Protocol of the Session on September 13, 2017

Sie haben die Expertenkommission schon angesprochen; der Expertenbericht ist aus Dezember 2016. Dieser ist zu loben und den Experten für Ihre Arbeit zu danken, doch helfen die Empfehlungen für unsere gegenwärtigen Probleme nicht, denn es besteht keine Aussicht auf baldige Besserung. In Kapital 7 der Expertenkommission heißt es – ich zitiere –:

"Erfahrene Wissenschaftler und Schulleute stellen fest, wie wenig sich die Universität auf längst überfällige Änderungen in der Lehrerausbildung einlassen wollen. Und selbst wenn es eine neue Ausbildung erreichen wird, dann dauert es ungefähr 20 Jahre, bis neue Lehrerinnen in hinreichender Zahl den Schulbetrieb verändern können."

Sie sehen, es ist deutlich zu spät für die drängenden Probleme unserer Stadt. Es ist zehn nach zwölf, nicht zehn vor zwölf, und das heißt: Wir brauchen eine Zwischenreform. Bis neue Lehrer in die Schulen kommen, brauchen wir neue, klare und deutliche Bildungspläne. Die CDU wird Vorschläge dazu machen. Weiter brauchen wir, bis neue Lehrer an die Schulen kommen, eine Fortbildungsoffensive, um die drängendsten Probleme aufzugreifen. Die sehen wir in den Fächern Mathematik und im sonderpädagogischen Bereich; zu Letzterem müssen schulbegleitende Fortbildungen für bestimmte Behinderungen angeboten werden. Auch hier wird die CDU Forderungen stellen. Die Ankündigung einer Lehrerausbildung reicht nicht. Wir müssen jetzt handeln. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort bekommt Frau Dr. von Berg von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Frau von Treuenfels-Frowein: Genau, auf die Lehrkraft kommt es an. Und genau, wir brauchen eine Reform der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Genau, diese Reform muss zukunftsweisend sein. Deswegen hat sich Rot-Grün auf den Weg gemacht und wird diese Lehrerinnen- und Lehrerbildung umfassend auf den Weg bringen. Wir sind schon dabei. Deswegen haben wir uns schon zweimal in den Ausschüssen damit beschäftigt, im Wissenschaftsausschuss und im Schulausschuss. Und deswegen werden wir uns damit auch weiterhin in den Ausschüssen beschäftigen.

(Birgit Stöver CDU: Warum überweisen Sie dann den Antrag nicht?)

Denn der Antrag an sich, von der Diktion her, ist ja korrekt. Selbstverständlich werden wir dabei auch sicherstellen, dass letztendlich nur geeignete Lehrkräfte in den Schulen landen. Denn, wie gesagt, auf die Lehrkraft kommt es an. Und selbstverständlich werden wir dabei sicherstellen, dass die angehenden Lehrkräfte, die hier studieren, auch in der gesamten Republik Arbeit finden könnten. Aber das ist doch viel mehr als eine zweiminütige Kurzdebatte. Deswegen beschäftigen wir uns so lange in den Ausschüssen damit.

(Uwe Giffei)

(Michael Kruse FDP: Überweisen Sie es doch an den Ausschuss!)

Deswegen werden wir uns auch noch weiter in den Ausschüssen damit beschäftigen.

(Birgit Stöver CDU: Es ist mir unverständ- lich, warum Sie es nicht überweisen!)

Deswegen werden wir eine Senatsdrucksache auf den Weg bringen, beziehungsweise der Senat wird das tun. Es ist doch völlig unsinnig – Was für ein komisches demokratisches oder parlamentarisches Signal ist das denn? – dazu noch einen Antrag zu stellen.

(Zuruf)

Wir werden uns mit all diesen Dingen beschäftigen, und dann haben Sie selbstverständlich die Möglichkeit, Ihre Vorschläge einzubringen. Auf diese Diskussion in unseren Ausschüssen freue ich mich. Wir werden den Antrag selbstverständlich nicht überweisen und auch in der Sache ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Dolzer von der Fraktion DIE LINKE.

Liebe Hamburgerinnen und Hamburger, Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass dieser Antrag jetzt gestellt wird, zeigt – wie schon die Aktuelle Stunde –: Die FDP versucht im Wahlkampf, das Thema Bildung für sich zu reklamieren.

Es ist schon einiges gesagt worden. Es ist wichtig, darüber zu diskutieren; das finden wir auch. Es muss aber nicht unbedingt anhand dieses Antrags sein.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Michael Kruse FDP)

Selbst wenn wir es jetzt diskutierten, geht Ihr Antrag unserer Meinung nach vollkommen in die falsche Richtung,

(Beifall bei der LINKEN)

und zwar in die Richtung einer elitären Bildungsgestaltung. Sie wollen im Vorhinein festlegen, dass die Aufsplittung zwischen Stadtteilschulen und Gymnasien weiterbesteht; Sie wollen die Gymnasiallehrerinnen und -lehrer immanent – in dem Antrag steht es so – erheben über alle anderen und die Aufsplittung, die es sowieso gibt, fortführen. Das finden wir grundlegend falsch. Wir haben eine völlig andere Idee, und das haben wir in der Diskussion auch deutlich gemacht: Wir wollen ein inklusives Bildungswesen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen eine Ausbildung, eine Lehrerausbildung mit Spezifikation. Das halten wir für den viel besseren Weg, und damit weichen wir auch ab von der Expertenkommission.

Wir finden es richtig, darüber zu diskutieren, aber eine Zwei-Minuten-Debatte eignet sich wirklich nur sehr bedingt dazu, weil man darin nur rudimentär Stichworte benennen kann, wie Frau Frowein und alle bisherigen Rednerinnen es gemacht haben. Wenn wir uns ernsthaft mit dem Thema beschäftigen wollen, lassen Sie uns die Studie "Bildung auf einen Blick" der OECD anschauen. Seit Jahren werden die Bundesrepublik und die Länder dafür kritisiert, dass sie es sogenannten bildungsfernen Schichten weniger ermöglichen, an Bildung teilzuhaben. Und dann wollen Sie in einer so wichtigen Debatte das System der Aufgliederung weiter festklopfen und ausbauen? Das finde ich nicht richtig, sondern zynisch, und deshalb ist das einer der wenigen Anträge, die wir nicht einmal an den Ausschuss überweisen wollen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Dr. Wolf von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen über die Ergebnisse der Expertenkommission zur Reform der Lehrerausbildung. Diese sind der Hintergrund des Antrags der FDP-Fraktion. Die Empfehlungen sind für uns zu stark von der Ideologie der Einheitsschule geprägt. Gleichzeitig wird die wissenschaftliche Befundlage über den Zusammenhang von Lehrerausbildung und Lernerfolg zu sehr ausgeblendet. Auf zwei Punkte möchte ich genauer eingehen.

Erstens: Die empfohlene Abschmelzung fachlicher Inhalte in den Lehramtsstudiengängen ist falsch. Sie wäre ein fatales Signal an Lehrer wie Schüler. Das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung hat im Rahmen der COACTIV-Studie nachgewiesen, dass fachlich besser ausgebildete Lehrer auch über ein höheres fachdidaktisches Wissen verfügen und den Unterricht anspruchsvoller gestalten können. Das ist maßgeblich für die Unterrichtsqualität und wiederum besonders förderlich für den Lernerfolg der Schüler. Klar ist: Wir, die AfD-Fraktion, werden allen Versuchen energisch widersprechen, das fachwissenschaftliche Niveau der Lehrerausbildung abzusenken.

Zweitens: Die Einführung eines Stadtteilschullehrers mit einem Unterrichtsfach auf gymnasialem Niveau wäre ein weiterer Schritt zur Einheitsschule. Das lehnen wir ab. Wer Tausende halbe Gymnasiallehrer, so nenne ich es einmal ein bisschen polemisch, für die Stadtteilschulen ausbildet, der bekommt zwar eine weitere Erhöhung der Abiturientenquote, mit der sich der Schulsenator

(Dr. Stefanie von Berg)

dann wieder brüsten wird, aber keine besseren Lernleistungen. Der halbe Gymnasiallehrer führt zu noch mehr Bachelor-Absolventen, inadäquat beschäftigt und mies bezahlt.

(Glocke)

Deshalb stimmen wir dem Antrag der FDP zu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt der fraktionslose Abgeordnete Dr. Flocken.

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Volksvertreter! Die Vorstellung, dass ausgerechnet die pädagogischen Institute der Universitäten die Probleme lösen könnten, die die Politik den Schulen eingebrockt hat, ist absurd. Die universitäre Pädagogik hat, mit Ausnahme des Bereichs Geschichte der Pädagogik, ein doppeltes Glaubwürdigkeitsdefizit: einmal in theoretischer Hinsicht, weil das Wissenschaftskriterium der Falsifizierbarkeit prinzipiell kaum zu erfüllen ist, und dann in praktischer Hinsicht – und das ließe sich ändern, wenn man den Willen dazu hätte –, weil Pädagogikprofessoren zumeist seit Jahrzehnten keinen Kontakt zu Kindern haben. Neuere Wissenschaftler aus Biologie und Medizin, die bei den Pädagogikprofessoren äußerst unbeliebten Kritiker der universitären Pädagogik, fordern seit Jahren Pädagogikinstitute nach dem Vorbild, das in Universitätskliniken seit 200 Jahren mit grandiosem Erfolg praktiziert wird, in Deutschland, Frankreich, England.

Natürlich kommt es auf die Lehrer an, das bestreitet niemand in einem Land mit sehr umfassender Lehrerausbildung. Überlegen Sie aber doch bitte, wie es auf die Motivation der Lehrer wirkt, wenn Sie ihnen ständig sagen: Ihr seid nicht gut oder nicht richtig ausgebildet; ihr müsst noch mehr indoktriniert werden, noch mehr von Pädagogikprofessoren anstatt von Fachwissenschaftlern belehrt werden. Das demotiviert Lehrer. Das macht schlechte Schule. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. – Entschuldigung, Frau von Treuenfels-Frowein von der FDP-Fraktion bekommt das Wort für zwei Minuten.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich möchte schnell noch einmal eine Sache klarstellen. Ich hätte hier auch eine Stunde reden können. Zwei Minuten, fünf Minuten, eine Stunde – das wäre ganz egal, weil von dieser Seite des Hauses immer das Gleiche kommt. Wir wollen es in den Ausschüssen besprechen, und dann wird erzählt, wie

undemokratisch es sei, einen Antrag vorzulegen. Ich habe eine völlig andere Erfahrung gemacht. Es ist sehr wichtig, immer wieder in dieses Plenum zu kommen und mit unserer liberalen Stimme vorzutragen, was wir wollen. Sonst schlafen Sie nämlich alle ein.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Jörn Kruse AfD Dann haben Sie hier nur irgendwelche Experten. Die hören sich alle an, und dann sitzen wir alle da und reden noch einmal ein bisschen, und dann können wir noch einmal einen Vorschlag einbrin- gen. Das werden wir hier so oft tun – Sie werden sich noch wundern, wie oft wir das tun werden. Wir wer- den hier immer wieder unsere Meinung sagen. Das werden wir uns von niemandem verbieten lassen. Dass Sie, Frau von Berg, das sagen, finde ich wit- zig. Das ist nicht undemokratisch, sondern das ist genau das, was wir hier tun wollen, und das wer- den wir auch weiterhin tun. In der Sache wissen wir natürlich, dass das eine Ausschussdebatte ist und keine Sachdebatte. Man kann diese Debatte nicht in fünf Minuten führen; das weiß jeder. Aber dennoch, es ist ein Antrieb, vor allen Dingen so, dass wenn wir in der nächsten Ausschusssitzung sind, wir darüber sprechen wer- den. Genau das werden wir machen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Ich wage es noch einmal: Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann können wir zur Abstimmung kommen.

Wer möchte nun zunächst die Drucksache 21/10210 in der Neufassung federführend an den Schulausschuss sowie mitberatend an den Ausschuss für Wissenschaft und Gleichstellung überweisen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Wir stimmen sodann über den Antrag der FDPFraktion aus Drucksache 21/10210 in der Neufassung in der Sache ab. Die CDU-Fraktion möchte Ziffer 1 separat abstimmen lassen.

Wer möchte sich dann also zunächst Ziffer 1 des Antrages anschließen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist Ziffer 1 abgelehnt.

Wer den Ziffer 2 bis 9 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit sind auch die Ziffern 2 bis 9 abgelehnt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 26, Drucksache 21/10213, Senatsantrag: Nachträgliche Ge

(Dr. Alexander Wolf)

nehmigung von überplanmäßigen Ausgaben nach Paragraf 39 LHO zum Haushaltsplan 2017/2018, Einzelplan 7, Aufgabenbereich 268 – Steuerung und Service mit Stabsbereich und Planfeststellung sowie Nachbewilligung nach Paragraf 35 LHO für das Haushaltsjahr 2017 zum Kauf von Anteilen an hamburg.de inklusive Ablösung eines ausgereichten Darlehens.