Protocol of the Session on August 22, 2018

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau von Treuenfels-Frowein! Immerhin waren wir die Einzigen, die vor ungefähr zwei Jahren, als das Ganze losging mit dem Eckpunktepapier im OLG, im Plenarsaal waren. Um Ihnen noch einmal in Erinnerung zu rufen, wie lange der Prozess schon geht: Wir haben in der Bürgerschaft eine Expertenanhörung gehabt im Justizausschuss. Wir haben sie ausgewertet. Bis dahin lagen leider noch keine Änderungsanträge der FDP vor. Es ist jetzt natürlich nicht so wahnsinnig glaubwürdig, wenn Sie an dem Tag, an dem wir vorhaben, das Gesetz zu verabschieden, zum ersten Mal ihre Vorschläge vorlegen.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Die sind doch nicht neu, Herr Tabbert! Die kennen Sie doch!)

Ich habe der Zeitung "Die Welt" vor zwei Wochen, als Professor Maelicke seinen Alternativentwurf vorgelegt hat, entnommen, dass Sie diesen, wenn wir ihn nicht übernehmen, hier 1:1 zur Abstimmung stellen.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Stimmt auch nicht!)

Das stand in der "Welt".

Aber das haben Sie nun einmal nicht gemacht. Insofern konnte man da vielleicht auch einiges an Zweifel haben, so sehr ich Herrn Professor Maelicke, der großen Einfluss auf dieses Gesetz hatte, auch schätze.

Ich muss aber noch etwas zum Thema Opferschutz sagen, weil hier der Eindruck erweckt wird, als hätten SPD und GRÜNE kein Interesse am Opferschutz. Natürlich haben wir das, und ich kann Ihnen zusagen, dass wir bei diesem Thema noch nicht am Ende sind. Wir werden etwas machen zum Thema Opferschutzbeauftragter. Aber in welchem Kontext unterhalten wir uns darüber? Ich will vielleicht auch ein bisschen die Fronten glätten. Wir unterhalten uns über ein Gesetz, bei dem es um die Resozialisierung von Strafgefangenen geht. Ich glaube, Opferschutz – und ich hoffe, die FDP sieht das auch so – ist ein Thema, das man vielleicht ein bisschen breiter aufstellen muss. Das muss man vielleicht auch unter Einbeziehung der Innenbehörde, unter Einbeziehung der Justizbehörde

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Noch mehr Behörden? Das kann ja nichts werden!)

und natürlich der Sozialbehörde aufstellen. Denken Sie an die Situation, in der Opferschutz relevant werden kann. Insofern kann ich Sie beruhigen: Da wird noch etwas kommen.

Ansonsten weise ich noch auf unser Änderungspetitum hin. Wir haben hier noch einmal ein bisschen

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

nachgelegt beim Thema Rolle der Freien Träger, haben insofern auch den Rat der Experten in Teilen aufgegriffen. Und wir haben beim Thema Evaluierung ebenfalls noch einmal ein bisschen nachgelegt.

(Glocke)

Das sind wichtige Aspekte. Insofern: Das Gesetz ist

(Glocke)

aus meiner Sicht reif zur Verabschiedung und wir sollten es auch heute verabschieden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Seelmaecker von der CDU-Fraktion.

Vielen Dank. – Herr Senator, noch einmal, um Sie an Ihren Worten später mit den Taten messen zu können: Ich hoffe, dass wir tatsächlich eine ordentliche Umsetzung bekommen und es am Ende nicht ist wie bei dem Gesetz zur Armutsbekämpfung: Paragraf 1, Armut wird verboten, und damit ist sie vom Tisch. Wir müssen dieses Gesetz mit Leben füllen. Das ist das Wichtigste.

Das Zweite, Frau Timm: Sie sagten, die Verbände seien einbezogen worden. Also das finde ich etwas sarkastisch, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Denn die Forderungen, die die Verbände gestellt haben, sind ja nicht einbezogen worden. Wenn der Weiße Ring beispielsweise gesagt hat, er sei auch für einen Opferschutzbeauftragten, und Sie sagen, sie hätten ihn gehört, der Vorschlag aber kein Gehör im Sinne der Umsetzung gefunden hat, dann finde ich das deplatziert.

Das Dritte steht im Bezug zum Verfahren. Wir haben der Vorwegüberweisung zugestimmt. Die CDU hat im Justizausschuss bislang jeder Vorwegüberweisung zugestimmt, weil es immer hieß: Wir haben es eilig, wir wollen das schnell machen. Sie sehen also, an der Stelle betreiben wir nie Obstruktion, sondern arbeiten immer an der Sache orientiert. Ich finde, es ist auch einmal eine Wertschätzung wert, dass die Opposition sich darauf einlässt.

(Beifall bei Thilo Kleibauer CDU)

Wir machen keine Spielchen mit und stimmen auch der zweiten Lesung heute zu, weil wir davon überzeugt sind, dass das Gesetz, auch wenn es zu kurz gesprungen ist, ein Schritt in die richtige Richtung ist, und wir wollen das heute anschieben.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Nächste: Bei den Zuständigkeiten sehe ich es anders als die FDP, muss ich sagen. Mir ist es sogar lieber, wenn das nicht konzentriert in der Justizbehörde ist. Herr Senator, Sie nehmen es mir nicht übel: Das ist dort, wo es ist, in sehr guten Händen. Es hat sich bewährt in den letzten Jahren. Mir kommt es darauf an, dass die Fachlichkeit gewährleistet ist. Und bei aller Wertschätzung für die Sachverständigen, die wir gehört haben: In der Senatsanhörung hat mich tatsächlich überzeugt, dass die Fachlichkeit dort nicht nur gewahrt, sondern sehr gut aufgehoben ist.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Weil du das eingeführt hast, Richard! – Nein, nicht weil wir es eingeführt haben, sondern es funktioniert gut, (Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: So ein Quatsch!)

und es kommt nur darauf an, dass es gut funktioniert.

Herr Nockemann, bei aller Wertschätzung, was Sie eben inhaltlich gesagt haben, aber wo ist der Alternativantrag der AfD?

(Glocke)

Wo ist hier das Gesetz?

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Das Wort bekommt Frau Timm von der GRÜNEN Fraktion.

Danke, Frau Präsidentin. – Herr Seelmaecker, Einbeziehung heißt nicht, dass 1:1 alles umgesetzt wird, was gefordert wird.

Und natürlich, es hat Kritik gegeben. Aber es sollte jetzt trotzdem in Kraft treten, damit der Prozess erst einmal losgeht, denn es gibt ganz wesentliche positive Gesichtspunkte in diesem Gesetz. Der eine, darauf ist Herr Tabbert schon eingegangen, ist der Opferschutz. Ich möchte noch einmal den Punkt Rechtsanspruch auf Wiedereingliederungsplanung hervorheben. Das ist verbindlich geregelt. Es gibt dieses Übergangsmanagement. Das ist ganz wichtig für die Strafgefangenen bei dem Übergang in die Freiheit, denn es ist sehr schwer, aus dem im Detail durchstrukturierten, fremdbestimmten Gefangenenalltag zurück in ein eigenständiges Leben zu finden. Darum geht es nämlich. Gelingt die Wiedereingliederung von Gefangenen in die Gesellschaft, so sinkt dadurch die kriminelle Rückfallquote. Das dient dem Opferschutz, erhöht die allgemeine Sicherheit in der Gesellschaft. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt des Gesetzes.

Wir stehen bei diesem Resozialisierungsprozess am Anfang. Das wird weiterentwickelt, gegebenen

(Urs Tabbert)

falls auch das Gesetz noch angepasst. Deshalb sind jetzt nicht zu konkrete Maßnahmen definiert. Wichtig ist es aber, jetzt überhaupt erst einmal anfangen zu können, damit Rechtssicherheit für alle Beteiligten besteht, auch die Freien Träger. Es ist uns sehr wichtig, gerade diese intensiv einzubeziehen. Wie gesagt, Nachbesserungen kann es immer noch geben, aber erst einmal muss es jetzt losgehen. Das ist das Entscheidende. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Dolzer von der Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Lieber Herr Senator Steffen, Sie haben es wirklich geschafft, in Ihrer Rede nicht auf eine Kritik der FDP, der CDU oder der LINKEN einzugehen. Sie haben sich nicht dazu geäußert, dass selbst der von Ihrer eigenen Fraktion benannte Experte, Herr Sonnen, einen Alternativentwurf vorlegt, weil, wie er sagt, das Gesetz an einigen Punkten nicht konsistent ist oder auch nicht rechtskonform. Auch die Neue Richtervereinigung hat gesagt, es bestünden Zweifel daran, dass das Gesetz konsistent genug sei. Ich finde, solche Vorwürfe müssen wir ernst nehmen. Wenn wir verantwortungsvoll damit umgehen wollten, dann könnten wir doch wirklich sagen: Es besteht überhaupt keine Not zur Eile. Wir machen den Topf wieder auf und bessern nach und formen eine Synthese aus den positiven Momenten und der Diskussion, die bis jetzt gelaufen ist.

Ich verstehe nicht, warum Sie sich dann hier hinstellen und mit keinem Wort darauf eingehen, dass Ihr eigener Experte im Nachhinein Ihren Gesetzentwurf negiert hat. Das kann ich nicht nachvollziehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist doch eigentlich eine große Chance, dass im Nachhinein Experten sagen: Gucken Sie, wir müssen die Logik des gesamten Entwurfs vielleicht auch etwas ändern. Genau das, was Sie hier benannt haben, was Sie wollen, das haben die in ihrer Logik im Gesetz eingepflegt, nämlich dass es zentriert ist auf diejenigen, die betroffen sind: auf die Strafgefangenen, die resozialisiert werden sollen, auf die JVA-Beamten, die darüber klagen, was sie momentan bei Unterbesetzung machen müssen, oder auch auf die an der Resozialisierung beteiligten staatlichen und Freien Träger. Der alternative Gesetzentwurf hat einige Punkte, die konsistenter sind, andere sind in Ihrem Gesetz besser formuliert. Deshalb kann ich es wirklich nicht nachvollziehen. Warum machen Sie das nicht wieder auf und geben sich eine Eile, zu der überhaupt keine Not besteht?

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Dann können wir zu einer ganzen Reihe von Abstimmungen kommen.

Wer möchte nun zunächst die Drucksachen 21/ 14115 und 21/14116 an den Ausschuss für Justiz und Datenschutz überweisen, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Wer stimmt darüber hinaus einer Rücküberweisung der Drucksache 21/14009 an den Ausschuss für Justiz und Datenschutz zu, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch der Rücküberweisung nicht stattgegeben worden.

Dann kommen wir zu den Abstimmungen in der Sache. Wir beginnen mit dem Antrag der FDPFraktion aus der Drucksache 21/14116.

Wer diesem FDP-Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen dann zum CDU-Antrag aus der Drucksache 21/14115. Diesen Antrag möchte DIE LINKE ziffernweise abstimmen lassen.

Wer möchte dann zunächst den Punkt I des Antrags annehmen, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Punkt I abgelehnt.