Protocol of the Session on November 14, 2018

(Dennis Thering CDU: Bingo!)

Da frage ich mich: Haben Sie eigentlich diese Studie einmal gelesen? Denn in dieser Studie geht es nicht darum, dass der Stau bekämpft wird. In dieser Studie geht es darum, dass man den ÖPNV stärkt, dass man den Umweltverbund stärkt, dass man eine nachhaltige Verkehrspolitik macht; genau das. Und wenn Sie sagen, wir sollten in diesem Index besser werden, dann sagen Sie, wir sollten mehr rot-grüne Verkehrspolitik machen, wir sollten mehr auf den HVV, mehr auf das Rad setzen. Das ist genau die Zielsetzung, die dieser rot-grüne Senat verfolgt und dessen Maßnahmen Sie immer bekämpfen. Das ist genau der richtige Weg, auf dem wir sind, und davon werden Sie uns auch nicht abhalten. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Frau Sudmann von der Fraktion DIE LINKE.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie es Ihnen ergeht. Ich finde immer, die Verkehrsdebatten sind schon

(Martin Bill)

etwas seltsam. Auch hier erleben wir wieder, dass SPD und CDU beide sehr selbstgerecht sind und sagen: Wir machen doch alles gut oder wir haben alles gut gemacht. Aber ich kann Ihnen sagen: Dieser Streit führt nicht weiter. Ich muss auch einmal sagen: Die Jungs von der CDU, anders kann ich sie echt nicht nennen, sind immer außer Rand und Band nach dem Motto: Ich bin auch schon einmal im Straßenverkehr gewesen, ich weiß wie das ist, ich weiß genau, was man machen muss. Vielleicht wäre es besser, Sie würden öfter einmal die Luft anhalten, nicht immer draußen sein, sondern Debatten zuhören und einmal nachlesen, wie es wirklich ist. Aber dass immer alle gleichzeitig hier losbrüllen, hilft auch nicht.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und der SPD)

Ja, Sie sind total diskriminiert, Herr Trepoll, das finde ich auch. Sie tun mir echt leid.

Aber in einem Punkt stimmt es: Es gibt gefühlt und real ein Baustellenchaos auf Hamburgs Straßen. Das wird niemand hier abstreiten; das hat bisher auch niemand meiner Vorrednerinnen und Vorredner getan. Genauso stimmt es, dass es seit Jahren das Problem gibt, dass die Koordinierung irgendwie nur auf dem Papier oder auf dem schönen neuen Bildschirm stattfindet und es trotzdem passiert. Es wird eine Straße saniert, und dann kommt kurze Zeit später irgendein Träger, der sagt, er müsse aber noch Kabel, Rohre oder sonst etwas verlegen. Dass das heutzutage noch möglich ist, ist wirklich traurig. Darin sind wir uns hoffentlich alle einig: Das darf so nicht weitergehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber es ist doch auch ein Teil der Wahrheit, dass es auch daran liegt, dass jahrzehntelang nicht viel von der öffentlichen Hand investiert wurde, dass viele Bauunternehmen gesagt haben: Warum soll ich Kapazitäten vorhalten, es kommen doch keine Aufträge, egal, ob von CDU oder SPD? Jetzt haben wir das Problem: Wer soll jetzt bauen? Im Bezirksamt Hamburg-Nord hieß es: Wir finden keine Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer, wir versuchen, die Bauaufgaben zu vergeben, aber wir finden keine Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer.

(Vizepräsidentin Antje Möller übernimmt den Vorsitz.)

Also muss man überlegen, ob die freie Marktwirtschaft hier funktioniert hat oder wir sagen müssen: Wir brauchen auch das mehr in staatlicher Hand und sollten dafür auch überlegen, ob die Stadt selbst steuern und auch selbst bauen will. Aber so weit gehen Sie nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt zu dem Antrag von Rot-Grün. Es ist gut, dass Sie auch die Bezirksstraßen in den Blick nehmen,

dass Sie sagen, auch dort müsse man koordinieren. Denn auch dort ist jede Baustelle, die dazu führt, dass Umleitungsverkehr entsteht, nicht gut. Dass Sie auf Ihrem Parteitag beschlossen haben, Sie wollten sieben Koordinatorinnen und Koordinatoren einstellen, sieben Stellen, ist schon erstaunlich. Auch da bin ich, ehrlich gesagt, ein bisschen überrascht, wie gut es auf einmal möglich ist, Personal zu schaffen. Ich bin gespannt, wie Sie es, wenn wir die Senatsdrucksache haben, begründen wollen, dass Sie so viele Stellen dafür schaffen wollen.

Aber in einem Punkt sind SPD und CDU, finde ich, sich sehr ähnlich oder sich sogar sehr einig. Sie alle haben die Vorstellung, es könne irgendwie so bleiben wie bisher: Wir haben weiterhin so viel motorisierten Verkehr, wir werden weiterhin so viele Straßen brauchen. Sie gehen da völlig naiv heran und sagen: Wir können den Verkehr in dem Umfang behalten. Nein. Das können wir nicht, das sollen wir nicht …

(Zuruf von Michael Kruse FDP)

Herr Kruse, das können wir uns überhaupt nicht erlauben.

(Zurufe von Michael Kruse FDP)

Sie, die Sie noch nicht einmal für den Kohleausstieg sind, werden dafür verantwortlich sein, wenn die Luft noch schlechter wird und das Klima …

Es kann niemand hier im Haus sagen: Wir wollen den motorisierten Verkehr in diesem Umfang erhalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt viel dazu zu sagen, wir debattieren das immer. Wir debattieren darüber, wie der Platz in der Stadt besser genutzt werden kann als für das Abstellen von Kraftfahrzeugen, die 23,5 Stunden am Tag herumstehen; ich weiß, Herr Kruse, da gibt es noch Entwicklungsbedarf bei Ihnen. Das ist alles heute nicht unser Thema.

Sie reden sehr viel von Stau, besonders bei der CDU. Ich schlage vor: Heben Sie doch einmal den Stau in Ihrem Kopf auf. Suchen Sie einmal nach Wegen – die Sie sicherlich finden werden –, die zeigen, dass eine andere Verkehrspolitik möglich ist, egal ob Sie dafür Koordinatorinnen und Koordinatoren, ob Sie digitale Programme nutzen. Sie müssen erkennen: Wir brauchen eine Verkehrswende. Und dazu gehört, den motorisierten Verkehr zurückzudrängen, und dazu gehört, den Straßenraum neu zu verteilen. Und wenn Sie das einmal in Angriff nehmen, dann haben wir auch eine bessere Situation auf den Straßen in Hamburg. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die FDP-Fraktion bekommt nun Herr Aukes das Wort.

Verehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Wir haben in den letzten Monaten sehr häufig gerade über das Problem des Baustellenmanagements und der Baustellen in der Stadt gesprochen. Ich finde, in der Drucksache der CDU ist ein sehr wichtiger Satz, nämlich:

"Im letzten Jahrzehnt wurden keine ausreichenden Anstrengungen zur Instandhaltung der Hamburger Straßen vorgenommen."

Das ist richtig. Das ist die Ausgangsbasis, von der wir ausgehen müssen.

Und nun kommt es: Sie haben angefangen und dieses Problem nun auf Ihre Weise – die einen aus mehr ideologischer Sicht, Sie wahrscheinlich aus der Sicht, dass Sie ganz besonders viel machen wollen – in Angriff genommen. Mit der Folge, die wir Ihnen in den letzten Monaten immer wieder vorgetragen haben. Beispielsweise ist Hamburg eben keine Kurstadt, sondern Hamburg ist ein Wirtschaftsstandort. Wir haben gerade in der letzten Woche vom Handwerk gehört, dass 300 Millionen Euro Schaden pro Jahr allein durch Stau im Hamburger Handwerk entsteht. Handwerksbetriebe müssen pro Tag bis zu zwei Touren absagen, weil sie ständig im Stau stehen. Und das kann man natürlich ändern, wenn man nicht an einem Konzept festhält, das nicht funktioniert, sondern wenn man dieses Konzept vielleicht einmal variiert, ändert und so konstruiert, dass alle zu ihrem Recht kommen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Wir haben in einer Großen Anfrage, in einer großen Mitteilung – über 1 000 Seiten – festgestellt: Ihnen ist es tatsächlich gelungen, in den letzten dreieinhalb Jahren 20 000 Baustellen zu etablieren, und davon sind gerade einmal 782 pünktlich fertig geworden. Das ist doch kein Erfolg, das müssen Sie doch ändern. Ich hoffe, Sie werden es tun. Ihre Anträge, die Sie eingebracht haben, sagen zumindest, dass Sie aus den Fehlern lernen wollen; wir hoffen, dass es dann auch so sein wird.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Sie können allerdings im Grunde genommen, auch das muss man sagen, keine Aussagen zu fristgerechten Beendigungen von Baustellen machen. Sie haben derzeit kein stimmiges Konzept. Sie gründen Baustellen, immer wieder weiter, aber sorgen nicht für eine sinnvolle, wirtschaftsfreundliche und auch benutzerfreundliche Umfahrung. All das passiert nicht. Hamburgs Straßennetz ist derzeit ein einzigartiger Flickenteppich. Das erleben die

Menschen jeden Tag und darüber sind sie einfach nur sauer.

(Beifall bei der FPD und bei André Trepoll CDU)

Sie können viel einführen. Und da sind Sie mit dem, was Sie jetzt beide … Das ist einerseits im Antrag der CDU, aber auch Ihr Nachfolgeantrag, der wahrscheinlich auf der Idee basiert: Überlassen wir es nicht der CDU. Sie können natürlich eine Menge machen, indem Sie beispielsweise das Baustellenmanagement besser machen, indem Sie Sachen einführen wie das Bonus-Malus-System. All das dient dazu, Baustellen, die notwendig und richtig sind, besser zu gestalten und den Verkehr flüssiger zu machen.

Und immer wieder die Argumentation, Herr Bill – das ist auch nicht in Ordnung –, dass Sie sagen, wir wollten nur Autos von A nach B transportieren und Sie Menschen. Das wollen wir natürlich genauso. Wir wollen Menschen von A nach B transportieren und wir wollen vor allen Dingen, dass möglichst viele Menschen das öffentliche Nahverkehrssystem benutzen. Aber so, wie es derzeit läuft, ist es nicht optimal. Das wissen Sie selbst. Ich habe es in vielen Beiträgen immer wieder gebracht: Wenn Sie ein attraktives System in den nächsten Monaten oder Jahren installieren, werden auch sehr viele Menschen umsteigen vom Auto in den öffentlichen Nahverkehr. Aber wenn sie derzeit mit dem öffentlichen Nahverkehr fahren, dann sagen viele: Auf Wiedersehen, das mache ich nicht weiter.

(Beifall bei der FDP und bei Dennis Thering CDU)

In diesem Sinne kann ich Sie nur auffordern, wie es auch in den beiden Anträgen steht: Handeln Sie, handeln Sie, handeln Sie. Machen Sie was. Setzen Sie es um. Organisieren Sie nicht neue bürokratische Institutionen, sondern bauen Sie die Baustellen möglichst schnell, sinnvoll und produktiv ab. Machen Sie nicht so etwas wie in Harburg – wir werden es nachher noch diskutieren – im Ehestorfer Weg; das ist dummes Zeug, was da produziert wird. Wenn Sie das machen, finden Sie in der FDP auch einen Partner, der Ihnen dabei gern zur Seite steht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, für die AfD-Fraktion bekommt nun Herr Ehlebracht das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Dass Baustellen nötig sind, um unsere Infrastruktur zu erhalten, ist selbstverständlich. Waschen, ohne nass zu werden, geht bis heute immer noch nicht. Herr Bill hat es schon gesagt: Jede Baustelle be

deutet auch immer Einschränkungen. Das ist Fakt und wer etwas anderes sagt oder verspricht, der handelt unredlich oder ist Politiker. Das entschuldigt aber nicht alles; dazu später noch mehr.

Und nein, Herr Thering, es ist kein Märchen, dass Sie die Infrastruktur haben verlottern lassen in Ihrer Regierungszeit. Hier einmal ein paar Auszüge aus dem Rechenschaftsbericht des Rechnungshofes.

"Der hohe und fortschreitende Wertverlust des hamburgischen Straßennetzes ist nur durch eine zeitnahe und bedarfsgerechte Bereitstellung von Haushaltsmitteln aufzuhalten."

Anmerkung: Die CDU hat 2009 genau diese Mittel gekürzt.

(Dirk Nockemann AfD: Hört, hört!)