Peri Arndt
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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am 16. März 1919 um genau 18.47 Uhr, der historische Moment, zum ersten Mal eröffnet in Deutschland eine Frau ein Parlament.
Die Alterspräsidentin Helene Lange begrüßt die frisch gewählten Abgeordneten mit "Meine Herren und Damen" und fordert sie auf, eine restlos demokratische Grundlage des neuen Staates zu schaffen. 17 der 185 Abgeordneten sind Frauen, darunter von der SPD Marie Bautz, Emmy Kaemmerer, Martha Kimmerling, Adele Reiche, Johanne Reitze, Minna Schröder, Ida Stengele, Julie Stubbe und Grete Zabe. So manche von Ihnen wissen, dass ich seit Jahren Führungen durchs Rathaus mache und die auch unter dem Titel "… auf den Spuren von Frauen" anbiete. Immer geht es durch die prachtvollen Räume oben im ersten Stockwerk, immer steht die Frage im Raum, welche Spuren sich finden lassen. Von den genannten Frauen eben findet sich genau: Keine.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg sind am 13. Oktober von den 110 Abgeordneten 17 Frauen gewählt worden, die meisten von der SPD, darunter Olga Brandt-Knack, Marta Damkowski, Hedwig Günther, Magda Hoppstock-Huth, Paula Karpinski, Annie Kienast, Berta Kröger, Gertrud Lockmann, Hilge Nordmeier, Elisabeth Ostermeier, Frieda Roß, Emmy Schaumann, Erna Steffens, Paula Westendorf und Grete Wöhrmann. Und so lassen sich schließlich doch drei Frauenporträts entdecken, die nach 1946 in der Bürgerschaftsperiode aktiv Politik für Hamburg gemacht haben. Immerhin.
Also Spuren dreier Frauen, die durch ihre politische, parlamentarische Arbeit Politik für Hamburg betrieben haben, nämlich Elsbeth Weichmann, Helga Elstner und Paula Karpinski.
Sie alle drei haben Geschichte geschrieben, sie alle drei haben außergewöhnliche Orte des Gedenkens im Rathaus erhalten, sie alle drei haben unerwartet und doch umso bezeichnenderweise ihren spezifischen Gedenkort zugesprochen bekommen. Doch bei allen anderen, die Frage schließt sich quasi unweigerlich an: Wo und wie und in welcher Form können wir die ersten Frauen, die das erste Mal die historische, die heroische, die einmalige Leistung vollbrachten, uns Frauen in die parlamentarische Geschichte hineinzuschreiben, entsprechend würdigen?
Einen kleinen Nachsatz, weil ich den so wunderbar finde, von Frau Elsbeth Weichmann, die lakonisch auf die Frage nach der Tätigkeit mit ihrem Ehemann sagte:
"Wir sind beide in einem Geschäft tätig gewesen. Mein Mann als Bürgermeister. Ich […] in der Bürgerschaft und in den Ausschüssen."
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! 1848 beraten und beschließen die 831 Abgeordneten als Deutsche Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche unter dem durchsetzungsstarken Präsidenten Heinrich Freiherr von Gagern das Gesetz über die Grundrechte des deutschen Volkes, die Verfassung des Deutschen Reiches. Zum ersten Mal werden in
Deutschland Menschenrechte und Bürgerrechte verkündet und in Kraft gesetzt. Universelle Grundrechte, deren Kern die Gleichheit vor dem Gesetz ist, geschützt vor Staats- und Polizeiwillkür. Festgeschrieben werden die Freiheit der Person, Glaubens-, Meinungs-, Presse-, Versammlungs-, Niederlassungsfreiheit, Freiheit der Wohnung, das Briefgeheimnis, das Petitionsrecht. Nach dem zivilisatorischen Bruch, den der Erste Weltkrieg bedeutet, bezieht sich die Nationalversammlung 1919 unter Präsident Friedrich Ebert auf eben diese Grundrechte von 1848. Doch das dualistische parlamentarische wie präsidiale System scheitert an den antiparlamentarischen, verfassungsfeindlichen Kräften. Nach dem Zweiten Weltkrieg tritt, aufgefordert von den alliierten Westmächten, 1948 der Parlamentarische Rat in Bonn zusammen. Die 60 Männer und 4 Frauen werden zu den Vätern und Müttern des Grundgesetzes, die an die Paulskirchen-Verfassung und an die Weimarer Verfassung anknüpfen. Sie lassen sich von ihren Erfahrungen leiten und entscheiden sich für eine strikt repräsentative parlamentarische Demokratie, legitimiert durch Wahlen.
Mucksmäuschenstill wurde es, als mein Vater in den Achtzigerjahren im Rahmen des Klassentreffens des Kaiserin-Augusta-Gymnasiums zu Berlin das Wort ergriff. Er schilderte, was seiner Familie und ihm damals geschehen war. Plötzlich von den Nazis außerhalb des Rechts gestellt, hatten seine Klassenkameraden sich nicht gegen ihn gestellt; sie waren menschlich geblieben. Ihnen dafür seinen Dank auszusprechen war ihm ein tiefes Bedürfnis. Jene jungen Gymnasiasten damals konnten nicht ahnen, dass sowohl mein befreiter Großvater als auch mein Vater Verfassungsjuristen werden würden, leidenschaftliche Verfechter des am 23. Mai 1949 beschlossenen Grundgesetzes, jener Verfassung, die in 19 Artikeln die universellen Grundrechte verankert, beginnend mit dem abstrakten wie konkreten Satz:
"Die Würde des Menschen ist unantastbar."
absolute, unmittelbare, unzerstörbare, ewige Idee, Nucleus des Seins, des Menschseins in Freiheit, in der Welt, im Weltgeschehen. Wir können uns der historischen Verantwortung, diese Flamme der Freiheit am Brennen zu erhalten, nicht entziehen. Wir sind verantwortlich.
Am 23. Mai feiert unser Grundgesetz seinen 69. und zugleich seinen 170. Geburtstag. In tiefem Respekt vor Jean Jaurès, vor Otto Wels, vor den Vätern und Müttern des Grundgesetzes hoffe ich sehr, dass wir 2019 seinen jüngeren 70. Geburtstag als offiziellen Feiertag werden begehen kön
nen. Bitte stimmen Sie für unseren Antrag. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Um welche Summe es geht, weiß niemand – ob um 1 Milliarde oder um 7 Milliarden Euro. Aber immer mehr begreifen, dass es um unsere Steuergelder geht. Diese Steuergelder wurden aber nicht staatlicherseits investiert, sondern dem Staat geraubt. Über raffinierte, komplizierte Käufe und Verkäufe wanderten Milliarden an Steuergeldern für öffentliche Belange stattdessen in private Hände zur persönlichen Bereicherung. Das kann man als Skandal bezeichnen.
Heute aber geht es um die Frage, ob die Hamburger Finanzämter zuverlässig arbeiten. Und da muss man feststellen, dass sich unsere Steuerverwaltung intensiv und sehr konsequent um die Steuereinnahmen unserer Stadt kümmert. Auch bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehungen kümmert sie sich in vielerlei Hinsicht. Sie beteiligt sich an den Käufen von Steuerdaten-CDs und arbeitet eng mit der Staatsanwaltschaft und anderen Behörden zusammen. Sie hat schon 2014 CumExMachenschaften gerichtlich bis zum Bundesfinanzhof gebracht, und das erfolgreich.
Gerade weil das Bundesfinanzministerium eng mit den Landesbehörden zusammenarbeitet, kann es natürlich jederzeit in Besteuerungsverfahren eingreifen und entsprechend Einzelzuweisungen erteilen. Zum Beispiel, wenn eigene Erkenntnisse in
bestimmten Fällen vorliegen, wenn sehr komplexe Sachlagen steuerrechtlich unterschiedlich bewertet werden. Und die CumEx-Geschäfte sind definitiv hochkomplex einzuordnen.
Wir haben in Hamburg hoch qualifizierte Spezialisten, die eine umfangreiche Datenmenge zu sichten und zu bewerten haben, die juristisch haltbar in einen Steuerbescheid münden kann. Dies erfordert Zeit. Was im konkreten Fall die Bank M. M. Warburg betreffend zu der Weisung geführt hat, kann aufgrund des Steuergeheimnisses nicht gesagt werden. Ginge das Bundesministerium von einer bewussten Verschleppung durch das Hamburger Finanzamt aus, hätte es neben besagter Weisung sicherlich noch ganz andere Briefe an die Freie und Hansestadt geschrieben. Zu spekulieren, es werde für die Traditionsbank ein Auge zugedrückt, um sogenannte Standortpflege zu betreiben, ist so gewagt wie anzudeuten, Finanzbeamte handelten nicht im Sinne der Stadt. Sie zu diskreditieren disqualifiziert jene sogenannten Aufklärer. Sie aufzufordern, Steuergeheimnisse zu verraten, ist contra legem.
Das sind schwere Vorwürfe. Für diese Art der Unterstellung sollte man aber den einen oder den anderen Beweis auch liefern können.
Mit mehrfacher Erstattung der Kapitalertragssteuer Milliardenbeträge zu ergaunern ist und bleibt Steuerhinterziehung. Ob die Warburg-Bank Teil des Systems war, werden wir nicht im Ausschuss klären; das ist Aufgabe der Gerichte. Klar ist: Die Untersuchungen der CumEx- wie der CumCum-Machenschaften werden gründlich, die Aufklärung umfassend, die Bestrafung der Täter, der Banken, der weiteren Helfershelfer erfolgreich sein. Das zu beurteilen bleibt Sache der Gerichte.
Für uns Bürgerinnen und Bürger ist es das wichtigste Signal, dass das erbeutete Steuergeld zurückkommen muss und uns, den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, zugutekommen muss. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich gehöre zu den Dutzenden Angemeldeten, die noch ein Wort zu der Politik sagen wollen. Ich denke, Politik soll und muss gestalten. Sie darf nicht nur verwalten. Sie muss und soll uns nicht nur durch Krisen
zeiten manövrieren oder kurzfristig reagieren, sondern langfristig denken, auch jenseits von Legislaturperioden.
Gerade wenn der Weg zur Lösung mühsam ist und viele Beteiligte in einem Boot sitzen beziehungsweise in ein Boot geholt werden müssen, bedarf es politischer Klugheit, Durchhaltevermögens und eines langen Atems. All dies hat Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz bewiesen und so politische Handlungsfähigkeit demonstriert. Ein politisches Meisterstück hat es die Direktorin des NDR Landesfunkhauses Hamburg, Sabine Rossbach, genannt, und es ist wahrlich ein Meisterstück, dass der Bürgermeister vollbracht hat. Er hat sich gegenüber dem Finanzminister durchgesetzt, ohne diesen zu übertrumpfen. Er hat alle Ministerpräsidenten überzeugt, sich für eine gemeinsame Lösung der Bundesländer einzusetzen, für ein solidarisches Miteinander.
Also statt regionaler Freistaats- beziehungsweise Kleinstaaterei, statt eines Deals à la Donald Trumps America First – oder soll ich sagen: à la Seehofers Bayern First? – hat er im Sinne unseres föderalistischen Staatsverständnisses und somit auch ganz im Sinne des Grundgesetzes und seiner Gründerväter gehandelt.
Sie wissen genau, welche immensen Aufgaben wir zu schultern haben. Sie wissen, vor welchen Herausforderungen wir auch als wohl reiche Stadt Hamburg stehen. Hier geht es weder um die Option, angeblich frei verfügbares Geld freizügig verteilen zu können, noch um angeblich anstehenden Privatisierungen Vorschub zu leisten; jeder kennt die Aufgaben und die damit verbundenen Ausgaben. Es wäre anständig, realistisch und auch etwas demütiger zu sein. Ich erinnere in Stichworten: der notwendige Ausbau und die Sanierung der Schulen, der ÖPNV, der notwendige Sozialwohnungsbau. Wer nach Entlastung ruft, sollte unmittelbar die Leistungen nennen, die dann wegfallen können.
Also frage ich Sie, meine Damen und Herren: Was ist hier nicht zu verstehen? Welchen kompromissfähigen Vorschlag hätten Sie denn gern geliefert? Ich frage Sie: Welcher kompromissfähige Vorschlag ist vom Bund gekommen, der uns einen anderen Lösungsweg als den von Olaf Scholz hätte bieten können? Ich weiß von keinem.
Ich jedenfalls sehe, dass der Aufgaben noch viele sind und dass es noch genügend Schulden gibt, die es abzutragen gilt. Und ich sehe und verstehe, dass unser Bürgermeister einer tragfähigen, langfristigen und verbindlichen Lösung den Weg geeb
net hat. Also sage ich mit Achtung und Respekt: Chapeau, Herr Bürgermeister.