Protocol of the Session on December 6, 2017

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Die Kosten laufen aber trotzdem weiter, lieber Herr Kleibauer!)

Wenn man sich das anguckt, kommen Sie nun mit dem Thema Konjunkturbereinigung. Das ist ja ein tolles Stichwort. Ich sage vorweg: Das ist eine sehr weitreichende Entscheidung. Wir sollten diese Entscheidung nicht im Eilverfahren treffen und hier kurzfristig einer Tischvorlage der SPD oder der rotgrünen Koalition zustimmen, die einen weitreichenden Handlungsspielraum ermöglicht. Wir haben keinen Zeitdruck. Die Finanzbehörde hat uns gerade aufgezeigt in einer Protokollerklärung, es geht um bis zu 900 Millionen Euro, die man in diesem Jahr bei einer Änderung des Verfahrens zusätzlich ausgeben könnte. Wir haben bis jetzt ein vorsichtiges Verfahren der Konjunkturbereinigung gewählt und ich betone, wir haben es 2013 mit der neuen LHO auch einvernehmlich festgelegt. Es ist ein langfristiges Verfahren und wir haben dieses Verfahren auch in Abweichung zum Bundesverfahren aus guten Gründen festgelegt. Es ist sicherlich sinnvoll, darüber eine Diskussion, einen Erfahrungsaustausch zu beginnen. Das macht man aber am besten im Ausschuss und deshalb ist es sinnvoll, diesen Antrag an den Haushaltsausschuss zu überweisen und nicht hier ad hoc sehr weitreichend zu entscheiden.

Darüber hinaus möchte ich noch etwas sagen. Sie betonen die tolle Strukturkomponente der Stadt, die wirtschaftlich so erfolgreich sei. Da muss man sich doch die Entwicklung einmal ein bisschen angucken. Wir haben, wenn man sich die Steuerentwicklung anschaut, seit 2011 in Hamburg einen Anstieg von 29 Prozent. Das ist beachtlich. Das schafft Spielräume. Wenn ich mir allerdings insgesamt die Länder und Gemeinden angucke, ist das ein Anstieg von 34 Prozent, den wir haben. Da laufen wir doch hinterher. Daraus kann man doch nicht eine große positive Hamburger Komponente

(Jan Quast)

ableiten. Das, was Sie mit der Anzahl der Arbeitsplätze angeben, ist bundesweit ähnlich.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Die Steuern sind niedrig!)

Und im Wachstum beim BIP, Herr Tjarks, waren wir im Jahr 2016 an dreizehnter Stelle von 16 Bundesländern. Das muss man sich doch auch überlegen und einfließen lassen, wenn wir hier von Konjunkturbereinigung reden. Deshalb lassen Sie uns hier keinen Schnellschuss machen. Lassen Sie uns das vernünftig im Ausschuss beraten.

(Beifall bei der CDU)

Dann haben dieser Senat und diese Koalition auch die Chance, erst einmal eine ehrliche Finanzplanung auf den Tisch zu legen, die nach der Landeshaushaltsordnung jetzt ansteht und die der Senat wahrscheinlich wieder bis Weihnachten vor sich herschiebt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Jennyfer Dutschke FDP und Andrea Oelschläger AfD)

Das Wort bekommt Herr Müller von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ja, wir befinden uns wirklich in wirtschaftlich prosperierenden Zeiten. Eine Steuerschätzung übertrifft die nächste und trotzdem müssen wir weiter mit unserem Geld sorgsam umgehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Auch dass wir dieses Jahr nun laut NovemberSteuerschätzung, die noch einmal die Steuerschätzung vom Mai dieses Jahres übertrifft, 700 Millionen Euro mehr erwarten dürfen, macht doch deutlich, dass wir ein Finanzrahmengesetz haben, in dem eben nicht jeder zusätzlich eingenommene Euro in der Planung einfach ausgegeben werden kann. Das klappt sehr gut mit unserem Finanzrahmengesetz. Wir haben inzwischen mit Stand Dezember letzten Jahres 1,5 Milliarden Euro in der Konjunkturrücklage. Dieses Jahr würden noch einmal erhebliche Millionenbeträge obendrauf kommen. Das zeigt: Das Gesetz wirkt. Es zeigt auch: Diese rot-grüne Koalition geht mit Geld sehr gut um; wir sorgen in den jetzigen guten Zeiten vor für die sicherlich auch irgendwann kommenden schlechteren Zeiten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Herausforderungen sind hier im Hause schon mehrmals genannt worden. Wir haben sicherlich noch unser Päckchen mit der HSH Nordbank zu tragen. Wir hoffen, dass es ein möglichst kleines Päckchen sein wird. Wir können, zumindest was die letzten Meldungen aus der Finanzbehörde be

trifft, einigermaßen optimistisch sein, dass das nächstes Jahr zu einem guten Verkauf führen wird.

Wir haben die Geflüchteten-Unterbringungen in dieser Stadt ohne neue Schulden auf den Weg gebracht, und zwar ohne dass wir woanders kürzen mussten. Auch das muss einberechnet werden, Herr Kleibauer, in die Frage, was wir denn mit den zusätzlichen Spielräumen in der letzten Zeit so gemacht haben. Das ist eine sehr entscheidende Antwort; das wissen Sie auch.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Aber die gute Konjunktur allein ist nicht der Grund, warum wir hier mehr Steuereinnahmen haben, sondern wir haben natürlich auch mehr Hamburgerinnen und Hamburger, die einen sozialversicherungspflichtigen Job haben oder ein Unternehmen gegründet haben und damit auch dazu beitragen, dass die Einnahmen steigen. Weil das so ist, ist es auch richtig, dass wir darüber nachdenken, bei den Infrastrukturen wie Schule, wie neue bezahlbare Wohnungen, wie Kita und so weiter nachzusteuern. All die Debatten, die wir hier immer führen, haben auch damit zu tun, dass wir mehr Menschen in dieser Stadt haben, die natürlich auch erwarten dürfen, dass der Service, den diese Stadt bietet für die Hamburgerinnen und Hamburger, die schon hier sind, auch für sie zur Verfügung steht.

Deswegen ist es richtig, dass wir über einen Wachstumsfaktor nachdenken. Das tun wir nicht, Herr Kleibauer, weil uns sonst nichts einfällt. Denn – das wissen Sie auch, Sie stehen ja selbst mit dem Rechnungshofpräsidenten im Austausch – der Bund und die EU werden uns demnächst ein neues Steuertrendberechnungsverfahren aufgeben. Das wird sich von dem unterscheiden, was wir bisher haben. Das kann man gut, das kann man schlecht finden. Wir würden nur eins sagen: Wir wollen in jedem Fall, dass in dieser neuen Steuertrendberechnung dieser Wachstumsfaktor Berücksichtigung findet. Natürlich ist es klar, dass es in Deutschland eine nachvollziehbare Berechnung gibt, ob die Schuldenbremse ab 2020 eingehalten wird. Daran sind wir sehr interessiert, dass das grundsätzlich erfolgt. Die 900 Millionen Euro, die jetzt in diesem Vermerk stehen, werden wir natürlich nicht einfach ausgeben; das ist Quatsch. Gott sei Dank muss man im Föderalismus nichts ausgeben. Aber die Frage, ob man sich jetzt anpasst, mit den anderen Ländern zusammen eine gemeinsame Rechnung hinzubekommen, die darf ja wohl gestellt werden. Wir sind eigentlich bisher schon eher die Vorsichtigen in der Republik gewesen und wollen es hier auch bleiben. Das ist der Wille von Rot-Grün.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Deswegen brauchen Sie auch keine Angst zu haben, dass wir hier sehr schnell irgendeinen Antrag beschließen.

(Thilo Kleibauer)

(Thilo Kleibauer CDU: Da sieht man ja, mit welchem Zeitdruck die Drucksachen auf den Weg gebracht werden!)

Wenn Sie ihn genau gelesen haben, wissen Sie, dass da nämlich noch gar nicht drinsteht, wie der aussehen soll, sondern da soll es einen Vorschlag vom Senat geben, und den werden wir natürlich in aller Ruhe auch mit Ihnen hier im Hause im Haushaltsausschuss diskutieren. Aber momentan ist es so: Wenn man diesen Antrag jetzt an den Haushaltsausschuss überweisen würde, wüsste man nicht, worüber man in der Sache zu reden hätte, denn da steht ja nichts drin. Sondern hier geht es darum, ob Sie auch attestieren, dass wir durchaus eine Situation haben, in der wir die wachsende Stadt, die Sie nun auch ganz vorne propagieren, auch nachhaltig einmal im Haushalt darlegen können. Darum geht es doch, und da wollen wir nur einen Vorschlag haben, wie das gehen kann. Seien Sie sicher, wir passen genau auf, dass dieser Vorschlag nachhaltig sein wird und nicht im Sinne von "Wir geben alles aus". – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Wir können feststellen, dass die Steuereinnahmen in diesem Jahr wieder kräftig gestiegen sind. Ich denke, wir sollten als Erstes einmal überlegen: Was sind das eigentlich für Steuereinnahmen? Da finde ich es wichtig, sich noch einmal anzugucken, wie die Steuern gegenwärtig zusammengesetzt sind. Vor 30 Jahren hatten wir in der Bundesrepublik die Situation, dass es normal war, dass die Steuern sich zusammensetzten aus einem Drittel Unternehmenssteuer, einem Drittel Arbeitssteuer und einem Drittel Mehrwertsteuer, also Umsatzsteuer. Das hat sich mittlerweile völlig verändert, wenn man sich diese Zahlen anguckt. Es sind 40 Prozent im Zusammenhang mit Arbeitssteuern, 40 Prozent im Zusammenhang mit Umsatzsteuern und es sind nur noch 20 Prozent im Zusammenhang mit Unternehmenssteuern, obwohl wir wissen, dass in diesem Bereich viel mehr Gewinne gemacht worden sind. Das heißt, dass wir uns insgesamt überlegen müssen, wie wir eine sozialere Zusammensetzung der Steuern haben wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vor allen Dingen heißt das, dass in dem Augenblick, in dem wir den Soli abschaffen, die unsozialste Steuer, nämlich die Umsatzsteuer, noch einmal kräftiger herangezogen wird und dies dementsprechend ein schlechter und ein falscher politischer Schritt wäre.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist das eine. Das andere ist: Wir brauchen aber die Höhe der Steuern, die wir gegenwärtig haben. Das hat uns in den letzten Tagen noch einmal sehr deutlich der Rechnungshof gesagt. Der Rechnungshof hat klar dargestellt, dass die Personalkürzungen, die dieser Senat einmal beschlossen hat, einfach nicht möglich sind. Deswegen hat er sie in der Praxis aufgegeben; völlig zu Recht. Das ist ein richtiger Schritt, das muss man aber auch sagen.

Das Zweite, was wir aber auch festgestellt haben: dass wir im Bereich der Investitionen immer noch viel zu schwach sind

(Zuruf von Farid Müller GRÜNE)

und dass diese Investitionshaushalte immer noch nicht ausreichen, den Sanierungsstau aufzulösen. Das hat Ihnen der Rechnungshof aufgeschrieben, das sollten Sie sich auch einmal anlesen.

(Beifall bei der LINKEN)

Und das Dritte, auf das ich hinweisen möchte, ist, dass wir immer noch Kürzungshaushalte haben. Die Debatte eben war doch etwas skurril im Zusammenhang mit den Hochschulen: Die GRÜNEN, die in der letzten Legislaturperiode gekämpft haben, die ohne Unterlass geschrien haben, die Hochschulen würden ausgeblutet, akzeptieren jetzt den gleichen Kürzungsbereich von damals und sagen: Wir sind jetzt aber ganz toll.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist einfach falsch!)

Oder die Situation der Museen, bei denen kräftig gekürzt worden ist. Oder die Situation an den Schulen, wo die Aufgaben nicht erfüllt worden sind. All das ist gegenwärtig festzustellen. Wir haben drängende Aufgaben. Wir brauchen dafür diese Steuereinnahmen und dementsprechend finde ich es entscheidend, dass wir dies auch weiterhin so festhalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Zusammenhang mit dem, was hier beantragt worden ist, würde ich sagen, dieser Antrag geht schon in eine richtige Richtung. Rot-Grün hat gelernt, dass die Schuldenbremse nicht die Lösung sein kann, sondern dass das irgendwie nicht klappt. Dementsprechend ist das ein Schritt in die richtige Richtung, aber Sie lösen sich noch nicht richtig davon. Wir stimmen trotzdem mit Ja, weil wir glauben, Sie lernen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Frau Dutschke von der FDP-Fraktion.

(Farid Müller)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die wirtschaftliche Lage ist sehr erfreulich, aber das ist zuallererst das Verdienst und die Leistung der vielen kreativen und fleißigen Menschen und Unternehmen in unserem Land.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Ihnen gebührt ein großer Dank. Ich finde es sehr bedauerlich, dass das vor mir nicht einer der Kollegen auch einmal erwähnt hat. Auch eine gute Konjunktur gebietet einen verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern und darf kein Einfallstor für vorgezogene Wahlund Weihnachtsgeschenke werden.

(Wolfgang Rose SPD: Ach Gott, ach Gott!)

Bei aller Freude über die sprudelnden Steuereinnahmen bleibt ein Wermutstropfen, denn wir kriegen nun Stück für Stück die Rechnung für die Finanzkrise präsentiert, hier in Hamburg deutlicher als anderswo – ich meine die HSH Nordbank. Die im Q3-Bericht gerade vorgelegten Zahlen dürfen uns daher nicht in trügerischer Sicherheit wiegen. Kernhaushalt und Sondervermögen weisen zwar eine Nettokredittilgung von mehr als 600 Millionen Euro auf, doch allein hsh finanzfonds und hsh portfoliomanagement haben in diesem Jahr schon deutlich über 2 Milliarden Euro Schulden am Anleihemarkt aufgenommen und die Hälfte davon entfällt auf Hamburg.

(Beifall bei der FDP – Wolfgang Rose SPD: Das ist ja richtig neu!)