Doch der Abgasskandal hat noch einen ganz anderen Prozess in Gang gesetzt. Auslöser, und das bestreitet niemand, sind die vorsätzlichen Manipulationen der Automobilhersteller. Das hat zweifellos das Vertrauen in den Diesel als saubere Verbrennungstechnologie nachhaltig erschüttert. Der eigentliche Brandbeschleuniger ist jedoch die politische Forderung nach Fahrverboten für ältere Dieselfahrzeuge. Und genau diese Forderung, die insbesondere von Teilen der GRÜNEN und einigen berüchtigten NGOs unterstützt und forciert wird, entpuppt sich immer mehr als umweltpolitischer Bumerang.
Ergebnis ist nämlich, dass die Zulassungszahlen für Diesel deutlich sinken – im September sind sie zum ersten Mal auf unter 30 Prozent gesunken –, und im Gegenzug steigen die Zulassungszahlen für Benziner deutlich an. Die liegen jetzt nämlich bei weit über 60 Prozent. Doch damit wird die Erreichbarkeit unserer Klimaziele zur Verringerung der CO2-Emissionen weiter erheblich erschwert, denn ein Benziner, selbst wenn er sehr modern ist, stößt eben deutlich mehr CO2 und im Übrigen auch deutlich mehr Feinstaub aus.
Das heißt: Nur um einen zweifelhaften Grenzwert einzuhalten, wurde eine Entwicklung in Gang gesetzt, die viel negativere Folgen hat. So etwas passiert eben immer dann, wenn die politisch Verantwortlichen ein Problem betrachten und sich nicht die größeren Zusammenhänge anschauen.
Meine Damen und Herren, ich stelle jedoch fest, dass es in der öffentlichen Debatte zunehmend auch um die Frage der Sinnhaftigkeit der Grenzwerte geht. Teile der politischen Akteure erwecken
ja gern den Eindruck, als ob Jürgen Trittin im Jahre 1999 einst von einem Berg im Sinai hinabstieg und eine Steintafel in Händen hielt, auf der geschrieben stand: Du sollst auf deinen Straßen nicht mehr als 40 Mikrogramm Stickoxid haben.
Aber wenn selbst ein Adventskranz schon deutlich mehr als 40 Mikrogramm ausstößt, muss doch der Sinn dieser Grenzwerte ehrlich diskutiert werden.
Politik muss immer in der Lage sein, Regeln, die beschlossen wurden, auf Basis neuer Erkenntnisse auch zu hinterfragen.
Daher bin ich schon sehr gespannt, wie dieser Senat darauf reagiert, wenn der Bundestag die Erhöhung der Grenzwerte von 40 auf 50 Mikrogramm beschließen wird. Im Koalitionsausschuss ist das übrigens schon durch. Die Position der CDU-Fraktion ist klar: Die Fahrverbote in Hamburg müssen spätestens dann umgehend aufgehoben werden.
Und für welche Position steht eigentlich unser neuer Bürgermeister? Olaf Scholz hat uns doch damals versprochen, dass es mit ihm keine Fahrverbote geben wird. Das wird die Bürgerschaft nicht beschließen.
Nein. – Olaf Scholz hat auch gesagt, wer Führung bestelle, bekomme sie auch. Aber diese Bestellung scheint mit dem Weggang von Olaf Scholz von der SPD umgehend storniert worden zu sein. Der Scholz-Nachfolger bleibt auch in dieser für Hamburg so wichtigen Frage vollständig unsichtbar und versucht lieber, mit hübschen PR-Aktionen an seinem Bekanntheitsgrad zu feilen.
So wie am 16. November. Da wurde der erste serienreife Elektrobus auf dem Rathausmarkt mit großem Tamtam und Spielmannszug feierlich in Betrieb genommen.
Vor dem Hintergrund, dass dieser Senat im nächsten Jahr fast 150 neue Dieselbusse anschaffen wird – das ist die größte Bestellung seit Langem –,
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bei Herrn Gamm weiß man gar nicht, wo man zuerst ansetzen soll, bei der Tirade, die er hier abgelassen hat.
Sie wissen doch ganz genau, Herr Gamm, dass sich diese Grenzwerte für Stickoxide niemand ausgedacht hat und dass sie auch nicht diskutierbar sind, sondern dass sie EU-weit vorgeschrieben sind
und wir bei der Frage, ob wir diese Grenzwerte erreichen, ja oder nein, darauf achten müssen, was sich innerhalb eines Jahres an Messungen ergibt. Wir reden hier vom Jahresmittelwert und nicht von einzelnen Monatswerten. All das scheint an Ihnen vorbeigegangen zu sein.
Erst ein Jahr nach der Durchfahrtsbegrenzung werden Sie feststellen können, ob wir damit die Werte gerissen haben oder nicht. Und außerdem ist es so: Wir haben nicht nur ein Durchfahrtsverbot in zwei Straßen in Hamburg, sondern wir haben im Luftreinhalteplan ein umfängliches Maßnahmenpaket, wo noch mehr gemacht wird, was dafür sorgt, dass die Luft sauberer wird. Wir werden 2020 Bilanz ziehen, und dann werden wir sehen, wo wir stehen. Alles andere ist doch völlig unseriös.
Wenn Sie sich einmal in der Republik umschauen, werden Sie feststellen, dass es nicht willkürlich ist, was ein Senat vorgegeben hat an Grenzwerten, sondern Sie werden feststellen, dass überall in der Republik die Verwaltungsgerichte Fahrverbote ausgesprochen haben, und wesentlich drastischer als bei uns in Hamburg. In Köln darf ab nächstem Jahr überhaupt nicht mehr in die Innenstadt gefahren werden
(Michael Kruse FDP: Außerhalb Deutsch- lands nirgendwo! – Gegenruf von Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das stimmt nicht! Madrid, London, Paris!)
mit älteren Dieselfahrzeugen, in Essen verhängte das Verwaltungsgericht in 18 Stadtteilen umfassende Fahrverbote. Erstmals ist auch über einen Autobahnabschnitt ein Fahrverbot verhängt worden. In Berlin, in Frankfurt, in Stuttgart wurden bereits streckenbezogene Fahrverbote verhängt. In Hessen ist es jetzt eine CDU-geführte Landesregierung, die freiwillig vor dem Verwaltungsgericht gesagt hat, sie wollen selbst die Fahrverbote ausgestalten, damit sie den Einfluss hat und ihn nicht an die Gerichte abgeben muss. Meine Damen und Herren, dagegen ist doch die Situation in Hamburg außerordentlich komfortabel.
Das Bundesverwaltungsgericht hat im Zuge seiner Grundsatzentscheidung über die Hamburger Durchfahrtsverbote geschrieben, diese Maßnahme sei – Zitat – grundsätzlich hinzunehmen, da sie über Durchfahrtsverbote nicht hinausgehe, mit denen Autofahrer stets zu rechnen hätten.
Es hat auch keinen Zweck, die in den Luftreinhalteplänen vorgesehenen Maßnahmen oder Anordnungen der Gerichte zu ignorieren. Das zeigt der Fall Bayern. Hier hat die Landesregierung sich über eine seit 2014 geltende Entscheidung des Verwaltungsgerichts hinweggesetzt. Der bayerische Verwaltungsgerichtshof wirft der Staatsregierung, namentlich ihrem Ministerpräsidenten Söder, evidente Amtspflichtverletzung, eine gezielte Missachtung des Gerichts
sowie die Bedrohung des Fortbestandes des Rechtsstaates vor und legt jetzt dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Klärung vor, ob Zwangshaft gegen hochrangige Politiker anzuwenden ist, wenn sie richterlich angeordnete Fahrverbote ignorieren.