Protocol of the Session on January 31, 2018

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Gerade weil das Bundesfinanzministerium eng mit den Landesbehörden zusammenarbeitet, kann es natürlich jederzeit in Besteuerungsverfahren eingreifen und entsprechend Einzelzuweisungen erteilen. Zum Beispiel, wenn eigene Erkenntnisse in

(Norbert Hackbusch)

bestimmten Fällen vorliegen, wenn sehr komplexe Sachlagen steuerrechtlich unterschiedlich bewertet werden. Und die CumEx-Geschäfte sind definitiv hochkomplex einzuordnen.

Wir haben in Hamburg hoch qualifizierte Spezialisten, die eine umfangreiche Datenmenge zu sichten und zu bewerten haben, die juristisch haltbar in einen Steuerbescheid münden kann. Dies erfordert Zeit. Was im konkreten Fall die Bank M. M. Warburg betreffend zu der Weisung geführt hat, kann aufgrund des Steuergeheimnisses nicht gesagt werden. Ginge das Bundesministerium von einer bewussten Verschleppung durch das Hamburger Finanzamt aus, hätte es neben besagter Weisung sicherlich noch ganz andere Briefe an die Freie und Hansestadt geschrieben. Zu spekulieren, es werde für die Traditionsbank ein Auge zugedrückt, um sogenannte Standortpflege zu betreiben, ist so gewagt wie anzudeuten, Finanzbeamte handelten nicht im Sinne der Stadt. Sie zu diskreditieren disqualifiziert jene sogenannten Aufklärer. Sie aufzufordern, Steuergeheimnisse zu verraten, ist contra legem.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das sind schwere Vorwürfe. Für diese Art der Unterstellung sollte man aber den einen oder den anderen Beweis auch liefern können.

Mit mehrfacher Erstattung der Kapitalertragssteuer Milliardenbeträge zu ergaunern ist und bleibt Steuerhinterziehung. Ob die Warburg-Bank Teil des Systems war, werden wir nicht im Ausschuss klären; das ist Aufgabe der Gerichte. Klar ist: Die Untersuchungen der CumEx- wie der CumCum-Machenschaften werden gründlich, die Aufklärung umfassend, die Bestrafung der Täter, der Banken, der weiteren Helfershelfer erfolgreich sein. Das zu beurteilen bleibt Sache der Gerichte.

Für uns Bürgerinnen und Bürger ist es das wichtigste Signal, dass das erbeutete Steuergeld zurückkommen muss und uns, den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, zugutekommen muss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion bekommt nun Herr Wersich das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, für viele Bürger sind die Details dieser sogenannten CumEx-Geschäfte schwer nachvollziehbar und ich nehme mich da auch persönlich und ausdrücklich nicht davon aus. Deshalb will ich hier auch gar nichts zu den Details sagen, sondern ich will für die CDU grundsätzlich feststellen: Sich Steuern erstatten zu lassen, die man nie bezahlt hat, ist kein Kavaliersdelikt,

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

sondern mit diesem Verhalten schädigt man das Gemeinwohl und beeinträchtigt die Funktionsfähigkeit unseres Staatswesens. Es ist aber auch keine moralische Entschuldigung, wenn dabei etwa Gesetzeslücken ausgenutzt werden. Deshalb muss sich der Staat wehren, deshalb brauchen wir eine rechtsstaatliche Aufklärung und deshalb müssen die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Der vorliegende Antrag der LINKEN dagegen ist nicht Aufklärung, ja, er ist nicht einmal Anklage, sondern er ist eine Vorverurteilung, die ausschließlich der Skandalisierung dieses Vorganges aus der üblichen Ecke linker Weltsicht dienen soll. Dabei können Sie nicht auf die Unterstützung der CDU hoffen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Senator Tschentscher, tatsächlich ist die Anweisung des Bundesfinanzministeriums an Sie, mit Hamburgs Steuerverwaltung jetzt einen Steuerbescheid an das Bankhaus zu erlassen, ungewöhnlich. Bedenklich ist auch, dass dieser Schritt aus Berlin nötig war, um die Verjährung der Steuerschuld durch Hamburger Untätigkeit zu verhindern. Herr Tschentscher, nutzen Sie die heutige Debatte, schaffen Sie hier Klarheit über Ihr persönliches Handeln und das Handeln der Ihnen unterstellten Behörde. Machen Sie jetzt klaren Tisch und räumen Sie die Vorwürfe aus, die nicht nur geeignet sind, Ihren Ruf zu bedrohen, sondern von erheblicher politischer Brisanz sind. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Jennyfer Dutschke FDP)

Für die Fraktion der GRÜNEN bekommt nun Herr Müller das Wort. – Entschuldigung. Herr Thering hatte sich auf den Weg gemacht.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Wersich, ich finde das ein bisschen wohlfeil. Wir haben die ersten Erkenntnisse in den Neunzigern über diese Geschäfte gehabt. 2005 hat dann bis 2007 der Bankenverband sich genötigt, einmal einen Vorschlag zu machen, wie man das ändern könnte. Der wurde von da an vom CDU-geführten Bundesfinanzministerium 1:1 übernommen. Dann gab es diverse WhistleblowerHinweise an die Bundesfinanzaufsicht, an die BaFin, wo auch klar wurde, dass der Bankenvorschlag ein Lobbyvorschlag war. Und bis 2011, bis dann auch die letzten Lücken geschlossen wurden, hat das Bundesfinanzministerium keinen besonderen Ehrgeiz gehabt, hier tätig zu werden.

(Peri Arndt)

Das ist auch eine Wahrheit, mit der wir uns hier in den Ländern auch herumschlagen mussten und uns auch Geld entgangen ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Es gab im Bundestag sogar einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss dazu, der auch nicht umsonst eingesetzt worden ist und viele Erkenntnisse gebracht hat. Insofern finde ich, ist hier viel zu spät reagiert worden und das ist kein Ruhmesblatt für die Bundesfinanzverwaltung und für das Bundesfinanzministerium gewesen. Wenn wir jetzt noch einmal auf den Antrag der LINKEN zurückkommen, weswegen wir heute hier debattieren, kann man sagen: Auch das ist kein Ruhmesblatt. Sie fordern den Senat auf, Gesetzesbruch zu begehen, nämlich damit, dass er das Steuergeheimnis hier bricht.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Ja, ja, ja, ist alles gut.

Wenn Sie glauben, einen Ausnahmeparagraf gefunden zu haben, den man hier 1:1 einmal in so einer Debatte anwenden kann, ja, das geht doch alles, kann man doch einmal machen, dann würde ich sagen: Gucken Sie da noch einmal genau rein, unter welchen Umständen so etwas überhaupt möglich ist. Das ist äußerst restriktiv,

(Dirk Kienscherf SPD: Richtig!)

äußerst restriktiv gehandelt und wir dürfen auch alle froh sein, dass das mit dem Steuergeheimnis so restriktiv gehandelt wird.

Die Kollegin von der SPD-Fraktion hat es sehr deutlich gesagt: Bei Gemeinschaftssteuern sind Bund und Länder zuständig. Und wenn das Bundesfinanzministerium eigene Erkenntnisse hatte, dann müssen sie auch reagieren. Den Eindruck zu erwecken, dass Hamburg auch diese Erkenntnis gehabt hätte und nicht reagiert hatte, ist erst einmal nur eine reine Spekulation und beruht rein auf Presseberichten.

(Zuruf von Mehmet Yildiz DIE LINKE)

Deswegen wäre ich hier sehr vorsichtig mit Schuldzuweisungen, Herr Kollege, und deswegen noch einmal: Es gibt keine Möglichkeit, hier auch nicht in der Frage, ob das stimmt oder nicht, auch das berührt schon das Steuergeheimnis in einem sehr konkreten Fall. Auch darüber können wir weder hier noch im Haushaltsausschuss noch in geschlossener Sitzung reden. Das ist leider so. Ich meine, natürlich würde man das gern aufklären und es besteht auch überhaupt kein Anlass zum Zweifeln. Aber ich finde, Sie machen das ein bisschen so: Sie setzen erst einmal etwas in die Welt, dann kann man sich dabei ja etwas denken, da wird schon irgendwas dran sein und irgendwas klebt dann vielleicht auch an dem Senat.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Wer ist denn jetzt Sie?)

Ich finde das äußerst unseriös. Ich finde das populistisch und es hilft uns in der Sache überhaupt nicht weiter, weil ich mich gern auf diejenigen konzentrieren würde, die möglicherweise, möglicherweise da dem Staat viel Geld schulden; auf die müssen wir gucken.

Machen wir!)

Und deswegen finde ich es unverantwortlich, hier jetzt den Finger an den Senat zu hängen, ohne Erkenntnisse zu haben, einfach zu plaudern, ach, da könnte man doch einmal darüber reden, wenn so etwas in der Welt ist, müssen wir das Steuergeheimnis einmal lüften. Ich finde das unverantwortlich und ich finde, das führt uns auch in der Sache überhaupt nicht weiter. – Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Für die FDP-Fraktion bekommt nun Frau Dutschke das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema der sogenannten CumEx- und CumCumGeschäfte beschäftigt uns in der Bürgerschaft schon seit einigen Jahren, leider auch im Zusammenhang mit unserer eigenen Landesbank. Einigen Behördenvertretern in Bund und Ländern waren die Vorgänge offenbar schon deutlich länger bekannt, insbesondere zuzeiten der SPD-Bundesfinanzminister und vorherigen Ministerpräsidenten Eichel und Steinbrück. Diese beiden haben sich jedoch bestenfalls halbherzig oder sogar kontraproduktiv um eine Regelung des Steuerschlupflochs bemüht. Vielleicht ahnte man damals auch bloß noch nicht, um welche Summen es einmal gehen könnte; das wird man wohl nie mehr ganz aufklären können. Beide Finanzminister a. D. leiden mittlerweile an bedauerlichen Erinnerungslücken.

Es war schließlich die schwarz-gelbe Bundesregierung, die 2010 beziehungsweise 2012 den CumEx-Geschäften endgültig einen Riegel vorgeschoben hat. Und zur Ehrenrettung der SPD sei eingestanden, dass 2016 unter der letzten GroKo auch die Regelung der CumCum-Geschäfte folgte. Seitdem herrscht nun zumindest Rechtsklarheit.

Werte Kollegen und Kolleginnen, insbesondere von der LINKEN: Genau hier liegt auch ein Teil des Problems. In einem solchen rechtlichen Dunkelgraubereich sollte man mit öffentlichen Anschuldigungen und Vorwürfen vorsichtig sein, denn die Klärung der jeweiligen Einzelfälle ist letztlich die Sache von Gerichten. Bis dahin gelten in diesem Land immer noch die Unschuldsvermutung und das Steuergeheimnis sowieso.

(Beifall bei der FDP)

(Farid Müller)

Mit Empörungsökonomie und Vorverurteilungen ist jedenfalls niemandem zu keiner Zeit geholfen. Wir mussten heute im Zusammenhang mit dem vorliegenden Antrag ein paar schrille Töne von links hören.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Schrill?)

Abseits dieser politischen Kakophonie enthält das Petitum eine berechtigte parlamentarische Forderung. So würde auch uns Freie Demokraten eine abstrakte Einschätzung des Senats zur Höhe möglicher Steuerrückforderungen von CumEx- und CumCum-Geschäften im Allgemeinen interessieren, denn diese könnte eine durchaus relevante Bedeutung für den Haushalt enthalten. Aber dabei sind wir nicht im konkreten Einzelfall und verletzen auch kein Steuergeheimnis und keine Datenschutzrechte.

(Beifall bei der FDP)

Vor diesem Hintergrund können wir den Petita 1 und 2 des Antrags zustimmen, da hier eine allgemeine Einschätzung des Senats zum Umfang und Verjährung erbeten wird, die sich nicht am Einzelfall abarbeitet. Das Petitum 3 zur Offenlegung von Details im konkreten Einzelfall Warburg lehnen wir ab. Es verstößt schlicht gegen das Steuergeheimnis. Und das Steuergeheimnis, Herr Hackbusch, ist kein Vorwand, sondern ein Amtsgeheimnis und keine Banalität. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Für die AfD-Fraktion bekommt Frau Oelschläger das Wort.