Herr Gladiator, Sie behaupten, dass es auf Bundesebene jetzt reibungslos läuft, dass Menschen, die momentan in den Lagern sitzen, auf Wunsch auch wirklich zurückkommen können. Ich saß eben mit betroffenen Familien, deren Enkelkinder – und auch Töchter – in diesen Lagern sitzen, im Gespräch, und sie haben sehr deutlich gesagt, dass sie schon lange in diesem Prozess stecken und dass es nicht so einfach ist, wie Sie es eben erläutert haben.
Herr Jarchow, dass Sie die Punkte ablehnen, weil es Ihnen nicht zu weit geht, weil Sie eine andere Auffassung haben – da hätte ich mir gewünscht, dass Sie dazu einen Zusatzantrag stellen, dann hätten wir dem auch sicher zugestimmt. Aber dann den Antrag mit der Argumentation abzulehnen, finde ich echt ein bisschen schwach.
Herr Gladiator, das muss ich einmal loswerden. In der Debatte, wenn es um die Abschiebung von straffällig gewordenen Ausländern geht, beschweren Sie sich darüber, dass die Herkunftsstaaten ihre straffällig gewordenen Staatsangehörigen nicht zurücknehmen möchten. Aber bei Ihren eigenen Staatsbürgerinnen und -bürgern verfolgen Sie doch eigentlich die gleiche Strategie. Das ist doch
die gleiche Herangehensweise. Sie sind populistisch, wenn es um die Ausländer geht, aber wenn es um Ihre eigenen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger geht, dann sehe ich Sie wirklich in der letzten Reihe sehr verantwortungslos in der Hinsicht.
Frau Möller, natürlich wird es heute keine abschließenden Antworten geben. Das habe ich auch den Familien gesagt, die schon lange in diesem Prozess stecken und wirklich verzweifelt sind. Aber irgendwann muss es doch diese Antworten geben. Die kurdischen Selbstverwaltungsstrukturen haben sich schon vor längerer Zeit, wirklich vor langer Zeit, an die deutsche Bundesregierung gewandt sowie auch an die anderen Staaten und haben wirklich schon vor Monaten das Angebot gemacht, darüber zu sprechen, wie die deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, ob nun Kinder, Mütter oder ehemalige IS-Kämpfer, zurückgeführt werden können. Die Bundesregierung hat diese Kooperation abgelehnt, und das müssten Sie eigentlich auch im Hinterkopf haben.
Warum läuft es denn in Frankreich nun sehr gut? Warum versuchen denn jetzt in Frankreich auch die Regionen, aus denen die IS-Kämpferinnen und -Kämpfer kommen, die von dort ausgereist sind, Maßnahmen zu ergreifen, um sie, wenn sie straffällig geworden sind, in die Gefängnisse oder vor Gericht zu packen oder die Kinder wieder zu reintegrieren in die Gesellschaft oder auch Rehabilitationsmaßnahmen zu ergreifen? Warum klappt das in Deutschland einfach nicht? So, wie Sie es geschildert haben, stimmt es nicht. Da würde ich Ihnen raten, sich noch einmal genauer zu informieren und wirklich noch einmal Druck auf Ihre Bundesregierung auszuüben.
Herr Nockemann, zu sagen, diese Personen möchten wir nicht mehr zurück, das ist rechtswidrig, das ist auch juristisch einfach nicht richtig.
Vielen Dank, Frau Özdemir. – Herr Gladiator, Sie haben sich gemeldet für die CDU-Fraktion und erhalten das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Auf zwei Punkte möchte ich noch eingehen. Ich glaube, ich habe mehr als deutlich gemacht, dass die Frage, ob wir deutsche Staatsbürger wiederaufnehmen, keine Frage ist, die wir diskutieren müssen, die ist rechtlich geklärt. Wir können deutschen Staatsbürgern das Recht auf Wiedereinreise nach Deutschland nicht verwehren, das steht fest, ob es mir passt oder nicht. Ich sage es Ihnen sehr deutlich, dazu stehen wir. Ich würde mir aber auch wünschen, dass diejenigen, die sich dem Terrorregime angeschlossen haben, Men
schen ermordet und geschlachtet haben, nicht meine Staatsbürger wären. Da bin ich Ihnen gegenüber tatsächlich sehr offen,
aber anders als Herr Nockemann von der AfD, für den der Rechtsstaat immer dann etwas zählt, wenn er ihn argumentativ für seine Ziele verwenden kann.
Hier sagt er allen Ernstes, die Sicherheit habe Vorrang vor dem Recht auf Wiedereinreise. Das stellt er einander gegenüber und sagt, damit solle die Wiedereinreise verhindert werden. Das ist wirklich billig und ich hoffe, dass das nicht einmal die Wähler der AfD glauben.
Hier sitzen so viele Juristen in der Fraktion, die hätten in Ohnmacht fallen müssen bei einer solchen Aussage, denn das ist kein Entweder-oder. Noch einmal: Das Faktum, dass wir deutsche Staatsbürger, und das sind auch die mit doppelter Staatsbürgerschaft, wiederaufnehmen müssen, ist nicht verhandelbar. Da kann die AfD auch auf Parteitagen andere Prioritäten beschließen, das ist Teil unseres Rechtsstaats, das ist garantiert.
Wir müssen dafür sorgen, dass, wenn wir sie wiederaufnehmen, es für diejenigen, die sich nicht deradikalisiert haben, die nicht in den Orten geboren worden sind und nichts dafür können, bei denen, die sich bewusst entschieden haben, die sich dem Terror angeschlossen haben, nur einen Platz in Deutschland geben kann, und das ist die Justizvollzugsanstalt; dafür muss alles getan werden. Darum ist es auch richtig, nicht ad hoc die Rückführung zu organisieren, sondern sehr sorgfältig die Sicherheitsanalyse zu machen, eine Risikobewertung vorzunehmen, die rechtsstaatlichen Verfahren vorzubereiten, dass wir sie eben nicht am Flughafen begrüßen und dann frei im Land herumlaufen lassen als unkalkulierbare Risiken. Das muss vernünftig vorbereitet sein. Noch einmal: Für diejenigen, die nach wie vor glauben, der IS verfolge legitime Zwecke, kann es nur einen Platz geben, und das ist die Justizvollzugsanstalt.
Natürlich müssen wir parallel für diejenigen sorgen, die unverschuldet in die Gebiete gekommen sind, die dort als Kinder geboren sind, die auch durchaus erkannt haben können, dass sie einen Teil ihres Lebens wirklich auf dem völligen Irrweg waren, weil sie vielleicht durch die Erlebnisse vor Ort, das Gesehene, das Erlebte gemerkt haben, das ist falsch. Natürlich wollen wir denen auch die Chance geben, wieder zum Rechtsstaat zurückzukommen, in die Demokratie; dafür gibt es die Programme. Es kommt nicht täglich vor, dass wir den
Senat loben, aber mit Legato sind wir da gut aufgestellt im Grundsatz. Es muss allerdings ausgeweitet werden und es muss tatsächlich mehr getan werden, da gebe ich dem Kollegen Jarchow recht. Da hilft es nicht zu sagen, wir haben doch genug, wenn die Kapazitäten nicht ausreichen, dann muss mehr gemacht werden.
Also ich wünsche mir da ein wenig mehr Ehrlichkeit in der Debatte. Die einen sollten nicht so tun, als sei das alles sehr einfach, morgen einmal schnell gemacht und die Bundesregierung würde nicht arbeiten, und bitte schön, die anderen mögen auch nicht so tun, als sei das Grundgesetz und seien die Grundrechte und die Staatsverträge, die Deutschland eingegangen ist, Makulatur, als würde man sie nur anwenden können, wenn es einem passt. Da gehört ein bisschen mehr Ehrlichkeit zur Debatte. Ich glaube, ich habe deutlich gemacht, wofür die Bundesregierung steht. Das unterstützen wir, denn in einem sind wir uns, glaube ich, hoffentlich einig: Die Sicherheit für die Menschen in unserem Land muss oberste Priorität haben.
Vielen Dank, Herr Gladiator. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Antrag der LINKEN aus Drucksache 21/16508.
Wer möchte diesem seine Zustimmung geben? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt.
Ich rufe Punkt 71 auf, Antrag der FDP-Fraktion: Luftqualität in Hamburg weiter steigern – ohne Fahrverbote.
[Antrag der FDP-Fraktion: Luftqualität in Hamburg weiter steigern – ohne Fahrverbote – Drs 21/16527 –]
[Antrag der CDU-Fraktion: Fahrverbote endlich aufheben! – Umsetzung des 13. Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in Hamburg. Aufhebung der Verbotszonen für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor. Überarbeitung der Luftreinhaltepläne – Drs 21/16659 –]
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann es relativ einfach machen, wir haben eine neue Rechtslage. Das heißt also, das, was der Umweltsenator pressewirksam eingeführt hat, nämlich diese Umleitungen in Altona, sind unseres Erachtens nicht mehr notwendig, weil erstens die Rechtsgrundlage fehlt. Zweitens war diese ganze Umleitung eigentlich ein PR-Gag. Stellen Sie sich vor, wir hätten noch eine Senatorin Blankau, da hätte wahrscheinlich ein Herr Kerstan sich vor den nächstbesten Diesel-Lkw geworfen, der durch die Stresemannstraße gefahren wäre.
Jetzt mit einem Mal hört man davon gar nichts mehr, und da wird nun ein kleiner Taschenspielertrick gemacht, wir können doch da zwei, drei Umleitungen einrichten und dann wird sich das alles geben. Das ist nicht mehr der Fall. Ich sage gleichzeitig, dass das, was bisher in der Umweltbehörde an Messungen gemacht wurde, sehr zweifelhaft ist, wenn man sich wirklich die Gesetzeslage auf europäischer Ebene anschaut und das Bundes-Immissionsschutzgesetz.
Ich sage das einmal sehr einfach: Die vier Messstationen wurden errichtet in einer Zeit, wo die Leute zwar wussten, was die EU ist, aber auf jeden Fall keine Ahnung hatten, was irgendwann einmal innerhalb der EU an Grenzwerten und an Vorschriften für Messstationen erlassen werden würde. Ich empfehle auch jenen, die in der Umweltbehörde sind, einmal richtig in die deutsche Übersetzung der EU-Richtlinie und des BundesImmissionsschutzgesetzes zu schauen und auch die Verordnungen durchzulesen, in denen nämlich exakt steht, wie gemessen werden soll, wo gemessen werden soll, wo nicht gemessen werden sollte beziehungsweise wo diese sehr schönen Daten gar nicht valide sind.
Ich erinnere einmal daran, dass diese Messstationen repräsentativ sein sollen, repräsentativ für die Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung, sprich sie müssen repräsentativ sein für die eingeatmete Luft und nicht repräsentativ sein für irgendeinen Standort, es sei denn, dieser Standort ist repräsentativ. Dieser Beweis liegt überhaupt nicht vor.
Der einzige Messwert, der immer noch teilweise an einigen Positionen überschritten wird, ist der Jahresmittelwert des Stickstoffdioxids – der Jahresmittelwert. Das heißt also, Sie müssen nachweisen, dass es Menschen gibt in dieser Stadt, die 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr dieser mittleren Dosis ausgesetzt sind. Das heißt also, wenn man irgendwo 50 Mikrogramm pro Kubikmeter
übers Jahr misst, bedeutet das nicht, dass dann in 100 Metern Entfernung in der Wohnung XY dieser Messwert entsteht und dass die Leute natürlich alle nicht immer eine ganze Zeit an demselben Ort sein werden. Die Lösung wäre natürlich, dieser Messwert wäre fast überall gleich, dann kann man das machen. Wenn man sich aber gerade den Luftreinhalteplan der Umweltbehörde anschaut, dann wird auf Seite 23 ff. dargestellt, wie die Messwerte um die Stationen alle stark fluktuieren. Das ist kein Beweis dafür, dass diese Messwerte repräsentativ sind. Tut mir leid, das können sie doch gar, wie soll das denn gehen?
Sie meinen natürlich, Naturwissenschaftler sollten das auch überlegen, gerade die Luft ist so variabel, dass man da wirklich einmal richtig wissenschaftlich arbeiten sollte und sich nicht nur darauf verlassen sollte, wenn man irgendwo einen Passivsammler hinhängt, dass dann 45 Mikrogramm pro Kubikmeter gemessen werden, dass dann die nächsten Nachbarn gleich tot umfallen. Ich sage das einmal sehr klar.
Es ist wichtig, dass auch oder gerade, wenn Leute in dieser Sache schummeln, man nicht der Versuchung erliegen sollte, dann brauchen wir es doch auch nicht mehr so ganz genau zu nehmen. Den Eindruck habe ich. Ich sage einmal, in der Umweltbehörde gibt es eine Menge schlauer Leute, deshalb gibt es auch so viele Informationen im Luftreinhalteplan. Ich erinnere nur an diese schönen Darstellungen, wie die Messwerte um diese Stationen herum fluktuieren, aber auch, wenn man sich anschaut, wie denn definiert ist, wo man überhaupt nicht messen darf. Ich sage einmal ganz eindeutig: In der Max-Brauer-Allee wird falsch gemessen. Es stehen Bäume darum herum und es ist auf einer Verkehrsinsel, das ist verboten nach BundesImmissionsschutzgesetz. Diese Stationen können Sie in die Tonne treten. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Dr. Duwe. – Als nächste Rednerin hat sich nun Frau Dr. Schaal gemeldet für die SPDFraktion. Bitte, Frau Dr. Schaal.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die rot-grüne Koalition will, dass die Luft in Hamburg besser wird.