Protocol of the Session on September 13, 2017

Lieber Kollege, wissen Sie überhaupt, was der Unterschied zwischen einer Großen Anfrage und einem Antrag ist? Der Unterschied ist, dass es etwas Konkretes ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Letzteres haben wir miteinander beraten. In vielen Teilen haben Sie die Probleme in dieser Stadt zugegeben. Jetzt wollen wir konkret mit Ihnen gemeinsam sprechen und beschließen, wie wir die Rahmenbedingungen in dieser Stadt verbessern, wie wir gemeinsam ein Armutsbekämpfungsprogramm auflegen können mit Gewerkschaften, mit Wohlfahrtsverbänden, wie man gemeinsam darüber spricht, um die Rahmenbedingungen in dieser Stadt zu verbessern.

Das war eine Große Anfrage, da gebe ich Ihnen recht. Aber es gibt einen Unterschied zwischen einem Antrag und einer Anfrage. Bei einer Anfrage kann man nichts beschließen, sondern man berät sie, und dann erhält die Bürgerschaft sie zur Kenntnis. Hier hat man etwas Konkretes; dann müssen Sie sich dazu auch entsprechend verhalten. Aber Sie weigern sich, bei konkreten Sachen darüber zu sprechen, weil Sie wissen, dass es Ihnen am Ende auf die Füße fällt.

(Beifall bei der LINKEN und bei Anna-Elisa- beth von Treuenfels-Frowein FDP)

(Frank Schmitt)

Vielen Dank, Herr Yildiz. – Mir liegt noch eine Wortmeldung vor. Herr Wersich von der CDU-Fraktion, Sie haben das Wort.

Es ist faszinierend, wie sich hier SPD und LINKE über die Hoheit beim Thema Armut in Hamburg streiten. Ich will Ihnen nur die Fakten nennen. Als wir 2001 die Regierung von SPD und GRÜNEN übernommen haben, war die Kinderarmut in Hamburg höher als im Bundesdurchschnitt. Als wir 2011 die Regierung verlassen haben, hatte Hamburg eine niedrigere Kinderarmut als im Bundesdurchschnitt, und wir waren nach München die Großstadt mit der zweitgeringsten Armutsquote. Und woran lag das? Es lag an dem Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung, was den Eltern ermöglicht zu arbeiten. Das hilft auch gegen Kinderarmut. Wir haben gezeigt, dass das funktioniert.

(Beifall bei der CDU, der FDP und bei Gabi Dobusch SPD)

Davon profitiert Hamburg bis heute. Streiten Sie sich gern weiter über die ideologische Hoheit, wer mehr für die Armen tut. Wir haben gezeigt, dass es den Menschen dort, wo die CDU regiert, besser geht.

(Beifall bei der CDU und bei Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP)

Vielen Dank, Herr Wersich. – Es liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer also möchte nun die Drucksache 21/10221 federführend an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss und mitberatend an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist diese Überweisung abgelehnt.

Wer die Drucksache nur an den Familien-, Kinderund Jugendausschuss überweisen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist auch diese Überweisung abgelehnt.

Wir stimmen dann über den Antrag der Fraktion DIE LINKE aus Drucksache 21/10221 in der Sache ab und werden dies auf Wunsch der LINKEN ziffernweise tun.

Wer möchte sodann Ziffer I annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist diese Ziffer abgelehnt.

Wer möchte sich Ziffer II anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist auch diese Ziffer abgelehnt.

Wer möchte der Ziffer III zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist auch diese Ziffer abgelehnt.

Wer möchte sich Ziffer IV anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist auch diese Ziffer abgelehnt.

Wer möchte sodann Ziffer V annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist auch diese Ziffer abgelehnt.

Wir kommen dann zum Tagesordnungspunkt 96, Drucksache 21/10224, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Afghanistan ist nicht sicher – Sofortiger humanitärer Abschiebestopp nach Afghanistan.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Afghanistan ist nicht sicher – Sofortiger humanitärer Abschiebestopp nach Afghanistan – Drs 21/10224 –]

Die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN möchten diese Drucksache an den Innenausschuss überweisen.

Da es sich auch hier um eine vonseiten der LINKEN angemeldete Kurzdebatte handelt, gelten erneut je zwei Minuten Redezeit pro Debattenbeitrag.

Wer wünscht das Wort? – Frau Schneider von der Fraktion DIE LINKE, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Von Beginn an, seit Dezember 2016, hat Hamburg sich an jeder Sammelabschiebung nach Afghanistan beteiligt. Auch gestern.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Hamburg hätte sich nicht beteiligen brauchen, hätte sich nicht beteiligen dürfen. GRÜNE und SPD haben auf ihrem Bundesparteitag im Juni 2017 Abschiebungen nach Afghanistan abgelehnt. Ich zitiere aus dem SPD-Beschluss:

"Wir werden keine Menschen in Perspektivlosigkeit und Lebensgefahr abschieben. Da die Sicherheitslage in Afghanistan kein sicheres Leben zulässt, werden wir bis auf weiteres keine Abschiebungen nach Afghanistan durchführen."

(Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg übernimmt den Vorsitz.)

Die Situation hat sich seit Juni nicht verbessert, im Gegenteil. Ich erinnere beispielhaft an das Massaker Anfang August 2017 in einer Moschee in Herat, bei der weit über 50 Menschen, Zivilisten und Zivilistinnen, getötet und viele verletzt wurden. Die Behauptung der Bundesregierung, Afghanen seien

nicht Ziel, sondern Opfer der Anschläge, also sozusagen Kollateralschäden, ist nicht nur zynisch, sie ist einfach unwahr. In Herat wurden wie anderswo gezielt Zivilisten und Zivilistinnen, nämlich Angehörige der Minderheit der Hazaras, getötet. Das gesamte Staatsgebiet ist laut UNHCR von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt betroffen. Daran ändert sich auch nichts, wenn das Auswärtige Amt jetzt die Situation schönzureden versucht. Warum hat Hamburg gestern abgeschoben? Zwölf Bundesländer haben nicht abgeschoben, aber das rot-grün regierte Hamburg, in dem sich angeblich beide Koalitionspartner einig sind, dass nach Afghanistan nicht abgeschoben werden soll, hat abgeschoben. Warum Rot-Grün?

(Dennis Thering CDU: Weil es richtig ist!)

Wir befürchten, dass der Senat abgeschoben hat, um ein Zeichen zu setzen. Ein Zeichen, dass er sich von rechts nicht übertrumpfen lässt in Sachen Abschiebung, wenn nötig, in Terror und Krieg. Pro Asyl nannte diese jüngste Sammelabschiebung Wahlkampf auf Kosten von Menschenleben. Das ist schändlich.

(Beifall bei der LINKEN und bei Daniel Oet- zel und Anna-Elisabeth von Treuenfels-Fro- wein, beide FDP)

Wir sagen, hört auf, beendet die Abschiebungen nach Afghanistan sofort.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren! Bevor ich Herrn Wysocki das Wort erteile, ein kurzer Hinweis zur Geschäftsordnung: Wir werden diese Debatte noch zu Ende führen und nicht, wie es eigentlich vorgesehen ist, um 19.30 Uhr die Senatsbefragung durchführen. Das entspricht nicht ganz der Geschäftsordnung, aber es ist wenig sinnvoll, diese Debatte jetzt zu unterbrechen. – Herr Wysocki von der SPD-Fraktion, Sie haben das Wort, bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, eine solche Debatte eignet sich nicht für den anklagenden Ton, den wir eben gehört haben.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Doch!)

Er eignet sich auch nicht für eine Kurzdebatte, denn das Thema ist zu wichtig, zu differenziert und mit so vielen Facetten versehen, dass wir einer Beratung im Innenausschuss zustimmen. Aber wir können einem Antrag, wie in der vorigen Debatte auch, nicht zustimmen, weil er die ganzen Differenziertheiten nicht aufweist. Das ist der erste Punkt.

(Beifall bei der SPD)

Zweiter Punkt: Wenn man sich diesen Antrag genau durchliest, sind zwei Punkte an die Bundesebene gerichtet. Das ist zum einen die Bewertung des auswärtigen Sachverhalts. Das ist Aufgabe der Bundesregierung. Diese hat ihre Analyse im Moment nicht geändert. Das liegt auch daran, dass im Moment in Afghanistan keine arbeitsfähige Botschaft besteht, die in der Lage wäre, eine neue Lageeinschätzung abzugeben. Die Analyse orientiert sich an der vorherigen Lageeinschätzung, und an dieser Lageeinschätzung hat sich im Gegensatz zu dem, was Frau Schneider gesagt hat, nichts verändert.

Drittens: Der Entscheidungsspielraum bei solchen Rückführungen wird in Hamburg sehr intensiv genutzt. Sie haben heute im "Hamburger Abendblatt" lesen können, um welche Rückführungen es geht. Insofern ist es bei jeder gesetzlichen Lage immer möglich, Straftäter und Gefährder rückzuführen. Das finde ich auch in Ordnung.

(Beifall bei der SPD, vereinzelt bei der CDU und bei Dr. Ludwig Flocken fraktionslos und Carl-Edgar Jarchow FDP)

Damit ist leider meine Redezeit abgelaufen. Vielleicht gibt es noch eine zweite Runde.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Wysocki. – Das Wort hat Herr Warnholz von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Immer wieder beantragt DIE LINKE einen grundsätzlichen Abschiebestopp und eine Aufenthaltsgenehmigung für alle Menschen aus Afghanistan, wobei festzuhalten ist, dass Ihnen das Thema Innenpolitik, liebe LINKE, wohl nur eine kurze Debatte wert ist. Das ist schon eigentlich traurig genug.

(Beifall bei der CDU und bei Ekkehard Wy- socki SPD)

Darum in aller Kürze: Das Aufenthaltsgesetz fußt auf Einzelentscheidungen, und das ist auch gut so.