Protocol of the Session on November 22, 2017

Herr Dolzer, ist Ihnen bekannt, dass wir jetzt beim Exzellenzbereich beispielsweise die Manuskriptforschung haben und damit weltweit führend sind? Wir haben hier Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Slowakei, die sich mit afrikanischen Dialekten aus Timbuktu beschäftigen. Das sind, glaube ich, Geisteswissenschaften. Wir haben hier diverse geisteswissenschaftliche Förderungen. Wir renovieren gerade den Philosophenturm und verschiedene andere Sachen. Ist Ihnen das bekannt? Oder glauben Sie, dass das alles unter MINT abgehakt werden kann?

(Beifall bei René Gögge GRÜNE)

Das ist eine schöne Frage, das ist mir durchaus bekannt, das befürworte ich auch, das finde ich sehr schön, aber jetzt nehmen wir einmal die Proportionen, was in welchen Bereich investiert wird. Dann müssen Sie mir, glaube ich, recht geben, dass das, was in den MINT-Bereich gesteckt wird, ein Vielfaches von dem ist, was in die anderen Bereiche gesteckt wird. Das ist die Problematik, die ich hier benenne, und daran kommen wir auch nicht vorbei. Wir kommen auch nicht daran vorbei, dass grundsätzlich die Hochschulen unterfinanziert und nicht

(René Gögge)

ausfinanziert sind, und solange sie das nicht sind, bringt es nichts, wenn wir immer wieder neue Leuchttürme bauen.

(Zuruf von Dr. Sven Tode SPD)

Herr Dr. Tode, da muss ich es wiederholen: Wenn Sie die Murmeltierdebatten anmelden, bin ich genau wie das Murmeltier.

Ich wiederhole, wir brauchen eine Ausfinanzierung, das Geld muss anders verteilt werden, wir brauchen dafür weiterhin die Vermögenssteuer und die Schuldenbremse. Jetzt können Sie das Sparschweinchen wieder herausholen, dabei bleibt es

(Beifall bei der LINKEN)

und das ist genau der Punkt. Ihre Wissenschaftspolitik geht nicht in die richtige Richtung, deshalb stimmen wir nur einer Ziffer dieses Antrags zu. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Dolzer. – Herr Oetzel von der FDPFraktion, Sie bekommen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Dolzer, mich haben Sie hier in einer Wissenschaftsdebatte noch nicht gesehen. Ich hoffe, dass Ihnen die Rede deshalb besonders gut gefällt.

(Heiterkeit bei der SPD)

Sie haben gerade von den Schweinezyklen gesprochen, die sich immer wieder abwechseln. Der Schweinezyklus bei den LINKEN ist etwas einfacher: Sie fordern einfach immer mehr Geld, einfach immer höhere Steuern, da kann man auch weniger schwer den Überblick verlieren.

(Beifall bei der FDP)

Auch wir Freie Demokraten freuen uns natürlich, dass wir mit dem DESY und dem Campus Bahrenfeld einen Wissenschaftsstandort haben, der international Maßstäbe setzt. Die Kooperation mit Schleswig-Holstein und dem European XFEL ermöglicht Synergien, die diesem Standort weit über die Grenzen Norddeutschlands hinaus Bedeutung verschaffen. Das ist nicht nur gut für die Wissenschaft und Forschung, das ist auch gut für Hamburg. Aber während der Campus Bahrenfeld international Spitzenniveau erreicht, kann man das von Ihrem Antrag leider nicht gerade sagen. Die Forderungen, das hat mein Kollege Ovens eben schon gesagt, sind teilweise so unspezifisch und floskelhaft, dass es mir schon heute etwas vor dem Bericht des Senats dazu graut.

(Ksenija Bekeris SPD: Oh, keine Sorge!)

Und auch für die konkreteren Forderungen, die Sie hier stellen, stellen Sie kein Geld bereit, sondern belassen es bei einer höflichen Bitte an den Senat, Strategien zu entwickeln. Papier kann verdammt geduldig sein und wir sind schon heute gespannt, wie dann nachher die konkrete Umsetzung Ihrer Ideen eigentlich aussieht.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Noch etwas seltsamer mutet das Ganze dann aber an, wenn man es mit Ihrem Antrag vergleicht, der in der nächsten gemeinsamen Sitzung des Ausschusses der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg zum Thema gemacht werden soll. Heute fordern Sie nämlich – Zitat –:

" … gemeinsam mit dem Bund und dem Land Schleswig-Holstein abzustimmen, ob und wie eine Zusammenarbeit mit dem European XFEL und dem Standort Schenefeld auch beim Thema eines übergreifenden Besucherkonzeptes erreicht werden kann."

Der gemeinsame Ausschuss der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein darf sich in seiner nächsten Sitzung dann mit dem bahnbrechenden Ersuchen an den Senat befassen, gemeinsam mit der schleswig-holsteinischen Landesregierung und dem Bund ein beide Standorte einbeziehendes Besucherkonzept zu erarbeiten. Das ist nicht nur Antragsrecycling allerfeinster Art, nein, vor allem ist das für den gemeinsamen Ausschuss eine Beschäftigungstherapie, die wirklich dem Ausschuss nicht gerecht wird.

(Beifall bei der FDP und bei Franziska Grun- waldt CDU)

Aber noch einmal zurück zur vorliegenden Drucksache. Auch wenn Sie hier nicht gerade den Gordischen Knoten durchschlagen – das kann man, glaube ich, so sagen – werden wir Ihrem Antrag dennoch zustimmen, denn nichts von dem, was Sie schreiben, ist falsch oder schädlich. Wir fragen uns allerdings dabei, ob es im Bereich Wissenschaft und Hochschulen nicht dringendere Probleme und Themen in Hamburg gibt. Angesichts der 0,88 Prozent Mittelsteigerung geht den Hochschulen in Hamburg Jahr für Jahr mehr die Puste aus. Immer weniger Studienplätze werden aus Landesmitteln finanziert und wie in allen anderen Bereichen steigt auch hier Ihre Abhängigkeit von Bundesmitteln. Die Hochschulautonomie beschränkt sich mehr und mehr auf die Frage, welcher Studiengang als Nächstes zugemacht wird; zuletzt konnte die Holzwirtschaft gerade noch so gerettet werden. Der Sparzwang bleibt allerdings und man darf wohl gespannt sein, an welcher Stelle das Beil als Nächstes fällt.

(Beifall bei der FDP – Zuruf von Martin Dol- zer DIE LINKE)

(Martin Dolzer)

Es gibt im Bereich Wissenschaft viel zu tun. Ich wünsche mir für die kommenden zweieinhalb Jahre weniger dieser Schaufensteranträge, mehr konkrete Initiativen, dann werden Sie die Freien Demokraten in diesem Bereich auch an Ihrer Seite haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Oetzel. – Herr Professor Kruse von der AfD-Fraktion, Sie bekommen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das ist jetzt wieder so ein typischer Marketingantrag der Regierungsfraktionen nach dem Motto "Seht her, wie toll die Hamburger Forschung ist". Ich sage Ihnen, Herr Dr. Tode und Frau Dobusch, recht haben Sie. Der Campus Bahrenfeld ist ein Hamburger Leuchtturm der internationalen Wissenschaftslandschaft. Das DESY und der XFEL haben Weltrang und dokumentieren Hamburgs Exzellenz auf den einschlägigen Gebieten. Das Zentrum für ElektronenLaser, das Zentrum für Strukturbiologie, das Zentrum für hybride Nanostrukturen sind weitere exzellente Wissenschaftseinrichtungen auf Hamburger Boden in Bahrenfeld und mit multiplen positiven und externen Effekten für Hamburg und die gesamte Wissenschaftsszene. Weitere Institute sollen dort angesiedelt werden, jedenfalls prospektiv. Orte exzellenter Wissenschaft locken weitere exzellente Forscher an und vor allem junge Spitzenkräfte, High Potentials der Wissenschaft, die die beste Infrastruktur für ihre Forschung und ihre Karriere benötigen. Universitätsinstitute mit exzellenter Wissenschaft haben positive Spill-over-Effekte auf die Umgebung, auf den Standort und die Arbeitsplätze in Hamburg und in einem weiten Umfeld. Ich persönlich denke dabei immer an Silicon Valley, das als Ganzes ein positiver Spill-over-Effekt in der Universität Stanford ist, und das seit Jahrzehnten. Ich glaube, jeder Hamburger Politiker, der über Haushaltsmittel für Wissenschaft entscheidet, sollte dahin einmal eine Dienstreise machen.

(Michael Kruse FDP: Drei Monate, so wie Sie?)

Zum Beispiel, ja, da würde man besonders viel lernen, Herr Kruse, das könnte Ihnen auch nicht schaden.

Besonders positiv finde ich an dem Antrag, dass an die populäre Vermittlung der Wissenschaft gedacht wurde. Wissenschaft verkauft sich politisch nicht von allein, dazu sind die Forscher selbst viel zu elitär und häufig auch ein bisschen Fachidioten. Das müssen andere tun, denn die Wirkungen der Forschung sind von herausragendem Wert für die Gesellschaft und potenziell auch für jeden einzelnen Bürger. Das sollte man diesen auch klarma

chen und das finde ich sehr positiv an dem Antrag. Wenn Hamburger Spitzenpolitiker sich für höhere Aufgaben auf der Bundesebene empfehlen wollen, davon hört man ja gelegentlich, hier wäre ein Feld, auf dem auch jemand punkten kann. Hier kann man zeigen, dass man verstanden hat, wovon unser Wohlstand in Hamburg und in Deutschland in der Zukunft abhängt, und das ist real überprüfbar und nicht Cheap Talk, wie so häufig bei Politikern. Dagegen sollte man populistische Forderungen wie nach 12 Euro Mindestlohn besser schnell wieder einsammeln.

(Beifall bei der AfD)

Der Antrag selbst ist schwammig und vage, das haben meine Vorredner Ovens und Oetzel schon ganz richtig dargestellt, wie leider, das muss ich sagen, so oft bei Rot-Grün, aber es geht auch hier in die richtige Richtung und deshalb stimmt die AfD-Fraktion dem Antrag der rot-grünen Regierungskoalition in allen Punkten zu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Professor Kruse. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den gemeinsamen Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD aus Drucksache 21/10919. Hierzu möchte die Fraktion DIE LINKE Ziffer 3 separat abstimmen lassen.

Wer möchte nun also zunächst die Ziffern 1 und 2 sowie 4 bis 7 des Antrags annehmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist bei einigen Gegenstimmen angenommen.

Wer möchte dann noch Ziffer 3 seine Zustimmung geben? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig angenommen und damit ist der Antrag als Ganzes angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 29 auf, Drucksache 21/10905, Antrag der CDU-Fraktion: Kindertagespflege in Hamburg voranbringen.

[Antrag der CDU-Fraktion: Kindertagespflege in Hamburg voranbringen – Drs 21/10905 –]

Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss überweisen. Zudem möchte ich darauf hinweisen, dass dieser Tagesordnungspunkt von der CDU-Fraktion als Kurzdebatte angemeldet worden ist, sodass jeder Rednerin und jedem Redner pro Debattenbeitrag jeweils zwei Minuten Redezeit zur Verfügung stehen.

(Daniel Oetzel)

Wer wünscht sodann das Wort? – Herr Heißner von der CDU-Fraktion, Sie haben das Wort für zwei Minuten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir müssen die Tagesmütter und Tagesväter in Hamburg stärken, zum einen, weil sie zu wenig verdienen. Es ist erstens so, dass seit 2014 die Gelder, die Tagesmütter und Tagesväter für die Betreuung von Kindern erhalten haben, nicht mehr erhöht wurden. Jetzt haben Sie gesagt, Sie holen zumindest den Inflationsausgleich seit 2014 nach. Aber trotzdem ist es noch so, dass eine Tagesmutter mit Aufbauqualifizierung für ein Kind über drei Jahren in Hamburg 2,83 Euro pro Stunde bekommt und zum Beispiel in München 6,26 Euro. Das ist mehr als das Doppelte, das ist viel zu wenig, gerade die SPD hat ja immer Sympathien auch für solche Zahlen und Lohnforderungen. Das müssen wir unbedingt in Hamburg verstärken.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens: Die Leistungen, die Tagesmütter und Tagesväter erbringen, sind unglaublich. Der Senat selbst betont immer wieder die Gleichwertigkeit der Betreuung bei Tagespflegepersonen und der Betreuung in Kitas. Die erziehen nicht nur unglaublich liebevoll die Kinder, die bei ihnen sind, sondern sie leisten als quasi Selbstständige die gesamte Organisation nebenbei. Jede Vertretung müssen sie selbst organisieren. Diesen Worten der Gleichwertigkeit müssen auch endlich Taten folgen.

Drittens: Der Rechnungshof hat uns sogar gesagt, dass es finanziell auch noch sinnvoll ist für Hamburg, die Tagespflegepersonen zu stärken. Für einen Platz pro Monat kostet das rund 520 Euro, in der Kita 1 100 Euro. Und der Betreuungsbedarf ist ja sowieso da, das muss man ja sehen. Das heißt, wir können die Verbesserungen vornehmen, ohne am Ende draufzuzahlen. Der Betreuungsbedarf ist sowieso da und das führt zum vierten Punkt: Der Senat erzählt uns immer wieder, wir hätten einen Riesennotstand an Erziehern. Hier haben Sie die Möglichkeit, ein riesiges bestehendes Potenzial noch auszuschöpfen, indem Sie die Tagespflege attraktiver machen. Über die Details kann man sicher noch reden, dafür haben wir Fachausschüsse. Ich bitte eindringlich um Zustimmung. – Vielen Dank.