Protocol of the Session on November 22, 2017

(Beifall bei der LINKEN)

Da ist die Essenz. Da erhoffe ich mir auch weiter, dass – es wurde ja angekündigt in der Pressemitteilung zum Entwurf des Resozialisierungsgesetzes – noch weiter mit den Verbänden gesprochen und dass auch weiter im Parlament darüber diskutiert wird. Ich wünsche mir, dass wir in der Essenz zu etwas anderem kommen und dass wir auch dazu kommen, dass zum Beispiel in der Justizvollzugsanstalt Billwerder die Untersuchungshaft auch wirklich eine Untersuchungshaft und keine Strafe ist, denn die Untersuchungshaft darf keine Strafe sein. Wenn Menschen keinen Zugang zu Büchern haben, zur Bibliothek, wenn Menschen in der Untersuchungshaft zu wenig Sport haben, zu wenig Freizeit, dann grenzt das an eine Strafe und das dürfen wir nicht zulassen. Daran müssen wir arbeiten, da gibt es viele Verbesserungsbedarfe und die müssen wir angehen, und zwar wirklich und auch mit einem Problembewusstsein. Da hilft es dann weder, Debatten mit populistischen Titeln anzumelden, noch alles schönzureden, sondern darüber muss ernsthaft diskutiert werden und Schritt für Schritt

(Dirk Kienscherf SPD: Dann sollten Sie mal in den Ausschuss kommen und nicht dau- ernd schwänzen!)

im Einzelnen vorangegangen und auch tatsächlich Geld in die Hand genommen werden, und zwar mehr für Justiz als für andere Bereiche. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau von Treuenfels-Frowein hat das Wort für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Senator Steffen, irgendwie kann ich ja verstehen, dass Sie in Ihrer Not meinen, immer mehr Pressereferenten zu brauchen, denn bei Ihrer traurigen Bilanz aus Pannen, Kahlschlag und Überlastung in Hamburgs Justiz kann man schon einmal auf diese Idee kommen, dass ein aufgeblähter Presseapparat noch hilft.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Aber ich sage Ihnen, selbst die beste Kommunikationstruppe wird Ihnen nicht helfen, Ihre wiederkehrende Pannenserie zu verschleiern.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Farid Müller GRÜNE: Aufgebläht!)

(Martin Dolzer)

Farid, du hast ja auch noch einmal anders geredet, aber dazu kommen wir später.

Dafür gibt es mehr Beispiele als Sand am Elbufer. Da ich nicht so viel Redezeit habe, konzentriere ich mich jetzt auf eine kleine Auswahl.

Erstens, die Überlastung der Gerichte etwa geht durch alle Instanzen, im Gegensatz zu dem, was ihr vorgetragen habt. Wenn ihr sie aufbläht, dann immer nur auf Druck von uns. Das OLG zum Beispiel arbeitet immer noch im Notfallmodus. Strafsenate müssen von Zivilsenaten unterstützt werden, in den Geschäftsstellen in der Justiz fehlen qualifizierte Kräfte und die Fehlzeiten sind immer noch zu hoch. Das Landgericht: Wirtschaftsstrafverfahren am Landgericht dauern 47 Monate. Das finde ich einen richtig guten Erfolg, Urs Tabbert. Wenn man das als Erfolg der Justizpolitik werten will, bitte sehr, wir sehen das ein bisschen anders.

Baustreitigkeiten werden kaum unter 20 Monaten geregelt. Entlastung Fehlanzeige. Da freut sich der Bürger. Weder gibt es eine gezielte personelle Nachsteuerung noch ein nachhaltiges Personalkonzept. Herr Steffen setzt da, glaube ich, ein bisschen auf das Prinzip Hoffnung und auch auf die Hoffnung, dass wir als Opposition immer weiter Druck machen, damit er ein bisschen weiter einstellen kann.

Zweitens, im Justizvollzug, den Sie gerade ansprachen, Herr Dolzer, sieht es nicht sehr viel besser aus, denn die Fehlentscheidung aus Ihrer ersten Amtszeit, die Ausbildung der Vollzugsnachwuchse stark zu reduzieren, rächt sich bis heute. Es gibt vor allen Dingen jetzt auch viel zu viele Abbrecher. Seit 2016 haben 14 Anwärter die Ausbildung abgebrochen. Was läuft da eigentlich falsch im Hause Steffen, fragen wir uns.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU – Farid Müller GRÜNE: 150 sind noch in der Ausbildung!)

Irgendwie scheinen Sie es noch nicht einmal zu schaffen, die Leute auszubilden. Schwerin bekommt das hin. Nehmen Sie sich einmal ein Beispiel an Mecklenburg-Vorpommern. Im September 2017 sind 20 Quereinsteiger bei denen eingestellt worden. Warum machen wir das nicht? Bei uns dagegen wieder nur Notwirtschaft. In der JVA Billwerder sind 31 Stellen und in der JVA Fuhlsbüttel 23 Stellen unbesetzt. Fehlzeiten des Personals liegen im zweistelligen Bereich und die Lücke wird immer größer. Diese Unterausstattung in der Justiz hat Folgen, denn wer nicht genug Vollzugsbeamte vorhält, der kann auch keine gelingende Resozialisierung organisieren. Da ist es mit einem Gesetzentwurf nämlich nicht getan. Wir werden dadurch immer mehr rückfallgefährdete Straftäter haben, und wer die in die Gesellschaft entlässt, der setzt einen gefährlichen Kreislauf in Gang. Und das ist

keine gute Justizpolitik, sondern das ist eine Gefahr für die Innere Sicherheit.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Wir warten immer noch – und das sage ich hier wahrscheinlich schon zum hundertsten Mal, ich werde es auch immer wieder sagen –, dass wir in Hamburg endlich eine öffentliche Rückfallstatistik bekommen, denn sie ist ja gerade die Grundlage, um zielgerichtete Maßnahmen gegen die Rückfallquoten zu erreichen. Warum, verdammt noch einmal – entschuldigen Sie, wenn ich das sage, nehme ich gleich zurück –, können Sie das nicht hier endlich einführen? Das ist wirklich eine wichtige Voraussetzung für die Resozialisierung. Tun Sie es endlich.

(Beifall bei der FDP)

Abschließend appelliere ich noch einmal an Sie – und ich werde es immer wieder tun, weil ich nicht aufgebe –, schaffen Sie endlich bessere Rahmenbedingungen für die Arbeit von Richtern, Vollzugskräften und Justizpersonal, schaffen Sie endlich eine wirklich handlungsfähige Justiz. Das wäre immerhin ein Anfang – man soll jeden Tag neu anfangen –, um dazu beizutragen, dass die Hamburger ihr Vertrauen in den Rechtsstaat weiterhin nicht verlieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Gibt es weitere Wortmeldungen, meine Damen und Herren? – Wenn das … – Herr Nockemann, dann bitte, ja. Wenn Sie das Wort wünschen, bekommen Sie es.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem Rot beziehungsweise Rot-Grün in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten den Justizapparat kaputtgespart haben, versuchen sie nun mit der Neuschaffung von 123 neuen Stellen zu klotzen. Recht tun Sie daran, aber gleichwohl bleibt die Hamburger Justiz in vielen Bereichen notleidend. Nun haben Sie gedacht, wenn wir in diesem Bereich klotzen und neue Stellen schaffen, dann können wir das auch in den Intendanzbereichen tun, da, wo es in den Präsidialabteilungen bisher schon immer zu viele Mitarbeiter gegeben hat. Aber auch zehn Pressesprecher würden nichts daran ändern, Herr Senator Steffen,

(Farid Müller GRÜNE: Es ist einer mehr! Ei- ner!)

dass das Begriffspaar Steffen und Skandal zusammenpasst wie Topf und Deckel.

(Beifall bei der AfD)

Es geht aber nicht nur darum, dass neue Stellen in den Intendanzbereichen geschaffen werden. Sie

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein)

erzählen doch landauf, landab, zum Beispiel bei der Polizei müssten die Intendanzbereiche weiter ausgedünnt werden, damit Polizeibeamte auf die Straße kommen. Und hier ist es so, dass Sie aufblähen. Das ist keine konsistente Politik und das passt nicht zusammen.

Das Thema heißt aber auch Filz oder entfesselter Filz.

(Heiterkeit bei der SPD)

Und jetzt kommen wir einmal zum Thema. Persönliche Eignung, Leistung und Befähigung sind eigentlich immer die unmittelbaren Voraussetzungen, damit jemand im Bereich des öffentlichen Dienstes tätig werden kann. Das betrifft auch – Herr Kollege, hören Sie gut zu – den Bereich der Präsidialabteilung. Nun bestreitet natürlich niemand,

(Dirk Kienscherf SPD: Manche sitzen hier in der Bürgerschaft!)

dass man dort auch einmal Stellen ohne Ausschreibung vergeben kann. Es muss nicht immer ausgeschrieben werden, nämlich bei den Stellen, die ein besonders enges persönliches Vertrauensverhältnis zur Voraussetzung haben. Nun haben Sie kürzlich aber auch einen Parlamentsreferenten eingestellt ohne Ausschreibung. Da kann ich nur sagen, da bedarf es keines besonderen persönlichen Vertrauensverhältnisses. Das muss zwar sein beim Leiter der Präsidialabteilung, das muss auch sein beim Leiter der Presseabteilung.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Und es ist ausge- schrieben worden, Herr Nockemann!)

Das bestreite ich.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Doch, das ist auch ausgeschrieben worden!)

Ich habe seinerzeit in der Innenbehörde die Parlamentsreferenten übernommen, die der damalige Innensenator Olaf Scholz hinterlassen hat, das waren sehr gute und vor allem auch sehr loyale. Da brauche ich kein besonderes persönliches Vertrauensverhältnis. Man kann also durchaus auch mit anderen Leuten zusammenarbeiten, man muss da nicht die eigene grüne Klientel in die Behörden bringen.

Dass Sie, Herr Steffen, bestimmte Stellen nicht ausschreiben lassen, ist ein Skandal. Ein noch viel größerer Skandal ist es allerdings, dass Sie der Öffentlichkeit auch noch weismachen wollen, dass Sie gar nicht ausschreiben müssen. Und ich glaube, hier hört es auf mit der Verdummung der Öffentlichkeit.

(Farid Müller GRÜNE: Hier fängt es erst an!)

Wenn es in den vergangenen Jahren und Monaten in der Bürgerschaft ein treffendes Wortpaar oder

Synonyme gegeben hat, dann waren das, wie gesagt, Steffen und Skandal.

Herr Kollege Seelmaecker, Sie haben vorhin zutreffend vom Vorwurf grünen Filzes in der Justizbehörde gesprochen. Ich erinnere mich noch sehr genau an die früheren Justizsenatoren Carsten Lüdemann und Kusch, und glauben Sie mir, das war damals wirklich nicht sehr viel besser. Und niemand anderes als Herr Dr. Dressel hat im Jahr 2008, nämlich im Oktober des Jahres 2008, den heutigen grünen Justizsenator Steffen massiv kritisiert wegen seiner Filzpolitik.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was war mit Ih- nen und Herrn Mettbach?)

Und heute tun Sie das nicht mehr, Herr Dressel. Bitte richten Sie sich nach Ihren eigenen Maßstäben.

Nein, wenn es um das Thema Filz geht, dann sind SPD, GRÜNE und die CDU Profis. Dann gibt es Filzpolitik in Meterware, und das muss sich ändern. – Vielen Dank fürs Zuhören

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt Herr Dr. Flocken.