Trotz aller gegenteiligen Bekundungen gibt es in der Gesellschaft der Bundesrepublik eine permanente Angst vor den und dem Fremden. Gefördert wird dies durch die zu oft fehlende Zivilcourage von politischen und gesellschaftlichen Verantwortungsträgern, PolitikerInnen und LehrerInnen zum Beispiel, sowie politischen Entscheidungen und Verlautbarungen. Wie soll denn ein Mensch in der Gesellschaft der Bundesrepublik begreifen oder sollen junge Menschen gar lernen, dass der Mensch neben ihm/ihr nicht nach dem Arbeitsplatz, dem Geld oder anderem Eigentum trachtet, sondern etwas gemeinsam mit ihm und ihr gestalten und erreichen will, in einer Gesellschaft, die dadurch gekennzeichnet ist, dass jede und jeder scheinbar nur darum bemüht ist, mit dem Hinterteil an die Wand zu kommen?! Wie soll dieses System, das in sich dadurch bereits ausgrenzt, dass es nur Starke, Gesunde und Leistungsfähige benötigt, für ein friedliches Miteinander aller werben? Wie glaubwürdig sind denn die Verantwortlichen in diesem Land, wenn sie nach jahrelangem Zusehen dann ihre Konflikte mit Bomben lösen und andererseits fordern, dass Kinder und Jugendliche ihre Konflikte gewaltfrei zu lösen haben?
Für die Menschen und nicht nur für die Jugendlichen muss erlebbar sein, dass es sich lohnt, sich für Mitmenschen einzusetzen.
Mein letzter Satz. Dabei sollte ein jeder jedoch nicht vergessen: „Das Ziel ist der Weg.“ von Mahatma Gandhi.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über Ursachen und Bekämpfungsstrategien im Bereich Rechtsextremismus haben wir öfter geredet. Ich will auf diese Zusammenhänge gar nicht eingehen. Ich verweise auf meine Rede hier im Mai letzten Jahres, ich habe dem nichts hinzuzufügen. Und wie ich heute festgestellt habe, wird das, was ich damals konstatiert habe, auch vom jetzigen Innenminister
so geteilt. Ich gebe ihm auch Recht, wenn er am Schluss etwas resignierend sagte, aber ehrlich: „Es gibt keinen Königsweg.“ Was allerdings auffällt, ist, dass mit dem Phänomen Rechtsextremismus nicht so offen umgegangen wird, wie wir uns das wünschen. Noch am 10. 03. hat der Innenminister Vergleiche gezogen und festgestellt, die rechtsextremistischen Gewalttaten seien ganz erheblich zurückgegangen. Da haben wir uns alle gefreut. Wir haben genau hingeguckt: Er hat ’97 mit ’98 verglichen.
Herr Innenminister, wir hatten erst heute das Vergnügen, von Ihnen zu hören, dass zumindest die Gesamtzahl der Straftaten mit rechtsextremistischem und fremdenfeindlichem Hintergrund zurückgegangen ist. Aber sehr besorgniserregend ist – und dazu müssten Sie etwas sagen, das haben Sie in Ihrer für eine Aktuelle Stunde sehr langen Rede nicht gesagt, was Sie denn jetzt tun wollen –, die Gewalttaten mit rechtsextremistischem Hintergrund sind erstmals wieder angestiegen, und da brauchen wir neue Konzepte. Worin ich Ihnen zustimme, ist, dass Sie gesagt haben, dass der Verfassungsschutz hier eine wichtige Aufgabe hat. Sie haben da die Unterstützung – da bin ich sicher – der gesamten CDU-Fraktion. Und deswegen noch einmal, Herr Kollege Böttger, Sie haben die Sinnhaftigkeit eines Verfassungsschutzes anlässlich einer aktuellen Affäre in Zweifel gezogen.
Gut, Sie haben damit Unrecht und ebenso Unrecht hat der Parlamentarische Geschäftsführer Ihrer Fraktion, wenn er sagt, man müsse Verfassungsschutz transparent machen,
indem der Innenminister verpflichtet würde, effektive und operative Erkenntnisse in öffentlicher Sitzung zu erläutern. Das ist naiv. Rechtsextremisten im Gewaltspektrum arbeiten verdeckt, das hat der Innenminister eben vorgetragen, und deswegen kann man ihnen nicht beikommen, indem man die Methoden zur Bekämpfung öffentlich diskutiert, jedenfalls nicht die Methoden, um Erkenntnisse zu gewinnen.
Ja, deswegen gibt es auch verdeckte Ermittler im Kriminalitätsbereich. Sie haben sicher da noch ein bisschen Nachholbedarf,
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Lassen Sie mal! Na, lassen Sie mal stecken!)
aber das ist richtig. Deswegen, Herr Innenminister, bitte ich Sie herzlich, das bei der geplanten Novellierung des Verfassungsschutzgesetzes, die Sie angekündigt haben, zurückzuweisen.
Herr Innenminister, Sie haben erst heute Zahlen genannt und wir werden diese diskutieren müssen. Wir müssen aber auch feststellen, dass die Landesregierung entgegen dem, was wir jetzt in einer längeren Rede gehört haben, eigentlich keine neuen präventiven Maßnahmen ergriffen hat. Ich will nicht darüber philosophieren, ob die Bezeichnung MOFREG oder MAEX, wie sie jetzt heißt, etwas anderes ist, ich sage Ihnen jedenfalls Unterstützung
zu, dass Sie Konzepte, die begonnen worden sind, auch weiterführen sollten, und ich denke, das ist richtig.
Sie haben sich aber ein hohes Ziel gesetzt in Ihrer Koalitionsvereinbarung. Dort stehen sehr wichtige Dinge drin und Sie haben sich darauf berufen, Herr Kollege Ritter hat das ja noch mal getan. Aber es ist schon sehr bezeichnend, dass Sie eine Aktuelle Stunde mit diesem Thema beantragen müssen, ehe uns überhaupt die Landesregierung ein Konzept vorlegt. Können Sie das eigentlich nicht erst mal intern vorbereiten?
Meine Damen und Herren, ich habe mit Interesse gehört, dass alle die schrecklichen Vorkommnisse in Eggesin angesprochen haben, aber eines haben Sie offenbar überhaupt nicht gemerkt: Hier ist ein ganz, ganz ungewöhnlicher Vorgang zu verzeichnen, nämlich es muss doch für uns alle ein Alarmzeichen sein, wenn der Generalbundesanwalt sagt, er muss den Staatsanwaltschaften unseres Landes das Verfahren entziehen und es selbst übernehmen, weil es eine solche Bedeutung hat. Den Herrn Justizminister, der auch Ministerpräsident ist, fordere ich auf, uns zu erklären, was da eigentlich passiert ist. Sind unsere Staatsanwaltschaften nicht mehr in der Lage, Strafverfolgung zu betreiben, wie wir das von ihnen erwarten? Dazu hätte ich gern mal eine klare Aussage.
(Beifall bei der CDU – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Das kann doch nicht wahr sein! – Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werte es als äußerst positiv, dass diese Landesregierung seit ihrem Amtsantritt Ende 1998 neue Akzente auf dem Gebiet der Bekämpfung des Rechtsextremismus gesetzt hat. Natürlich ist auch fortgesetzt worden, aber entscheidend ist doch, diese Landesregierung hat ihren klaren Willen erklärt, in einem Konzept und mit konkreten Maßnahmen gegen den Rechtsextremismus vorzugehen und dieses nicht als ein Delikt zu betrachten, das man so nebenbei und unauffällig betrachten kann. Darin besteht vor allen Dingen der neue Ansatz, Herr Thomas, und das wird auch Ihnen nicht entgangen sein.
Aber auch auf parlamentarischer Ebene war man nicht untätig. So hat die SPD dazu 1999 eine öffentliche Fraktionssitzung in Wolgast durchgeführt, wo die Rechtsextremisten ja zu dieser Zeit besonders aktiv waren. Der Innenausschuss hat sich am 8. September vergangenen Jahres in einem Expertengespräch von Professor Dünkel über die neueren Entwicklungen rechtsextremer Tendenzen von Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern berichten lassen und mit ihm darüber diskutiert.
Ein kleiner Beitrag dazu ist auch zum Beispiel in der Streichung der Wahlwerbezeiten für Parteien im privaten Rundfunk zu sehen. Darüber werden wir heute noch sprechen. Zwar sind davon letztlich alle Parteien betroffen, doch trifft dies vor allem die Partei, die Rechten, die nach außen hin nur über Medien ihren Wahlkampf führen.
Aber dass es sich bei dem Thema Rechtsextremismus, meine Damen und Herren, um ein Dauerthema handelt, wird nicht zuletzt auch dadurch sichtbar, dass sich der Landtag immer wieder mit diesem Thema beschäftigt, wenngleich, ich muss das sagen, mir nicht recht einleuchtet, wo nun die besondere Aktualität besteht,