Protocol of the Session on October 11, 2017

Das klingt toll. Aber zu Beginn ist es eigentlich nicht viel mehr als ein einfaches Hamburger YouTube. Sie stellen Kurse online. Es gibt dafür weder Credit Points noch gibt es irgendwie die Möglichkeit, den Kurs mit einem konkreten Abschluss zu absolvieren. Über Akkreditierung wollen wir an dieser Stelle gar nicht erst sprechen. Die Probleme haben wir an anderer Stelle ohnehin schon mit zumindest einigen unserer Hochschulen. Das sind für mich die zwei wesentlichen Punkte: der mangelnde Einbezug der privaten Hochschulen und die noch unausgegorene Antwort auf die Frage, was man mit den online erbrachten Lernleistungen anfangen kann. Wenn wir uns aber die Prämisse, dass wir für ein Land arbeiten, in dem wir gut und gern leben und gut und gern lernen, tatsächlich zu Herzen nehmen wollen, dann müssen wir uns mit diesen beiden Punkten auseinandersetzen. Deswegen bitten wir Sie um Ihre Zustimmung, den Antrag an den Wissenschaftsausschuss zu überweisen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Ovens. – Als Nächster erhält Herr Gögge von der GRÜNEN Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Begriff Digitalisierung ist aktuell in aller Munde und auch in den Medien durchaus sehr präsent. Ich glaube, das nehmen wir alle wahr. Wir alle sind uns auch darin einig, dass es nicht ausreichend ist, dieses Schlagwort immer nur zu wiederholen, sondern dass es entscheidend ist, den Wandel zu gestalten und die Vorteile für die Gesellschaft zu nutzen. Ich steige einmal mit einem Beispiel ein, das Ihnen allen bekannt ist: Wikipedia. Das ist eine Plattform, die wir

(Uwe Giffei)

alle nutzen und deren Stärke darin liegt, dass der Inhalt kollaborativ erarbeitet wird. In einfachen Worten gesagt: Allein weiß man einiges, gemeinsam wissen wir fast alles. Das zeigt auch, dass uns die Digitalisierung die Chance bietet, Wissen zu teilen und vielen zugänglich zu machen. Das ist gerade in Zeiten sogenannter alternativer Fakten besonders bedeutsam. Wir leben in einer Zeit, in der der Zugang zu Wissenschaft, zu ihren Erkenntnissen und zu harten Fakten immer bedeutsamer wird. Für uns als rot-grüne Koalition ist jedenfalls klar, dass die Chancen der Digitalisierung für Forschung und Lehre genutzt werden müssen und wir sie nutzen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Genau deshalb wollen wir die Ergebnisse öffentlich finanzierter Forschung transparent und für alle zugänglich machen. Diesen Auftrag an den Senat haben wir bereits im Koalitionsvertrag verankert. Das Programm Hamburg Open Science schafft nun die Rahmenbedingungen, um in der Wissenschaftsstadt Hamburg einem breiten Publikum Erkenntnisse zur Verfügung zu stellen. Sie ahnen aber ebenso wie ich, dass die Bereitstellung von komplexen Forschungsergebnissen keine profane Aufgabe, sondern eine echte Herausforderung ist. Daher geht mein besonderer Dank an die staatlichen Hochschulen unserer Stadt, das UKE und die weiteren Projektbeteiligten, die in einer beispielhaften Kooperation, wie sie in Zukunft noch an viel mehr Stellen gelingen soll, für Hamburg Open Science eine passgenaue Struktur entwickelt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Neben Hamburg Open Science ist auch die Maßnahme Hamburg Open Online University Teil der Senatsstrategie Digitale Stadt. Die Online Open University ist ein für Deutschland einmaliges Pilotprojekt der Hamburger Hochschulen. Sie reagiert mit innovativen und agilen Strukturen auf neue Zielgruppen und neue Bedarfe. Es wird sozusagen der Elfenbeinturm der Wissenschaft für den digitalen Wandel und den damit einhergehenden fruchtbaren und vor allem transnationalen Austausch geöffnet. Wie hervorragend sich Hamburg im Bereich der Open Educational Ressources aufstellt, zeigt übrigens auch die Bewertung, die uns die Technologiestiftung Berlin hat zukommen lassen. Demnach sind wir bei den Bemühungen um Openness in der Wissenschaft bundesweit Spitzenreiter, und das ist doch Grund zur Freude.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Diese Bemühungen sind absolut notwendig, zum Beispiel bei der Entwicklung neuer Formate. Wie der Kollege Ovens richtigerweise erwähnt hat, reicht es nicht aus, die Nutzung der Blaupause der bestehenden Angebote um eine Onlinekomponente zu erweitern, sondern es muss deutlich darüber

hinaus gedacht werden. Das wird in diesem Projekt auch geschehen, denn wir befinden uns in einer relativ frühen Phase, die jetzt in die Verfeinerung geht. Es geht dabei um fortschrittliche Ansätze in Forschung und Lehre. Welches Potenzial die teilnehmenden Hochschulen dabei heben, kann man bereits an einem Projekt der Hochschule für Angewandte Wissenschaften zur nachhaltigen Energieerzeugung für kleine Inselstaaten sehr gut sehen. Das klingt vielleicht weit weg, fand aber eine Riesenresonanz in der Wissenschaftsszene: 1 700 Teilnehmer, 120 Länder haben davon profitiert, sich vernetzt und gelernt.

Ich verstehe die Hamburg Open Online University auch als Symbol für die intensiven Bemühungen unserer staatlichen Hochschulen um eine gute Lehre. Sie steht für Offenheit, für neue Erkenntnisse durch Zusammenarbeit, und das ist genau der richtige Ansatz.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Der Senat hat uns eine sehr detaillierte und gute Drucksache zu diesen beiden Themenkomplexen vorgelegt. Da diese Themen sehr wichtig und die Drucksachen sehr komplex sind, sollten wir sie meiner Meinung nach noch einmal genauer im Wissenschaftsausschuss beraten. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zur Überweisung. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Gögge. - Als Nächster erhält Herr Dolzer von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Liebe Hamburgerinnen, liebe Hamburger, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Präsident! Sowohl das Programm Hamburg Open Science als auch das Vorhaben Hamburg Open Online University können positiv weiterentwickelt werden. Deshalb ist es wichtig, beide Projekte im Ausschuss zu diskutieren. Es ist zunächst zu begrüßen, dass Forschungsergebnisse im Internet öffentlich sichtbar und vereinfacht - weil mit einer vereinheitlichten, gut zu verstehenden Oberfläche - nutzbar gemacht werden sollen, und auch die Möglichkeit eines hochschulübergreifenden Lernens oder Studierens an der sogenannten Open Online University begrüßen wir. Über weitere positive Aspekte haben Herr Gögge und Herr Giffei schon einiges gesagt. Ich habe mich jedoch sehr darüber geärgert, dass in den beiden Drucksachen auf jeweils vielen Seiten viel zu wenig Konkretes genannt wird und stattdessen mit Satzbausteinen oder Worthülsen gearbeitet wird. Die Qualitätsstandards oder die Qualitätssicherung werden zwar benannt, aber nicht weiter ausgeführt. Es findet darüber hinaus auch kaum eine kritische Auseinandersetzung mit ethischen Gesichtspunkten und

(René Gögge)

dem notwendigen Datenschutz statt. Das müssen wir im Ausschuss auf jeden Fall nachholen.

(Beifall bei der LINKEN)

In den Drucksachen fehlt auch die kritische Auseinandersetzung mit den Konsequenzen der Digitalisierung für die Entwicklung der Gesellschaft sowie der Persönlichkeitsentwicklung. Digitalisierung ist, ähnlich wie Globalisierung, nicht per se gut, sondern es kommt darauf an, wie sie genutzt und umgesetzt wird, ob Problempunkte wie Datenschutz oder ethische Gesichtspunkte benannt werden. Da fehlt es doch an einigem. Die positiven Gesichtspunkte haben Sie schon genannt. Sie sprechen in der Drucksache von einem Aushandlungsprozess, wie dieser Kulturwandel stattfinden soll. Ich zitiere Matthias Burchardt, um zu verdeutlichen, was ich mit ethischen Gesichtspunkten meine. Matthias Burchardt ist Akademischer Rat im Institut für Bildungsphilosophie, Anthropologie und Pädagogik der Lebensspanne an der Universität zu Köln. Er sagt, Jörg Dräger – ehemaliger Wissenschaftssenator von Hamburg, heute bei der Bertelsmann Stiftung – rufe in den letzten Jahren vehement die digitale Revolution im Bildungssektor aus.

"Medienkonzerne wie Bertelsmann würden sicher zu den Gewinnern dieser Entwicklung gehören. Ob und inwieweit die Arbeitswelt tatsächlich in dem prognostizierten "

und dem, das füge ich jetzt hinzu, auch wir Folge leisten mit diesen Drucksachen –

"Ausmaß verändert wird, bleibt abzuwarten. Aber ähnlich wie bei der Globalisierung wird auch bei der Digitalisierung das Erzählmuster der Alternativlosigkeit bemüht. Nur wer sich dem Digitalisierungsimperativ unterwirft, so suggeriert die Vokabel der 'Zukunftsfähigkeit', hat die Chance auch in den Genuss dieser Zukunft zu kommen."

Herr Ovens, Ihr freudscher Versprecher am Anfang war nicht ohne, denn Herr Burchardt bringt es auf den Punkt – ich zitiere weiter –:

"So als wäre Zukunft nicht in einem offenen demokratischen Prozess zu gestalten, sondern säße ihrerseits zu Gericht über Menschen und Lebensentwürfe der Gegenwart."

Genau diesem Digitalisierungsimperativ wird in den Drucksachen immer wieder gehuldigt. Um auch die von mir genannten kritischen Aspekte auszuleuchten, freue ich mich sehr auf die weitere Diskussion in den Ausschüssen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Dolzer. – Es erhält das Wort Herr Dr. Schinnenburg von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die FDP ist die Partei der Digitalisierung.

(Dirk Nockemann AfD: 1.0!)

Deshalb wird es Sie nicht wundern, dass wir auch dafür sind, dass im Bereich Wissenschaft und Forschung Digitalisierung stärker Einzug hält. Das ist einer der Bereiche, wo Digitalisierung besonders viel nützt. Deshalb unterstützen wir grundsätzlich die beiden hier beschriebenen Projekte.

Erlauben Sie mir dennoch insgesamt vier kurze Anmerkungen, denn es nicht alles nur toll. Zunächst einmal ist die Drucksache dieser Behörde, wie so oft, voller Sprechblasen – Herr Dolzer hat es schon ein bisschen angedeutet. Ich will das alles gar nicht zitieren, aber Satzbausteine wie "partizipative, kollaborative und vernetzende Elemente sind wichtig" können Sie uns in einer Drucksache ersparen. Wären die Drucksachen nur halb so lang, hätten wir genauso so viel erfahren - erster Punkt.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU, der AfD und bei Martin Dolzer DIE LINKE)

Der zweite Punkt, das hatte Herr Ovens auch schon erwähnt: Wieso denn nur die staatlichen Hochschulen? Vielleicht haben Sie Angst davor, aber die privaten Hochschulen sind oft besser bei der Digitalisierung. Es sollte selbstverständlich sein, dass die privaten Hochschulen ebenso einbezogen werden wie die staatlichen Hochschulen. Sie sollten einfach einmal Ihre ideologischen Vorbehalte gegenüber privaten Hochschulen vergessen.

Dritter Punkt: Ich sehe ein bisschen die Gefahr – auch das wurde vorhin schon angedeutet – einer Insellösung. Selbst wenn Hamburg das beste Projekt von allen macht, ergibt es keinen Sinn, wenn es nachher nicht mehr mit den anderen Bundesländern und anderen Institutionen vernetzbar ist. Also bitte keine Insellösung.

Der vierte Punkt, den ich als problematisch ansehe: Wie bereits Herr Giffei erwähnt hat, spricht der Bürgermeister seit 2014 von der Hamburg Open Online University. Wenn wir ehrlich sind, ist dabei nicht viel Konkretes herausgekommen. Wir finden dieses Tempo bei der Digitalisierung der Hamburger Hochschulen viel zu langsam. Das geht schneller. Aber dennoch sind wir der Meinung, das Thema solle weiterbearbeitet werden, und deshalb werden wir einer Überweisung zustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Diese Rede ist nach etwa 500 Reden meine letzte vor der Hamburgischen Bürgerschaft. Vor ungefähr 16 Jahren habe ich das erste Mal von dieser Stelle aus zur Hamburgischen Bürgerschaft gesprochen, und damals lautete mein erster Satz:

(Martin Dolzer)

"Mit der ersten Rede vor einem Parlament ist es wie mit einer Liebeserklärung: Die ersten Worte sind die schwersten."

Jetzt weiß ich, dass auch die letzten Worte nicht einfacher sind. Denn ich weiß genau, was Sie von mir erwarten. Sie erwarten kluge Worte, aber nicht zu viele davon. Und Sie erwarten, dass ich, wie immer, meine Meinung sorgfältig in Punkte gegliedert vortrage, und deshalb werde ich das auch tun.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD, der CDU, den GRÜNEN, der LINKEN und der AfD)

Erster Punkt: Die Arbeit in einem Parlament ist eine große Ehre. Ob Sie es glauben oder nicht, ich wurde dreimal in dieses Parlament gewählt, und jedes Mal hatte ich Gänsehaut bei der ersten Sitzung. Ich fühlte eine große Verantwortung, denn wir arbeiten nicht für uns, sondern wir arbeiten für die Menschen, die uns gewählt haben, die uns ihr Vertrauen geschenkt haben. Das ist eine wichtige Aufgabe in einer parlamentarischen Demokratie. Ich habe mich dieser Arbeit immer sehr gern gestellt.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Zweiter Punkt: Was war der bewegendste Moment in neun Jahren Bürgerschaft? Das kann ich ziemlich genau sagen. Vor fast genau einem Jahr durfte ich als Vizepräsident zwei Verfassungsrichter vereidigen. Für jemanden, den das Verfassungsrecht sehr interessiert und der deswegen Jura studiert hat, ist es mit das Tollste, was einem passieren kann, Verfassungsrichter zu vereidigen. Ich danke der Präsidentin – sie ist nicht da –, ausdrücklich dafür, dass sie mir die Gelegenheit gegeben hat, dieses vorzunehmen. Das war der bewegendste Moment.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD, der CDU, den GRÜNEN, der LINKEN und der AfD)

Dritter Punkt: Was war der schlimmste Moment in neun Jahren Bürgerschaft? Auch das kann ich sehr schnell sagen. Das war Anfang 2004, als wir als FDP bei der Bürgerschaftswahl ausgeschieden sind. Wir hatten damals als nur sechsköpfige Fraktion – man kann sich gar nicht vorstellen, dass das geht – das gesamte politische Spektrum in Hamburg abgearbeitet und haben uns sehr angestrengt bis hin zu dem, was ein Mensch aushalten kann. Am Ende sah ich aus wie mein eigenes Gespenst. Trotz dieser Anstrengungen sind wir vom Wähler nicht für parlamentswürdig befunden worden. Das müssen wir so hinnehmen, aber es hat mich damals tief verletzt, und ich habe mir geschworen, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist und wir alles dafür tun werden, um wieder ins Parlament gewählt zu werden.

Vierter Punkt: Welcher war der schönste Moment? Der war Anfang 2011, als wir es nach sieben Jahren geschafft hatten, wieder ins Parlament zurückzukehren. Das war der schönste Moment, dass es doch möglich ist, Menschen, Bürger davon zu überzeugen, dass die FDP gebraucht wird. Wir haben jetzt sechseinhalb Jahre daran gearbeitet, und ich wünsche auch sehr, dass die Wähler 2020 die FDP wieder in die Bürgerschaft wählen.