Urs Tabbert
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Last Statements
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Carola, vielen Dank für die gute Zusammenarbeit. Vielen Dank auch an die Justizbehörde für die gute Zusammenarbeit, aber in dieser Legislaturperiode
auch in weiten Teilen an die Opposition, insbesondere CDU, FDP, teilweise auch DIE LINKE, dass wir uns hier in den Grundfesten, sage ich einmal, der Justizpolitik so einig waren und das häufig fraktionsübergreifend hinbekommen haben. Das, finde ich, ist ein gutes Zeichen. Dafür Kompromisse zu machen, war auch ich immer gern bereit, denn für die dritte Gewalt ist es, glaube ich, gut, wenn wir dort möglichst einen gesellschaftlichen Konsens herstellen können.
Dass wir zu guter Letzt die Sanierung des Strafjustizgebäudes am Sievekingplatz angehen können und gleichzeitig der Staatsanwaltschaft neue, größere Räumlichkeiten anbieten werden, ist der Schlussstein von fünf Jahren solider Justizpolitik, von der die Staatsanwaltschaft enorm profitiert hat. Die Punkte wurden im Wesentlichen angesprochen. Wir haben Fortschritte bei der Einbruchskriminalität. Wir bekämpfen die Hasskriminalität stärker. Wir haben jüngst die Hauptabteilung 2, die sich mit Alltagskriminalität beschäftigt, neu aufgestellt und auch personell enorm gestärkt. All das erhöht den Personalbedarf, und dafür braucht es neue Räumlichkeiten, wofür wir heute zum Abschluss der Legislaturperiode Sorge tragen wollen.
Last, but not least freuen wir als SPD uns sehr darüber, dass mit dem digitalen Staatsexamen für Juristen nicht nur die Zukunft in diesem wichtigen Bereich Einzug hält, sondern auch, dass wir damit – das darf ich einmal aus unserer Parteiperspektive sagen – einen SPD-Landesparteitagsbeschluss umgesetzt haben, was mich vor allem für die Juristinnen und Juristen freut, denn ich fand es damals ziemlich mühselig, als ich meine Staatsexamina mit dem Füller schreiben musste und man sich dann noch einmal mit Ende 20 einen Tintenkiller zulegen musste. Wenn wir das hinkriegen würden, hätten wir, glaube ich, alles, was gut ist, geschafft. In diesem Sinne und im Sinne der guten Zusammenarbeit, die wir in dieser Legislaturperiode in diesem Bereich hatten, hoffe ich, dass wir diesen Antrag einstimmig verabschieden können. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Anna von Treuenfels, ich stimme zu, der Rechtsstaat ist eine zu ernsthafte Angelegenheit für ausgefallene politische Experimente. Es geht um Verlässlichkeit,
Sicherheit, Vorhersehbarkeit und um gleichen Zugang zum Recht für alle.
Unter diesen Vorzeichen haben wir übrigens in den letzten Jahren gute, solide und deutschlandweit wegweisende Justizpolitik gemacht.
Hier verweise ich auf unsere gemeinsamen Beschlüsse zum Datenschutzrecht, den Justizvollzugsfrieden und das Resozialisierungs- und Opferhilfegesetz. Das haben wir übrigens gemeinsam verabschiedet. Bei unseren Gerichten und bei der Staatsanwaltschaft haben wir einen enormen Personalzuwachs zu verzeichnen von fast 300 Stellen. In sämtlichen Justizberufen läuft eine Ausbildungsoffensive, mit der wir den Nachwuchs für all diese wichtigen Justizberufe in den Vollzugsanstalten für Rechtspfleger und für Justizfachangestellte sicherstellen.
Was die Aufhebung des Vermummungsverbots anbelangt, haben sich unser Bürgermeister und auch unser Innensenator klar positioniert. Dieses Thema steht bei uns definitiv nicht auf der Agenda, und mehr gibt es aus unserer Sicht dazu nicht zu sagen, der Rest ist Wahlkampf.
Wir als SPD haben es uns in Hamburg zur Marke gemacht, dass wir Versprechen auch umsetzen, und deswegen versprechen wir nur, was man halten kann. Deswegen sind wir zwar häufig weniger vollmundig unterwegs, das finden manche dann langweilig, aber wir denken, das ist solide und der Kern guten Regierungshandelns.
Wir als SPD standen und stehen schon immer dafür, dass wir grundsätzliche Fragen und Probleme nicht im Alleingang, sondern nur im konstruktiven Austausch mit allen betroffenen Akteuren lösen. Denn dieser Ansatz hat sich bewährt, beim Bündnis für das Wohnen, beim Umgang mit Geflüchteten und bei vielen anderen Fragen. Das Ergebnis sind solide Lösungen, die oftmals viele Jahre tragen. Wir als SPD stehen für den Ausgleich, für die Lösungen, die möglichst alle mitnehmen.
Jetzt aber noch einmal konkret zum Rechtsstaat und dem Labor. Liebe Anna von Treuenfels, dass die FDP keine Partei ist, die zu besonders ausgefallenen politischen Experimenten neigt, ist uns schon deutlich geworden, denn in den letzten Jahren ist mir von der FDP keine rechtspolitische Initiative aufgefallen, die so richtig gezündet hat.
Dazu braucht man vielleicht auch kein Labor, aber neue Schubkraft, gute Lösungen für die wichtigen Probleme unserer Zeit, und ein sicheres Händchen für die passende Themenwahl können wir uns sicherlich alle wünschen. Der Konvent für Meinungsfreiheit, den wir das letzte Mal hier diskutiert haben, gehört dazu eher nicht. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Werter Kollege Dolzer, es ist schon erstaunlich, wie unterschiedlich man auf dieselbe Materie blicken kann. Im Gegensatz zu Ihnen war ich zusammen mit meinem damaligen Fraktionsvorsitzenden und heutigem Finanzsenator Andreas Dressel und Frau Peltonen von Transparency International, die heute hier zu Besuch ist, nicht ganz unmaßgeblich an der Entstehung des Transparenzgesetzes beteiligt, das Sie hier als das fortschrittlichste in ganz Deutschland loben. DIE LINKE hat dem damals übrigens zugestimmt; sie ist damals ein bisschen pragmatischer und großherziger an die Sache herangegangen, als Sie das heute gemacht haben. Ich glaube, es würde Ihnen gut zu Gesicht stehen, wenn Sie etwas gnädiger mit dem umgehen würden, was hier beschlossen worden ist.
Auf alle angesprochenen Aspekte kann ich hier nicht eingehen, aber ich kann Ihnen natürlich so viel sagen: Das Transparenzgesetz haben wir nicht nur nicht eingeschränkt, sondern wir haben es unter anderem mit unserem heutigen interfraktionellen Zusatzantrag sogar noch gestärkt und für mehr
Transparenz gesorgt. Das betrifft die Akteure, also die Einbeziehung der mittelbaren Staatsverwaltungen in die Veröffentlichungspflicht im Transparenzportal. Das heißt, Handelskammer, Hochschulen, Handwerkskammern, Anwaltskammern et cetera müssen jetzt auch nicht nur auf Antrag, was auch mit Kosten verbunden war, sondern sozusagen von Amts wegen alle wesentlichen Informationen über öffentliche Belange ins Transparenzportal einstellen. Wie man vor dem Hintergrund dazu kommen kann, dass das Gesetz hier eingeschränkt wird, erschließt sich mir nicht.
Punkt zwei, zu den Inhalten: Mit dem Änderungsantrag sorgen wir in der Zukunft dafür, dass alle Verwaltungsvorschriften und Gutachten, soweit sie nicht nur von Behörden in Auftrag gegeben worden sind, sondern auch in deren Entscheidungen oder in deren Vorbereitung einfließen, in den Anwendungsbereich des Transparenzgesetzes fallen. Wenn ich es richtig sehe, lieber Herr Kollege Dolzer, gehen wir mit diesem Änderungsantrag sogar weiter, als Sie das als DIE LINKE fordern.
Was die Verträge angeht, die die Stadt schließt, haben wir die Sache noch einmal einer Überprüfung unterzogen und sind zu folgendem Ergebnis gekommen: Natürlich bleibt die Veröffentlichungspflicht. Aber sobald die Verdingungsordnung für Leistungen Teil B betroffen ist, wollen wir nicht mehr in das Gesetz schreiben, dass das Rücktrittsrecht ausgehandelt werden muss, weil dies dazu führen würde, dass die VOB/B oder das Rücktrittsrecht selbst unwirksam wären. Das können selbst Sie nicht wollen.
Nein, jetzt nicht. Er kann sich noch einmal zu Wort melden.
Gut, ja, dann soll er eine Zwischenfrage stellen.
Das kann ich Ihnen jetzt in 30 Sekunden nicht sagen. Das müssen Sie dann die entsprechenden Akteure fragen.
Ich würde gern meine Rede ausführen. Ich hatte noch 30 Sekunden, bevor die Zwischenfrage kam. Okay.
Außerdem haben wir die Kompetenzen des Datenschutz- und Informationsfreiheitsbeauftragten gestärkt. Er hat im Gegensatz zu bisher auch noch die Kompetenz, Verstöße gegen das Gesetz gerichtlich feststellen zu lassen. Ich weiß, die FDP fordert hier mehr und will sogar eine Anordnungsbefugnis. Dafür waren wir ursprünglich auch. Wir haben das aber noch einmal verfassungsrechtlich überprüft. Artikel 33 Absatz 2 der Hamburgischen Verfassung legt fest, dass niemand dem Senat bei der Führung der Verwaltung übergeordnet ist. Da müssen Sie einmal in "David", Verfassungskommentar zu Artikel 33 Randnummer 18 nachschauen. So eine Überordnung hätten wir aber durch die Anordnungsbefugnis. Darum haben wir es hier bei der Feststellungsklage belassen.
Letzter Punkt, auf den ich noch eingehen muss, weil Sie, Herr Dolzer, hier Schauerbilder mit Todesfällen in Tschechien an die Wand gemalt haben. Also Antragstellende, die nach personenbezogenen Daten fragen, können sich nach unserem Änderungsantrag, den wir heute beschließen, absolut sicher sein,
dass ihre Daten im Rahmen einer Bearbeitung nicht ohne Überprüfung an Dritte weitergegeben werden.
Sollte das Interesse an Geheimhaltung der Identität überwiegen, so dürfen deren Daten nicht offengelegt werden.
Ja, gut. Insofern … Ja.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Werter Herr Nockemann, eine Partei, deren Vorsitzender die Zeit des Nationalsozialismus als historischen Vogelschiss verharmlost und den sie dann sogar noch zum Ehrenvorsitzenden erklärt, sollte sich hier nicht als Experte zum Thema Rechts- oder Unrechtsstaat aufspielen.
Zur Sache selbst ist doch völlig unstreitig, dass die DDR kein Rechtsstaat war. Darauf können sich, glaube ich, in diesem Haus hoffentlich alle verständigen. Sie war ein Regime der Unfreiheit, der Unterdrückung, der Bevormundung, geprägt durch staatliches Unrecht, und das kann man sicher getrost als Unrechtsstaat bezeichnen. Wenn das, was einen Unrechtsstaat ausmacht, jedoch in der Abschlusserklärung der JuMiKo, der der Justizsenator zugestimmt hat, dann aber auch vollständig enthalten ist, kann man sich sicher weiterhin feinsinnige Debatten darüber liefern, ob es einen sprachlichen Unterschied zwischen "kein Rechtsstaat" und einem "Unrechtsstaat" gibt. An dem Abstimmungsverhalten des Justizsenators kann ich jedoch nichts Missbilligenswertes finden.
Daher ist Ihr Antrag abzulehnen, verbunden mit der politischen Empfehlung an die AfD, die Bezeichnung der Zeit des Nationalsozialismus als historischen Fliegenschiss durch Ihren Ehrenvorsitzenden Gauland politisch zu missbilligen. Vorher sind Sie nämlich für diese Debatte gar nicht qualifiziert.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bezahlung von Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren ist ein Thema, das uns jede Wahlperiode wenigstens einmal beschäftigt. Mit dem Antrag, den wir heute einbringen, sorgen wir dafür, dass die Referendare 100 Euro mehr im Monat erhalten, und das ist, finde ich, eine prima Sache.
Wir brauchen in Hamburg überall gute Juristinnen und Juristen bei Gericht, Staatsanwaltschaft und in der Verwaltung, und deswegen sind wir auch gut beraten,
ihnen in der Ausbildung möglichst gute Bedingungen zu bieten. Offensichtlich sind wir uns jedenfalls insoweit mit der CDU einig, denn sie übernimmt unsere Forderung in ihrem Zusatzantrag 1:1. Das ist gut. Insofern: danke dafür.
Ich betone aber auch an dieser Stelle, dass diese Erhöhung aus unserer Sicht zwar geboten ist – die Lebenshaltungskosten in Hamburg sind gestiegen und darauf müssen wir reagieren –, finanziell allerdings ist das nicht ohne, denn die Erhöhung bedeutet bei 600 Referendaren pro Jahr, dass wir hier insgesamt noch einmal 800 000 Euro drauflegen. Aber, wie gesagt, wir sind insgesamt im Bundesvergleich damit leider noch weit hinten, haben aber etwas mehr aufgeschlossen. Aufgeschlossen zu einem Niveau, das wir übrigens, so viel noch einmal zum Zusatzantrag der CDU, schon einmal hatten, nämlich zu Zeiten der letzten SPD-Regierung 2001. Als Sie dann drankamen, haben Sie das Niveau, das wir jetzt wieder erreichen, auf 800 Euro abgesenkt, und wir kommen jetzt langsam wieder dahin, wo sie waren. Also insofern ist der Antrag auch ein bisschen beispielhaft dafür, was der Unterschied zwischen Opposition und Regierung ist.
In der Zwischenzeit haben Sie auch einmal mit Schwarz-Grün regiert, und da hätten Sie doch diesen Zusatzantrag, den Sie hier gestellt haben,
schon lange stellen können. Den stellen Sie jetzt aber erst, wenn Sie in der Opposition sind. Ich will gar nicht zu viel Polemik hineinbringen,
ich habe auch nicht gesagt, wer damals Justizsenator war, das habe ich mir dieses Mal erspart, aber ich will doch darauf hinweisen, dass das Problem bei der Regierung eben das ist, man muss es auch finanzieren und darstellen können. Insofern habe ich zwar Sympathie für Ihre weitergehenden Forderungen, aber ich kann Ihnen sagen, es ist Kraftakt genug gewesen, diese 100 Euro zu mobilisieren. Ich glaube, mit dem, was wir in der letzten Legislaturperiode geschafft haben, der Dynamisierung, dem Familienzuschlag, den wir wieder eingeführt haben, und der Tatsache, dass wir auch keine Referendarstellen oder Richterstellen dafür opfern, haben wir hier insgesamt, glaube ich, einen ordentlichen Fortschritt in den letzten Jahren erzielt. Deshalb denke ich, dass wir Ihren Antrag aus
diesen genannten Gründen ablehnen können. Wir haben doch im Rechtsausschuss noch den anderen Antrag mit einem etwas geringeren Forderungskatalog, den können wir gern noch weiter diskutieren. Aber insofern bitte ich um allgemeine Zustimmung, denn ich glaube, hinter diese Forderung kann sich die gesamte Bürgerschaft stellen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zeugen spielen bei Gericht meist eine zentrale Rolle. In meiner juristischen Ausbildung habe ich gelernt, dass Zeugen vor allem Pflichten haben, die Erscheinungspflicht, die Aussage- und Wahrheitspflicht und ausnahmsweise auch die Eidespflicht. Ein Verstoß dagegen kann schwere rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Angesichts ihrer Bedeutung ha
ben Zeugen zwar auch Rechte wie Aussagen- und Zeugnisverweigerungsrechte oder, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, ein Recht auf Ausschluss der Öffentlichkeit oder ein Recht auf einen Zeugenbeistand, allerdings ist in der Abteilung Zeugenrechte noch eine ganze Menge Luft nach oben. Hinzu kommen mehrere in den letzten Jahren verabschiedete Gesetze, die die Bedeutung der Zeugenbetreuung immer wichtiger erscheinen lassen: 2015 das 3. Opferrechtsreformgesetz und das Gesetz zur psychosozialen Prozessbegleitung. Damit wurden die Zeugen- und Opferrechte im Strafverfahren gestärkt. Besonders vulnerablen Personengruppen wurde so die Möglichkeit geschaffen, vor, während und nach einer Hauptverhandlung eine besonders qualifizierte Begleitung zu erfahren.
Mit dem Hamburgischen Resozialisierungs- und Opferhilfegesetz, das Anfang dieses Jahres in Kraft getreten ist, haben wir die Existenz der Zeugenberatungsstelle rechtlich abgesichert. Sie berät über den Ablauf von Gerichtsverhandlungen, unterstützt bei Fragen, Unsicherheiten und Ängsten. Sie sorgt dafür, dass Zeugen in den Genuss von zeugenschonenden Maßnahmen gelangen. Sie begleitet Zeuginnen und Zeugen im Gerichtssaal, sie organisiert auch die psychosoziale Prozessbegleitung. Im November wird es die Zeugenberatungsstelle am Landgericht seit 25 Jahren geben. Seit Februar 1994 unterstützen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zeugenberatungsstelle zusammen mit vielen wichtigen Freien Trägern Zeuginnen und Zeugen. Die Beratung und die Begleitung sind kostenlos. Ganz besonders wichtig ist das Angebot für Betroffene von Sexual- und Gewaltdelikten.
An dieser Stelle möchte ich meinen herzlichen Dank und Respekt für diese gute und wichtige Arbeit aussprechen, einige Mitarbeiterinnen befinden sich heute hier im Publikum.
Ich hoffe, ich konnte die Bedeutung und das gewachsene Aufgabenspektrum der Zeugenberatungsstelle hinreichend deutlich machen. Deshalb stocken wir die Zeugenberatungsstelle personell auf. Ich glaube, es wäre ein gutes Signal, wenn wir dieses Gesetz einstimmig verabschieden könnten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Gladiator sagte es: Die Debatte, die wir jetzt führen, stand schon in der Zeitung und zu unserer aller Freude, wie ich hoffe, auch mit, glaube ich, sehr positiver Resonanz. Worum geht es? Mit dem Antrag stärken wir erneut unsere Justiz. Wir treten konsequent für einen starken Rechtsstaat und damit für eine leistungsfähige und gut ausgestattete Justiz ein.
Konkret schaffen wir noch einmal 16 weitere Stellen, verteilt auf Sozialgericht, Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht. Wir machen das aber nicht mit der Gießkanne oder einfach mal so, weil wir denken, dass wir die Justiz insgesamt verstärken, sondern wir haben uns das auch dieses Mal wieder genauer angeschaut, genauso wie wir uns das auch im Koalitionsvertrag auf die Fahnen geschrieben haben. Wir als rot-grüne Koalitionspolitiker sind jedenfalls im regelmäßigen Austausch mit den Gerichtspräsidenten, lesen auch immer die Kleinen Anfragen, die erfreulicherweise auch von der Opposition immer gut auf die Problempunkte hinweisen, und haben dabei festgestellt, dass wir insbesondere am Sozialgericht starken Nachholbedarf haben. Wir hatten dort zwar schon in den Haushaltsberatungen im letzten Herbst für neue Stellen gesorgt. Die sind aber leider im Zuge der Spahn-Gesetzgebung den damals noch nicht vorhersehbaren Krankenkassenauseinandersetzungen anheimgefallen. Gut, dass wir die Stellen hatten, aber wir müssen jetzt noch einmal nachlegen, um am Sozialgericht dafür zu sorgen, dass endlich die Bestände weiter abgebaut werden können.
Das Weitere sind neue Stellen am Verwaltungsgericht. Da haben wir insgesamt in dieser Legislaturperiode schon 26 neue Stellen geschaffen, insbesondere im Hinblick auf Asyl- und Ausländerrecht. Und ich glaube, egal wie man zu der Materie steht, dass es nicht sinnvoll ist, wenn die Verfahren am Verwaltungsgericht besonders lange dauern und jahrelang unklar ist, wie der Aufenthaltsstatus einer Person ist. Ich glaube, da können wir alle von links bis rechts hier Einigkeit herstellen. Jetzt kommen zu den 26 Stellen noch einmal 8 Stellen dazu. Ich glaube, so viel ist in Hamburg, seit ich Justizpolitik verfolge, also seit ungefähr 20 Jahren, noch nie in diesem Sektor getan worden.
Last, but not least wird auch das Oberverwaltungsgericht mit zwei Richterstellen, mit denen man insgesamt einen neuen Senat machen kann, von unserem Antrag profitieren. Warum das Oberverwaltungsgericht? Klingt für die meisten vielleicht erst einmal etwas dröge, aber dort geht es insbesondere um die Rechtsmittelinstanz für ausländerrechtliche Sachen, aber vor allem geht es um Großpro
jekte. Ich nenne einmal ein paar Verfahren, zum Beispiel zum Luftreinhalteplan, zur Verlegung des Fernbahnhofs Altona, zur Erweiterung des Abfertigungsbereichs des Flughafens. Wenn wir dort Rechtsstreitigkeiten haben, die jahrelang dauern, dann ist das gerade bei diesen Großprojekten für die hamburgische Infrastruktur und für die hamburgische Wirtschaft letzten Endes ein Riesennachteil, wenn diese Verfahren so lange hängen. Das haben wir erkannt und sofort für Abhilfe gesorgt.
Mit der heutigen Maßnahme können wir Bilanz ziehen: Wie viele Stellen haben wir in dieser Legislaturperiode in der Justiz geschaffen? Weit über 200. Ich glaube, das sucht wirklich seinesgleichen. Wir profitieren zwar vom Pakt für den Rechtsstaat, aber letzten Endes haben wir in Hamburg jenseits des Pakts für den Rechtsstaat praktisch paradigmatisch für das gehandelt, was jetzt auf Bundesebene von der Großen Koalition unter Finanzminister Scholz auf den Weg gebracht worden ist.
Wir stärken den Rechtsstaat, wo es notwendig ist, und, wie gesagt, nicht mit der Gießkanne. Jede Investition in den Rechtsstaat ist für uns eine Investition in den sozialen Frieden und in die wirtschaftliche Prosperität. Diese Linie werden wir auch in Zukunft weiterverfolgen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Werter Kollege Dolzer, ich war, ehrlich gesagt, ein bisschen ratlos, wie ich mich auf diese Debatte vorbereiten soll, denn das Thema hat in der Großen Anfrage einen so großen Umfang, dass es sich nicht für eine Kurzdebatte eignet. Wir hatten vorhin darüber gesprochen, und Sie meinten, Sie wollten irgendwelche Missstände aufzeigen, und das sollte dann in der geplanten Jugendanstalt Billwerder besser werden.
Dagegen habe ich vom Grundsatz her nichts, allerdings erwecken Sie den Eindruck, als gäbe es menschenunwürdige Zustände in Hahnöfersand oder als könnten wir als Politik über die Anzahl der Untersuchungshäftlinge entscheiden. Ich glaube, das können wir nicht. Was wir können, ist tatsächlich, einen guten Jugendvollzug oder gute Voraussetzungen im Jugendstrafvollzug zu schaffen. Diese Diskussion führen wir am 10. September bei unserer Expertenanhörung zu der Senatsdrucksache,
an der alle am Justizvollzugsfrieden beteiligten Fraktionen über das letzte Jahr hinweg beteiligt waren. Da haben wir auch sicher den Raum, um diese Debatte etwas vertieft zu führen. Ich glaube, mehr kann man bei so einer Kurzdebatte dazu nicht sagen. Ich freue mich daher auf die Debatte beziehungsweise auf die Expertenanhörung und die entsprechenden Gespräche, die wir im Ausschuss am 10. September dazu führen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit vergangenem Jahr im Mai ist die Europäische Datenschutz-Grundverordnung in Deutschland und damit auch in Hamburg in Kraft getreten und damit auch anzuwenden.
Dies brachte die eine oder andere aufgeregte Debatte mit sich. Viele Unternehmen, öffentliche Stellen und Vereine mussten sich intensiv mit dem neuen Regelwerk auseinandersetzen und ihre Websites und Datenpflege anpassen. Das Bewusstsein dafür, dass Daten, vor allem die höchstpersönlichen, ein wertvolles Gut sind, ist damit insgesamt gewachsen, und das ist eine gute Entwicklung. Juristische Abmahnwellen wegen Verstößen gegen die Grundverordnung gab es entgegen aller Befürchtungen nicht, Unsicherheiten im Umgang mit dem neuen Recht aber gibt es nach wie vor. Das belegt auch der neue aktuelle Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten, den wir im Justizausschuss noch beraten werden.
Aus den Zahlen geht hervor, dass sich die Hamburgerinnen und Hamburger im Jahr 2018 – vor allem nach Mai 2018 – in deutlich höherem Maße als zuvor mit Beratungswünschen und Beschwerden an den Datenschutzbeauftragten gewandt haben. Das ist grundsätzlich eine gute Botschaft, denn es ist Ausdruck der gestiegenen Sensibilität für das Thema Datenschutz, die hier im Saal im Moment offensichtlich nicht vorherrscht, denn sonst wäre die Aufmerksamkeit wahrscheinlich ein bisschen größer. Uns freut allerdings, dass es bei den Bürgerinnen und Bürgern anders ist, und das erfordert dann natürlich auch eine entsprechende personelle Verstärkung des Datenschutzbeauftragten. Bereits im Jahr 2017 haben wir im Hinblick auf die Datenschutz-Grundverordnung den Personalkörper um fünf Stellen verstärkt, und da wir jetzt gesehen haben, dass weiterer Handlungsbedarf besteht, wollen wir mit unserem heutigen Antrag weitere zwei neue Stellen schaffen. Sollten wir feststellen, dass in Zukunft ein höherer Stellenbestand für die Ausübung seiner Tätigkeit erforderlich ist, werden wir das selbstverständlich im Auge behalten und gegebenenfalls weitere Stellenverstärkungen ins Auge fassen. Das Thema Datenschutz wird also auch in den kommenden Jahren aufmerksam von uns
begleitet werden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ziel unseres Antrags ist es, Ersatzfreiheitsstrafen zu reduzieren und, wo es geht, sie zu vermeiden. Warum? Ersatzfreiheitsstrafen sind ein letztes Mittel beziehungsweise eine letzte Sanktion für Straftäter, die zu einer Geldstrafe verurteilt worden sind, diese aber nicht bezahlen können oder nicht bezahlen wollen. Das sind immerhin ungefähr zwischen 3 und 7 Prozent aller Inhaftierten, wenn man einmal die Untersuchungshäftlinge außen vor lässt. In absoluten Zahlen bedeutet das mit Schwankungen pro Monat regelmäßig mehr als 100 Gefangene, die eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen. Bei derzeit etwa 2 146 tatsächlich zur Verfügung stehenden Haftplätzen, die zudem recht gut ausgelastet sind, fällt eine solche Zahl schon ins Gewicht. Der Senat wird zudem aufgefordert, ein Konzept für haftvermeidende Maßnahmen zu entwickeln, das die Grundsätze der aufsuchenden Sozialarbeit berücksichtigt.
Damit kein falscher Eindruck entsteht von der Dimension des Problems: Circa 90 Prozent aller Geldstrafen werden in Hamburg bezahlt oder erledigen sich, beispielsweise durch Gnadenerweise.
Die restlichen Strafen werden durch gemeinnützige Arbeit getilgt. Und genau hier wollen wir ansetzen. Haft als Sanktion bei Nichtbezahlen von Geldstrafen: ja, aber nur als allerletztes Mittel. Besser ist es, wenn diese durch gemeinnützige Arbeit kompensiert werden können.
Denn gemeinnützige Arbeit ist etwas, für das sich der Ersatzfreiheitsstrafler, jedenfalls nach unserem Gesetzesvorschlag, freiwillig entscheiden kann. Da unterscheiden wir uns von dem Antrag der FDP, den wir allerdings, so viel schicke ich vorweg, ebenfalls an den Ausschuss zur Diskussion überweisen können. Aber ich kann an dieser Stelle schon sagen, dass ich ein bisschen Bedenken habe im Hinblick auf Artikel 12 Absatz 2 Grundgesetz, das Zwangsarbeitsverbot. Denn Sie wollen ja, dass man sozusagen verpflichtet ist, bevor die Ersatzfreiheitsstrafe angetreten wird, gemeinnützige Arbeit zu leisten. Das halte ich verfassungsrechtlich durchaus jedenfalls für problematisch. Und selbst wenn man das für verfassungsgemäß hielte, hätte man noch das Problem, wie man, wenn der Betroffene die gemeinnützige Arbeit nicht leisten will, zu der er verpflichtet ist, das dann vollstreckt. Wie setzt man das durch? Also insofern glaube ich nicht, dass wir da so viel gewinnen. Aber ich will da auch gar keine Polemik aufmachen; ich fände es schön, wenn wir das im Ausschuss diskutieren könnten.
Zweitens spricht für die gemeinnützige Arbeit, dass der Staatskasse dadurch eine Menge Geld erspart werden kann. Denn ein Hafttag kostet ansatzweise bis zu 200 Euro, und mit gemeinnütziger Arbeit kann der zur Geldstrafe Verurteilte dem Staat auch sozusagen etwas zurückgeben und er kostet den Staat nicht nur.
Auch unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten spricht für die Ableistung von gemeinnütziger Arbeit eine Menge, denn reiche Straftäter kommen meist gar nicht in die Bredouille, dass sie eine Geldstrafe nicht bezahlen können und dafür ins Gefängnis müssen. Und in der Tat ist es dem Bürger schwer zu vermitteln, dass, wenn jemand zum Beispiel die Öffentlichkeit durch Schwarzfahren geschädigt hat, die Staatskasse dann durch ein aufwendiges Gerichtsverfahren noch weiter belastet hat, zu einer Geldstrafe verurteilt wird, die er meist auch wieder aus staatlichen Sozialleistungen bezahlen muss, er den Steuerzahler dann noch einmal zusätzlich pro Tag 200 Euro kostet.
Eins ist klar, Herr Nockemann: Sanktionen müssen auch bei Bagatelldelikten sein. Da haben wir gar keinen Dissens, das gebietet der Respekt vor dem Rechtsstaat. Aber in derartigen Fällen ist gemeinnützige Arbeit – ich könnte mir vorstellen, dass wir
da sogar einer Meinung sind, sogar wir einer Meinung sind – sicher besser, weil sie dem Straftäter die Möglichkeit gibt, der Gemeinschaft etwas zurückzugeben, und die Gemeinschaft nicht sozusagen noch weiter etwas kostet.
Egal aber, wie man zur Entkriminalisierung von Bagatelldelikten steht, wir fokussieren uns darauf, was man in Hamburg konkret tun kann. Das ist das, was unser Konzept will. Alles darüber Hinausgehende obliegt ohnehin der Bundesgesetzgebung.
Der zweite Aspekt des Antrags … Ich sehe, meine Zeit geht langsam dem Ende zu.
Meine Redezeit. Gott sei Dank nur die Redezeit; danke, dass ich hier so eine gute Prognose bekomme.
Der zweite Aspekt ist, dass wir in der Tat die aufsuchende Sozialarbeit stärken wollen. Das ist ein anderer Ansatz, den es zu verfolgen gilt, um Ersatzfreiheitsstrafen zu vermeiden. Es gibt ja eine Klientel, sie ist nicht besonders groß, die aber einfach Schwierigkeiten hat, sich mit den Möglichkeiten der Haftvermeidung auseinanderzusetzen. Und da sozusagen die Mühen zu verdoppeln, diese Menschen aufzusuchen, sie anzusprechen, wie sie das tun können, ist, glaube ich, den Schweiß der Edlen wert.
Insofern: Wie es sich gehört,
überweisen wir den Antrag an den Ausschuss, damit wir ihn dort vertieft diskutieren können.
Ich freue mich auf die weitere Debatte dort. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Werter Kollege Jarchow, keine Sorge, unter Rot-Grün besteht Einigkeit, jedenfalls insoweit, als dass wir im Moment keine Notwendigkeit für Ihren Antrag sehen. Das hat jetzt auch nichts mit irgendwie parlamentarischer Schüchternheit oder Zurückhaltung zu tun. Klar, man kann einerseits mit der Polizei oder, wie ich heute der Zeitung entnommen habe, mit dem Generalstaatsanwalt der Meinung sein – und dafür spricht eine Menge, diese Meinung wurde auch im Innenausschuss vorgetragen –, dass wir eine hinreichende Rechtsgrundlage haben, die wir im Übrigen hier in Hamburg gar nicht schaffen können, denn Sie wissen auch, dass es sich hier um die Strafprozessordnung handelt, die Bundesrecht ist.
Man kann es natürlich auch wie der Hamburgische Datenschutzbeauftragte kritisch sehen. Die Tatsache, dass er diese Anordnung erlassen hat und dass er es konnte, hat er uns zu verdanken, denn wir haben im Zuge der Umsetzung der JI-Richtlinie nicht zuletzt auf unsere Initiative hin – und ich glaube, Sie als FDP haben auch zugestimmt – die
Möglichkeit erst bekommen, diese Anordnung zu erlassen. Damals hatten wir auch überlegt: Was macht man denn, damit diese Konflikte aufgelöst werden können? Denn es wäre irgendwie komisch, wenn der Datenschutzbeauftragte über der Polizei oder über der Staatsanwaltschaft stünde. Insofern sind wir auf die Idee gekommen – und es war auch nicht so einfach, den Konflikt aufzulösen –, dass wir hier die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung schaffen. Da sind wir als Parlament doch relativ selbstbewusst gewesen und ich glaube, es wäre jetzt komisch, wenn wir als Landesgesetzgeber, als der wir diese Möglichkeit geschaffen haben, sagen würden: Wir sind jetzt aber doch klüger und würden diesen Konflikt lieber selbst auflösen, obwohl wir es gar nicht können, sondern wir fordern jetzt den Bundesgesetzgeber auf, das zu tun. Das macht für mich nicht so viel Sinn.
Wenn wir eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg haben, dann ist diese durchaus schwierige und anspruchsvolle Rechtslage, glaube ich, auch klarer zu bewerten. Ich kann mir, wie gesagt, gut vorstellen, dass die jetzigen Rechtsgrundlagen ausreichen. Wenn dem nicht so wäre, dann hätte man, glaube ich, auch eine höhere Rechtssicherheit, auf eine entsprechend gerichtsfeste Norm hinzuwirken, das heißt, dass eine solche gegebenenfalls dann auf Bundesebene erlassen wird. Von daher, glaube ich, sollten wir diesen Prozess, so wie er im Moment läuft, geduldig abwarten und ich bin guten Mutes, dass dabei auch etwas Vernünftiges herauskommt.
Im Übrigen, Herr Jarchow, erwecken Sie doch nicht den Eindruck – das vertreten doch nicht einmal Sie –,
dass das, was im Moment im Bereich der Gesichtserkennung passiert … Wollen Sie das infrage stellen?
Wollen Sie, dass das, was die Polizei bisher gemacht hat, wieder rückgängig gemacht werden soll? Unterstützen Sie den Datenschutzbeauftragten in der Hinsicht? Das wollen wir doch nicht. Wir wollen doch, dass die Polizei hier effizient arbeiten kann. Selbst wenn jetzt auf Bundesebene noch ein Gesetzgebungsverfahren anlaufen würde, würde das doch für dieses Verfahren, das hier Aufhänger wäre, nichts ändern. Das wollen doch nicht einmal Sie. Insofern, glaube ich, können wir hier entspannt sein.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Regierungskoalition setzt mit dem neuen Haushalt ihre Personaloffensive in der Justiz mit zusätzlichen 27 Stellen fort.
Vor allem die Staatsanwaltschaft und die Sozialgerichtsbarkeit, aber auch das Hanseatische Oberlandesgericht stehen hierbei im Fokus. In den letzten Jahren haben wir solide, zuverlässig und innovativ gearbeitet. Übrigens – und deswegen macht die Justizpolitik in dieser Legislaturperiode auch besonders viel Spaß – etwas im Gegensatz zur Rede des Kollegen Seelmaecker habe ich die Zusammenarbeit im Justizausschuss meist als sehr sachorientiert und auch oppositionsseitig sehr konstruktiv erlebt. Das stand so ein bisschen im Gegensatz zu den doch etwas kleinen Karos, mit denen Sie hier aufgefahren sind, werter Herr Kollege Seelmaecker. Parkplätze für Gerichtsvollzieher, Mitarbeiter in Präsidialstäben,
ich glaube, das sind nicht so die sehr großen Linien, bei denen wir uns doch in der Regel einig sind.
Das finde ich sehr erfreulich, im Übrigen nicht nur unter den Koalitionsfraktionen, sondern grundsätzlich auch mit der CDU und der FDP; beispielsweise wollen wir einen starken Rechtsstaat, wir wollen effektive Bekämpfung von Straftaten, wir betrachten Verbrechensbekämpfung ganzheitlich unter dem Aspekt der Strafverfolgung, die wir stärken,
wir betrachten sie unter dem Aspekt übrigens auch des Opferschutzes, mit dem Resozialisierungsund Opferhilfegesetz.
Da wird noch mehr passieren, Frau Kollegin von Treuenfels-Frowein, da sind wir uns einig.
Wir betrachten sie unter dem Aspekt von Resozialisierung von Straftätern, denn Resozialisierung – da sind wir uns auch einig – ist der beste Opferschutz.
Wir wollen auch – und ich glaube, da sind wir uns ebenfalls einig – einen Rechtsstaat, der wie im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit wirksam für die wirtschaftlich Schwächeren da ist und effektiven Rechtsschutz bietet. Aber wir wollen auch einen Rechtsstaat und einen Rechtsstandort Hamburg, der der hamburgischen Wirtschaft eine leistungsfähige Justiz zur Verfügung stellt und den Wirtschaftsstandort Hamburg etwa im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes stärkt.
Wir wollen einen Strafvollzug, der die Arbeit seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wertschätzt, und wir wollen einen Datenschutzbeauftragten, der in voller Unabhängigkeit effektiv seiner gesetzlichen Aufgabe nachkommen kann.
All dies gewährleistet der Justizhaushalt 2019/2020, und wo er dies aus Sicht der Regierungsfraktionen noch nicht genug getan hat, haben wir noch nachgelegt und das, wie ich zu meiner Freude feststelle – auch dies steht etwas im Gegensatz zum Duktus Ihrer Rede, Kollege Seelmaecker –, in großer Übereinstimmung mit CDU und FDP, etwa was die Anträge zur Stärkung der Staatsanwaltschaft oder auch der Gerichte angeht. Im Übrigen bleiben Sie teilweise noch hinter unseren Anträgen zurück.
So treiben wir den Stellenausbau – die Zahl 170 seit 2015 wurde genannt – weiter voran, 27 neue Stellen, und das alles jenseits dessen, was wir noch erwarten dürfen aus dem Pakt für den Rechtsstaat, wofür wir hier in Hamburg, wenn man
sich so in anderen Bundesländern umschaut, die Blaupause waren.
Im Justizvollzug oder auch bei den Gerichtsvollziehern trägt die Ausbildungsoffensive Früchte. Wir sind jetzt nicht nur in der Lage, die Altersabgänge zu kompensieren, sondern können sogar für Personalzuwachs sorgen.
Mit dem Resozialisierungs- und Opferhilfegesetz haben wir bundesweit ein einzigartiges Gesetz geschaffen, mit dem wir Gefangenen erstmals einen individuellen Anspruch auf Resozialisierung geben. Diese Innovation unterfüttern wir auch noch mit Stellenhebungen im allgemeinen Justizvollzugsdienst, denn unser Credo, Resozialisierung ist der beste Opferschutz, wird so mit Verbesserungen für alle Betroffenen in die Praxis umgesetzt.
Mit gleich vier Haushaltsanträgen verstärken wir das Personal in der Justiz um weitere 27 Stellen. Weil sich Straftaten niemals lohnen dürfen, verstärken wir die Staatsanwaltschaft um weitere sieben Stellen. So stellen wir sicher, dass Vermögen aus Straftaten noch schneller abgeschöpft und den Opfern zurückgegeben werden kann. Die Staatsanwaltschaft verstärken wir nochmals um sechs Stellen, um die Strafverfolgung – und dazu hatten Sie nichts gesagt – im Bereich der Partnerschaft und Beziehungsgewalt zu verbessern.
Auch die Sozialgerichtsbarkeit bauen wir um weitere acht Stellen aus, mehr als die Opposition fordert, damit dort die Aktenstände besser ausgebaut werden können, ohne dass sich die Verfahrensdauern verlängern.
Und schließlich erhöhen wir die Kompetenz des Rechtsstandorts Hamburg bei der Schlichtung internationaler Wirtschaftsstreitigkeiten mit sechs neuen Stellen für das Hanseatische Oberlandesgericht.
Damit unterstreichen wir das Renommee der hamburgischen Justiz im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes. Schließlich erhöhen wir auch noch die Prüferhonorare mit dem Ziel, dass die Prüfer motiviert werden, Examensarbeiten schneller zu korrigieren, und die Studierenden schneller an ihr Ziel kommen. Alles in allem, glaube ich, sind das Anliegen, bei denen wir eine hohe Einigkeit hier im Hause erzielen können und die – im Gegensatz zu manchem Antrag der Opposition, soweit er nicht hinter den unseren zurückbleibt – auch alle solide gegenfinanziert sind.
Das kann man leider nicht zu allen Oppositionsanträgen sagen. Am augenfälligsten ist das bei den Anträgen der LINKEN, bei denen die Gegenfinanzierung durch eine Entkriminalisierung von Bagatelldelikten erfolgen soll; einmal abgesehen davon, dass, selbst wenn man dieses Ziel für wünschenswert hält, uns dazu bereits die Gesetzgebungskompetenz fehlt. Und außerdem kann man sich natürlich als regierungstragende Fraktion das Leben nicht so leicht machen. Also insofern müssen wir Ihre Anträge …
Herr Dolzer, ich will das gar nicht so polemisch formulieren, denn in der Zielsetzung sind wir da doch gar nicht weit auseinander. Aber man muss eben auch schauen, dass man Dinge, die man hier beantragt, solide gegenfinanziert.
Abschließend möchte ich mich, obwohl dies gerade anders anklang, für die gute und konstruktive Zusammenarbeit auch mit der Opposition, wo wir sicher in Teilen immer einmal wieder Streitigkeiten haben, wie wir zu den Zielen, die wir teilen, am besten gelangen, bedanken. Wir haben, glaube ich, in den letzten Jahren beim Thema Justizvollzugsfrieden Einmaliges geschafft. Wir haben den Streit um Justizstandorte begraben, um Justizvollzugsstandorte begraben – um Justizstandorte hoffentlich auch. Wir haben die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten gemeinsam in der Verfassung festgeschrieben und auch mit der Zielsetzung bessere Ausstattung der Justiz ziehen wir doch grundsätzlich am selben Strang, auch wenn wir immer einmal wieder andere Schwerpunkte setzen.
Die Gemeinsamkeiten sieht man an den zu meiner positiven Überraschung vielen deckungsgleichen Haushaltsanträgen, die dafür stehen, dass wir grundsätzlich einen guten, sachorientierten Austausch haben. Das ist gut für den Rechtsstandort Hamburg und dafür bedanke ich mich. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Senatsmitteilung, die wir heute diskutieren und die aus einem Antrag von Rot-Grün aus den letzten Haushaltsberatungen resultiert, kann man getrost als Win-win-win-Situation beschreiben.
Der Antrag, der dem zugrunde liegt, wurde im Übrigen nach einer Diskussion zur Stärkung der Staatsanwaltschaft, insbesondere der hier betroffenen Hauptabteilung 5, mit dem Personalrat der Staatsanwaltschaft geschaffen und zeigt sich jetzt, wie die Kollegin Timm gerade ausgeführt hat, als voller Erfolg.
Win zum Ersten, weil das Gerechtigkeitsgefühl der Bevölkerung im Bereich der Wirtschaftskriminalität gestärkt wird.
Zum Zweiten, weil durch diesen Antrag präventiv verbrechensvorbeugende Effekte erzielt werden. Durch Verbrechen erlangtes Vermögen darf nicht
mehr Grundlage sein und kann dann eben auch nicht mehr Grundlage sein für weitere Straftaten.
Drittens Opferschutz, sehr wichtig. Die Erfahrung habe ich selbst manchmal als Anwalt gemacht, wie mühselig es ist, wenn diese Möglichkeiten nicht bereitstehen, weil zum Beispiel die Staatsanwaltschaft nicht genügend Personal hat, für Opfer von Straftaten das entwendete Vermögen dann teilweise auf dem Zivilrechtswege wieder zurückzuerlangen. Auch hier bietet dieser Antrag und die Personalverstärkung bei der Staatsanwaltschaft in Kombination mit einem damals schon absehbaren Gesetz auf Bundesebene, auf das ich noch zu sprechen komme, die Möglichkeit, verstärkten Opferschutz zu leisten.
Viertens ein nicht zu vernachlässigender, aber sehr willkommener Nebeneffekt: Wir steigern damit die Einnahmen für die Freie und Hansestadt Hamburg, denn der Bereich an Vermögensabschöpfung, der nicht zugunsten der Opfer geschieht, sondern der darüber hinaus erfolgt, und der ist auch nicht unerheblich, kommt letzten Endes der Staatskasse zugute. Und das ist auch etwas, worüber keiner in diesem Hause so richtig traurig sein kann.
Dem Antrag lag damals zugrunde, dass Vermögensabschöpfungen – und das materielle Recht, das dem zugrunde liegt, ist ja Bundesrecht – erleichtert werden. Deswegen war das eigentlich ein Best-Practice-Beispiel für ein gutes Zusammengreifen von Justizpolitik auf Landesebene und auf Bundesebene, schon etwas im Vorgriff auf ein absehbares Gesetzgebungsvorhaben des damaligen Bundesjustizministers Heiko Maas, das aber auch im Zusammenhang mit der CDU damals dann noch verabschiedet wurde. Es sollte nämlich dadurch – und das ist nun auch geschehen, wie sich an den Zahlen ablesen lässt – vereinfacht werden, rechtswidrig erlangtes Vermögen mit weitaus weniger Aufwand als bisher abzuschöpfen und dann entweder für die Staatskasse oder für die entsprechenden Opfer sicherzustellen.
Die Zahlen hat die Kollegin Timm vorhin schon genannt; sie sind beeindruckend. Man kann nur hoffen, dass es so weitergeht. Für meine Fraktion und, ich glaube, auch für die Fraktion der GRÜNEN kann man nur sagen: Der Erfolg sollte uns ermutigen, weiterhin bei dem Thema dranzubleiben und zu schauen, dass wir diese Erfolgsgeschichte weiterschreiben. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn wir heute das Landesresozialisierungsund Opferhilfegesetz verabschieden, dann, glaube ich, darf man ganz unbescheiden sagen, schreiben wir auch ein bisschen Justizgeschichte.
Wir wären erst das zweite Bundesland nach dem Saarland, das ein solches Gesetz verabschieden würde.
Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen, deren stellvertretender Vorsitzender ich in Hamburg nebenbei bin,
fordert das übrigens seit 1988.
Und heute haben wir die Chance, dieses Gesetz Wirklichkeit werden zu lassen. Das würde mich sehr freuen.
Dreh- und Angelpunkt des Gesetzes ist der Eingliederungsanspruch, der allen Inhaftierten zusteht und auf dessen Grundlage künftig passgenaue Eingliederungspläne entwickelt werden. Außerdem führen wir ein flächendeckendes Übergangsmanagement in allen Hamburger Haftanstalten ein. Das Gesetz zielt darauf ab, die Arbeit aller Akteure im Bereich des Strafvollzugs und der Resozialisierung eng miteinander zu verzahnen; ich nehme an, Frau Kollegin von Treuenfels-Frowein, da haben auch Sie nichts dagegen. Was mich jetzt etwas überrascht, ist, dass die Hauptkritik der FDP sich ausgerechnet auf einen Behördenzuschnitt bezieht. Ich glaube, das ist hier nicht das zentrale Thema.
Die erfolgreiche Wiedereingliederung von ehemaligen Straftäterinnen und Straftätern erfordert eine Kombination vieler verschiedener sozialer Hilfen, wie etwa bei der Suche nach Wohnraum, der Integration in Arbeit oder auch der Schuldnerberatung. Es ist deshalb unerlässlich, dass in dieser Aufgabenstellung Justiz- und Sozialpolitik zusammengedacht werden, insofern haben Sie recht. Denn für eine effektive Rückfallprävention ist eine passgenaue Beratung und Betreuung notwendig. Dafür bauen wir jetzt die schon in der letzten Legislaturperiode von Senatorin Schiedek eingerichtete Fachstelle Übergangsmanagement noch weiter aus.
Im Übrigen, aber darauf werde ich dann in der zweiten Runde noch einmal eingehen, hat die SPD dem Senatsentwurf noch ein Änderungspetitum hinzugefügt,
zu dem ich, falls es hier dazu kommt, in der zweiten Runde Stellung nehme.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau von Treuenfels-Frowein! Immerhin waren wir die Einzigen, die vor ungefähr zwei Jahren, als das Ganze losging mit dem Eckpunktepapier im OLG, im Plenarsaal waren. Um Ihnen noch einmal in Erinnerung zu rufen, wie lange der Prozess schon geht: Wir haben in der Bürgerschaft eine Expertenanhörung gehabt im Justizausschuss. Wir haben sie ausgewertet. Bis dahin lagen leider noch keine Änderungsanträge der FDP vor. Es ist jetzt natürlich nicht so wahnsinnig glaubwürdig, wenn Sie an dem Tag, an dem wir vorhaben, das Gesetz zu verabschieden, zum ersten Mal ihre Vorschläge vorlegen.
Ich habe der Zeitung "Die Welt" vor zwei Wochen, als Professor Maelicke seinen Alternativentwurf vorgelegt hat, entnommen, dass Sie diesen, wenn wir ihn nicht übernehmen, hier 1:1 zur Abstimmung stellen.
Das stand in der "Welt".
Aber das haben Sie nun einmal nicht gemacht. Insofern konnte man da vielleicht auch einiges an Zweifel haben, so sehr ich Herrn Professor Maelicke, der großen Einfluss auf dieses Gesetz hatte, auch schätze.
Ich muss aber noch etwas zum Thema Opferschutz sagen, weil hier der Eindruck erweckt wird, als hätten SPD und GRÜNE kein Interesse am Opferschutz. Natürlich haben wir das, und ich kann Ihnen zusagen, dass wir bei diesem Thema noch nicht am Ende sind. Wir werden etwas machen zum Thema Opferschutzbeauftragter. Aber in welchem Kontext unterhalten wir uns darüber? Ich will vielleicht auch ein bisschen die Fronten glätten. Wir unterhalten uns über ein Gesetz, bei dem es um die Resozialisierung von Strafgefangenen geht. Ich glaube, Opferschutz – und ich hoffe, die FDP sieht das auch so – ist ein Thema, das man vielleicht ein bisschen breiter aufstellen muss. Das muss man vielleicht auch unter Einbeziehung der Innenbehörde, unter Einbeziehung der Justizbehörde
und natürlich der Sozialbehörde aufstellen. Denken Sie an die Situation, in der Opferschutz relevant werden kann. Insofern kann ich Sie beruhigen: Da wird noch etwas kommen.
Ansonsten weise ich noch auf unser Änderungspetitum hin. Wir haben hier noch einmal ein bisschen
nachgelegt beim Thema Rolle der Freien Träger, haben insofern auch den Rat der Experten in Teilen aufgegriffen. Und wir haben beim Thema Evaluierung ebenfalls noch einmal ein bisschen nachgelegt.
Das sind wichtige Aspekte. Insofern: Das Gesetz ist
aus meiner Sicht reif zur Verabschiedung und wir sollten es auch heute verabschieden. – Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 28. Januar 1972 wurde der Radikalenerlass beschlossen, zu einer Zeit, als der RAF-Terror Deutschland fest im Griff hatte. Infolge des Erlasses wurden deutschlandweit Menschen beobachtet, ausgeforscht und nicht zum öffentlichen Dienst zugelassen. Ziel des Erlasses war, Menschen mit vermeintlich – oder vor allem mit tatsächlich, denn das war das Ziel – links- und rechtsextremistischer Einstellung vom öffentlichen Dienst fernzuhalten. Selbstverständlich waren auch in Hamburg Menschen betroffen und deren Schicksal steht im Fokus unseres Antrags.
Hamburg ist in der Verantwortung, dieses Kapitel bundesdeutscher Geschichte gezielt und für unsere Stadt umfassend und respektvoll aufzuarbeiten. Denn trotz der damals innen- und außenpolitisch hoch angespannten Situation müssen wir heute rückblickend sagen, dass dieser Erlass und seine Konsequenzen in vielen Fällen weit über das Ziel hinausgeschossen sind. In der Folge des Radikalenerlasses kam es in der damaligen Bundesrepublik zu circa 11 000 offiziellen Berufsverbotsverfahren, 2 200 Disziplinarverfahren, 1 250 Ablehnungen von Bewerbungen und 265 Entlassungen aus dem öffentlichen Dienst. In dieser Zeit hatte der Verfassungsschutz etwa 35 000 Dossiers angefertigt; die genauen Zahlen der Betroffenen in Hamburg wollen wir auf der Grundlage unseres Antrags aufarbeiten.
Wichtige politische Grundrechte wie die Meinungsund die Versammlungsfreiheit gerieten durch den Radikalenerlass in schwere Bedrängnis. Durchaus auch mit einem Blick auf unsere heutige Zeit und die Probleme, die uns derzeit bewegen, meine ich, dass uns die Berufsverbote und der Radikalenerlass eine Mahnung sein sollten. Immerhin hat selbst Helmut Schmidt später resümiert, dass da
mals mit Kanonen auf Spatzen geschossen wurde, und auch Willy Brandt, in dessen Amtszeit der Radikalenerlass fiel, räumte später ein, dass der Erlass ein großer politischer Fehler gewesen war.
Die Rolle Hamburgs beim sogenannten Radikalenerlass war äußerst ambivalent. Einerseits war Hamburg gleich ganz vorn mit dabei, muss man sagen. Aber es war auch Hamburg, das unter Hans-Ulrich Klose im Jahr 1979, die Kollegin Möller hat es erwähnt, den Erlass außer Kraft setzte und die Praxis – und das war ja eben das Problem – der anlasslosen Regelanfrage beim Verfassungsschutz beendete und nur noch anlassbezogen bestimmte Menschen überprüfte, und da wollen wir ja weiterhin, dass das möglich ist. Bundesweit drängten Hamburg und auch andere Bundesländer die ausufernde Überprüfungspraxis immer weiter zurück.
Mit unserem Antrag heute bringen wir die notwendige historische Aufarbeitung der Berufsverbote in Hamburg auf den Weg. Andere Bundesländer, es sind allerdings bisher nur Niedersachsen und Bremen, haben diesen Schritt bereits vollzogen. Mit dem Antrag erkennen wir an, dass viele der von hamburgischen Maßnahmen betroffenen Menschen durch Gesinnungsanhörung, Berufsverbote, langwierige Gerichtsverfahren, Diskriminierung oder durch Arbeitslosigkeit Leid erleben mussten. Wir erkennen an, dass die Umsetzung des Radikalenerlasses ein unrühmliches Kapitel in der Geschichte Hamburgs darstellt, das wir ausdrücklich bedauern. Wir sprechen den aus heutiger Sicht zu Unrecht betroffenen Bürgerinnen und Bürgern – aus heutiger Sicht deswegen, weil damals die Sache auch juristisch in den vielen Fällen eben anders bewertet wurde, als wir das heute tun – unseren Respekt aus. Vor diesem Hintergrund wollen wir eine gehaltvolle Aufarbeitung der Berufsverbote, die dem Schicksal der Betroffenen gerecht wird und einen umfassenden Einblick erlaubt in die Folgen des Radikalenerlasses. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Justizvollzugsfrieden schlagen wir heute ein neues Kapitel in der hamburgischen Justizpolitik auf. Mein Dank geht zunächst an alle Beteiligten, die konstruktiv an dem jetzt vorliegenden Antrag mitgearbeitet ha
Das Wahlergebnis ist auf Seite 5629 zu finden.
ben, das heißt an die Kolleginnen und Kollegen von CDU, GRÜNEN, FDP sowie natürlich nicht zuletzt an die Justizbehörde, die uns bei dem Prozess unterstützt und begleitet hat. Im Ergebnis kann man sagen, es handelt sich um einen Sieg fachpolitischer Vernunft, was ja leider in der Politik nicht alltäglich ist. Denn soweit ich dies in den letzten rund 18 Jahren verfolgt habe, waren Standortfragen im Hamburger Strafvollzug immer wieder einer der Hauptstreitpunkte der Justizpolitik. Folge dieses Streits zwischen Regierung und Opposition war, dass schon bestehende Planungen für Vollzugsstandorte und deren Nutzung immer wieder geändert und revidiert wurden, mit all den entsprechenden Konsequenzen für Beschäftigte und Inhaftierte, aber auch für den Steuerzahler in Form von Effizienzverlusten und Fehlinvestitionen.
Hier nur eine kurze Übersicht; ich werde dabei entgegen Ihren Befürchtungen auf die üblichen parteipolitischen Schuldzuweisungen bewusst verzichten:
Justizvollzugsanstalt Billwerder, wir erinnern uns, ursprünglich geplant für den offenen Vollzug, dann 2001 nach dem Regierungswechsel Umfunktionierung zum geschlossenen Männervollzug.
Der nächste Standortstreit war die Frage des offenen Vollzugs in Glasmoor, der geschlossen werden sollte und nach Fuhlsbüttel verlegt werden sollte. Inzwischen sanieren wir ihn und bauen den offenen Vollzug aus.
Immer wieder hatten wir auch das Problem schwankender Gefangenenzahlen. Ich erinnere noch, Anfang der Jahrtausendwende waren wir bei 3 000 Gefangenen. Zwischendurch waren wir vor drei Jahren einmal bei 1 500, jetzt haben wir wieder eine leicht steigende Tendenz. Auf die Problematik, dass Billwerder nicht voll belegt war, haben wir dann auch dadurch reagiert, dass wir den Frauenvollzug von der JVA Hahnöfersand verlegt haben nach Billwerder, sodass am Standort Hahnöfersand im Moment nur noch die Jugendstrafvollzugsanstalt steht. Problem: Viele Gebäude der über hundert Jahre alten Anstalt sind stark sanierungsbedürftig. Der Sanierungsbedarf wird dort in zweistelliger Millionenhöhe geschätzt. Im Übrigen hat der Standort den Nachteil, dass er auf einer Elbinsel in Niedersachsen liegt und von Hamburg aus nur schwer zu erreichen ist.
Dann hat die Justizbehörde in dieser Legislaturperiode mit dem Projekt "Justizvollzug Hamburg 2020" angefangen, Alternativen zu Hahnöfersand und dem Jugendvollzug zu prüfen. Lange Zeit dachte man, dass dieses Projekt auf eine Kooperationslösung mit Schleswig-Holstein hinausläuft, aber spätestens seit dem Regierungswechsel dort und auch aufgrund der steigenden Gefangenen
zahlen in den beiden Bundesländern hat sich diese Lösung dann zerschlagen.
Gut, dass wir von Anfang an – nicht zuletzt auf Drängen meiner Fraktion – verschiedene Alternativen in der Prüfung hatten. In fachpolitischer, aber auch in wirtschaftlicher Hinsicht bietet sich jetzt aus unserer Sicht und aus Sicht der Fachpolitiker der Fraktionen, die diesen Antrag hier gemeinsam verabschieden wollen, der Standort Billwerder für den Jugendvollzug an, der den Vorteil einer stadtnahen Unterbringung bietet, der gut erreichbar ist. Und außerdem: Ein Neubau bietet natürlich immer die Chance, Resozialisierung dort noch einmal besser aufstellen zu können.
Mit dem Hamburger Justizvollzugsfrieden verständigen wir uns fraktionsübergreifend über die Legislaturperiode hinaus einerseits auf eine grundlegende Akzeptanz bestehender Justizvollzugsstandorte in Hamburg unter den im Antrag genannten Prämissen, und wir verständigen uns darauf, dass wir die von uns als vorzugswürdig eingestufte eigenständige Jugendhaftanstalt in Billwerder in eine vertiefte Prüfung geben, natürlich alles unter enger Einbindung der am Justizvollzugsfrieden beteiligten Fraktionen und auch der Bezirkspolitiker vor Ort.
Wichtig ist an dieser Stelle auch zu sagen, dass die abschließende Entscheidung natürlich erst nach dieser vertieften Prüfung erfolgen wird, was voraussichtlich Mitte nächsten Jahres der Fall sein wird. Wichtige Entscheidungsparameter sind für uns dabei die Erzielung von Synergieeffekten, die Erhöhung der Vollzugsqualität und der Vielfalt der Angebote für Gefangene. Wir wollen die Personalbedarfsplanung erleichtern, die Arbeitsbedingungen für die dort Beschäftigten verbessern und natürlich auch deren berufliche Sicherheit.
Das ist nett, aber die Uhr läuft in der Tat nicht, von daher konnte ich mich auch nicht orientieren. Ich habe auch nur noch eine Minute.
Jedenfalls haben wir, wenn wir das hinkriegen, hoffentlich dann keinen Streit mehr über die grundsätzlichen
Strukturfragen. Wir werden uns noch im Detail …
Ich bin gleich fertig.
Ich habe nur noch einen Satz.
Wir werden uns nicht mehr über Strukturfragen streiten, sondern nur noch über die Ausgestaltung der Resozialisierung.
Wenn uns dies gelingt, dann haben wir hier, glaube ich, einen justizpolitischen Meilenstein gesetzt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Dolzer, ich finde es gut, dass wir das Thema hier einmal anreißen, aber wie Sie wissen, haben wir uns mit dem Thema auch schon im Justizausschuss im letzten Jahr im Juli befasst und haben das Thema Innovation im Strafvollzug dauerhaft auf der Tagesordnung. Insofern ist Ihnen da wahrscheinlich der Debattenstand dann auch bekannt.
Wir sind auch nicht grundsätzlich dagegen, dass Digitalisierung im Strafvollzug stattfindet. Wie Sie vielleicht wissen, ist es so, dass EDV auch derzeit Bestandteil von Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen im Strafvollzug ist. Selbst ein Fernstudium ist derzeit auch schon möglich. Die von Ihnen beschriebenen Resozialisierungsaspekte, die auch alle wichtig sind, von Wohnungssuche bis hin zu Fortbildungsmaßnahmen und anderem, sind auch alles Aspekte, die im Rahmen des Resozialisierungsprozesses aufgegriffen werden.
Wir haben übrigens auch derzeit schon – das Gesetz hatten wir schon in der letzten Legislaturperiode beschlossen – in der Sicherungsverwahrung die Möglichkeit des Internetzugangs unter engen Voraussetzungen. Da haben wir allerdings so ein
bisschen das Problem, dass das Ganze einen hohen Überwachungs- und Personalaufwand erfordert. Wie wir alle wissen und hier auch schon vielfältig diskutiert haben, haben wir im Moment im Strafvollzug eine angespannte Personalsituation. Von daher scheint es uns im Moment nicht opportun, uns an derartigen Programmen zu beteiligen.
Ich weise zudem darauf hin, dass normalerweise der Weg aus dem Strafvollzug auch oft über den offenen Vollzug geht. Im offenen Vollzug kann natürlich auf soziale Medien zurückgegriffen werden. Wir werden weiter an dem Thema dranbleiben. Wie gesagt, wir haben das Thema Innovation im Strafvollzug auf der Agenda des Justizausschusses. Deswegen können wir, ohne das Thema zu vernachlässigen, hier Ihren Antrag ablehnen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Richard Seelmaecker! Der CDU scheint ja mittlerweile fast jedes Mittel recht zu sein, um auf unseren Justizsenator und unsere gute Justizpolitik, die Sie ja immerhin zum Teil anerkennen, zu schießen. Aber beim Thema Filz kann ich Ihnen natürlich einen leichten Blick in die Vergangenheit nicht ersparen. Ich weiß nicht, ob Sie sich an die 17. Legislaturperiode erinnern. Den Namen des Justizsenators soll ich ja nicht mehr sagen, weil der Ihnen ja heute noch peinlich ist.
Sein Spitzname war die lächelnde Guillotine,
den hatte er sich unter anderem auch wegen seiner wenig rühmlichen und durchaus intransparenten Personalpolitik eingehandelt, die immerhin sogar einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss nach sich gezogen hat. Also insofern sind Sie hier wahrhaftig die Experten für Filz.
Wie heißt es so schön, die größten Kritiker der Elche waren früher selbst welche.
Die Ironie an der Geschichte ist, dass eine Schlussfolgerung aus diesem PUA war, dass die Personalpolitik des Senats seitdem transparenter gestaltet wurde. Insofern profitieren Sie sozusagen von Ihren eigenen politischen Fehlern. Aber das muss ja per se nicht schlecht sein.
Wir haben jedenfalls – Sie haben es selbst schon angesprochen – in dieser Legislaturperiode auf eine Menge politische Erfolge hinzuweisen, die in der Personalpolitik … Was den Personalaufbau angeht, sind es übrigens 123 Stellen in der Justiz, die haben Sie ja eben auch freundlicherweise anerkannt. Wir machen Fortschritte, was den Ausbau des Strafvollzugs angeht, wir haben jetzt das Projekt Glasmoor weiter vorangetrieben und wir gucken, dass wir dort einen ordentlichen offenen Vollzug bekommen. Der D-Flügel in der JVA Fuhlsbüttel wird saniert, der B-Flügel in der U-Haftanstalt wird bald fertig. Beim Projekt Justizvollzug 2020 haben wir uns vorgenommen, dass wir am selben Strang ziehen werden, insofern können Sie uns auch wieder loben, wenn wir dann am selben Strang ziehen. Wir haben noch das Resozialisierungsgesetz in der Pipeline. Sie sehen, viele anspruchsvolle politische Projekte, die uns auch ins
gesamt, finde ich, grosso modo, bisher gut gelungen sind.
Das, was Sie hier machen, ist doch der durchschaubare Versuch, durch wenig substanziierte Anschuldigungen, unsere gute Justizpolitik schlechtzumachen.
Dass das, wenn man sich all das vornimmt und all das auf den Weg bringt, womöglich auch Auswirkungen auf die Präsidialabteilungen von Behörden haben kann, ist, glaube ich, für jeden nachvollziehbar. Im Zeitalter der Digitalisierung wollen wir ja auch alle, dass Öffentlichkeit an soziale Medien angepasst wird. Auch das erfordert hier ein Nachsteuern bei der Personalpolitik. Ich jedenfalls, werter Kollege Richard Seelmaecker, finde das sehr plausibel. Wenn Sie die Präsidialabteilung entlasten wollen … Das will ich Ihnen noch nicht einmal raten, weil ich auch davon überzeugt bin, dass die Opposition gute Schriftliche Kleine Anfragen machen soll, das immerhin machen Sie ja, aber das verursacht natürlich auch noch einmal eine Extraportion Arbeit.
Insofern tragen Sie auch selbst dazu bei, dass die Präsidialabteilung in der Justizbehörde gut beschäftigt ist.
Ich fasse zusammen: gute Personalpolitik, bauliche Maßnahmen, die wir, glaube ich, alle begrüßen, Verbesserungen im Justizvollzug und noch ein Resozialisierungsgesetz in der Pipeline, was wir sicherlich inhaltlich auch alle begrüßen. In der Fußballersprache würde ich sagen, es steht im Hinblick auf Ihren einfallslosen Griff in die rhetorische Mottenkiste 3:0 für die SPD
in Kombination mit einem hässlichen Foul,
was Sie hier verursachen im Hinblick auf die Personalpolitik. Insofern werden Sie auch den Fairnesspokal nicht gewinnen. Das tut mir leid, aber wir können es trotzdem weiter probieren. – Danke.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Richard Seelmaecker, ich habe großes Verständnis dafür, wenn die Opposition Kritik dort anbringt, wo sie vielleicht einmal angezeigt ist, weil Dinge nicht optimal laufen – und das tun sie im Strafvollzug nicht, das muss man nicht beschönigen. Wofür ich aber kein Verständnis habe, ist der Furor und die Intensität, mit der Sie quasi ein Zerrbild der Wirklichkeit zeichnen. Dadurch machen Sie sich auch nicht viel glaubwürdiger.
Vor allem erstaunt es mich, weil im Strafvollzug dasselbe der Fall ist wie – das haben wir gerade noch einmal gehört – bei der Polizei: was ausgerechnet diejenigen, die in ihrer Regierungszeit ein Minimum an Ausbildung betrieben haben, jetzt kritisieren. Im letzten Senat, von Beust und Ahlhaus, und das wissen Sie genau, gab es null Ausbildungslehrgänge im Strafvollzug – mittlerweile haben wir fünf –, und das sind natürlich auch Folgeprobleme, die jetzt weiterhin durchschlagen.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Seelmaecker?
Ja.
Wir haben die Ausbildungslehrgänge wieder aufgenommen unter der Justizsenatorin Schiedek, als sie ins Amt kam. Wir haben bei null angefangen und sind, wie gesagt, mittlerweile bei fünf. Natürlich haben wir mit einem angefangen, das stimmt. Das ließ sich auch damals dadurch rechtfertigen, dass wir vor über zehn Jahren um die 3 000 Gefangene hatten und dann zeitweise bei ungefähr 1 500 waren.
Jetzt geht es wieder auf 2 000 zu. Insofern haben wir damals immerhin gesehen, dass man etwas tun muss. Man darf es nie so weit kommen lassen, dass man das auf null herunterfährt. Damit haben wir heute noch zu tun.
Die anderen Probleme sind vorhin schon benannt worden. Das sind im Prinzip politisch konsensuale Sondereffekte. Die erfolgreiche Ermittlungsarbeit der Sokos, die erfolgreiche Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaften führt zu mehr Gefangenen. Die Sanierung des B-Flügels der Untersuchungshaftanstalt – ich habe mich lange dafür eingesetzt, mittlerweile ist sie da, im März 2018, mit einer leichten Verzögerung, aber ich glaube, wir freuen uns alle, dass er dann saniert ist – führt eben auch dazu, dass viele Untersuchungsgefangene im Moment in der JVA Billwerder untergebracht werden müssen. Das führt zu einem erhöhten Personalbedarf, weil dort ein neues Haus, Haus 7, besetzt werden musste. Absehbar – im März – wird dieses Haus geschlossen werden können, und das wird einen personellen Entlastungseffekt von ungefähr 10,5 Vollzeitäquivalenten haben.
Darüber hinaus: Was müssen wir tun? Müssen wir die Ausbildungsbemühungen auf hohem Niveau halten? Fünf Lehrgänge pro Jahr sind auch weiterhin angestrebt. Dann können wir es schaffen, dass wir im Jahr 2018 den Trend umgekehrt haben. Das geht leider nicht schneller.
Im Übrigen bin ich – genauso wie Sie, Herr Kollege Seelmaecker, sicher auch – im Gespräch mit dem LVHS, mit dem Landesverband der Strafvollzugs
bediensteten. Ich war erst letzten Freitag dort, habe mich mit denen den gesamten Vormittag über unterhalten, und natürlich werden wir deren Vorschläge auswerten. Dass das nicht immer so einfach ist, alles 1:1 umzusetzen – ich nenne als Beispiel nur, die Vorführabteilung durch die Polizei zu ersetzen, da bekommen wir wahrscheinlich alle Probleme mit unseren Innenpolitikern –, das wissen auch Sie. Aber wir sollten bereit sein,
konstruktiv zusammen an einer weiteren Verbesserung zu arbeiten. Dazu lade ich die Opposition ein, auch im Zusammenhang mit unserem geplanten Justizvollzugsfrieden. – Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Thering, auch die SPD-Bundestagsfraktion hat dem Gesetz zugestimmt.
Auch bei ihr hätten Sie sich bedanken dürfen. Ich glaube, wir haben über das Gesetz als solches überhaupt keinen Dissens, aber ich hoffe, Sie erlauben mir, dass ich etwas differenzierter an die Sache herangehe, als Sie es gerade gemacht haben.
Das Videoüberwachungsgesetz, auf das Sie Bezug nehmen, wurde, wie Sie sagten, erst im Frühjahr 2017 beschlossen und hat im Wesentlichen das Bundesdatenschutzgesetz dahin gehend geändert, dass auch öffentlich zugängliche Anlagen in den Anwendungsbereich fallen, wobei gar nicht sicher ist, inwieweit Bahnhofsvorplätze und so weiter darunterfallen. Die wesentliche Neuerung des Gesetzes, das sich im Übrigen – auch das haben Sie leider nicht herausgearbeitet – an Private und nicht an die öffentliche Verwaltung oder den Staat richtet, erleichtert in der Tat die Videoüberwachung, aber eben für Private, und wertet Sicherheitsbelange, die den Schutz von Leben, Gesundheit und Freiheit betreffen – das haben Sie immerhin dargestellt –, beim Datenschutz etwas auf. Aber mitnichten wird gesagt, das gehe immer und überall flächendeckend; das geht weiterhin nicht. Da müssen Sie sich vielleicht noch einmal ein bisschen genauer mit der Materie auseinandersetzen. Der von mir geschätzte Kollege Gladiator hat, ich glaube, 2015 dazu einmal eine Schriftliche Kleine Anfrage gestellt – die Sie sicherlich auch gelesen haben –, in der er auch auf die Datenschutzbelange eingegangen ist. Diese können wir natürlich nicht völlig außen vor lassen. Warum? Natürlich muss in jedem Einzelfall auch immer geprüft werden, ob Videoüberwachung erforderlich ist oder nicht. Sie haben eben auch noch nicht so richtig dargestellt, dass es hier um Plätze geht. Ich glaube, das tut nicht not, weil das, was Sie vorhaben, gar nicht den Kern des Problems trifft. Im Kern des Problems sind wir uns, glaube ich, einig. Ich glaube, da sind sich bei uns alle Fraktionen einig, von ganz links bis ganz rechts. Was wir alle wollen, ist doch eine effektive Kriminalitätsbekämpfung an Kriminalitätsschwerpunkten.
Was wir alle nicht wollen, das ist im Übrigen auch nicht die Rechtslage, ist eine flächendeckende deutschlandweite Videoüberwachung. Da müssen wir uns auch gar nicht anbrüllen, denn ich glaube, da sind wir alle einer Meinung, sogar die AfD. Wir alle wollen eine Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten. Diese ermöglicht dieses Gesetz und weitet es auf Private aus. Sie wollen jetzt irgend so einen Prüfauftrag, bei dem mir nicht klar ist, an wen er sich richten und wohin er eigentlich führen soll.
Ja, aber Ihnen ist schon klar, Herr Kollege Thering, dass sich das Gesetz zum Beispiel nicht an die Bahnhofsvorplätze der Deutschen Bahn oder S-Bahn richtet. Das wussten Sie doch, bevor Sie diesen Antrag gestellt haben, oder?
Aber das haben Sie in Ihrer Rede nicht gesagt.
Wissen Sie überhaupt, auf welche Anwendungsbereiche sich dieses Gesetz bezieht? Es bezieht sich auf den Anwendungsbereich ZOB und in der Tat auf die Hochbahn. Und auch da haben wir doch überhaupt keinen Dissens. Es ist Aufgabe der Polizei und der jeweils betroffenen Privaten, zu prüfen, wo eine Videoüberwachung Sinn macht und wo nicht. Wenn sich dort Schwerpunkte ergeben, dann soll dort auch Videoüberwachung stattfinden. Die Hamburger Polizei braucht meiner Meinung nach keinen Nachhilfeunterricht von der CDU.
Und weil wir uns zwar im Kern des Problems einig sind, weil sich auch unsere Bundestagsfraktionen einig waren, weil wir alle wollen, dass dieses Gesetz durchaus Anwendung findet und eine effektive Kriminalitätsbekämpfung stattfindet, aber nicht irgendetwas Flächendeckendes, was wir gar nicht hinbekommen, ist Ihr Antrag schlicht viel zu unkonkret und nimmt die gezielte Bekämpfung von Kriminalitätsbrennpunkten überhaupt nicht in den Blick. Daher und nur aus diesem Grunde, ohne jetzt weiterhin Gegensätze konstruieren zu müssen, können wir den Antrag, glaube ich, getrost ablehnen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Entwurf des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes ist auf Initiative des Bundesjustizministers entstanden als Reaktion auf die zunehmenden Hassreden und die Verbreitung von sogenannten Fake News im Internet, vor allem in den sozialen Netzwerken. Seit Bekanntwerden des ersten Entwurfs Anfang des Jahres gibt es Kritik an diesem Gesetz. Teilweise ist diese Kritik auch berechtigt, deswegen hat jetzt der Rechtsausschuss im Bundesrat zahlreiche Änderungen empfohlen, die im weiteren Gesetzgebungsprozess, davon bin ich überzeugt, mit Sicherheit Berücksichtigung finden werden.
Teilweise allerdings scheint mir die Kritik, insbesondere hinsichtlich der befürchteten Löschorgien, etwas über das Ziel hinauszuschießen. Dennoch unterstützen wir das mit dem Gesetz verfolgte Anliegen, Hasskriminalität und Fake News im Netz zu bekämpfen, und wollen nachdrücklich ein qualitativ gutes, aber eben auch praktikables Gesetz.
Denn die Debattenkultur in den sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter hat sich in den letzten Jahren für alle spürbar verändert. Diese Diagnose gilt vor allem für Äußerungen aus der rechtsextremen oder aus der gewaltbereiten islamistischen Szene.
Ja, auch aus der gewaltbereiten linksextremen Szene. Da stimme ich Ihnen gern zu.
Aber auch normale Menschen nutzen den anonymen und gesichtslosen Raum, um im Netz ihren Hass und Frust loszuwerden. Das ist nichts, was wir unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit einfach dulden können, denn auch diese hat Grenzen,
beispielsweise dort, wo die Rechte anderer Menschen verletzt werden. Und wenn so etwas nicht freiwillig geht, dann muss man im Rechtsstaat zu den Mitteln des Rechts greifen. Nicht immer, aber sehr oft, erfüllen Hasskommentare oder wissentlich falsche Tatsachenbehauptungen Straftatbestände wie Volksverhetzung, Verleumdung, Beleidigung oder üble Nachrede. Genügend Strafurteile dazu gibt es bereits. Wir haben also an dieser Stelle zu Recht einen Handlungsbedarf identifiziert. Das Internet ist ein freier Raum, aber er ist nicht rechtsfrei und wir müssen unsere Gesetze so einstellen, dass Hasskriminalität in sozialen Netzwerken nicht überhandnimmt oder sich besser überhaupt nicht breitmacht.
Andererseits – und hier fängt der Spagat an, wir Juristen nennen das Güterabwägung – müssen wir auch dafür sorgen, dass die digitalen Angebote als Ort der individuellen Meinungsfreiheit für alle offen gestaltet sind und Menschen nicht durch zu harte Regeln davon abgehalten werden, ihre Meinung frei zu äußern.
In der virtuellen Welt werden wir diese beiden Anliegen, die Garantie der freien Meinungsäußerung einerseits und den Schutz vor rechtswidrigen Inhalten und von allgemeinen Persönlichkeitsrechten, realistisch nur dann gut umsetzen, wenn wir die Anbieter von sozialen Netzwerken ins Boot holen. Das müssen wir tun, denn nur diese haben den Zugriff auf die von ihnen zur Verfügung gestellte Technik und entsprechend auf die Inhalte.
In Form einer Selbstverpflichtung haben sich im Übrigen Unternehmen wie Facebook bereits bereit erklärt und tun das auch, anwenderfreundliche Mechanismen zur Meldung kritischer Beiträge einzurichten, gemeldete Beiträge zu überprüfen und, falls diese rechtwidrig sind, sie auch zu löschen. Es gibt also bereits eine Löschpraxis, beispielswei