Protocol of the Session on April 11, 2018

Die Debatte soll geführt werden. Vonseiten der AfD-Fraktion liegt ein Überweisungsbegehren an den Innenausschuss vor. Auch hier handelt es sich um eine Kurzdebatte, also zwei Minuten Redezeit.

Wer wünscht das Wort? – Herr Nockemann, bitte, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In den Medien wird in den letzten Wochen und Monaten beinahe wöchentlich von Messerattacken, Messerangriffen auf Bürger berichtet. Allein in den letzten Wochen gab es in Hamburg, Wiesbaden, Burgwedel, Hannover, Duisburg, Bochum, Nürnberg, Berlin, ohne dass diese Aufzählung nun vollzählig wäre, Messerattacken.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das hat was mit Hamburg zu tun?)

Früher gab es diese Messerattacken nur in Großstädten. Heute durchzieht diese Angst vor Überfall und Messerattacken das ganze Land, auch kleine Ortschaften.

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Na klar, wir zittern jeden Tag!)

Das alles ist aus den Medien bekannt. Unter dem Begriff Messerangriff werden die Straftaten zusammengefasst, bei denen als Tatmittel ein Messer verwendet wird. Angriffe mit Messern sind besonders gefährlich, sie lassen auf die besondere Rohheit des Täters schließen. Außerdem sind sie in der Tat gefährlich, weil jeder Messergebrauch auch menschliches Leben gefährdet. Es sind Delikte betroffen wie Tötungs-, Körperverletzungsdelikte, Raub, Sexualdelikte, aber auch Bedrohung, Nötigung und Erpressung. Der "Tagesschau"-Faktenfinder, also keine Fake-News-Maschine, sondern das Ministerpräsidenten-TV, bestätigt eine relativ hohe Anzahl von Afghanen und Syrern unter den Tätern.

(Martin Dolzer DIE LINKE: Das war klar!)

Ja, es wird schon wieder laut. Sie haben nur darauf gewartet. Sind Sie wieder da mit Ihren Denkverboten?

(Beifall bei der AfD)

Glauben Sie jetzt schon nicht mehr, was das Ministerpräsidenten-TV so verlautbaren lässt? Ja, das ist alles nicht nur subjektiv. Wir wollen überprüfen, inwieweit diese Vorbehalte oder Vorurteile ihre Tatsachen finden. Deswegen beantragen wir, dass diese Messerangriffe, Messerübergriffe polizeilicherseits gezählt werden und in die Polizeiliche Kriminalstatistik einfließen. Damit lassen sich nämlich auch Vorurteile entkräften und das ist Sinn und Zweck unseres Antrags. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Schumacher hat das Wort für die SPD-Fraktion.

(Dirk Nockemann)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es liegen heute zwei Anträge zum Thema Messerangriffe vor. Also in den Anträgen von AfD und CDU zum Thema Messerangriffe wird dankenswerterweise konzediert, dass es keine gesicherten Fallzahlen über die Höhe und ob es überhaupt eine Zunahme mit dem Messer begangener Straftaten gibt. Mit, wie es im AfD-Antrag selbstentlarvend heißt, gefühlter Zunahme und subjektiven Eindrücken machen wir Sozialdemokraten allerdings keine Politik.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Gleiches gilt für Anträge, die mehr oder weniger deutlich Vorurteile und Ressentiments gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen schüren. Derartige Anträge haben bei uns keinerlei Chance.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Martin Dolzer DIE LINKE)

Nun zu den inhaltlichen Fragen. Klar und belegt ist: Messer und andere Stichwaffen werden überwiegend bei Begehung von schweren Rauben, gefährlichen und schweren Körperverletzungen sowie Bedrohungen als Tatmittel verwendet. Diese Delikte weisen derzeit in Hamburg rückläufige Fallzahlen auf. Dennoch können wir uns vorstellen, die mit Messer begangenen Straftaten künftig erfassen zu lassen.

(Zuruf: Ah!)

Hinzu kommt, dass auch in anderen Bundesländern an diesem Thema gearbeitet wird. So einfach und so schnell geht es allerdings nicht. Änderungen der Richtlinien für die PKS können nur bundeseinheitlich vorgenommen werden, damit es auch eine Vergleichbarkeit gibt,

(Jörg Hamann CDU: Aha!)

und diese treten auch immer nur zum Jahreswechsel in Kraft.

(Jörg Hamann CDU: Aber nächste Legisla- turperiode regieren Sie gar nicht mehr!)

Um das Thema ausführlich zu beraten, werden wir den CDU-Antrag überweisen. Zum AfD-Antrag habe ich eingangs schon alles gesagt; der ist abzulehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Lenders hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Kaum ein Tag vergeht und wir sehen nicht neue Schlagzeilen mit Messerattacken. Was mein Vorredner gerade gesagt hat, kann ich nur bestätigen. Wir sehen Schlagzeilen, aber wir wissen nicht wirklich, ob es eine derartige Zunahme von Übergriffen gibt. Lei

der verfügt die Hamburger Polizeiliche Kriminalstatistik nicht über eine entsprechende Erhebung und wir können nicht verlässlich feststellen, ob es eine wirkliche Zunahme von Messerdelikten gibt.

In Leipzig beispielsweise, das ist verbrieft, ist die Zahl der Taten, in denen Messer verwendet worden sind, von 62 Fällen im Jahre 2014 auf erschreckende 138 Fälle im Jahre 2017, also sage und schreibe um 123 Prozent, angestiegen. Nach den Recherchen des Magazins "Kontraste" gab es ebenfalls deutliche Anstiege in den Ländern Hessen, Baden-Württemberg und Brandenburg, in Brandenburg sogar um sage und schreibe 55 Prozent.

Deswegen, glaube ich, ist der Antrag der CDUFraktion berechtigt, und ich hörte schon, dass er an den Innenausschuss überweisen wird. Wir müssen uns einfach im Innenausschuss ruhig und sachlich damit auseinandersetzen. Wir müssen schauen, ob es belegbare Zahlen gibt, und dann zu entsprechenden Maßnahmen kommen. Zu den Maßnahmen kann es gehören, Präventionskurse anzubieten, um mittels Antigewalttrainern auch bei Jugendlichen dafür zu werben, dass nicht jeder ein Messer in der Tasche hat und damit herumlaufen muss. Aber, und das ist noch ein wesentlich wichtigerer Punkt, wir müssen auch die Strafverfolgungsbehörden sensibilisieren. Ein Angriff mit einem Messer in Richtung des Oberkörpers ruft möglicherweise nicht nur eine gefährliche oder schwere Körperverletzung hervor, sondern es könnte auch möglicherweise der Verdacht eines Tötungsdeliktes sein. Genau in diesem Bereich müssen dann auch Ermittlungen geführt werden.

Der Antrag der AfD-Fraktion ist vernünftig, uns aber nicht ausreichend. Unserer ist besser und schneller, weil wir auch eine Erfassung für das Jahr 2017 wollen. – Vielen Dank. Stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Frau Möller hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde, es ist das Verantwortungsloseste, was man machen kann, wenn man bei diesem Thema nicht sachlich und fachlich und konkret und korrekt argumentiert.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Wir haben überhaupt keinen Anlass, Messerangriffe zu verharmlosen. Es gibt starke Verletzungen, es gibt Getötete. Nicht umsonst sind deshalb schon allein der Erwerb, der Besitz und das Führen von Messern mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren belegt. Im Übrigen – Herr Lenders, Sie wissen das auch –: Dass ein Messerangriff als Tö

tungsdelikt bewertet werden soll, ist die gängige Entscheidung in juristischen Verfahren; also so viel dazu. Sie haben im Übrigen auch weggelassen, dass in Schleswig-Holstein die Zahl der Messerangriffe in dieser Statistik, die Sie beschrieben haben, zurückgegangen ist. Das macht noch einmal deutlich, dass es Sinn macht, sich mit der Zahl der Messerangriffe zu beschäftigen. Es macht Sinn, sich damit zu beschäftigen, ob das eine weitere Kategorie in der PKS werden sollte oder nicht.

(Dirk Nockemann AfD: Man kann auch mit 'nem Küchenmesser töten!)

Deshalb ist es richtig, dass wir den CDU-Antrag überweisen. Die Details dazu hat Herr Schumacher schon erwähnt.

Ich möchte doch noch zum Schluss etwas zu dem Faktenfinder der "Tagesschau" sagen. Auch da bin ich dafür, dass wir versuchen, Herr Nockemann, tatsächlich bei den Fakten zu bleiben, denn der Satz mit der erhöhten Zahl von afghanischen und syrischen Staatsangehörigen, die bei Messerangriffen auffällig geworden sind, den Sie zu zitieren angefangen haben, geht nämlich weiter und erklärt, dass es sich dabei um Auseinandersetzungen zwischen Afghanen und syrischen Staatsangehörigen gehandelt hat.

(Dirk Nockemann AfD: Das ist doch völlig egal!)

Es ist egal, da mögen Sie recht haben, aber es dient zur Vervollständigung des Bildes und das sollte im Interesse von uns allen sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Schneider hat das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stimmen der Überweisung des CDU-Antrags an den Innenausschuss zu, weil er das Problem Messer als Tatwerkzeug sachlich aufgreift. Wir lehnen den AfDAntrag und seine Überweisung ab, weil dieser Antrag von jeder Sachlichkeit weit entfernt ist. Für die AfD geht es am Ende immer um das eine, nämlich Ressentiments gegen Menschen ohne deutschen Stammbaum zu schüren. Da Sie keine Fakten haben, reicht Ihnen – Herr Schumacher hat es schon zitiert – der subjektive Eindruck, um die Verbindung von einer zumindest gefühlten Zunahme von Messerangriffen – auch das ein Zitat aus Ihrer Begründung – zu vor allem ausländischen Tätern zu ziehen. Es ist gerade einen Monat her, dass AfDPolitiker in Berlin, ohne irgendein Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen abzuwarten, öffentlich und wie selbstverständlich …

(Glocke)

Verzeihung. – Frau Möller, Aufnahmen sind in diesem Plenarsaal außer den Medien nicht gestattet.

Ich hoffe, Sie haben die Uhr angehalten.

Ja, natürlich.

Es ist also gerade einen Monat her, dass AfD-Politiker in Berlin, ohne irgendein Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen abzuwarten, öffentlich und wie selbstverständlich den Tod eines erstochenen Mädchens mit der Flüchtlingspolitik zusammenbrachten, also einen Ausländer verantwortlich machten – falsch, wie sich herausstellte. Ich könnte weitere ähnliche Fälle aufzählen, aber ich lasse es. Die Methoden der AfD sind ja bekannt.