Es ist so, erst die zukünftigen Ordensträger verleihen diesem Orden seine Würde. Sie entscheiden über seinen gesellschaftlichen Stellenwert und nicht seine Farben.
Meine Damen und Herren, natürlich haben wir auch an die Exklusivität des Ordens gedacht. Schließlich, was ist ein Orden wert, wenn ihn jeder trägt? Die Anzahl der Ordensträger ist deshalb auf insgesamt 100 Personen begrenzt. Es sollen nur wenige Auszeichnungen im Jahr verliehen werden. Auch gibt es nur eine Ordensstufe. Die DDR-Praxis, nach der zu jedem denkbaren Anlass eine Unzahl von Plaketten und Ehrungen mit unterschiedlichen Abstufungen verteilt wurden, gehört der Vergangenheit an.
Nun zur Frage, die alle Landtagsabgeordneten sicherlich gleichermaßen interessiert, nämlich: Kann ich Bürger meines Wahlkreises für den Verdienstorden vorschlagen? Die Antwort lautet: Ja, Sie können. Aber ich sage Ihnen auch gleich: Jeder Bürger unseres Landes kann sich mit seinen Ideen und Anregungen für eine zu ehrende Person an den Landtagspräsidenten oder die Landesregierung wenden. Diese leiten dann den Vorschlag an mich weiter. Glücklicherweise ist es mir als Ministerpräsident auch vergönnt, ein eigenes Initiativrecht zu haben. Es ist wichtig, meine Damen und Herren, dass die Bürger ein wesentliches Wort bei der Ordensverleihung mitzureden haben, denn oft geschieht ein jahrelanger außerordentlicher Einsatz für unser Land eher im Stillen und Verborgenen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der zukünftige Verdienstorden des Landes Mecklenburg-Vorpommern stellt eine ideelle Anerkennung der herausragenden Leistungen und Verdienste von Bürgerinnen und Bürgern für unser Land dar. Er knüpft ein Band zwischen unserem Land und seinen Menschen, ein Band zwischen Tradition und Zukunft. „Vielen Dank.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Vielleicht deshalb, weil ich mit dem Matthäus-Evangelium beginnen möchte. Dort heißt es: multi vocati, pauci electi. Übersetzt: Viele sind berufen, wenige auserwählt.
In dieser 2.000 Jahre alten Schrift wird das Problem erkannt, dass wir Menschen nicht gleich sind. Wir wissen, aus dem lateinischen Verbum eligere – auswählen – wird französisch elite. Die Gruppe von Ordensträgern ist eine Elite. Sie hat ihre Rechte in der Demokratie nicht mehr durch Abstammung oder Erbe, sondern durch Verdienst, doch ist diese abgehoben von den anderen. Der holländische Historiker Johan Huizinga stellte fest, erst die Beimengung eines aristokratischen Elements macht die
Demokratie lebensfähig. Fehlt dieses Element, so läuft sie stets Gefahr, an der Unkultur der Massen zugrunde zu gehen.
Heinrich Mann, der uns bekannter ist, schreibt: „Die richtig verstandene Demokratie allein kann den neuen Adel formen, denn einen Adel braucht jeder Staat. Dieser aber will nicht den ein für allemal verankerten in Geburt und Besitz, er will die immer wieder erneuerte Aristokratie derer, die sich auszeichnen für die Nation.“ Bei dieser konservativen Begründung müsste ich als Vertreter einer konservativen Partei jubeln, dass eine PDS/SPD-Regierung
oder SPD/PDS-Regierung – nein, nein, das ist richtig – dem Parlament ein Gesetz über einen Verdienstorden des Landes Mecklenburg-Vorpommern vorlegt. Ich habe aber eher gemischte Gefühle, wenn nicht sogar Zweifel, angesichts dieses Entwurfs, und ich muss auch ganz deutlich sagen, lieber Herr Ministerpräsident, angesichts des Zeitpunktes. Ich werde es gleich begründen. Bisher gab es in unserer jungen Demokratie eine Vielzahl – das müssen wir offen sagen – von gelungenen Ehrungen und Auszeichnungen auf Bundesebene, Landesebene, kommunaler Ebene, es gab Stiftungen für Menschen unseres Landes. Dazu gehört zum Beispiel die anerkannte Verleihung des Bundesverdienstkreuzes. Hier meine ich, aufgrund der Anzahl der verliehenen Kreuze sind viel zu wenige für unser Land verliehen worden. Warum haben wir das nicht genutzt? Wir haben vielfältige Ehrungen von Sportlern, Künstlern, Schulleitern, Unternehmern, Schülern, Studenten, die Ehrung des Ehrenamtes, die Ehrung von Lebensrettern und Feuerwehrleuten, oder wenn Sie an Preise denken, erinnere ich an den gelungenen Umweltpreis, der vom Landtag verliehen wird, oder den Siemerling-Sozialpreis des Landes Mecklenburg-Vorpommern der Dreikönigs-Stiftung.
Diese Zahl der Würdigungen reicht für das Land Mecklenburg-Vorpommern nicht aus, meint nun die Landesregierung. Und die Landesregierung nennt das Problem. Sie sagt, die bisher geschaffenen Landesauszeichnungen sprechen eine Anerkennung nur für bestimmte Leistungen aus. Es sollte daher ein Verdienstorden für herausragende Leistungen und Verdienste geschaffen werden, der es ermöglicht, in Zukunft Personen, die sich in besonderer Weise um das Land Mecklenburg-Vorpommern verdient gemacht haben, in angemessener Form auszuzeichnen.
Dem könnte ich bedingt zustimmen, möchte aber darauf verweisen, dass sich die Form der Auszeichnungen und Ehrungen im Land bisher effizient und kreativ entwickelt hat und ein Ende dieser Kreativität nicht abzusehen ist, also hier noch sehr viel entstehen könnte. Ich denke, dass die Zahl der bisherigen Würdigungen vielleicht durchaus ausreichen könnte. Wenn aber jetzt die Notwendigkeit, Herr Ministerpräsident, der Ordensverleihung noch wie folgt begründet wird – ich zitiere: „Der Gesetzentwurf reagiert auf ein“ – und jetzt kommt es – „öffentliches Bedürfnis nach Schaffung“
„einer verkörperten Anerkennung von Verdiensten für das Land, wie es sie in der überwiegenden Zahl der Bundesländer gibt.“, dann kann ich dieser Argumentation nicht mehr folgen. Wissen Sie, warum? Da brauchen wir heute bloß in den „Medienspiegel“ zu gucken. Und wenn
da steht „Null Bock auf Politik“, dann kann mir keiner, ob rechts, links oder Mitte, einreden, wir haben voll Bock auf Orden. Also null Bock auf Politik und voll Bock auf Orden geht nicht,
Das hätte uns aber genauso passieren können, ob Lübz oder Rostock – egal, der Zeitpunkt ist ungeeignet. Ich will Ihnen auch sagen, weshalb. Dafür gibt es Begründungen, und die Begründungen liegen, glaube ich, in einem Bereich, den wir sehr hoch im Geistigen ansiedeln sollten. Ordensverleihungen waren historisch nicht unbeliebte Vorgänge in Deutschland, aber oft mit fatalen Folgen. Ich erinnere an die Orden des Nationalsozialismus, die die Deutschen zur Herrenrasse machen wollten mit der Folge, Millionen Menschen Unheil und Tod zu bringen. Erinnert sei auch an die Orden und Auszeichnungen der DDR-Zeit, die nur der Stärkung und Festigung der eigenen Macht dienten, manchmal auch lächerlich waren.
Auch wenn wir jetzt in einer Demokratie leben, gehört dieses Kapitel – Ordensvergabe in Diktaturen – zu unserer Geschichte, gerade weil wir Deutsche sind, und sollte in diesem Kontext genannt werden. Aktuell – das muss ich auch sagen – muss nachdenklich machen, wenn Putin Armeeangehörigen Orden verleiht für ihren unsinnigen Kampf in Tschetschenien. Dann läuftís unseren Leuten kalt den Rücken herunter.
Nun könnte man aber sagen, lieber Prachtl, das holst Du aber weit her! Das wollen wir ja so. Ich denke, der vorgesehene Orden soll im politischen Bereich beantragt und verliehen werden. Das ist ein hoher Anspruch, den wir an uns, an die Politik stellen. Und ich möchte besorgt fragen: Wie sieht uns unser Souverän, nämlich das Volk, wenn wir jetzt so etwas machen?
Es gibt zwei Argumente bezogen auf die Landespolitik, die mir eine vorläufige Nichtverleihung der Orden in der vorgesehenen Form als zweckmäßig erscheinen lassen:
Erstens. Unsere politische Kultur ist zwingend verbesserungsbedürftig, unsere hier im Parlament genauso wie der Umgang von Regierung und Opposition. Auch wenn aus Gegnerschaft Feindschaft wird, sind das Dinge, die ich so nicht für gut halte. Für den Verlust dieser demokratischen Kultur ist nicht die Bevölkerung verantwortlich, sondern sind wir Politiker verantwortlich, und das haben wir oft genug beklagt.
Und zweitens, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben doch damals die Enquetekommission gegründet und uns auch ordentlich damit auseinandergesetzt. Ich erinnere an die Ergebnisse dieser Kommission. Es gab ein unumstrittenes Ergebnis, und das war im Grunde: Wir haben von Versöhnung Tag und Nacht geredet und wenn es darauf ankam, haben wir keine gehabt.
Lieber Herr Ministerpräsident, in einer Gesellschaft, in der wir sagen, Versöhnung gibt es noch nicht, muss zumindest ehrlich die Frage gestellt werden, wenn es so unversöhnlich ist, und so versöhnlich ist es ja nicht: Ist es dann gut, Orden zu verleihen? Ich gehe davon aus, wenn der Orden verliehen wird und versöhnliche Gruppierungen oder Personen, die dazu gehören, diesen Orden bekommen, dann gibt es nur Streit und Unfrieden. Ich weiß nicht, ob damit unserem Land Mecklenburg-Vorpommern gedient ist. Das sind zum Teil Prachtlsche Ansichten, aber es kann ja sein, dass eine Mehrheit dafür stimmt und wir einen Orden bekommen.
Erstens. Beim Hosenbandorden, Herr Ministerpräsident, ist die Zahl der möglichen Mitglieder begrenzt, nämlich 25 plus König. Hier werden es also 100. Der Ministerpräsident zählt nicht dazu. Aber hier muss ich sagen, es ist besser, wenn diese Zahl aufgehoben wird. Hier muss nur kontrolliert werden, dass Leistungen honoriert werden und jede unnötige überflüssige Ordensinszenierung – egal, von welchem Ministerpräsidenten – scharf, auch von den Medien, kritisiert wird unter dem Motto: Schaut der Eitelkeit der Macht auf die Finger! Dann geht das, dann braucht man die Sache nicht auf 100 zu begrenzen.
Zweitens. Landeshymne, Ordensvergabe, die das Volk annehmen soll, kann meines Erachtens nur im breiten Konsens mit der Opposition, mit der Regierung und auch im Dialog mit dem Volk geführt werden. Hier wäre ein wenig mehr Einfühlsamkeit von der Staatskanzlei oder der Regierung sicherlich gut gewesen.
Drittens. Zum Orden selbst, seine Gestaltung – vielleicht hätte man hier auch kreativer sein sollen. Sie wissen, diese wunderschönen Abzeichen, die mit den Landesfarben voll Stolz getragen werden, die auch vergriffen sind, über so etwas hätte man gemeinsam mal nachdenken sollen. Ich habe natürlich persönlich nichts gegen ein Malteserkreuz. Das werden Sie sich auch denken können, warum.
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Vor allen Dingen, wenn da auch ein Malteser dran ist. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)
Na ja, selbstverständlich. Da kann man einmal an die ordentlichen Malteser denken und auch an den, der ordentlich schmeckt.
Viertens. Sollte es zur Ordensvergabe kommen, so sollten – das ist mein letzter Vorschlag – definitiv Landes- und Bundespolitiker von Mecklenburg-Vorpommern ausgeschlossen werden, da ihr Dienst für das Volk bei relativ guten Diäten schon Lohn genug ist.
Sie sehen, dieser Gesetzentwurf, so gut er auf den ersten Blick gemeint sei, bedarf doch einer aufrechten und kritischen Betrachtung, die wir in den Ausschüssen verantwortungsvoll wahrnehmen sollten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! In dem erhabenen 1961 erschienenen Staatslexikon findet man im sechsten Band unter dem Stichwort Orden und Ehrenzeichen