Sie sprechen über die Gruppe der G20, die durch nichts legitimiert ist. Hier versammeln sich die Mächtigsten der Welt und reden über die 172 anderen, sogenannten schwächeren Länder. Lassen Sie uns doch einmal überlegen, wer eigentlich nach Hamburg kommt. Wir haben Kriegstreiber wie Erdogan. Wir haben den saudischen König, der damit beschäftigt ist, Menschen zu köpfen. Wir haben Trump, der sich eben nicht an bestimmte Abkommen halten möchte, sondern seine eigene Agenda hat. Und die wollen hier über Frieden sprechen?
Wir wissen genau, dass es bei diesem Treffen – nein, ich lasse jetzt keine Zwischenfrage zu – inhaltlich nicht darum gehen wird, wie wir so schnell wie möglich den Weltfrieden zustande bekommen können, sondern es wird um Machtstrategien gehen, darum, wer der Größere und der Stärkere ist.
Sie reden davon, die Situation der Geflüchteten auf die Tagesordnung zu nehmen. Wir sehen doch tagtäglich in den Nachrichten, wie freiwillige Seenotretter immer wieder bekämpft und davon abgehalten werden, Flüchtlinge in Seenot zu retten. Sie reden von Beteiligung, Sie reden von Afrika. Afrika hat doch gar kein Mitspracherecht. Das ist ein undemokratisches Gremium.
Für uns sind die Vereinten Nationen das richtige Gremium, die im Gegensatz zur G20 legitimiert sind.
Einen wichtigen Aspekt möchte ich noch nennen. Sie haben sich hier hingestellt und über alles gesprochen, aber nicht über die schwierigen Fragen, nicht über die ungelösten Probleme.
Sie drücken sich wie immer davor. Stattdessen darf dann das A-Team einspringen oder der Innensenator Grote, den ich auch zu hanseatischer Gelassenheit aufrufen möchte.
Ich möchte Ihnen vorschlagen: Besuchen Sie den Alternativgipfel am 5. und 6. Juli in Kampnagel. Dort wird es nämlich um alternative und friedliche Gesellschaftsmodelle gehen, und darüber haben Sie kein Wort verloren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese Rede meiner Vorrednerin hat uns etwas zurückgeworfen, finde ich.
Wir waren eigentlich auf einem guten Weg, uns heute erstmals nach vielen Debatten über G20 zu Sicherheit, Demonstrationen, Bundespolizei und anderen Dingen einmal mit den Inhalten dieses Treffens zu beschäftigen, was ich äußerst begrüße, nämlich damit, wer sich dort trifft, welche Themen es gibt, was im Vorfeld geleistet wird, was der Sinn dieses Treffens ist. Nur wenn man das weiß, liebe Frau Özdemir, kann man sich kritisch damit auseinandersetzen, und nur dann machen Demonstrationen einen Sinn: indem man Forderungen stellt, aber nicht, indem man kritisiert, dass es überhaupt stattfindet. Das halte ich für Unsinn.
Der Zufall wollte es, dass ich am Anfang dieser Sitzung den Auszug meiner Rede vom 12. April in die Hände bekam. Ich habe sie durchgelesen; ich könnte sie eigentlich noch einmal halten. Ich wollte es auch tun, um zu sehen, ob es irgendjemand merkt. Davon sehe ich ab, aber eine Sache beschäftigt mich immer noch, auch nach der Rede von Ihnen, Frau Özdemir. Ich hatte damals, am 12. April, an Ihre Fraktion die Frage gestellt: Welche Alternative gibt es denn überhaupt zu einem solchen Treffen?
Die UNO. Sie sagen dann immer, die UNO. Aber die Erfahrungen mit der UNO sollten auch Ihnen bekannt sein. Der Sicherheitsrat kann sich ja noch nicht einmal darauf einigen, irgendwelche Giftgasangriffe zu kontrollieren.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Frau Özdemir, ich bitte Sie, auch in den Gesten beim parlamentarischen Umgangston zu bleiben.
Es ist doch heute deutlich geworden, auch in der Rede des Bürgermeisters und in dem, was wir später im Laufe der Sitzung besprechen werden, wenn es um die Berichte der Ausschüsse geht, welche Themen G20 berührt, die gelöst werden müssen, ob das nun Afrika angeht, die Klimapolitik, Frauenrechte oder andere Dinge. Da soll man doch einmal sagen, welche Alternativen es dazu gibt, dass sich die Führer dieser Länder – G35 sind es ja am Ende – und Vertreter verschiedenster Organisationen in Hamburg treffen, um das zu besprechen. Ich sehe diese Alternative nicht. Insofern begrüßen wir nach wie vor, wie meine Fraktionsvorsitzende es schon gesagt hat, außerordentlich, dass dieses Treffen in Hamburg stattfindet.
Sie sprechen von Deeskalation. Auch das ist zu begrüßen, und zwar auf allen Seiten. Deeskalation bedeutet, dass man Sachen klar anspricht und auch klar verurteilt, die nicht gehen, zum Beispiel Angriffe auf Polizisten, auf der anderen Seite aber auch den Leuten die Wahrheit über das sagt, was sie an Einschränkungen in dieser Zeit zu erwarten haben. Das war immer unser Kritikpunkt an der Senatspolitik. Wir haben gesagt: Sagen Sie den Leuten, welche Einschränkungen sie haben werden. Es bringt doch nichts, das vorher zu verharmlosen und sie dann damit zu konfrontieren, wenn es so weit ist. Das schafft kein Vertrauen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Nockemann hat es schon gesagt, wir sind für G20, generell, in Deutschland und in Hamburg.
AStA, die eine Petition gemacht und dafür 10 000 Unterschriften bekommen haben, den G20-Gipfel jetzt noch abzusagen. Das waren drei nette junge Menschen, die allerlei GutmenschenFormulierungen gefunden haben, wofür sie alles sind, und das Gegenteil von all dem waren die Mächtigen der G20. Wir haben dann diskutiert; sehr viel präziser ist es nicht geworden. Ich glaube, das ist genau das Missverständnis, das ich auch sonst in der öffentlichen Diskussion wahrnehme: Man tut so, als gäbe es die gute, hohe Moral, und dann die Mächtigen von G20, die irgendetwas tun, was gegen die Völker ist. Unsinn ist das.
Herr Dressel hat die Damen und Herren vom AStA gefragt, was denn besser werden würde, wenn man den G20-Gipfel absagen würde. Darauf wussten sie trotz mehrerer Nachfragen – auch von mir, ich habe damals schon Herrn Dressel zitiert – keine Antwort. Es gibt auch keine Antwort. Ich gebe die Antwort: gar nichts. Es ist nämlich eine Frage, ob man Politik als Moral oder als Realpolitik auffasst. Die Mächtigen – das sage ich jetzt einmal bewusst – der G20 sind diejenigen, die auch etwas bewegen können, die nicht, wie eine Vollversammlung der UNO, eine Menge Blasen produzieren und am Ende passiert gar nichts. Die 20 können, wenn sie diskutieren – und das tun sie, das haben sie auch im Vorwege schon gemacht in sehr vielen Teilgremien –, etwas bewegen, und sie werden etwas bewegen. Genau das ist der Hauptgrund für mich, weshalb ich ausgesprochen für G20 bin. Dass ich als Hamburger Patriot für G20 in Hamburg bin, brauche ich hier gar nicht zu erwähnen, das ist eine Selbstverständlichkeit.
Es ist vorhin schon einmal Rambouillet erwähnt worden; Herr Bürgermeister Scholz hat es getan und Herr Nockemann hat es auch getan. Was damals Helmut Schmidt gesagt hat über Rambouillet, gilt auch jetzt wieder: Wir müssen Abschottung und Protektionismus verhindern. Wer Donald Trump kritisch sieht – zu denen gehöre ich ganz sicher auch –, der sollte erkennen, dass G20 eine ideale Möglichkeit ist, Donald Trump wieder einzubinden oder es jedenfalls zu versuchen. Denn Donald Trump ist jemand – ich formuliere es einmal etwas salopp –, der immer noch halb Wahlkämpfer ist und erst dabei ist, Politik zu lernen. Was er über "America First" sagt, klingt immer so, als müsste das, wenn er das ernst nimmt, Protektionismus heißen. Auch Herr Trump wird noch lernen, dass "America First" heißt, Protektionismus abzuschaffen.