Protocol of the Session on October 11, 2017

Vierter Punkt: Welcher war der schönste Moment? Der war Anfang 2011, als wir es nach sieben Jahren geschafft hatten, wieder ins Parlament zurückzukehren. Das war der schönste Moment, dass es doch möglich ist, Menschen, Bürger davon zu überzeugen, dass die FDP gebraucht wird. Wir haben jetzt sechseinhalb Jahre daran gearbeitet, und ich wünsche auch sehr, dass die Wähler 2020 die FDP wieder in die Bürgerschaft wählen.

Fünfter Punkt: Wie Sie wissen, bin ich durchaus für scharfe und deutliche Debatten eingetreten. Sollte ich aber den einen oder anderen persönlich zu scharf angegriffen haben, bitte ich hiermit um Entschuldigung. Manches, was nicht gesagt werden sollte, ist mir vielleicht herausgerutscht.

Ich danke dem Präsidium für die sehr kollegiale Zusammenarbeit im Präsidium. Die Arbeit als Vizepräsident hat mir sehr viel Spaß gemacht. Während wir uns als Abgeordnete in der Bürgerschaft von Fraktion zu Fraktion zu Recht streiten, haben Menschen aus allen Fraktionen im Präsidium sehr gut zusammengearbeitet. Vielen Dank dafür ans Präsidium.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD, der CDU, den GRÜNEN, der LINKEN und der AfD)

Sechster Punkt: Jetzt kommen doch noch belehrende Worte – zunächst an die Regierungsfraktionen gerichtet. Ich selbst war auch einmal zweieinhalb Jahre lang Regierungsabgeordneter. Liebe Regierungsfraktionen, bitte denken Sie immer daran, die von der Opposition sind nicht blöd, die machen manchmal sehr gute Vorschläge, und es bricht Ihnen kein Zacken aus der Krone, das anzuerkennen und vielleicht auch zu übernehmen.

(Beifall bei der FDP, der Linken, der AfD und vereinzelt bei der CDU)

Siebter Punkt – an die Oppositionsfraktionen gerichtet: Liebe Oppositionsfraktionen, denken Sie immer daran, die von der Regierung sind nicht blöd, die haben manchmal sehr gute Vorschläge, und es steht einer Oppositionsfraktion gut an, das auch zu sagen und anzuerkennen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD und den GRÜNEN)

Schließlich achter Punkt: Ich appelliere an Sie, die parlamentarische Demokratie zu verteidigen. Sie wissen so gut wie ich, dass sie von nicht wenigen Menschen etwas infrage gestellt wird; das haben wir gerade im Wahlkampf erlebt. Versuchen Sie die Bürger und auch die Verwaltung davon zu überzeugen, dass die parlamentarische Demokratie gut und wertvoll ist. Wir müssen als Regierungsfraktionen nicht alles absegnen, was die Verwaltung macht. Hinterfragen Sie das alles, dann tun Sie der parlamentarischen Demokratie einen großen Gefallen. Denn, und das ist mein letzter

Satz, die parlamentarische Demokratie ist nicht perfekt, aber alle Alternativen sind furchtbar. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Vielen Dank, Herr Dr. Schinnenburg, auch und gerade für Ihre Abschiedsworte. Wir wünschen Ihnen alles, alles Gute und das Beste. Man sieht sich, wenn auch manchmal nur im Fernsehen. – Dann haben wir als letzten Redner für diesen Tagesordnungspunkt Herrn Dr. Kruse von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Nach diesen bewegenden Worten muss ich jetzt zurück zum Thema kommen. Open Science klingt gut und ist gut. Auch der Antrag aus Drucksache 21/10485 geht in die richtige Richtung. Allerdings ist das keine bahnbrechende Neuerung. Open Science gibt es in ihrem qualitativen Kern seit vielen Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten in Deutschland und im Rest der Welt, jedoch nicht in ihrer quantitativen Dimension, die durch die Digitalisierung und die Informationsskalierung geschaffen worden ist. Open Science bedeutet offenen und entgeltfreien Zugang zu Forschungsergebnissen für alle. Bei entgeltfrei zuckt jeder Ökonom erst einmal zusammen. Aber hier ist es nachvollziehbar, und Sie werden gleich sehen, wieso. Das hat eine Anbieterund eine Nutzerseite.

Auf der Nutzerseite war schon immer für jeden Wissenschaftler, für jeden Studenten und für jeden sonstigen Bürger in den entsprechenden Bibliotheken fast alles zugänglich, was an Forschungsergebnissen in staatlichen und privaten Universitäten und in anderen staatlichen und vielen privaten Forschungseinrichtungen erzielt und publiziert wurde. Die schöne neue IT-Welt hat allerdings die Möglichkeiten und vor allem die Ansprüche an die Bequemlichkeit des Zugangs stark erhöht.

Auf der Angebotsseite hatten Wissenschaftler schon immer das Interesse, ihre Ergebnisse zu publizieren und der Welt mitzuteilen, und zwar möglichst breit und an jeden potenziellen, irgendwie erreichbaren Leser. Deshalb wollten sie gerade nicht das Ausschlussprinzip über einen Preis anwenden. Wissenschaftler wollen alle in die renommiertesten Journals ihres Faches und treiben dafür einigen Aufwand an Zeit und Geld. Die Kosten der Distribution der Forschungsergebnisse sind ebenfalls durch die Digitalisierung praktisch auf null gesunken. Folglich ist auch von der Angebotsseite her eine entgeltfreie Bereitstellung von Forschungsergebnissen ökonomisch effizient. Das konstituiert das große Potenzial, die technischen und quantitativen Möglichkeiten der Digitalisierung für Open Science zu nutzen. Das ist das Gute an dem vorliegenden Antrag.

Aus Zeitgründen kann ich bei den kritischen Aspekten nur drei kurz anreißen. Punkt eins: Wenn man fordert, dass ausnahmslos alles, zum Beispiel auch Bücher, Open Access publiziert werden muss, sollte man sich darüber im Klaren sein, dass man damit gedruckte wissenschaftliche Bücher und wissenschaftliche Verlage kaputtmacht. In der Drucksache steht zwar auf Seite 4 wörtlich:

"Insbesondere beim Thema Urheberrecht ist es erforderlich den Forscherinnen und Forschern Handlungssicherheit zu bieten."

Ich bin mir aber nicht sicher, ob die Autoren der Drucksache wirklich verstanden haben, welche Tragweite dieses Problem hat, sonst hätten sie etwas präziser über dieses Problem geschrieben.

Punkt zwei: Ein Problem kann auch die Forderung sein, das ist heute mehrmals in der Diskussion erwähnt worden, die Rohdaten der Forschung Open Access zu stellen. Stellen Sie sich einen jungen Historiker vor – ich habe dabei an Herrn Tode gedacht –, der Monate seines Lebens damit verbringt, in staubigen Archiven Daten und Fakten zu sammeln. Wenn er die Ergebnisse online stellt, kann jeder andere auf der Welt, also auch sein Konkurrent um die schönsten Lehrstühle, schöne Publikationen machen. Damit würde sich die Kärrnerarbeit in Archiven überhaupt nicht mehr lohnen. Das ist nur deshalb kein reales Problem, weil man trotz Gebot im Gesetz in der Realität niemanden zwingen kann, Rohdaten online zu stellen. Nicht einmal ein Institutsdirektor oder Doktorvater könnte das, selbst wenn er wollte, aber natürlich will er nicht, Herr Tode.

Dritter Punkt: Ich möchte noch eine konstruktive Anregung geben. Wenn ich mich, um einmal ein aktuelles Thema zu nennen, für Gravitationswellen interessiere und darüber etwas in einer physikalischen Fachzeitschrift lese, dann würde ich nur Bahnhof verstehen – das ginge wahrscheinlich den meisten im Raum so – , und ich würde sie gleich wieder weglegen. Denn Wissenschaftler schreiben für andere Wissenschaftler der gleichen Fachrichtung, also für Kollegen, die die Begriffe, Theorien und Methoden kennen und denen man nur noch das Delta der eigenen Ergebnisse vermitteln will. Ein Open Science- System, das der Staat aus Steuermitteln finanziert, könnte die jeweiligen Forschungsergebnisse in adäquater Sprache und mit Erklärungen einem größeren Leserkreis nahebringen – das möchte auch Herr Dolzer. Damit würde man nicht nur die Akzeptanz für die Forschung und möglicherweise die für Budgets des Staates erhöhen, sondern man würde bei jungen Leuten Lust wecken, das Fach zu studieren oder sich diesen Forschungsthemen zuzuwenden.

Am Ende noch ein paar Bemerkungen zur Drucksache 21/10426, Open Online University. Das Papier ist wahrscheinlich gut gemeint, und die Sache ist sicher gut. Aber das Papier ist so grotten

(Dr. Wieland Schinnenburg)

schlecht, dass ich das, was die Kollegen Schinnenburg und Dolzer dazu gesagt haben, nur unterstützen kann. Das ist Marketinggeschwurbel, und was ich mir dazu notiert habe, möchte ich lieber nicht vortragen, um meiner Fraktion Redezeit zu ersparen. Da könnte man noch sehr viel Besseres machen, um die Sache voranbringen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Dr. Kruse. – Da zu diesem Tagesordnungspunkt keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir jetzt zur Abstimmung.

Wir beginnen mit der Drucksache 21/10485, dem Senatsantrag.

Wer möchte diese Drucksache nun federführend an den Haushaltsausschuss sowie mitberatend an den Ausschuss für Wissenschaft und Gleichstellung überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung einstimmig beschlossen.

Wer dann noch die Senatsmitteilung aus Drucksache 21/10426 an den Ausschuss für Wissenschaft und Gleichstellung überweisen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist auch dieses Überweisungsbegehren einstimmig beschlossen worden.

Mir liegen die Wahlergebnisse zur Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation vor.

Abgegeben wurden 105 Stimmzettel, davon waren zwei Stimmzettel ungültig, somit sind 103 Stimmen gültig. Herr Günther Siegert erhielt 30 Ja-Stimmen, 53 Nein-Stimmen und 20 Enthaltungen. Damit ist Herr Siegert nicht gewählt worden, und wir werden diese Wahl auf der Tagesordnung unserer nächsten Sitzung wiederfinden.

Bei der Wahl eines stellvertretenden Mitglieds für die Härtefallkommission sind 110 Stimmzettel abgegeben worden. Davon war ein Stimmzettel ungültig und somit 109 Stimmen gültig. Herr Wolfhard Ploog erhielt 104 Ja-Stimmen, 2 Nein-Stimmen, 3 Enthaltungen. Damit ist Herr Ploog gewählt.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Bei der Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Umwelt und Energie sind 111 Stimmzettel abgegeben worden. Davon war ein Stimmzettel ungültig, somit 110 Stimmen gültig. Frau Dr. Ursula Martin erhielt 91 Ja-Stimmen, 8 Nein-Stimmen, 11 Enthaltungen. Damit ist Frau Dr. Martin gewählt.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 22, Drucksache 21/10435: Bericht des Europaausschusses zum Thema EU-Projekttag 2017 in Hamburg.

[Bericht des Europaausschusses über das Thema "EU-Projekttag 2017 in Hamburg" (Selbstbefas- sungsangelegenheit gemäß § 53 Absatz 2 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürger- schaft (GO)) – Drs 21/10435 –]

Wir hierzu das Wort gewünscht? – Herr Schumacher von der SPD-Fraktion, Sie möchten es und haben es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Welches Europa wollen junge Hamburgerinnen und Hamburger? Dieser Frage ist der Europaausschuss nachgegangen. Wir haben Schülerinnen und Schüler aus vier Hamburger Schulklassen als Sachverständige angehört, die sich im Rahmen des Europaprojekttages mit dem Thema Europa beschäftigt hatten. Die Schülerinnen und Schüler haben ihre Projekte vorgestellt und sich in der Diskussion mit den Abgeordneten bemerkenswert sachkundig und für Europa engagiert gezeigt. Die Anhörung der jungen Leute hat uns wichtige Einblicke vermittelt. Dies betrifft sowohl die behandelten Inhalte und die Methoden als auch das, was junge Menschen über Europa denken. Ich glaube, ich kann für alle Ausschussmitglieder sprechen, wenn ich sage, dass wir stolz sind auf so engagierte junge Menschen. Und wir legen den anderen Gremien der Bürgerschaft eines ans Herz, nämlich einfach einmal jungen Menschen zuzuhören.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Europäische Union befindet sich in einer sehr schwierigen Situation in ihrer Geschichte. Sie steht vor riesigen Herausforderungen. Nationalistische, populistische und in verstärktem Maße auch separatistische Kräfte stellen die Europäische Union offen infrage und gefährden ihren Fortbestand durch die Absage an offene Gesellschaften, in denen Verschiedene mit gleichen Rechten zusammenleben, auch mit ihrer neuen Sehnsucht nach Homogenität und Einförmigkeit von Volk oder Kultur. Dies kann nur zu Katastrophen führen, wie Europa sie jahrhundertelang erlitten hat. Der Beitrag, den wir in der Hamburgischen Bürgerschaft und im Europaausschuss leisten können, um das, wie Heribert Prantl von der "Süddeutschen Zeitung" es nennt, Jahrtausendprojekt der Europäischen Union zu bewahren und auszubauen, ist naturgemäß begrenzt. Dennoch ist er von Bedeutung.

(Dr. Jörn Kruse)

Als europapolitischer Sprecher der SPD-Fraktion möchte ich in diesem Zusammenhang einen Gedanken ausführen. Wir müssen die jungen Menschen für Europa begeistern. Das Problem scheint mir dabei nicht zu sein, dass die Mehrheit der jungen Menschen gegen Europa ist. Vielmehr ist für die meisten das tolerante, weltoffene Europa, das Europa der offenen Grenzen, eine Selbstverständlichkeit, über die nicht weiter nachgedacht wird. Wie soll man für etwas kämpfen wollen, das einem als selbstverständlich erscheint? Vielleicht bergen die aktuellen Bedrohungen der europäischen Einigung auch die Chance, junge Menschen für Europa zu mobilisieren.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir sollten uns allerdings nicht auf die möglicherweise positive Wirkung unheilvoller Entwicklungen verlassen. Wichtiger ist es, Europa für junge Menschen positiv erlebbar zu machen und das Bewusstsein zu stärken, Europäer zu sein. Hierfür sind die Erasmus-Programme ein wunderbares Beispiel. In diese Richtung gehen auch die Forderungen des französischen Präsidenten. Alle jungen Europäer sollen bis 2024 eine andere europäische Sprache erlernen und alle unter 25-Jährigen die Möglichkeit bekommen, ein halbes Jahr im europäischen Ausland zu studieren oder zu arbeiten. Kurz gesagt, der europäische Gedanke muss das Herz und den Verstand junger Menschen in Europa erreichen, damit sie bereit sind, aktiv für die europäische Einigung einzutreten.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Michael Kruse FDP)

Wie die meisten von Ihnen wissen, war das vorläufig meine letzte europapolitische Rede als europapolitischer Fachsprecher, da ich jetzt ins Innenressort wechseln werde, worauf sich Herr Gladiator schon freut.

(Dennis Gladiator CDU: Vorläufig ist okay!)

Aber eine Bitte habe ich an alle vernunftbegabten Kräfte hier im Haus: Kämpft für unser Europa, es lohnt sich. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN und der FDP)

Vielen Dank, Herr Schumacher. – Als Nächster erhält das Wort Herr Westenberger von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich dir, lieber Sören, sagen, dass die letzten Jahre mit dir im Europaausschuss wirklich angenehm waren. So richtig kennengelernt haben wir uns auf den Reisen innerhalb Europas, bei denen du regelmäßig gute Nerven bewiesen hast, wenn es nicht nur darum ging, das Hotel oder