Protocol of the Session on February 3, 2000

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

obwohl viele Argumente schon bei anderen Debatten zu dieser Problematik von uns geäußert wurden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, den Katzen gleich scheint der Transrapid sieben Leben zu haben. Den Katzen sollten wir diese Langlebigkeit gönnen, bei der Magnetbahn sollten wir solche Weitherzigkeit endlich beenden.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

Investiert wurden in diese Technologie bereits 2,2 Milliarden DM. Gestorben sind in den 80er Jahren bereits die Magnetbahnprojekte München–Hamburg, Hannover–Berlin, Düsseldorf–Köln.

Anfang der 90er Jahre wurden gesetzliche Grundlagen für den Bau der Strecke Hamburg–Berlin gelegt. Per Gesetz wurde zum ersten Mal ein Bedarf festgelegt, ob dieser nun besteht oder nicht. Im Magnetschwebebahnbedarfsgesetz heißt es im Paragraphen 1: „Es besteht Bedarf für den Neubau einer Magnetschwebebahnstrecke von Berlin nach Hamburg über Schwerin. Die Feststellung des Bedarfs ist für die Planfeststellung … verbindlich.“ Ein wahrhaft „demokratisches“ Gesetzgebungsverfahren, meine ich. Um dieses Verfahren herum stiegen die Kosten Jahr für Jahr, bis schließlich die jetzige Bundesregierung sagte: Mehr als 6,1 Milliarden DM gibt es von uns nicht. Um dieses Verfahren herum wurden die Fahrgastprognosen Jahr für Jahr korrigiert. Von zunächst 15 Millionen Fahrgästen ist man in den jetzigen Berechnungen bei 8,5 Millionen Teilnehmern am Schwebeverfahren im Jahr angekommen. Um dieses Verfahren herum wurden immer wieder neue Streckenführungen gesucht, mal zweispurig, mal einspurig, mal mit und mal ohne Haltepunkt in Schwerin.

Dieses Hin und Her, meine sehr verehrten Damen und Herren, das nun wahrlich nicht von den Gegnern des Transrapid organisiert wurde, ist nicht nur unsinnig, sondern kostet auch viel Geld.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Seit Regierungsübernahme von SPD und Bündnisgrünen wurde für die Transrapidstrecke in die Bundeshaushalte 1999 und 2000 rund 1 Milliarde DM eingestellt, und das, obwohl SPD und Bündnisgrüne die Fragwürdigkeit dieses Projektes schon einmal erkannt hatten und die Transrapidstrecke Hamburg–Berlin ablehnten. So jedenfalls steht es im Protokoll des Verkehrsausschusses des Bundestages vom 29. April 1998, als die SPD einem ent

sprechenden Antrag der Bündnisgrünen zustimmte. Das allerdings, meine Damen und Herren, war vor der Wahl, aber es schadet ja nicht, ab und an daran zu erinnern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, anstatt jetzt über alle möglichen Hintertürchen nachzudenken, wie der Transrapid noch zu retten sei, sollte viel eher darauf gedrungen werden, das Magnetschwebebahnbedarfsgesetz aufzuheben, denn dieses Gesetz verpflichtet zum Bau der Strecke Hamburg–Berlin. Es untersagt sogar, wie bereits dargestellt, den Bedarf für diese Strecke zu hinterfragen, und lässt andere Referenzstrecken eigentlich nicht zu. Auch die Gelder werden erst mit Aufhebung dieses Gesetzes frei und könnten für andere auch für unser Land wichtige Infrastrukturvorhaben eingesetzt werden. Es wäre also sinnvoller gewesen, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, Sie hätten den Ministerpräsidenten aufgefordert, sich für die Aufhebung des Magnetschwebebahnbedarfsgesetzes einzusetzen. Dann hätte ich sogar mit Ihnen gestimmt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Antragsbegründung und bei vielen Wortmeldungen von Befürwortern in den letzten Tagen wird auch wieder das Wort „Hochtechnologie“ bemüht. Abgesehen davon, dass diese Hochtechnologie schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat, schreibt der Wissenschaftliche Direktor des Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung Professor Dr. Kreibich in einem Artikel in der „Zeit“ vom 27. Januar: „Dass das Parlament dem Magnetbahnbedarfsgesetz dennoch zugestimmt hat, lässt sich nur so erklären: Die Regierungsfraktionen CDU/CSU und FDP wollten ihre gescheiterte Innovations- und Beschäftigungspolitik durch Signale einer faszinierenden Technologie … übertünchen; … Leider lässt sich aber nicht einmal das Argument halten, dass die Strecke Berlin–Hamburg für den Durchbruch dieser Weltmarkttechnologie gebraucht würde. Es ist ja in all den Jahren nicht gelungen, auch nur eine einzige ernsthafte Kaufoption weltweit ausfindig zu machen.“ Weiter schreibt Professor Dr. Kreibich: „Auf dem Gebiet der Rad-Schiene-Technik liegen in Verbindung mit dem Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechniken die großen Chancen für wettbewerbsfähige Zukunftsprodukte.“ Darum, so der Herr Professor weiter, „sollten die Milliarden in Produktentwicklungen der Schnittstellen-, Leit-, Steuerungs- und Verladetechniken sowie in neue Logistiksysteme investiert werden. Solche Innovationen können für den Industriestandort Deutschland ein weltweiter Knüller sein.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich ist der Arbeitsplatzaspekt besonders in unserem Land nicht zu vernachlässigen. Aber allein der Bau der Transrapidstrecke Hamburg–Berlin würde bei der Bahn den Abbau von 1.000 Arbeitsplätzen mit sich bringen. Das Geld für andere Verkehrsprojekte eingesetzt, würde zumindest in der Bauphase genauso viele Arbeitsplätze bringen und vielleicht die neuesten Personalabbaupläne des neuen Bahn-Chefs dämpfen.

Der BUND Mecklenburg-Vorpommern legt in seinem „Zukunftsprogramm Schiene“ folgende Zahlen vor: Für 890 Millionen DM könnte die Strecke Berlin–Hagenow–Hamburg für eine Fahrzeit von 100 Minuten ausgerüstet werden. Für 500 Millionen DM könnte das Verkehrsprojekt „Deutsche Einheit Nummer 1“ auf ein leistungsfähiges Doppelgleis gebracht werden. Für 150 Millionen DM könnte die Karniner Brücke wieder aufgebaut

werden und man könnte in zweieinhalb Stunden von Berlin nach Ahlbeck reisen.

Nun weiß ich sehr wohl, meine sehr verehrten Damen und Herren der CDU, dass Sie den Ausführungen des BUND sehr skeptisch gegenüberstehen. Daher noch einige Zahlen aus anderer Quelle: Im „Parlamentarierbrief“ der Deutschen Bauindustrie vom November 1999 heißt es unter der Überschrift „Verkehr schafft Arbeit“: „Nach Berechnungen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung“ – das ist nun sicherlich keine PDSnahe Stiftung – „schaffen bzw. erhalten 1 Milliarde an Investitionen in die Verkehrswege etwa 12.000 Arbeitsplätze, davon rund 5.800 in der Bauwirtschaft selbst.“ Also nicht nur der Transrapid schafft die dringend benötigten Arbeitsplätze. 1 Milliarde DM in Verkehrswege aller Art investiert, bringt 12.000 Arbeitsplätze. Der Transrapid soll vom Steuerzahler 6 Milliarden DM erhalten. Rechnen Sie nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, selbst aus, wie viel Arbeitsplätze das ausmachen könnte, und ziehen Sie dann Ihren Antrag zurück!

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

Zum Schluss, meine sehr verehrten Damen und Herren: Natürlich darf auch der Aspekt der Verkehrsanbindung, zum Beispiel der Landeshauptstadt Schwerin an Hamburg, nicht vernachlässigt werden. Gegenwärtig ist es aber so, dass auf der Strecke Güstrow–Hamburg über Schwerin täglich 17 Zugpaare fahren, sieben davon ab Bützow als Interregio, einer davon ab Bützow als IC. Im Vergleich zu anderen Regionen ist dies ein relativ gutes Angebot auf dieser Strecke. Stellen wir uns dann vor, dass alle im Jahr Geld für ihre Fahrkarte ausgeben und dann mit dem Trara zwischen Hamburg und Schwerin fahren. Wie viele normale Züge würden dann auf dieser Strecke noch fahren? Ein Aus für den normalen Zugverkehr und die Abbestellung dieser Strecke wären vorprogrammiert. Nun werden aber nicht alle so viel Geld aufbringen, um sich eine Fahrkarte für den Transrapid zu kaufen. Die Folge ist, dass weder der Transrapid noch der normale Zug das notwendige Fahrgastaufkommen mit sich bringen wird. Sinnvoll erscheint es mir also, in die vorhandenen Strecken, Fahrzeuge und Serviceleistungen zu investieren und so die Bahn als Alternative attraktiv zu machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, als dieser Tage bekannt wurde, dass der Fahrkartenschalter auf dem Malchiner Bahnhof geschlossen wird, fragte mich eine Bürgerin aus Malchin: Was habe ich dann davon, wenn der Transrapid für viel Geld gebaut wird? Ich wäre Ihnen dankbar, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie diese Frage heute noch beantworten könnten. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Ritter.

Das Wort hat jetzt Herr Dr. Born von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Herr Ministerpräsident, mit dieser Art und Weise, mit der Sie sich hier aus der Verantwortung abmelden, stellen Sie Ihrer Landesregierung schlicht ein Armutszeugnis aus und bezeichnend ist, dass nicht mal der Wirtschafts

minister anwesend ist, wenn ein solches Thema diskutiert wird.

(Unruhe bei Abgeordneten der SPD – Siegfried Friese, SPD: Geben Sie klare Antworten, Herr Born, nicht Polemik! Das ist doch Polemik!)

Offensichtlich darf der Wirtschaftsminister an dieser Debatte nicht teilnehmen, weil er sonst diesen Eiertanz, den Sie hier in den letzten Wochen vorgeführt haben, auch noch vor dem Parlament fortsetzen müsste.

(Siegfried Friese, SPD: Wir warten auf Ihren Eiertanz.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Friese, Sie verhalten sich schlicht so wie die Bürger von Hagenow vor einhundert Jahren. Sie sind damals dem Bau der Eisenbahn als Teufelswerk entgegengetreten und deshalb ist der Bahnhof heute noch mehrere Kilometer von der Stadtgrenze entfernt.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Ja, das ist schlicht so. Mit der einzigartigen, weltweit mit größtem Interesse verfolgten Hochtechnologie, ich erinnere nur an den Besuch des Bundeskanzlers Schröder in China, der Magnetschwebebahn Transrapid, würden nicht nur während der Bauphase rund 7.000 Menschen für mehrere Jahre in Lohn und Brot gebracht,

(Zuruf von Kerstin Kassner, PDS)

durch die Streckenführung Hamburg–Berlin würden nicht nur die beiden großen deutschen Metropolen miteinander im 20-Minuten-Takt verbunden, sondern durch den vorgesehenen Haltepunkt Schwerin würde das Land Mecklenburg-Vorpommern in einzigartiger Weise in diesen Verkehrsstrom hineingenommen.

(Angelika Gramkow, PDS: Und das haben Sie vom Parchimer Flughafen gesehen.)

Die Impulse für Innovation und Wirtschaftswachstum für den Arbeitsmarkt und die gesamte Entwicklung des Landes sind gar nicht hoch genug einzuschätzen, darauf hat Herr Seidel vorhin hingewiesen. Ein derartiges Projekt kann aber eben nur realisiert werden, wenn die Verantwortlichen in Bund und Land sich ohne Wenn und Aber und ohne kleinkarierte Erbsenzählerei zu ihm bekennen.

(Caterina Muth, PDS: Mit immer steigenden Kosten.)

Von allein bekommt man solche Dinge eben nicht realisiert, sonst brauchen wir überhaupt keine Landesregierung mehr, wenn Sie selbst bei solchen Zukunftsprojekten meinen, es geht auch alles ohne Sie.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Caterina Muth, PDS: Egal, wie teuer sie sind.)

Doch sowohl rot-rote Landesregierung wie rot-grüne Bundesregierung machen genau das Gegenteil. Sie versuchen mit geradezu an den Haaren herbeigezogenen Kosten-Nutzen-Analysen die angebliche Unwirtschaftlichkeit dieses Zukunftsprojektes zu belegen. Tatsache ist, dass der Bau der Transrapidstrecke keineswegs teurer käme als der Bau einer entsprechenden ICE-Strecke. Dabei muss man allerdings berücksichtigen, dass zwischen Hamburg und Berlin keine Steigungen zu überwinden sind. Sobald das Gelände etwas weniger eben ausfällt, liegen die Herstellungskosten einer ICE-Strecke

deutlich über denen einer Transrapidstrecke. Dass das niemand so deutlich öffentlich sagt, hat einen ganz einfachen Grund: Die Strecke Hamburg–Berlin wäre auch für die Deutsche Bahn AG aufgrund des hohen Fahrgastaufkommens durchaus eine ausgesprochen gewinnbringende Filetstrecke. Die Deutsche Bahn AG ist aber nicht nur Gesellschafter der Magnetschwebebahnplanungsgesellschaft, sondern soll auch nach der bisherigen Konzeption für den Betrieb des Transrapids auf der Strecke Hamburg–Berlin verantwortlich sein.

Während der heutige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG Mehdorn noch im November vergangenen Jahres die zögerlichen Entscheidungsabläufe bei der Realisierung des Transrapids kritisierte – da war er allerdings noch bei einem anderen Unternehmen tätig und meinte, der Airbus würde bis heute noch nicht gebaut, wohlgemerkt der kleine, nicht der A3XX, den Sie auch verspielt haben,

(Ministerin Sigrid Keler: Oh, jetzt wird’s aber schlimm.)

wenn man entsprechend zügig wie beim Transrapid verfahren wäre –, gebärdet er sich heute neben der rotroten Landesregierung in Schwerin als der eigentliche Chefbremser dieser weltweit einzigartigen Zukunftstechnologie.

(Peter Ritter, PDS: Vielleicht hat er auch bloß nachgerechnet.)

Ich freue mich, dass jetzt die Abgeordnete Frau Keler kommt, dann kann sie ja besser zwischenrufen als von der Regierungsbank.

(Sigrid Keler, SPD: Ja, Ihre unmöglichen Reden, die Sie hier halten, kann man nicht mehr unkommentiert lassen. – Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig.)

Meine Damen und Herren Abgeordnete, ich bitte doch hier auch um Sachlichkeit.

(Sigrid Keler, SPD: Die Sachlichkeit müsste vor allen Dingen von diesem Herrn mal kommen.)

Dass Sie offensichtlich …

(Sigrid Keler, SPD: Wir können uns ja mal die Reden ansehen, die er hält. – Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)