-, Tierschutzfragen und natürlich finanzielle Fragen. Es geht um Rechts- und Standardharmonisierung, um Finanzierungen, Ausnahmen und Übergangsfristen und selbstverständlich um die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, das ist keine Frage.

Beide Seiten, das hat sich jetzt herausgestellt, haben kein Konzept, was die EU dazu nutzt und veranlasst, auf Zeit zu spielen. Unveröffentlichte Empfehlungen der EUAußenminister sprechen vom harten Kurs und erteilen im Gegensatz zu ihrem Antrag Sonderwünschen eine deutliche Abfuhr. Es heißt dort klipp und klar: „Der freie Warenverkehr gilt vom Tage des Beitritts an.“ Es wird den Leuten nicht besser gehen, als es uns gegangen ist.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Richtig. Das glauben die aber nicht.)

Es geht also um Geld, es geht um Markt und nun zeigt sich die fehlerhafte Verhandlung unter deutscher Präsidentschaft. Die für die nächsten Jahre vorgesehene Agrarpolitik taugt eben nicht für die Übernahme durch die Beitrittsländer, weil sie ganz einfach viel zu teuer ist. Nach jetzigen Berechnungen fehlen jährlich 25 Milliarden Mark. Ohne Gegenleistung hat sich Deutschland beim Gipfel in Berlin die Kofinanzierung der europäischen Agrarpolitik abhandeln lassen, die nicht nur Finanzgerechtigkeit, sondern auch das Halten des ohnehin schmalen Einkommens der Bauern gewährleisten wird.

Nun wird es, das ist, denke ich, uns allen klar, zu einem brutalen Verteilungskampf kommen und Ihr Antrag sollte

dabei weniger die Landesregierung überfordern, weil sie die Antworten gar nicht geben kann, sondern diese Antworten hat Brüssel zu geben. Aber ich weise darauf hin, dass in anderen Grenzländern wie Sachsen und Bayern Konzepte und Finanzen bereits stehen, es dort sogar einen Außenwirtschaftsreferenten gibt und Produktionsteilung abgesprochen ist mit den Beitreterländern. Und jetzt kommen wir erst mit diesem Antrag.

Bei uns ist Vorpommern betroffen, das Sie vollmundig bei jeder Gelegenheit als Sonderfördergebiet ankündigen. Ihre bisherigen Rezepte sind mir nicht hinreichend bekannt, sind wirkungslos, weil sie auch zum großen Teil ideologisch motiviert sind, und basieren wohl eher auf den Urvätern deutschen Gutmenschentums. Nicht nur Heranführungspolitik der Beitreter, darum geht es mir, wir es Ihr Antrag will, ist dringend geboten, sondern die prophylaktische Vorbereitung der eigenen Grenzregion, und zwar mit Schwerpunktsetzung, sei es auch die Umverteilung von Ziel-1-Fördermitteln.

Sehr geehrte Damen und Herren, eins kann man Ihnen nicht vorwerfen, dass Sie nun gänzlich untätig gewesen sind. Es gibt da durchaus so Absichten, man kann sie vielleicht auch Programme nennen, zum Beispiel „Brüder zur Sonne, zur Freiheit“ oder zu deutsch „Solarier aller Länder vereinigt Euch“, und, obwohl ohne Markt- und Bedarfsanalyse, ohne Kaufkraftprognose, aber in unerschütterlicher Heilsgewissheit, wollen die Pommernfänger von Schwerin die Vorpommern mit Runkelrübenkraftwerken, Beerenhecken und dem Hummer des kleinen Mannes beglücken.

(Heiterkeit bei Erhard Bräunig, SPD)

Sie machen sich zum übereifrigen Fellowtraveller und ich kann nur sagen: Oh, felix Pomerania!

Ich komme zum Schluss. Sorgen Sie für Taten, damit die für uns wichtige, für unser Land wichtige Ost-Erweiterung nicht verzögert wird und vor allen Dingen nicht auf dem Rücken der Verbraucher und der Landwirte stattfindet. Wenn es zur Sache geht, dann sind wir dabei. Wir sorgen, da können Sie sicher sein, aber auch dafür, dass es zur Sache geht. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Brick.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Schoenenburg von der Fraktion der PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Na ja, Herr Brick, ich fand’s ganz nett, was Sie da gesagt haben,

(Martin Brick, CDU: Sehen Sie, das ist doch was.)

aber man stellt sich immer wieder die Frage: Was haben denn die Minister der CDU in ihrer Zeit in Vorpommern denn so Hervorragendes vollbracht und warum kommt es denn eigentlich dazu, dass Vorpommern in dieser Zeit doch hinter dem mecklenburgischen Landesteil zurückgeblieben ist?

(Martin Brick, CDU: Das kann ich Ihnen vorrechnen.)

Das kann doch wohl nicht nur an der bösen Obstruktionspolitik der SPD gelegen haben, denn die PDS hatte ja zu dieser Zeit in der Regierung wirklich nichts zu sagen.

(Martin Brick, CDU: Aber diese Argumentation bringt uns nicht weiter, Herr Schoenenburg.)

Nein, nein.

(Martin Brick, CDU: Und Sie fangen die immer wieder an.)

Ja gut, aber dann erzählen Sie doch nicht solche Dinge

(Martin Brick, CDU: Sie wollen doch die klugen Menschen sein.)

und tun Sie doch nicht so, als ob Sie in Ihrer Zeit hier mächtig gewaltig Bewegung hineingebracht hätten und heute alles stagnieren würde.

(Friedbert Grams, CDU: Aber nicht das ganze Generalkonsulat abzuschaffen.)

Das ist nun einfach nicht der Fall. Und ich würde mir da wirklich mehr Sachlichkeit im Interesse der pommerschen Region, der vorpommerschen Region wünschen, viel mehr Sachlichkeit. Und dann sollten die Karten auf den Tisch gepackt werden. Es ist doch auch überhaupt nicht so, als ob wir heute hier das erste Mal über dieses Problem reden würden. Nein, von Anfang an begleitet uns die Frage der Grenzregion. Und von Anfang an haben wir da im Landtag immer wieder Übereinstimmung gehabt zwischen allen Parteien. Und von Anfang an gibt es wenig Bewegung. Das ist mein Eindruck und deswegen sollte der Antrag, der heute hier vorliegt, natürlich dazu beitragen, wieder etwas mehr Aufmunterung auch in der Regierung Platz greifen zu lassen.

Nun nehme ich erfreut zur Kenntnis, dass es mehr gibt, was sich da tut, als ich weiß, und deswegen hätte ich es auch ganz gerne und deswegen steht es ja auch im Antrag, dass darüber hier berichtet wird, denn wir möchten die Entwicklung in Vorpommern und die Entwicklung auf der polnischen Seite nicht nur den Regierungen überlassen, sondern wir wollen uns ja als Parlament einbringen. Und darauf zielt unter anderem dieser Antrag ab. Deswegen sage ich es hier noch mal, er ist nicht darauf gerichtet, sozusagen die CDU zu düpieren, die vor einem Jahr ihren Antrag eingebracht hat, wo ich aber in der Zwischenzeit immer mal gemerkt habe, dass man gar nicht so sehr eifrig ist, diesen Antrag in Beschlussform hinzukriegen,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Wir schon. Wir schon.)

denn die Wirtschaftler haben lange gebraucht, um sich überhaupt zu bewegen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Nicht wir.)

Sie sind nicht einmal nach Pasewalk geeilt,